Der Organisationsgrad in der deutschen Wirtschaft sinkt seit Jahren kontinuierlich, dass hat sowohl für die Arbeitnehmer als auch für die Arbeitgeber nicht nur positive Konsequenzen (z. B. für die ArbG: Einführung eines bundesweiten Mindestlohns, ohne Branchenunterschiede oder Berücksichtigung der Region, der demnächst regelmäßig steigen wird). Die meisten Arbeitsverhältnisse nehmen lediglich Bezug auf einen Tarifvertrag, damit gelten zwar deren Bedingungen, allerdings lediglich deklaratorisch und nicht zwingend und unmittelbar (wie ein Gesetz).
Welchen Vorteil haben nun die Tarifverträge:
Gewerkschaften vertreten die Interessen ihrer Mitglieder nicht nur in Lohnfragen. Sie können sehr weitgehende Regelungen für eine Vielzahl von Arbeitsverträgen aushandeln. Wer sich ein wenig mit Arbeitsrecht auseinandersetzt merkt schnell, wie komplex und dynamisch dieses Rechtsgebiet ist (man nehme sich seinen Arbeitsvertrag und versuche die Regelungen dort in Gänze zu verstehen =)). Dort zwei gleich starke, gut ausgebildete Verhandlungspartner zu haben die ihre Interessen abwägen ist sicher nichts Schlechtes. Ein schönes praktisches Beispiel ist die betriebliche Altersversorgung die in Zukunft verstärkt über Tarifverträge geregelt werden wird. Dort einzelvertraglich mit seinem Arbeitgeber etwas auszuhandeln dürfte nicht besonders einfach sein.
Bei Pressemeldungen ist auch immer eine Menge „Politik“ dabei. Nicht zufällig sind bei Verdi auch die großen deutschen Einzelhandelsplayer wie die Metrogruppe als Tarifpartner dabei. Meiner Meinung nach geht es auch genau darum, auf der einen Seite der „deutsche“ Einzelhandel der hier artig seine Steuern zahlt (hoffentlich) und auf der anderen ein amerikanisches Unternehmen der die Eigenheiten des europäischen Steuersystems für sich zu nutzen weiß. Das ein Einzelhandelskaufmann im Verkauf andere Arbeit abliefert als ein Picker ist ja klar, aber von der Produktivität her betrachtet dürfte sich das Bild klar drehen und die ist am Ende entscheidend. Wenn dazu noch der Kunde sich im Laden beraten lässt und im Internet kauft – aber das ist ein anderes Thema.
Was das Verlagerungsargument angeht, diese ist schon seit Jahren bei Amazon im vollem Gange, es gibt etliche FC in Frankreich, Belgien, Polen, Österreich, Tschechien die alle den deutschen Markt mitbeliefern.
Auch wenn Gewerkschaftsbashing wieder mal in Mode ist, aber ich finde es ist ein Armutszeugnis das die Arbeitnehmerschaft in Deutschland es nicht hinbekommt sich in ausreichendem Maße zu organisieren und über ihre Arbeitsbedingungen zu sprechen. Über die Ziele kann man ja lang und breit diskutieren.