Dominion
Commodore
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OldDirtyBastard schrieb:@dominion1
[...]aber bei alle dem was du sonst geschrieben hast, muss ich dir sagen das diese einstellung von dir einfach nur weltfremd ist. praktikas und 400 euro jobs lassen unseren arbeitsmarkt sterben, den praktikas und 400 euro jobs bringen keine steuern!
Weltfremd inwiefern?
Praktika und geringfügige Beschäftigung sind eine Möglichkeit für Unternehmen, den Mitarbeiter besser kennen zu lernen.
Als Unternehmer lasse ich doch nicht allen Ernstes einen Praktikanten oder 400-€-Jobber wieder gehen, der sich einbringt, der konstruktiv mitwirkt, Verbesserungsvorschläge macht und zu erledigende Arbeit von selbst sieht. Den werde ich mir also unbedingt sichern.
Das Problem ist vielmehr, dass sich in der Praxis zeigt, dass es nicht viele Leute gibt, bei denen es sich lohnt, sie zu sichern.
geht da mal ein lichtlein an!??
Glaub mir, bei mir herrscht Flutlichtbeleuchtung.
dahum schrieb:@dominion1 Eine äußerst kurzsichtige und klassisch neoliberale Einstellung, [...]
Kurzsichtig ist ein Adjektiv, das mein Umfeld wohl am wenigsten mit mir in Verbindung bringen würde.
Und da dieser Vorwurf in Bezug auf meinen Beitrag auch jeder Grundlage entbehrt, meinen Dank für diesen Schmunzler am späten Abend.
[...]die nur grobe Zahlen gegeneinander abwägt.
Bitte, was? Bitte, wo?
Die Unternehmen bedienen sich aus dem Hartz4 Pool, machen damit realen Jobs Konkurrenz, sahnen Fördergelder ab, um die Leute nach der Probezeit wieder zu feuern und so dafür zu sorgen, dass nach ein paar solchen Aktionen die betroffene Person garantiert nie wieder einen normalen Job bekommt.
Unternehmen haben kein Interesse daran, erst Geld in die Ausbildung (innerbetrieblich) zu investieren, um die Mitarbeiter dann wieder zu feuern. Jeder Neuling kostet einem Unternehmen zunächst einmal Geld. Er kennt sich nicht aus, er muss eingewiesen werden, er kennt die Abläufe nicht.
Wovon Du redest sind Ausnahmebranchen, die saisonal bedingt in Zeitperioden zusätzliches Personal benötigen (wie vorliegend Amazon, oder der Einzelhandel im Weihnachtsgeschäft, oder aber die Spargelbauern zur Erntezeit).
In diesen Branchen ist das hire-and-fire-Prinzip auch völlig legitim, oder willst Du mir erzählen, der Spargelbauer solle seine 150 Spargelstecher, die er für zwei, drei Monate braucht, doch gefälligst ganzjährig sozialversicherungspflichtig beschäftigen?
Der Punkt ist: Es geht nicht.
Die Wirtschaft blüht auf dem Rücken von Zwangsarbeit, dann von Solidarität zu reden, wenn man gesellschaftlich verschuldete und stukturell bedingte Arbeitslosigkeit auch noch ausnutzen will, damit Unternehmen und Staat noch ne müde Mark mehr machen, ist purer Zynismus. Hartz4 ist eine gesellschaftlich geförderte Armutsindustrie, und die Betroffenen schulden dem Staat und der Gesellschaft gar nichts, sie sind deren Bauernopfer.
Zynismus ist der Erguss, den Du da von Dir gibst.
Aber selbstverständlich baut unsere Gesellschaft auf dem Solidaritätsprinzip auf. Die arbeitende Bevölkerung führt Steuern und Beiträge zur Arbeitslosenversicherung (nebst weiteren Sozialversicherungsbeiträgen) ab, um den jetzigen Arbeitslosen eine Existenzmöglichkeit zu bieten.
Dass die Betroffenen der Gesellschaft nichts schulden würden, diese Ansicht ist blanker Hohn.
Natürlich gibt es unter den Arbeitslosen Hartz-4-Empfängern eine ganze Menge, die liebendgerne arbeiten würden. Auch solche, die gute Qualifikationen aufweisen. So zählen auch Akademiker und andere gut ausgebildete Menschen zu Hartz-4-Empfängern.
Doch zumeist nicht für lange Zeit. Der Bedarf an Fachkräften zeigt sich immer stärker. Wer sich engagiert, wer Initiative zeigt und über eine gute Ausbildung verfügt, ist gefragt. Und wer gefragt ist, arbeitet nicht als Praktikant oder 400-€-Jobber. Die Unternehmen wären mit dem Klammerbeutel gepudert, würden sie gute Fachkräfte nicht in festen, sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnissen zu halten versuchen.
Das Problem sind insbesondere die Ungelernten.
Und hier kommt ein ganz besonderer Aspekt hinzu, der im Fachkräftebereich so nicht zu Tage tritt: die Globalisierung. Hierzu folgendes:
Im ungelernten Bereich konkurriert die deutsche Wirtschaft mit der weltweiten Wirtschaft.
Das bedeutet, mit Wirtschaftssystemen, die keine Sozialversicherungssysteme kennen. In denen die Menschen einfach sich selbst oder ihren Familien überlassen werden. In denen ein Tageslohn (nicht Stundenlohn, sondern Tageslohn) zuweilen nicht mal 3 € erreicht.
Weshalb, so muss man sich fragen, werden Nordseekrabben mit dem Flugzeug (!) nach Afrika transportiert, nur um dort gepult und wieder nach Deutschland mit dem Flugzeug (!) zurücktransportiert zu werden? Weshalb rechnen sich die Kosten der Flüge samt Kühlung plus Arbeitslohn immer noch, statt die Krabben einfach vor Ort pulen zu lassen?
Die Antwort heißt: Globalisierung.
Und diese Globalisierung macht bei keiner Branche halt. Sie hat Auswirkungen auf das gesamte Waren-Wirtschaftssystem.
Die ungelernten Menschen machen, das wurde oben festgestellt, den größten Teil des Problems aus. Wenn nun diese Menschen hierzulande in direkter Konkurrenz zu absoluten Niedriglohnländern in der gesamten Welt stehen, dann bleibt für uns und unsere Ungelernten nur eine einzige verbleibende Konsequenz:
Wir müssen weg von der Vorstellung, dass jeder von seiner Arbeit alleinstehend leben kann.
Diese Vorstellung (die ich persönlich auch als erstrebenswert erachte) ist eine Illusion. Das mag traurig sein, ist jedoch Realität. Und jeder Versuch linksgerichteter Parteien und Vereinigungen, dies nicht als Realität anzuerkennen, empfinde ich als Betrug am Bürger.
Denn worüber ich schreibe ist nicht meine Meinung, sondern es geht um Fakten.
Es muss also sein, dass manche Niedriglohnbereiche staatlich subventioniert werden. Dies muss sogar noch sehr viel weiter vorangetrieben werden.
Ein ganz anderes Problem ist dabei, wie sogenannte "Aufstocker" und andere Personen, die auf staatliche Unterstützung angewiesen sind, gesellschaftlich akzeptiert werden. Dies ist ein gesellschaftspolitisches Problem und nicht eines der Privatwirtschaft.
Hier sind insbesondere die Medien, die Politik und die Interessenverbände gefordert, etwas zu bewegen. Es darf einfach nicht länger als Schande gelten, Zuschüsse zu beziehen.
Es muss einzig und allein darum gehen, seinen Beitrag für die Gesellschaft zu leisten.
MfG,
Dominion.