Salut,
ich möchte Daedalus in mehreren Punkten beipflichten. Die Diskussion um den Sozialismus und seine Auswirkungen gehören zwingend zum Thema und sind nicht OT.
Der Daedalus schrieb:
Warum jetzt bei dem Nationalismus immer nur die ausgeartete und Menschen verachtende praktizierte Form gesehen werden soll, ich aber bei dem Sozialismus immer schön die theoretische Form dagegen halten soll, will mir nicht in den Kopf.
Hier sind wir genau bei dem Thema, das mich seit vielen Jahren in Deutschland so stört. Alle politischen Nationalisten werden i.d.R. pauschal in den Nazi-Topf geworfen, man ist nicht mal bemüht, in Ansätzen zu prüfen, ob deren Theorien und Forderungen verwerflich sind. Die Gleichung Nationalist = Nazi gilt einfach als beschlossen.
Wer nicht weiß, wie sich Nationalismus äußerst, möge sich die Kernsätze von
Anthony D. Smith mal reinziehen.
1. Die Menschheit teile sich von Natur aus in Völker auf, wobei jedes Volk seinen Nationalcharakter habe. Nur durch deren Entfaltung könne es zu einer fruchtbaren und harmonischen Völkergemeinschaft kommen.
2. Um diese nationale Selbstverwirklichung zu erreichen, müssten sich die Menschen mit ihrem Volk, ihrer Nation identifizieren. Die daraus erwachsende Loyalität stehe über allen Loyalitäten.
3. Nationen könnten sich nur in eigenen Staaten mit eigenen Regierungen voll entwickeln; sie hätten deshalb ein unveräußerliches Recht auf nationale Selbstbestimmung (Selbstbestimmungsrecht der Völker).
4. Die Quelle aller legitimen politischen Macht sei daher die Nation. Die Staatsgewalt habe allein nach deren Willen zu handeln, sonst verliere sie ihre Legitimität.
Das hat mit Nazis nichts zu tun. Erstaunlicherweise pflegte man in Deutschland letztes Jahr bei der WM eine Form sportlichen Nationalismus, der überraschend wenig Gegenstimmen aber ungeheuer viel Zustimmung erhielt. Alles Nazis ? Alles Rechte ? Nein, nur sportbegeisterte Nationalisten, zumeist junge Leute die sich mit ihrer Mannschaft und endlich auch mal mit ihrem Land etwas identifizieren. Darunter war wirklich alles versammelt, ultralinke, linke, mittenorientierte, rechte und natürlich leider auch ultrarechte. Allen gemeinsam war, sie waren Deutsche. War das falsch ?
Jahrelang wurde man hier, sofern man Flagge zeigte, schief angesehen und automatisch ins rechte Lager gerückt. Nur weil man die deutsche Fahne zeigte, war und ist man doch kein Nazi. In Frankreich hat nahezu jede Familie eine Tricolore; völlig normal – alle sind ja Franzosen. Bei der WM 2006, als bei uns der Flaggenrausch ausbrach und jeder seine Blechbüchse oder Hauswand damit verzierte, hat komischerweise kaum einer wegen drohender Nazifizierung Deutschlands geheult. Im Gegenteil, man hat den neu entdeckten Nationalismus über alle politischen Hürden und Schranken hinweg gemeinsam genossen. Ohne Ansicht des anderen, jung und alt, arm und reich, links und rechts haben gemeinsam Deutschland gefeiert. Ist das so schlecht ?
Es war immerhin ohne Zwang !
Ganz anders bei den guten Sozialisten, den guten Linken, deren heilige Absichten und Forderungen gar nicht verwerflich sein können! Linke und Sozialisten sind Gutmenschen – es kann ja gar nicht anders sein. Die Grundidee mag ja in Ansätzen und unter Brücksichtung des historischen Kontextes – die Zeiten waren Mitte des 19. Jahrhunderts einfach anders - gut sein, aber ich denke Marx und Co. würden heute anders denken, vor allem wenn sie sehen könnten, was aus ihren Ideen gemacht wurde, wie die Umsetzung versucht wurde und wieviel Leid ihre Theorien über die Menschheit brachte. Daß der Sozialismus in den letzten 90 Jahren fast nur Leid und Elend über die Weltbevölkerung brachte und die viel zitierte und apostrophierte Freiheit allüberall mit Füßen trat, dem Einzelnen jedes Recht absprach, wird von seinen verklärten Anhänger hier ständig negiert.
Der Hinweis, daß Frankreich auch lange Zeit von einem Sozialisten namens Francois Mitterand geführt wurde, ist lächerlich. Diese Regierung war frei gewählt und hatte eine Opposition, die den Namen auch verdiente und konnte jederzeit wieder abgewählt werden. Ganz im Gegenteil zu den klassischen sozialistischen Ländern, in denen Bürgerrechte von jeher mit Füßen getreten wurden und die unter dem Deckmantel des Sozialismus mehr als 100 Millionen weltweit umbrachte und zerstörte. Deutschland wurde auch jahrzehntelang von Sozialisten geführt oder waren Brandt und Schröder als Sozialdemokraten keine Sozialisten? Oder schließt das Beiwort Demokrat den hehren Sozialisten aus?
Allen realen sozialistischen Staaten ist gleich, daß sie sich nur als totalitäre menschenverachtende Diktaturen und Überwachungsstaaten behauptet haben und sofern noch existent, behaupten können. Sicherlich haben sie diese Systeme und ihre Mittel (Bespitzelung, Konzentrationslager, Ausbeutung und Unterdrückung des eigenen Volkes, Eliminierung Andersdenkender) nicht erfunden, aber sie haben sie vor allem nach 1945 auf eine abscheuliche Weise perfektioniert. Ist das für euch Anhänger des Sozialismus nicht furchtbar? Oder ist das für euch normal? Oder kaum es euch bei der Umsetzung eurer Ideologie auf ein paar Millionen Tote auch nicht an?
Einigen wenigen privilegierten alles, dem Volke gar nichts. So stellt sich für mich das Kernelement des Sozialismus, die Umverteilung dar. Hauptsache die Bonzen haben ihre Einkommen, Auskommen und Privilegien. Sorry, aber das finde ich zum Kotzen – egal ob das Rechte oder linke, Nazis oder Sozis machen. Nicht umsonst sind beide Ideologien – die sich ich ihren Auswirkungen und Ergebnissen kaum unterscheiden - gescheitert. Und das ist gut so!