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Retro Games - The Spectrum im Test: Eigene Titel einbinden und Spielen auf dem The Spectrum

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Michael Schäfer
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Retro-System durch eigene Spiele erweiterbar

Abgesehen von dem einen oder anderen Titel, der eher als Füllmaterial betrachtet werden kann, bietet die Sammlung eine Vielzahl an Spielen, die den Käufern zunächst für eine längere Zeit Unterhaltung bieten dürften.

Sollten diese dann irgendwann nicht mehr ausreichen, lassen sich eigene Dateien unkompliziert per USB-Stick hinzufügen. Retro Games scheint hierbei aus den Problemen beim The400 Mini gelernt zu haben, der bei der Auswahl kompatibler USB-Medien sehr wählerisch war und das Einbinden eigener Dateien zu einem Glücks- und Geduldsspiel hat werden lassen. Im Test zeigte sich der The Spectrum hingegen wesentlich flexibler und akzeptierte sämtliche getesteten USB-Sticks, sofern diese im FAT32-Dateisystem formatiert waren.

Sobald ein USB-Stick im The Spectrum eingesteckt wird, erscheint im Karussell ein entsprechendes USB-Symbol, das den Nutzer direkt zu dem integrierten Datei-Manager führt. Über diesen lassen sich dann kompatible Programme starten. Unterstützt werden dabei folgende Dateitypen:

Quelle Dateiformat
Kassette: *.tap *, .tzx, *.pzx
Cartridge: *.rom
Snapshot: *.szx, *.z80, *.sna
Playlist: *.m3u

Steuern lässt sich dieser sowohl bequem per Tastatur, per Gamepad oder mit dem TheJoystick, dem Nachbau des bekannten Competition Pro, der bereits beim TheC64 enthalten war. Mit seinen zusätzlichen Tasten lässt sich dabei komfortabel durch den Datei-Manager navigieren.

Im Gegensatz zu einigen anderen Veröffentlichungen von Retro Games unterstützt der The Spectrum jedoch ausschließlich Spiele, die für den ZX Spectrum entwickelt wurden. Software für den ZX80 oder ZX81 kann nicht geladen werden. Diese Einschränkung ist vermutlich auf die damalige technische Inkompatibilität des ZX Spectrum zu seinen Vorgängermodellen zurückzuführen. Diese verwendeten nicht nur andere Hardware, sondern basierten zudem auf einem grundlegend anderen System.

Wie bereits bei anderen Konsolen setzt Retro Games auch beim The Spectrum auf eine möglichst originalgetreue Emulation des Vorbildes. Dies schließt auch die Ladezeiten mit ein, die beim 128K-Modell des ZX Spectrum von Kassette seinerzeit nicht selten bis zu zehn Minuten in Anspruch nehmen konnte. Wer diese Nostalgie erneut erleben möchte, kann in den Einstellungen die Ladezeit auf „Normal“ einstellen, wodurch diese nicht an die heutigen technischen Möglichkeiten angepasst wird.

Obwohl die eingesetzte Hardware deutlich schneller arbeitet als der originale Spectrum seinerzeit und das Laden der Programme bei der Retro-Version schnell erfolgt, benötigt das System dennoch gelegentlich etwas Zeit, bis die geladenen Programme vollständig entpackt und gestartet sind. Wichtig ist auch, im Voraus in den Einstellungen die korrekte Spectrum-Version auszuwählen, da das System diese nicht automatisch erkennt. Sollte diese nicht richtig gewählt sein, erfolgt kein Start des Programms. Eine Fehlermeldung wird dabei nicht ausgegeben.

Die Öffnung für den Lautsprecher ist beim The Spectrum zwar vorhanden, der Ton wird nun aber über den Monitor ausgegeben
Die Öffnung für den Lautsprecher ist beim The Spectrum zwar vorhanden, der Ton wird nun aber über den Monitor ausgegeben

Während des Tests gab es einige Spiele, die sich nicht zu einem Start überreden ließen. Dabei blieb unklar, ob dies auf fehlerhafte Dumps oder auf das System des The Spectrum selbst zurückzuführen war. Die Mehrheit der getesteten Spiele verrichtete aber wie erwartet ihre Arbeit.

Fun Fact: In England Standard, im Rest von Europa Nischenprodukt

Spielen mit dem The Spectrum

Auch beim The Spectrum setzt Retro Games darauf, den Nutzern das Spielen der enthaltenen Titel so einfach wie möglich zu gestalten. Die Spiele können direkt aus der Übersicht geladen werden und starten sofort. Dabei sind die Titel bereits an das System angepasst, was auch die verbesserte Farbdarstellung und eine optimierte Unterstützung von Joysticks oder Gamepads bedeutet.

Darüber hinaus bietet das System die bekannten Modifikationen anderer Retro-Computer des Herstellers: Spiele können jederzeit pausiert werden, indem sie einem der vier verfügbaren Speicherslots zugewiesen werden. Diese Slots sind für jedes Spiel separat verfügbar und die Übersicht dazu ist als nette Reminiszenz an das Retro-Gefühl in Form einer Kassette gestaltet. Mit dieser Hilfe können auch besonders schwierige Stellen im Spiel gespeichert werden, um bei einem Scheitern nicht von vorne beginnen zu müssen. Alternativ steht eine Rückspulfunktion zur Verfügung, mit der bis zu 40 Sekunden im Spiel zurückgegangen werden kann, was ebenfalls dabei hilft, kritische Situationen zu meistern.

Bereits die Spieleübersicht bietet zahlreiche Zusatzinformationen: Zu jedem Spiel wird eine kurze Beschreibung mit den wichtigsten Details angezeigt, einschließlich der Information, ob dieses für einen oder mehrere Spieler ausgelegt ist und für welches Modell des ZX Spectrums es ursprünglich entwickelt wurde. Nutzer können zudem ihre Lieblingsspiele durch eine Sternebewertung kennzeichnen und diese später gezielt filtern. Ein „Save-Game-Indikator“ zeigt darüber hinaus an, wie viele der Speicherslots eines Spiels bereits belegt sind.

Die Navigation durch die Übersicht kann entweder mittels Shortcuts auf der Tastatur oder mit einem externen Eingabegerät wie Tastatur, Joystick oder Gamepad erfolgen. Zu jedem Titel steht zudem eine Hilfeseite bereit, die die Steuerung erklärt und die verwendeten Tasten oder die Joystick-Belegung anzeigt. Diese Einstellungen können leicht geändert werden, was auch für extern geladene Titel gilt. Der The Spectrum bietet dafür das bewährte Control-Mapping, bei der die jeweilige Belegung der Tasten frei konfiguriert werden kann. Bei externen Spielen werden die vorgenommenen Einstellungen auf dem USB-Stick im jeweiligen Spielordner gespeichert und werden somit bei jedem neuen Spieleaufruf automatisch geladen. Anpassungen lassen sich entweder erneut über das Menü oder direkt in der Konfigurationsdatei per Text-Editor vornehmen.

Der Start eines der integrierten Spiele gestaltet sich, wie zuvor beschrieben, äußerst einfach. Viele Titel lassen sich dabei mit der Tastatur steuern, ein Joystick wird somit nicht immer benötigt – empfehlenswert ist diese Art der Steuerung jedoch weniger. Wer über einen Joystick oder ein Gamepad mit USB-Anschluss verfügt, sollte vorzugsweise auf diese zurückgreifen. Natürlich verhält es sich anders, wenn die Spiele damals auch über die Tastatur gespielt wurden – in diesem Fall sollte natürlich ganz tief in die Nostalgiekiste gegriffen werden und die Tastatur genutzt werden!

Über das Karussell lassen sich die Inklusiv-Titel leicht auswählen
Über das Karussell lassen sich die Inklusiv-Titel leicht auswählen (Bild: Retro Games)

Da der ZX Spectrum seinerzeit verschiedene Peripheriegeräte über unterschiedliche Schnittstellen unterstützte, war nicht jeder Joystick gleich zu jedem anderen Joystick und musste anders angesteuert werden. Zahlreiche Titel boten daher die Auswahl zwischen verschiedenen Eingabegeräten, die über ein separates Menü festgelegt werden konnten. Im Rahmen des vorliegenden Tests kam vorwiegend der bereits beschriebene TheJoystick aus dem „The C64“-Bundle zum Einsatz, für den in den Einstellungen stets der Kempston-Joystick ausgewählt werden musste. Negativ fiel dabei jedoch ein wenig auf, dass die vorgenommenen Einstellungen nicht gespeichert wurden und nach jedem Neustart erneut festgelegt werden mussten. Bei den enthaltenen Spielen lässt sich der Joystick ebenfalls über die Menü-Taste des Karussells konfigurieren.

Zusätzlich verfügen die zusätzlichen Funktionstasten des The Joystick oder die der kompatiblen Gamepads über die bekannten Funktionen, über die der Wechsel zurück ins Karussell oder das Aufrufen zusätzlicher Menüs vorgenommen werden können.

In Ermangelung des Originals lässt sich in diesem Test nicht abschließend beurteilen, inwieweit die Steuerung und Reaktionszeiten der Retro-Version dem damaligen Gefühl entsprechen – der Spielspaß bleibt jedoch ungetrübt. Die Eingaben werden direkt umgesetzt und erlauben somit eine präzise Kontrolle der Spielfiguren auf dem Bildschirm. Dieser Punkt kann daher nicht als Ursache für den frühzeitigen Spieltod in Betracht gezogen werden, vielmehr war der Schwierigkeitsgrad der damaligen Spiele weitaus höher einzustufen als bei heutigen Titeln. Dies wird etwa bei Spielen wie „Pheenix“ offensichtlich, das, wie bereits erwähnt, als Nachbildung des damaligen Spielhallenklassikers „Phoenix“ gilt. Der Spieler wird hier einige Anläufe benötigen, um sich auf das hohe Spieltempo einzustellen – schmerzende Handgelenke und beanspruchte Sehnen inklusive. Die vorhandenen Spiele verdeutlichen zudem eindrucksvoll, welchen Einfallsreichtum die Entwickler in ihren Titeln seinerzeit an den Tag gelegt haben und wie diese noch heute zu fesseln vermögen. So wollte der Autor dieses Testes nur „mal eben ein wenig die Spiele testen“, schon war der Sonntagnachmittag rum.

Pro integriertem Spiel bietet das System jeweils vier Speicherplätze
Pro integriertem Spiel bietet das System jeweils vier Speicherplätze (Bild: Retro Games)

An vielen Stellen wird bei allem Spielspaß jedoch ebenso die deutliche Limitierung der damaligen Hardware ersichtlich – und das nicht nur im Vergleich zu heutigen Spielen. So war „The Way of the Exploding Fist“ bereits auf dem Commodore 64 kein Paradebeispiel für Geschwindigkeit, auf dem The Spectrum wirkt das Spiel noch einmal spürbar träger. Von den im Vergleich zum „Brotkasten“ eigentümlichen Farben des ZX Sinclair, an die sich die Spieler seinerzeit erst gewöhnen mussten, sowie dem sogenannten „Color-Clash“-Effekt einmal ganz abgesehen. Die Spielfiguren sind hier deutlich einfacher gestaltet und ihre Bewegungen unterscheiden sich erkennbar von der C64-Version – es wirkt eher so, als seien diese aus „International Karate“ übernommen worden. Die Geräuscheffekte ähneln denen der C64-Variante sehr, allerdings aufgrund des 1-Kanal-Tons ohne zusätzliche Hintergrundmusik.

Spiele wie „Nodes of Yesod“ hingegen verdeutlichen, welches Potenzial damals im ZX Spectrum steckte, insbesondere wenn es um das Spieltempo ging. Mit „Shovel Adventure“ umfasst die Sammlung auch einen 2021 veröffentlichten Titel, bei dem sich der Spieler im Stile eines Indiana Jones als Schatzsucher betätigt und der ebenso durch seinen hohen Spielwitz hervorsticht.

Reaktionsfreudige Tastatur

Auch die Nachbildung der Tastatur überzeugt und macht bei der Nutzung vor allem deutlich, unter welchen Bedingungen die Entwickler seinerzeit ihre Programme auf dem ZX Sinclair eingegeben haben – nur wenige Hobby-Programmierer konnten sich damals eine externe Tastatur mit entsprechendem Interface leisten. Die wenigen notwendigen Eingaben oder auch die Steuerung der Spiele erfolgten im Test ohne nennenswerte Verzögerung. Wer dennoch mehr Komfort bevorzugt, kann problemlos ein kompatibles Eingabegerät per USB-Port anschließen, muss dann aber eventuell erst herausfinden, wie es mit der Mehrfachbelegung der Tasten bestellt ist.

Retro Games hat beim The Spectrum auch an die charakteristische Gummi-Tastatur gedacht, die aber sehr staubanfällig ist
Retro Games hat beim The Spectrum auch an die charakteristische Gummi-Tastatur gedacht, die aber sehr staubanfällig ist

Bei kleineren Eingaben kann unter Umständen auch die integrierte virtuelle Tastatur helfen, die auch beim The Spectrum zur Verfügung steht und die während des Spiels mit einer entsprechenden Kombination der Funktionstasten aufgerufen werden kann.