Medien-Gewerkschaft SAG-AFTRA: Mitglieder offen für Streik im Videospiel-Sektor

Mahir Kulalic
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Medien-Gewerkschaft SAG-AFTRA: Mitglieder offen für Streik im Videospiel-Sektor
Bild: SAG-AFTRA

Die Mitglieder der US-amerikanischen Medien-Gewerkschaft SAG-AFTRA haben in einer Abstimmung mit 98,32 Prozent einen potentiellen Streik im Videospiel-Sektor autorisiert. Daraus muss nicht zwangsläufig ein Streik folgen, dem verhandelnden Komitee gibt dies aber Rückendeckung, einen solchen bei Bedarf auszurufen.

Insgesamt traten rund 34.687 Mitglieder der Gewerkschaft an die Wahlurnen, dies entspricht einer Wahlbeteiligung von 27,47 Prozent. Die fast hundertprozentige Unterstützung stärkt die Verhandlungsposition der Gewerkschaft in Tarifverhandlungen mit der Videospiel-Industrie. Die Gespräche werden bis zum 28. September in einer nächsten Runde fortgeführt.

Mitglieder erklären Bereitschaft für Streik

Grundlage ist das sogenannte Interactive Media Agreement, das die Bezahlung und Rechte von Mitwirkenden an Videospielen – darunter Schauspieler und Stuntleute für Motion Capturing, Synchronsprecher oder Autoren – regelt. Der Vertrag war in seiner letzten Fassung im November 2022 ausgelaufen und seitdem nicht zu neuen Konditionen verlängert worden. Das bejahende Abstimmungsergebnis bedeutet nun, dass die votierenden Mitglieder im Fall der Fälle hinter einem Streik stehen würden, den das Interactive Media Agreement Negotiationg Committee ausrufen könnte. Dies erscheint denkbar, sollten die nächsten Verhandlungsrunden mit Videospiel-Vertretern nach Ansinnen der Gewerkschaft nicht zielführend laufen.

Verhandlungen mit Activision, EA, Disney & Co. dauern an

Laut Angabe der SAG-AFTRA führt das Komitee seit fast einem Jahr Gespräche, die Unternehmen sollen aber „essentielle Bedingungen“ bisher abgelehnt haben. Zu den Unternehmen am Verhandlungstisch gehören Activision Productions, Blindlight, Disney Character Voices, Eletronic Arts Productions, Epic Games, Formosa Interactive, Insomniac Games, Take 2 Productions, VoiceWorks Production und WB Games. Diese sehen sich mit Forderungen rund um den Einsatz künstlicher Intelligenz, Bezahlung und Sicherheit konfrontiert.

Sorge vor Nutzung von Erzeugnissen für KI-Training

Die Gewerkschaft sorgt sich unter anderem darum, dass künstliche Intelligenz dafür genutzt wird, Synchronsprecher, Schauspieler oder Stuntleute zu ersetzen. Ohne entsprechende Schutzmaßnahmen ließe sich nicht sicherstellen, dass bestehende Ton- oder Bildaufnahmen für Trainingszwecke der KI genutzt werden. Eine Konsequenz könnte daraufhin sein, aus diesem Trainingsmaterial praktisch endlose Abwandlungen und Vervielfältigungen für neue Spiele zu erzeugen. In Summe fordert das Komitee beim Thema KI die Zustimmung sowie angemessene Bezahlung für Mitwirkende, wenn geplant ist, die Erzeugnisse zur Vervielfältigung sowie für Trainingszwecke weiterzuverwenden.

Gehaltsforderungen und Sicherheitsmaßnahmen als weitere Themen

Der nächste große Streitpunkt ist das Thema Gehalt für den auf drei Jahre ausgelegten Vertrag. Laut SAG-AFTRA sieht das Angebot der Unternehmen eine fünfprozentige Erhöhung nach Ratifizierung sowie jeweils vier Prozent mehr im zweiten und dritten Jahr vor. Mit Blick auf die vorherrschende Inflation sieht die Interessensvertretung dies als „inakzeptabel“ an, da die Mitglieder im Jahr 2025 einen niedrigeren Reallohn fürchten müssten als aktuell. Die Gewerkschaft fordert rückwirkend zum Enddatum der vorherigen Vereinbarung elf Prozent sowie jeweils vier Prozent im zweiten und dritten Jahr. Dies entspricht den Forderungen der Gewerkschaft im Bereich Film und Fernsehen, wo ebenfalls ein Streik läuft.

Abschließend fordert SAG-AFTRA erhöhte Sicherheitsmaßnahmen bei der Produktion. Dazu gehören zugesicherte Ruhephasen für „On-Camera Performers“, die analog zu „Off-Camera Performers“ fünf Minuten je Stunde betragen. Außerdem solle an jedem Set ein Arzt anwesend sein, wenn Stunts oder anderweitige gefährliche Aktivitäten stattfinden. Dies sei bei Film und Fernsehen gegeben, bei Videospielen aber nicht. Zudem soll es Arbeitgebern untersagt werden, selbst aufgezeichnete Stunts für Vorsprechen zu verlangen. Alle Informationen zu den Streiks finden sich in der Pressemitteilung der Gewerkschaft sowie einer FAQ-Seite.

Medien-Industrie der USA von großen Streiks betroffen

Die Medien-Industrie der USA wird derzeit von zwei weiteren großen Streiks betroffen. Die Writers Guild of America, welche Autoren für Film und Fernsehen vertritt, hat nach über 146 Tagen Streik eine Einigung mit dem Dachverband der Filmindustrie erzielt. Der Streik der über 11.000 Mitglieder ist damit jedoch noch nicht offiziell beendet. Sobald der Vertrag finalisiert ist, müssen die Autoren zustimmen. Parallel dazu streiken Schauspieler, Moderatoren und Synchronsprecher, die ebenfalls durch SAG-AFTRA vertreten werden, seit Mitte Juli. Anders als bei den Autoren ist eine Einigung und damit ein Ende des Streiks nicht in Sicht. Auch hier geht es der Gewerkschaft neben dem Thema Gehalt und Inflation auch um Sicherheit beim Thema KI.