Einleitung
Vor kurzem ist mir meine treue ASUS PCE-AC68 WLAN-Karte kaputt gegangen. Auf der Suche nach Alternativen habe ich mir gedacht warum nicht bei vorhandenem Gigabit-Internetanschluss gleich eine neue Karte und Router mit WIFI 6 verwenden und habe gesehen dass man beide Komponenten zusammen schon ab circa 50 Euro bekommen kann.Das war zu verlockend, also habe ich zugeschlagen und getestet wie sich der neue Router im Vergleich zu der bisher verwendeten Vodafone Station schlägt und was die neue WLAN-Karte bringt. Dabei haben sich einige interessante Ergebnisse in Hinsicht auf WIFI 5 versus WIFI 6, Antennenanzahl und Kanalbandbreiten gezeigt die ich hier teilen möchte.
Theorie
Was den technischen Hintergrund und die Theorie angeht fasse ich mich kurz. AVM schreibt zu der Frage "Wovon hängt die Brutto-Datenrate ab?" folgendes:Die maximal mögliche Geschwindigkeit einer WLAN-Verbindung (Brutto-Datenrate) wird von dem langsameren der beiden WLAN-Geräte bestimmt und hängt von drei Faktoren ab:
- dem WLAN-Standard (z.B. WLAN AC),
- der Anzahl der Datenströme (MIMO-Mehrantennenverfahren 1x1 - 4x4),
- der Kanalbandbreite (20 - 160 MHz).
Aktuell spielen drei WLAN-Standards eine Rolle:
- WIFI 5
- WIFI 5 Wave 2
- WIFI 6
Ich möchte hier aber noch auf drei für den Durchsatz wichtige Punkte, die jedem klar sein sollten, eingehen:
1. Anzahl der Datenströme
Die meisten Router und Clients haben eine oder mehrere Antennen. Wichtig ist wie viele davon für die Datenübertragung genutzt werden können. Dabei handelt es sich um den kleineren Wert der Anzahl der Antennen die der Router und der betrachtete Client für das jeweilige Frequenzband aufweisen.Beispiel 1: Router hat 4 Antennen für 5 Ghz, der Client 2 Antennen. Es werden insgesamt 2 Antennen verwendet (2x2)
Beispiel 2: Router hat 2 Antennen für 5 Ghz, der Client 3 Antennen . Es werden insgesamt 2 Antennen verwendet (2x2)
Dabei skaliert der Datensatz proportional mit der so erreichten Streamanzahl: 2x2 ist doppelt so schnell wie 1x1 und 3x3 ist drei mal so schnell wie 1x1, etc.
Also: Durchsatz = Streamanzahl x Durchsatz eines Streams
2. Kanalbandbreite
Man kann im Router die Bandbreite im 5 Ghz-Band auf 20 MHz, 40 MHz, 80 MHz oder 160 MHz einstellen (160 MHz nur für WIFI 5 Wave 2 und WIFI 6). Das belegt dann neben dem eigentlich ausgewählten WLAN-Kanal noch weitere Kanäle. Vorteil: Der Durchsatz steigt wenn der Client auch die gewählte Kanalbandbreite Unterstützt. Nachteil: Es kommt u.U. zu mehr Überlagerungen mit den Netzen der Nachbarn und der Durchsatz sinkt wieder.Verglichen mit den Anzahl an Datenströmen ist es tatsächlich etwas komplizierter aber in guter Näherung kann man sagen dass jede Verdopplung der Kanalbandbreite zu einer Verdopplung des maximal möglichen Durchsatzes führt.
3. Theorie versus Praxis
Wenn man alle Daten beisammen hat: WIFI-Generation, Anzahl der verwendeten Datenströme und Kanalbandbreite kann man in den oben verlinkten Tabellen nachgucken welche Bruttodatenrate maximal erreicht werden kann. Was einen als Anwender interessiert ist die Nettodatenrate und dazu schreibt AVM:Tatsächlich erhält man also maximal 50% der Bruttodatenrate.Da die Brutto-Datenraten auch Steuer- und Verwaltungsdaten (Protokoll-Overhead) beinhalten, sind die tatsächlich zur Verfügung stehenden Nutzdatenraten geringer. Unter optimalen Voraussetzungen liegen die Nutzdatenraten bei WLAN AC bei ca. 50% und bei WLAN N bei ca. 40% der Brutto-Datenraten.
Zusammengefasst
WLAN-Generation, Kanalbandbreite und Streamanzahl legen die maximal erreichbare Bruttobandbreite fest. Durch Dämpfung (Abstand, Wände, andere WLANs) sinkt die ausgehandelte Linkbandbreite unter den Maximalwert. Erreicht werden können Netto davon maximal die Hälfte.Hardware
PCIe-Karte
Die Auswahl der WLAN-Karte fällt leicht: Alle verfügbaren WIFI 6 PCIe-Karten verwenden das M.2 Modul Intel AX 200. Wenn es also kein Markenname auf der Packung, kein dicker Kühlkörper und keine Antennenverlängerung braucht tut es auch die günstigste Karte die man finden kann. Ich habe dazu auf Amazon nach AX 200 gesucht, nach Preis sortiert und die günstigste Karte ausgewählt. Das Exemplar für das ich mich entschieden hatte und von Amazon direkt geliefert wurde ist leider nicht mehr erhältlich, hat aber unter 20 Euro gekostet. Karten in dem Preisbereich gibt es auch auf Ebay (Neu und Versand aus Deutschland inkl. Versandkosten). Ich kann natürlich nichts zu deren Qualität sagen, aber auf den Karten kommt immer das gleiche M.2-Modul zum Einsatz und der Treiber stammt von Intel. Das einzige was noch schief gehen könnte ist die Trägerplatine die das M.2-Kärtchen auf PCIe 1x adaptiert.Kostenpunkt: circa 20 Euro
Router
Preislich interessant sind aktuell tatsächlich nur 2x2 WIFI 6 Router, da man schon für den günstigsten 3x3 Router mindestens 175 Euro plus Versand zahlt. Ich habe mich für den Honor Router 3 entschieden. Zu diesem gibt es zahlreiche Tests und dazu ist er noch der günstigste WIFI 6 2x2 Router.Auf Amazon kostet der Router circa 50 Euro, bei Honor selber 35 Euro (gerade ausverkauft) und auf Ebay Kleinanzeigen bekommt man ihn neu und originalverpackt noch günstiger, da Honor ihn anscheinend als Aktion bei Handys, Tablets, etc. mit dazulegt und viele ihn nicht brauchen. Es gibt jedenfalls sehr viele Privatanbieter und ich bin bei der ersten Anfrage an meinen für unter 30 Euro inklusive Versandkosten gekommen. Neu und Originalverpackt versteht sich.
Kostenpunkt: circa 30 Euro
(Die Karte inkl. Antennen kam in einem nicht beschrifteten Pappkarton. Die ESD-Folie war zugeschweißt.)
Testbedingungen
Getestet wurde ausschließlich im 5 Ghz Band mit zwei Routern und zwei Clients (Angaben in Klammern sind jeweils die maximal erreichbaren Werte):- Vodafone Station (WIFI 5, max. 80 MHz, 4x4 Streams)
- Honor Router 3 (WIFI 6, max. 160 MHz, 2x2 Streams)
- Intel AX 200 (WIFI 6, max. 160 MHz, 2x2 Streams)
- Apple Ipad Pro 2018 (WIFI 5, max. 80 MHz, 3x3 Streams)
Egal ob die Vodafone Station oder der Honor Router 3 verwendet wurde, der Router stand immer am gleichen Punkt R in der Wohnung (siehe Skizze) und der jeweils andere Router hatte sein WLAN deaktiviert. Wurde der Honor Router getestet wurde die Vodafone Station im "Bridge-Modus" mittels Ethernet als reines Modem verwendet. Messungen fanden gegen die Clients an den Punkten P1, P2 (hinter 2 Wänden) und P3 (hinter 3 Wänden) statt. Wurden mehrere Tests mit dem Ipad an einem Messpunkt durchgeführt war dieses immer identisch orientiert und in der gleichen Höhe. Auch waren alle Zimmertüren in der Wohnung während aller Tests geschlossen um vergleichbare Bedingungen zu schaffen. Die PCIe-Karte befand sich zusammen mit dem PC in dem sie verbaut war an Punkt P2 und wurde nicht bewegt.
Abstände in der Skizze sind in Zentimeter.
Folgende Router-Einstellungen wurden, soweit nicht anders erwähnt, verwendet:
- Kanal 36
- WPA2-Verschlüsselung
- "11ac/n Schutzintervall": Kurz (nur Honor Router 3)
- Maximale Sendeleistung
- 2,4 GHz WLAN deaktiviert
Code:
netsh wlan show interfaces
Testreihe 1
Für die erste Testreihe wurde das Ipad an den Punkten P1, P2 und P3 gegen die Vodafone Station und den Honor Router 3 in ihrer jeweils bestmöglichen Konfiguration getestet:Router | Protokoll | Kanalbandbreite | Streams | Theo. max. Datenrate |
Vodafone Station | WIFI 5 | 80 MHz | 4x4 | 1.733 MBit/s |
Honor Router 3 | WIFI 6 | 160 MHz | 2x2 | 2.400 MBit/s |
Da das Ipad Pro nur WIFI 5, 80 MHz und 3x3 unterstützt werden alle Größen auf den kleinsten gemeinsamen Nenner limitiert:
Router x Ipad Pro | Protokoll | Kanalbandbreite | Streams | Theo. max. Datenrate |
Vodafone Station | WIFI 5 | 80 MHz | 3x3 | 1.300 MBit/s |
Honor Router 3 | WIFI 5 | 80 MHz | 2x2 | 866 MBit/s |
Man sieht schon bei den theoretischen Datenraten den deutlichen Vorteil der Vodafone Station dadurch dass das Ipad keine 160 MHz Kanalbreite unterstützt, aber 3 Antennen für 5 GHz aufweist.
Ergebnisse:
Messpunkt | Honor Router 3 [MBit/s] | Vodafone Station [MBit/s] |
P1 | 551 | 617 |
P2 | 447 | 608 |
P3 | 185 | 370 |
Und die Vermutung bewahrheitet sich: Die Vodafone Station liefert mit ihrem zusätzlichen Datenstream durchweg bessere Ergebnisse. An Messpunkt P3 fällt der Wert sogar doppelt so hoch aus, verglichen mit dem Honor Router 3. Ich vermute, dass es von Vorteil ist, dass die Vodafone Station über vier Antennen verfügt, da sie so die für die Übertragung optimalen 3 Antennen auswählen kann.
Testreihe 2
Für die zweite Testreihe wurde nur die AX 200-Karte an Messpunkt P2 verwendet. Es wurde die Vodafone Station mit 40 MHz und 80 MHz Kanalbandbreite getestet und der Honor Router 3 mit 40 MHz, 80 MHz und 160 MHz, jeweils im Modus WIFI 5 und WIFI 6.Die nächste Tabelle zeigt zunächst die in der jeweiligen Konfiguration maximal erreichbaren Bruttodatenraten gegenüber einem Client mit 2 Antennen (2x2-Verbindung), wie dem AX 200 Modul:
Kanalbandbreite [MHz] | WIFI 6, Theoretische Maximalbandbreite [MBit/s] | WIFI 5, Theoretische Maximalbandbreite [MBit/s] |
40 | 574 | 400 |
80 | 1.200 | 866 |
160 | 2.400 | 1.733 |
Laut Tabelle gibt es einen deutlichen Vorsprung für WIFI 6.
Ergebnisse:
Kanalbandbreite [MHz] | Honor Router 3, WIFI 6 [MBit/s] | Honor Router 3, WIFI 5 [MBit/s] | Vodafone Station, WIFI 5 [MBit/s] |
40 | 388 | 337 | 301 |
80 | 557 | 503 | 599 |
160 | 819 | 817 | - (nicht unterstützt) |
Die Ergebnisse des Tests zeigen ganz klar den deutlichen Einfluss der Kanalbandbreite auf den Nettodurchsatz. Ob nun hingegen WIFI 5 oder 6 verwendet wird scheint keinen großen Unterschied zu machen. Tatsächlich wird klar woran das liegt wenn man sich genauer mit WIFI 6 auseinandersetzt: Die super hohen theoretischen Datenraten werden nur auf kürzeste Distanz unter idealen Vorraussetzungen durch neue Modulationsstufen erreicht. Ansonsten lag der Fokus bei der Entwicklung von WIFI 6 eher auf Energiesparfeatures und dem Datendurchsatz wenn mehrere Clients und WLAN-Netze aktiv sind.
Stromverbrauch
Der Stromverbrauch des Honor Router 3 liegt im Bereich 3W bis 5W und ob man die Vodafone Station im Routerbetrieb mit aktiviertem WLAN alleine betreibt oder die Vodafone Station im "Bridgemodus" als Modem zusammen mit dem Honor Router 3 macht beim Gesamtstromverbrauch von circa 18W keinen Unterschied (alle Messungen im Idle).Fazit
"WIFI 6 für 50 Euro. Lohnt sich das?" war die Frage. Wie sieht nun also die Antwort aus? Die Antwort ist leider kein klares Ja oder Nein. Klar geworden ist bei den durchgeführten Tests dass bei Betrachtung nur einzelner aktiver Clients eine viel Größere Rolle als die Wifi-Generation die Anzahl an Streams (Antennen auf Router- und Clientseite im genutzten Frequenzband) und die Kanalbandbreite spielt.Der AX 200-Karte kann ich daher rundherum eine Empfehlung geben. Sie ist mit circa 20 Euro so günstig wie 866 MBit/s USB-Sticks und erreicht theoretisch das dreifache und liefert in meinen Tests sowohl gegenüber dem Honor Router als auch der Vodafone Station Werte von mindestens 600 MBit/s.
Was den Honor Router 3 angeht sieht die Situation schon komplizierter aus. Dieser ist an und für sich nicht schlecht, aber es handelt sich eben nur um ein Gerät mit zwei Antennen im 5 GHz-Band. Hat man eine AX 200 Karte und noch einen WIFI 5 Router der keine 160 MHz Kanalbandbreite unterstützt, so wie die Vodafone Station oder Fritzbox 7490, macht der Router durchaus Sinn mit einem Gigabit-Internetanschluss. Zumindest wenn einem die Bandbreite am PC wichtiger ist als an anderen performanten Clients wie z.B. an einem Ipad Pro.
Hat man hingegen bereits einen WIFI 5 Router mit mindestens 2 Antennen im 5 GHz-Band und Unterstützung für 160 MHz Kanalbandbreite, so wie die z.B. Fritzbox 7590, würde ich ganz klar eine Verschlechterung durch den Umstieg auf den Honor Router 3 erwarten - WIFI 6 hin oder her.
Bleibt zu sagen: WIFI 6 bringt nette Features wie WPA3, garantierten Support für 160 MHz Kanalbandbreite, besserer Unterstützung mehrerer Clients usw., aber rein von der Geschwindigkeit ergibt sich kein großer Vorteil gegenüber einem WIFI 5 Router der die gleiche Anzahl an Antennen hat und bereits 160 MHz Kanalbandbreite unterstützt. Trotzdem haben sich die 50 Euro in meinem Fall gelohnt. Ob ich am Ipad nun 185 oder 370 MBit/s am Ende der Wohnung habe ist mir nicht so wichtig, aber WPA3 und zusätzliche 220 MBit/s am PC hingegen schon.
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