Zer0DEV schrieb:
Wo sind eigentlich die ganzen Ratingagenturen die Deutschland das Ramschniveau bescheinigen?
Zu recht nirgends zu sehen. Deutschland ist hochgradig kreditwürdig und unser Schuldenniveau unter den Volkswirtschaften ähnlichen Entwicklungsstandes
extrem gering. Die Angst vor zu hoher Verschuldung ist typisch deutsch und unter anderem dafür verantwortlich, dass wir so viele Versäumnisse nachzuholen haben - was jetzt übrigens teurer wird als es vor zehn Jahren gewesen wäre.
Zer0DEV schrieb:
Die Schuldenbremse taugt de facto nichts.
Da stimme ich Ihnen völlig zu. Investive Ausgaben sollten nicht in dieser Art ausgebremst werden.
Zer0DEV schrieb:
Noch mehr Schulden aufnehmen, klar... SUPER IDEE!
Leider unvermeidlich.
Zer0DEV schrieb:
Wer tilgt denn diese Schulden? Die aktuelle Regierung gewiss nicht und die nächste, übernächste usw. mit großer Sicherheit auch nicht. Der Steuerzahler blutet die nächsten 50+ Jahre.
Es ist ein großes Missverständnis, dass Staatsschulden am besten ganz und gar getilgt werden müssen. Bis zu einem gewissen Niveau ist das mitnichten der Fall. Sofern Investitionen via dieser Schulden vorgenommen werden, die der Wirtschaft in entsprechendem Umfang zu wachsen erlauben, kann eine starke Volkswirtschaft aus ihren Verbindlichkeiten gleichsam "herauswachsen". Das Steueraufkommen muss nur in entsprechendem Umfang ansteigen.
Achtung: Das bedeutet
nicht dass der Schuldenstand jemals auf null absinkt, aber das ist auch gar nicht erforderlich. Wir reden hier nicht von Krediten für ein Auto oder ein Mobiltelefon.
TilTuesday schrieb:
Der Staat sollte zusehen, dass er seine ausufernden Ausgaben in den Griff bekommt. Man sollte die Leute unterstützen, die das Land am Laufen halten, die 17 Millionen Arbeitnehmer die den Großteil finanzieren. Die Bürgergelderhöhung und die Subventionen für Intel & Co sind falsche Signale.
Über die Subventionen kann man freilich streiten, die Bürgergelderhöhung ist aber verfassungsrechtlich quasi gar nicht zu vermeiden. Per BVerfG-Rechtsprechung ist es nicht so einfach möglich, dort Regelsätze zusammenzustreichen oder die Inflation selbiges tun zu lassen. Der nächste Rüffel stünde dann nur zu schnell ins Haus.
Ich persönlich sehe auch Spielraum in den Sozialbudgets und denke, dass der Staat dort erstmalig ansetzen müsste. Zur Not könnten auch die Zuschüsse zur Rentenkasse Spielräume eröffnen, aber in einer alternden Gesellschaft wird das kaum jemals passieren, die Angst vor dem Wähler wäre zu groß.
TilTuesday schrieb:
Die Lohnnebenkosten und Steuern müssen gesenkt werden, damit sich Arbeit wieder mehr lohnt.
Das dagegen ist in der Tat der richtige Weg, Eigenverdienste vom Bürgergeld abzuheben.
TilTuesday schrieb:
Ebenso müssen die Rahmenbedingungen verbessert werden, z.B. muss was gegen die hohen Stromkosten getan werden und der Bürokratieabbau ist auch ein überfälliges Unterfangen.
Das unterschreibe ich ebenso unbesehen.
ElDiablo schrieb:
Es geht langfristig nur um das BIP/Schulden Verhältnis, da die Inflation sich gut um die Alt-Schulden kümmert. Wir haben eher ein Problem mit den vermeidbaren Ausgaben, dann lässt sich auch mit Schuldenbremse genug investieren.
Richtig. Wie ich oben bereits schrieb, liegt dem landläufigen Verständnis von Staatsschulden in Deutschland ein höchst deutsches Missverständnis zugrunde. Woher diese Reserviertheit kommt, ist sicherlich eine treffliche Frage für Kulturforschende. Fakt ist aber vor allen Dingen, dass diese Position uns in große Not gebracht hat, wenn es um Investitionsstaus geht.
Twisterstift schrieb:
Kein Wunder das einige Bundesländer immer mehr blau werden. Wenns weiter so geht, wird Europa fläschendekend National. Das heißt dann, noch weniger Fachkräfte. Wie schaffen es ja nicht einmal die vielen sehr gut qualifizierten Ukrainer in Arbeit zu bekommen obwohl sie arbeiten wollen. Stattdessen gibt es Sozialgelder für das rumsitzen. Ich sage nur "Fictionsbescheinigung"- lebensfremdes Deutschland, lieber dümmliche Begriffe erfinden statt taten.
Deutsche Rechtskonstrukte (mit "k" übrigens), für die es durchaus Gründe gibt, mal beiseite, stimme ich der Aussage, dass Ausländer schneller in Arbeit gebracht werden müssten, völlig zu. Unsere Bürokratie gehört nicht nur in diesem Bereich gehörig umgekrempelt.
eazen schrieb:
In Deutschland muss generell mehr investiert werden, die zaghaftigkeit der Leute hier ist nicht so gut, da sollte man sich mehr Beispiele an USA nehmen. Investitionen generieren Geld zurück, von daher ist das Risiko kleiner als viele denken. Positiv sein ist wichtig.
Genau. Zaghaftigkeit und übertriebenes Risikodenken ist ein großes Problem hierzulande. Ein Land wie Deutschland könnte sich problemlos eine Schuldenquote von über 80% leisten, stattdessen halten wir schon unter 65% für zu hoch. Dazwischen liegen Hunderte von Milliarden, die wir dringend bräuchten, aber nicht nutzen wollen. Die vielzitierte schwäbische Hausfrau ist hier in der Tat Vater des Gedankens.
phanter schrieb:
So viel Monetäre Politik versteht der Durchschnitts-deutsche nicht.
Wenn alle Schulden zurückgezahlt sind gibt es kein Geld mehr und auch keine Wirtschaft.
Das versteht ja nicht mal der Finanzminister - und der ist, zumindest was sein Einkommen angeht, ja weit jenseits von durchschnittlich.
Allein seine These, dass Geld erst erwirtschaftet werden müsse, bevor man es ausgeben kann, entpuppt ihn in volkswirtschaftlich kompetenten Augen als Dilettanten. So muss der Kleinverdiener denken, der deutsche Staat aber mitnichten.
Dr. MaRV schrieb:
2023 mit 40 Mrd. für Zinsen, Tendenz steigend. Bis zur nächsten 0-Zins-Strategie der EZB.
Mit anderen Worten: Im Gesamthaushalt nicht annähernd der größte Posten.
Zugegeben, die Frage nach höheren Staatsausgaben ist im Umfeld einer historischen Inflation keine ganz einfache. Es steht aber fest, dass wir ohne bedeutendes "deficit spending" unsere Substanz weiter zurückbauen werden - und langfristig sind steigende Zinslasten dann unser kleinstes Problem.