Wahlversprechen: Nur schlichte Werbung?

sc00ty

Commander
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Hi Leute,

Als kleines Vorwort: Ich bin 18 Jahre alt und besuche die 12. Klasse des Gymnasiums. Durch den Politik-Unterricht sind wir auf die Themen der Bayern-Wahl und die Probleme der SPD in Hessen gekommen. Mir ging eine Frage allerdings immer durch den Kopf: Was ist dran, an den Wahlversprechen der Politiker? Ich habe daraufhin mal meinen Lehrer gefragt - da ich nicht sooooo top informiert bin - ob es denn Gesetze gibt, die die Politiker an ihre Wahlversprechen binden. Antwort: Nein. "Es liegt im Ermessen des Politikers, ob er sich nun an seine Versprechen hält oder nicht."

Ich habe mir ein paar Gedanken gemacht und den Fall SPD betrachtet. Wie wohl bekannt, hat Frau Ypsilanti (schreibt man sie so? :p) versprochen, kein Bündnis mit der Linken einzugehen. So denkt sich der gemeine Wähler: "Puh, gut. Ich will die Linken nicht in Hessen! Also greife ich zur SPD." Später meinte die gute Frau, dass sie nun doch eine Koalition mit der Linken eingehen würden (was nun zum Glück wohl doch nicht zu Stande kommt, dank Neuwahlen).

Jetzt ist die Frage: Wo ist die Grenze für die Politiker? Was darf versprochen werden? Wenn im Endeffekt kein Versprechen umgesetzt wird, hat das keine Konsequenzen!? Da fehlt es mir an jeglicher Logik!?

So ist meine Idee, dass eine neutrale "Partei", eine Art Versammlung, die Versprechen der Politiker vor einer Wahl aufnimmt und "speichert". Sollte sich abzeichnen, dass die Partei/der Politiker die Versprechen nicht einhalten können oder gar ganz von ihrem Konzept abweichen, soll es Neuwahlen geben (oder so ähnlich). Ansonsten ist für mich der Sinn der Demokratie weit verfehlt: "Eine Politik des Volkes. Das Volk wählt die Volksvertreter." Dabei zählt für mich auch, dass die Volksvertreter Grenzen und Richtlinien einhalten müssen!

Irgendwo sollte den Politikern doch eine Schranke gesetzt werden!? Meint ihr nicht? Ich freue mich über eure Meinung...
 
Es gab mal einen Untersuchungsausschuss Wahlbetrug. Arrogante Politiker wie Schily und Fischer haben dort dann stundenlang irrelevante Fakten vorgetragen und somit das ganze lächerlich gemacht.

Am besten du quittierst das Verhalten der verlogenen Politiker am Wahltag.
 
Zum Thema Hessen gibt es bereits einen separaten Thread. Dort schrieb ich, dass Frau Ypsilanti zwei Versprechen abgegeben hat: a) Koch abwählen und b) kein Linksbündnis.

Die Wähler haben der SPD nicht so viele Stimmen gegeben, dass sie Koch allein (oder mit den Grünen) ablösen konnte. Die SPD-Kritiker versteifen sich nun auf das zweite Versprechen, erwähnen aber das erste mit keinem Wort. Die Kernfrage ist, welches der beiden Versprechen schwerer wiegt und was man als Partei unternehmen kann, wenn der Wähler nicht so viele Stimmen abgeliefert hat, wie man braucht. Dann heißt es, Realpolitik zu machen.

Vielleicht geht es (auch) um Kritik an Frau Ypsilanti an sich. Nehmen wir an, die hätte die Hände in den Schoß gelegt und sich schweigend in die Oppostion begeben. Dann wäre der linke Flügel der Hessen-SPD Sturm gelaufen und hätte sie auf das Versprechen festgenagelt, Koch abzulösen.

Wahlversprechen kann man z. B. über den Wahl-O-Mat nachhalten oder über die Koalitionsverträge. Man kann sich die bunten Flyer aufbewahren, die man vor der Wahl von jeder Partei bekommen hat.

Versprechen kann man viel. Aber wenn man keine Mehrheit hat, ist die Umsetzung oft ein Problem.
 
Zuletzt bearbeitet:
Wahlversprechen sind nichts anderes als reine Werbung, um Wähler zu ködern. Das ist wie bei anderer Werbung auch, alles wird halt möglichst schön geredet und durch leere bzw. völlig unrealistische Versprechen genährt. Meine Frage an Dich wäre nun: Wie willst Du so eine Beschränkung umsetzen? Wo willst Du die Grenze ziehen? Jede Partei braucht ein Mittel, um Wähler zu werben und wenn sie nur versprechen würden, was eingehalten werden kann sähe es damit nicht eben rosig aus. Denn wenn sich jetzt zum Bsp. die CDU hinstellt und (krass gesagt) verspricht: "Wir werden noch mehr Überwachug einführen" glaube ich eher nicht, dass die jemand wählt.
Kurzum würde mich interessieren, wo Du da die Grenze setzen willst.
 
Gegenfrage: Wo sollte eine Einschränkung bei Versprechen bestehen?
Natürlich beschränken Gesetze jedermann - auch Politiker.
Aber sonst? Was sollte ihn hindern jedem eine Tüte Bonbons zu versprechen? Oder Goldfische zu verbieten?
Aussprechen und versprechen haben keine Grenzen.

Und die Konsequenzen gibt es eben bei der nächsten Wahl. Das hast du wohl bei deiner Logik unter den Tisch fallen lassen.
 
ganz einfache Antwort: JA!

zu Wahlzeiten wird einem das Blaue von Himmel versprochen, sobald diese Partei dann an der Macht ist hat sie alles wieder vergessen was sie im Wahlkampf gesagt und geschrieben hat.

Ich würde sogar soweit gehen und sagen, das es schlimmer als Werung ist, "normale" Werbung hält wenigstens bedingt was sie bewirbt - Parteien nicht.

Einer der schlimmsten Beispiele wie ich immernoch finde ist die MwSt. Erhöhung der CDU, obwohl in der Wahlpropaganda gesagt wurde "mit uns gibt es KEINE MwSt. Erhöhung"

Und als Dank - die höchste MwSt. Erhöhung die es jemals in Deutschland gab! - tolles Wahlversprechen.

Indirekte Wahlen sind sch...., (meine Meinung)
 
@H@ckinTosh
Ich weiß, das Wahlversprechen Werbung sind. Und auch ist mir klar, dass eine Darstellung des "echten" Wahlprogramms abschrecken würde. Aber die Frage ist doch: Wollen wir realistische Ziele wählen oder einfach denjenigen wählen, der es schafft, sich absurdere Wunschvorstellungen auszudenken?

@CPat
Grenzen und Konsequenzen sollte es in sofern geben, dass Wahlversprechen als feste Wahlpunkte aufgenommen werden. Nicht als Wunschträume, was man mal vll in 10 Jahren ansprechen könnte. Es ist gut möglich, dass ein Problem nicht innerhalb einer Amtszeit gelöst werden kann, doch wenn man schon früh erkennt, dass eine Partei/Politiker von ihrem Kurs dermaßen abweicht, kann man nicht bis zum Ende der Amtszeit warten, etwas zu unternehmen.

Kauft man sich eine Packung Gummibärchen und stellt dann fest, "Oh, da ist nur Erde drin", kann man auch nicht sagen, dass die Gummibärchen nur ein Versprechen waren. Ein Slogan, ein Wahlversprechen hat eine Partei auf der "Packung" stehen!
 
Natürlich sind Wahlversprechen Werbung - es gibt kaum ein Volk auf der Welt was eine Partei wählen würde die die Wahrheit sagt.

Was das Problem Hessen betrifft so sollte man bedenken:
1. Hessen hat schon immer erbitterte Politik ertragen (Der Zeit Artikel ist da sehr interessant)
2. Wer nicht genug Stimmen bekommt kann keine Versprechen halten
3. Wenn 4 Leute wenn auch zurecht 1 Tag vor der Wahl ihre Aussage brechen (aus Teils egoistischen Gründen -> nicht den Ministerposten bekommen den man wollte etc.) dann sieht man was das tatsächliche Problem der großen Parteien ist -> Uneinigkeit

Wenn man davon ausgeht, ein Volk [was schon utopisch ist, ein Volksverständnis gibt es ja nicht einmal in DE -> Ost - West / DE - Türkei ( ich war geschockt als ich hört das extra türkische Altenheime aufgebaut werden - verständlich aber Integrationstechnisch ein Alptraum ) oder auch Jugend - Alter] wäre in der Lage die Wahrheit zu vertragen, so könnten Wahlversprechen auch gehalten werden.
 
Mike Lowrey schrieb:
Natürlich sind Wahlversprechen Werbung - es gibt kaum ein Volk auf der Welt was eine Partei wählen würde die die Wahrheit sagt.

Genau dieser Grundeinstellung ist es, die ich nicht ausstehen kann. Ich zitiere mal aus Wiki:
"Das Versprechen ist eine einseitige Zusage über eine zukünftige Handlung oder ein zukünftiges Ereignis." Was gesagt wird, muss auch umgesetzt werden! Wenn wir nicht nach den Wahlversprechen wählen, nach was denn bitte dann???

@mike lowrey
Das war jetzt nicht gegen dich gerichtet, du hattest es nur so schön ausgedrückt :p
 
Wahlversprechen funzen doch nur weil die Wähler dumm sind.

Siehe Linkspartei:

Versprechen wie die blöden das blaue vom Himmel, aber wenn man mal 3min nachdenkt muss man erkennen das die ihre Pläne gar nicht verwirklichen können!

Hält das die Wähler ab? Nein!



Siehe CDU:

Die ganzen Steuerhinterzieher und Schwarzgeldkontenpolitiker sind alle heute noch an der Macht! Vor allem Roland Koch!

Stört das wen? Nein!


Der Fall Hessen SPD fällt doch in die gleiche Kategorie. Es war einfach dumm eine Kooperation kategorisch auszuschließen. Aber in 5 Jahren wird das auch wieder keinen mehr stören.


Demokratie braucht informierte und gebildete Wähler. Die gibt es leider immer weniger.
Und selber mal anpacken was ändern... ach geht nicht, da hab ich Tennis Training. etc.
 
Ich finde The-Heinz beschreibt das ganze eigentlich gut. Es läuft viel schief in unserer "Demokratie"! Aber es gibt niemanden, der dafür zuständig ist, etwas zu ändern. Hier sollte man doch einschreiten? Ich habe gerade mal im Grundgesetz nachgeschlagen, wo zwar vermerkt ist, wie, wer, wo, wann, usw gewählt wird. Aber nichts über Wahlversprechen und deren Umsetzung...?

/edit
Spock55000 schrieb:
Ja, diese Umfrage ist anscheind nicht so beliebt, oder es interessiert die Meisten nicht.
Wieso ist dies so? Nun ich glaube, dass die Menschen das Vertrauen in die Politik und die Politiker verloren haben.
Hier mal ein Zitat aus dem Thread zur Bundestagswahl. Diese These kann man durch diesen Thread deutlich unterstützen...
 
Zuletzt bearbeitet:
Ist richtig, aber wenn man will kann man das ändern. Das ist vielen zu unbequem und PC/Konsole/Party/Sport/etc. viel verlockender als selber machen.

W
 
Mich lässt das Thema die letzten Wochen ehrlich gesagt nicht los... wie kann man einen solchen Gesetzesvorschlag denn veröffentlichen? Ich denke, dass ich bei den Politikern - die ja darüber abstimmen - nicht viel Sympathien ernten würde :D
 
Sc00ty schrieb:
Wollen wir realistische Ziele wählen oder einfach denjenigen wählen, der es schafft, sich absurdere Wunschvorstellungen auszudenken
Die Wahrheit ist leider bitter.

„Durch eine gemeinsame Anstrengung wird es uns gelingen, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Sachsen und Thüringen schon bald wieder in blühende Landschaften zu verwandeln, in denen es sich zu leben und zu arbeiten lohnt.“
http://de.wikipedia.org/wiki/Blühende_Landschaften

Genau das wollten die Menschen damals hören, obwohl sie in Ostdeutschland lebten und die Situation am besten einschätzen konnten. Und Helmut Kohl wollte, dass die Leute es so hören, denn er wusste, dass sie ihn deswegen wählen würden. Ob er sich nun geirrt oder die Menschen an der Nase herumgeführt hat, mag jeder selbst entscheiden.
 
Natürlich ist die Wahrheit bitter. Aber sich hinter einem schleierhaften Vorhang zu verstecken, ist keine Antwort. Auch die Mentalität "es ist eben so, kann man nix machen" finde ich schrecklich. Ich stelle mir einen Wahlkampf vor, indem die Parteien ehrlich meinen: "Wir werden die Steuern erhöhen!" "Wir werden ein Tempolimit einführen!" "Wir werden den USA im Kampf gegen den Terror nicht unterstützen!" Man hat klare Prinzipien, es ist offensichtlich, was die Partei macht und kann sich sicher sein, wenn sie gewählt ist, muss sie sich daran halten, da ihr sonst Konsequenzen drohen!

Die heutigen Wahlprogramme besagen alle das Gleiche: Steuersenkung, mehr Arbeit, höhere Gehälter, ... Leider sind das Träume und Wünsche, die ohne richtige Motivation nicht durchsetzbar sind! Eine Partei/ein Politiker hat nur die Motivation wieder genug Wählerstimmen bis zur nächsten Wahl zu sammeln... ist diese gewonnen, kann man sich wieder zurücklehnen. :rolleyes:

Ich will allerdings nur noch einmal klar ausdrücken, dass das Beispiel SPD kein Angriff auf die Partei war und meine Forderung wurde nicht aufgrund dieser Vorgänge laut. Es ist nur ein hervorragendes Beispiel.

Ich hoffe auf weitere Anregungen... :)
 
Bei der Bundestagswahl hast Du die Erststimme für den direkt gewählten Kandidaten aus Deinem Wahlkreis. Den kannst Du jederzeit für Rede stellen (E-Mail oder Brief senden, Abgeordneten-Watch usw.). Wenn er Dir in einer Rede ein Versprechen gegeben hat, mag es sinnvoll sein, ihn beizeiten daran zu erinnern.

Man kann ihn auch an den Pranger stellen, wenn er von seinem Versprechen abweicht und ihn in seinem Wahlkreis madig machen (Leserbriefe an die örtliche Presse usw.). Es gibt ausreichend Möglichkeiten, einen Abgeordneten an den Willen der (ausreichend engagierten) Bürger zu erinnern.
 
Das Problem ist, dass niemand - auch nicht die Medien - die Möglichkeit hat, über alles was ein Politiker anstellt informiert zu sein. Deswegen benötigt es eine Institution, die alle politischen Handlungen eines Politikers überwacht. Bei Abweichung seiner Wahlversprechen wird er dann bestraft... An die Moral der Politiker zu appellieren, ist meiner Meinung nach, nicht sehr effektiv. Oder wird eine Frau Ypsilanti denken, "Oh... da haben die ja Recht; ich wollte ja gar nichts mit den Linken eingehen... dann ändere ich das mal schnell!" :p
 
Ich behandle Politiker und Hersteller und Wahlversprechen bzw. Werbung (für Produkte) absolut gleich.

Man muss immer mit einer gesunden Skepsis an die Sache herangehen und abwägen, wieviel von dem wahr ist und was nicht. Gesetzlich gibt es einen Unterschied zwischen Produktwerbung und politischer Werbung: Unternehmen sind dazu verpflichtet, sich an die Aussagen der Werbung zu halten. Für Politiker gilt dies nicht, aber dafür haben wir die freie Presse, die sich auf unwahre Aussagen allzu gerne stürzt. Ich habe ja vor ein paar Wochen einen Spiegel-Artikel gepostet, in der die Aussagen eines Politikers der Linken Schritt für Schritt wiederholt und widerlegt wurden. Und unterhaltsam war das auch.

In der Wirtschaft gibt es eine relativ einfache Gleichung: Je teurer ein Produkt ist, desto eher ist die Werbung wahr und basiert auf Ehrlichkeit. Da haben wir ganz unten minderwertige Produkte, die durch den Preis bestechen und denen höchste Qualität nachgesagt wird. So eine Werbung kennt jeder. Der Hersteller oder Verkäufer erhofft sich, dass möglichst viele Leute sein Produkt kaufen. Er hat keine Hoffnung, dass der Kunde noch einmal wiederkommt, wenn er merkt, dass er über's Ohr gehauen wurde.
Das Gegenteil davon sind hochwertige Maschinen (Autos) und Investitionsgüter. Die Werbung sagt hier die Wahrheit und man kann davon ausgehen, dass man einen Stammkunden gewinnen kann, wenn man ihn fair behandelt.

In der Politik sehe ich da Parallelen. Junge Parteien wie Die Linke, aber auch Außenseiter wie die NPD werben auf eine absurde Art und Weise. Sie versuchen einmalig so viele Stimmen wie möglich zu bekommen. Sie wissen selbst, dass sie, im Falle einer Regierungsbeteiligung, nichts von dem wahrmachen können, was sie in ihrer Werbung versprochen haben.
Etablierte Parteien hingegen sind da zurückhaltender. Sie versuchen Wählerstimmen zu bekommen und nicht wieder zu verlieren. So war Merkels Popularität selbst lange nach der Wahl '05 noch sehr hoch, was man darauf zurückführen kann, dass sie die Wünsche ihrer Wähler respektiert hat und sie sich nicht hintergangen fühlten.
Das Problem ist, dass niemand - auch nicht die Medien - die Möglichkeit hat, über alles was ein Politiker anstellt informiert zu sein.
Alles was wir wissen müssen ist deren politische Arbeit und wer möchte, kann sich heutzutage tot informieren. Warum versprechen Politiker denn so komische Dinge? Sie versuchen in die Hauptmedien zu gelangen, aus der Masse herauszustechen.
Und versprechen tun sie eigentlich nicht. Zumindest taucht dieses Wort nicht auf. Man fordert, man will und man muss. Hin und wieder tauchen auch Phrasen auf wie "Wenn wir die Wahl gewinnen, dann machen wir dies und das".
Das ist kein Versprechen, das ist gar nichts. Denn eine Wahl zu gewinnen bedeutet eigentlich 100%, alles andere wäre eine Koalition und eine Koalition bedeutet Kompromiß. Ergo ist das keine Garantie (oder Versprechen), sondern eine gut gemachte Werbung. Du darfst dich darüber nicht aufregen und eine unabhängige Institution wäre nicht nur nutzlos (wozu soll sie denn gut sein?), sondern auch machtlos. Soll sie letztendlich Politiker dafür bestrafen, dass sie die Steuern erhöhen, wenn es nötig wird?
Nein, wir können uns die Aufgabe nicht abnehmen lassen, unser Produkt zu wählen, es zu überprüfen und dann darauf die richtige Entscheidung zu treffen. Das ist doch alles, was wir noch können. Das sollte man nicht in fremde Hände legen.
 
Ein bisschen ist das Volk aber auch selbst schuld. Jahrelang haben sie immer die Parteien honoriert, die alles mögliche versprochen haben und es dann nicht umgesetzt haben. An dieser Stelle muss ich die CDU ein bisschen loben: Sie haben vor der letzten Wahl im Gegensatz zur SPD (0 % MwSt Erhöhunh) erzählt was sie wollen (2 %). Wieso der Kompromiss aus 0 % und 2 % => 3 % ist, kann die SPD sicher erklären. Aber die CDU bekam die Quittung dafür und lag am Wahltag plätzlich viel tiefer. Die SPD erhält jetzt die Quittung, die Wähler laufen in Scharen zur Linken und teilweise Union.

Paradox: Bei den letzten Bundestagswahlen lagen Wähler in Wahl-o-mat-Statistik programmatisch am nächsten bei Grüne und FDP. Die stärksten Parteien sind aber SPD und CDU (wobei eine Ursache dafür sein könnte, dass deren Stammwähler nie den Wahl-o-mat verwendet haben).
 
Odium schrieb:
Man muss immer mit einer gesunden Skepsis an die Sache herangehen und abwägen, wieviel von dem wahr ist und was nicht.

Natürlich. Diesen Punkt kann ich voll und ganz nachvollziehen. Man kann natürlich immer an den Programmen der Parteien zweifeln, aber ich frage mich, wo ich mir dann das echte Programm der Partei anschauen kann?

Odium schrieb:
Alles was wir wissen müssen ist deren politische Arbeit und wer möchte, kann sich heutzutage tot informieren.

Ich habe als Wähler die Möglichkeit mir im Internet die Programme der einzelnen Parteien anzuschauen, was ich auch einmal direkt gemacht habe:

Das Wahlprogramm der CDU/CSU von 2005 bis 2009, ich zitiere: "Im Gegenzug erhöhen wir die Mehrwertsteuer von 16 % auf 18 %." (http://www.regierungsprogramm.cdu.de/download/regierungsprogramm-05-09-cducsu.pdf) Ich erinnere mich aber gut, dass, als diese Mehrwertsteuer in Kraft trat, aus allen Ecken Buh-Rufe kamen und die Bürger fühlten sich verarscht. Warum? Ganz einfach; von einer Mehrwertsteuererhöhung war in der Wahlwerbung NIE die Rede! Wieso man davon nichts hört, ist ganz einfach; es macht keinen guten Eindruck, so lockt man sicher keine Wähler. Völlig logisch. Aber wieso dann Wahlwerbung?

Meiner Meinung nach, sollte die Wahlwerbung nicht mit den üblichen Sprüchen, wie "Steuersenkung", "weniger Arbeitslose" und "mehr Geld für alle!" kommen, sondern die echten Wahlkampfthemen behandeln! Wenn sich alle Parteien daran halten würden, gäbe es einen ehrlicheren und sinnvolleren Wahlkampf!

Odium schrieb:
Und unterhaltsam war das auch.

Natürlich sind die netten Kommentare der Zeitungen, des TVs und im Internet sehr lustig... aber eher traurig-lustig. Im Endeffekt sollte sich der Wähler dann denken, "tja... und die habe ich gewählt..." und ob das so lustig ist, wage ich zu bezweifeln.

Odium schrieb:
Nein, wir können uns die Aufgabe nicht abnehmen lassen, unser Produkt zu wählen, es zu überprüfen und dann darauf die richtige Entscheidung zu treffen. Das ist doch alles, was wir noch können. Das sollte man nicht in fremde Hände legen.

Wir sollen uns die Aufgabe nicht abnehmen lassen, das ist nicht, was ich ausdrücken will :p Ich möchte nur, dass die Politiker besser darüber nachdenken, was sie in ihrer Werbung versprechen*. Wenn man sich überlegt, dass ein Politiker die Macht hat, nach einer Wahl, sein Programm völlig umzuwerfen, gegen die Prinzipien der Partei zu verstoßen (Bsp. Hessen-SPD) und den Wähler so an der Nase herumzuführen, verstehe ich deren Bezeichnung als "Volksvertreter" nicht.

Ich würde diesen neutralen Dritten, keine politische Macht geben, nur eine richterliche Macht. Sie wählen nicht für uns. Sie manipulieren nicht unsere Meinung. Sie erinnern die Politiker an ihre Versprechungen und Pflichten. Und wollen sich diese nicht erinnern, werden sie - noch vor Ende ihrer Amtszeit - ihren Stuhl frei machen. Würde das Wirkung zeigen und die Politiker würden merken, dass sie sich nicht alles erlauben können, dann wäre eine faire Demokratie des Volkes gewährleistet. Ich denke, dass in der heutigen Zeit der Zweck der Demokratie in Deutschland verwirkt ist.

Die Demokratie sollte die Herrschaft des Volkes und der Gesetze über den Staat sichern, aber die Macht an so wenige - uneingeschränkte - weiter zu geben, ist in meinen Augen eine Form der Alleinherrschaft der Politiker.

Odium schrieb:
Und versprechen tun sie eigentlich nicht. Zumindest taucht dieses Wort nicht auf.

Nochmal zum Wort "Versprechen"; natürlich taucht es nicht auf. Aber ich finde ein netter Vergleich sind Pop-Ups; Wer kennt es nicht? "Sie haben gewonnen! Wählen sie zwischen einem Audi TT und einem 3er BMW!!! Kein Witz!!! Sie haben gewonnen!!!"* <-- wenn man dann das Kleingedruckte liest, steht da, was man eigentlich machen muss, um den Gewinn zu kassieren. Alles in allem ist das Bauernfängerei.

Ähnlich bei Wahlwerbung: "Blablabla... gerechtes, faires Deutschland. Wollen alles besser machen..." So, nur hier fehlt meiner Meinung nach das * :p In deren Worten heißt das dann Steuererhöhung, usw...

Da der - ich nenne ihn mal vorsichtig - "gemeine" Bürger sich auf die Wahlwerbespots verlässt, wundert sich später natürlich über die wahren Auswirkungen. Natürlich verspührt der Wähler dann Wut und weiß schon, dass er die Partei nicht wieder wählen wird. Und Statistiken sprechen hier für mich, denn viele Wähler wandern von den großen Parteien zu den kleineren ab. Aus Frust und fehlendem Vertrauen... dank Wahlwerbung!

Ich finde es auch sehr lustig (-traurig), was man bei Google unter dem Begriff "Wahlwerbung" findet...
 
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