Begnadigung und das Prinzip der Gewaltenteilung

@Daedalus
Moment mal, da scherst du aber einiges über einen Kamm, was gar nicht zusammengehört. Wo ist bitte die Parallele zu den Äusserungen von Klar hinsichtlich des kapitalistischen Systems und seiner Ablehnung der neoliberalen Politik einiger Parteien und auf der anderen Seite zu Bundespräsident Horst Köhler, der, wie wir wissen, überparteilich "regiert" und eigentlich ja nicht ein Handlanger wirtschaftlicher Interessen sein sollte...oder? Da wird ja von dir mal eben kurzerhand die komplette Politik in Deutschland als ein Befürworter des Kapitalismus dargestellt...und dem würde ich aber entschieden widersprechen. Ich sehe überhaupt keinen Widerspruch darin, beim Bundespräsidenten um Gnade zu bitten, aber gleichzeitig eine bestimmte Marktform zu verurteilen.


Wie war das doch nochmal im Mittelalter? Da konnten Menschen teilweise ausgeraubt werden und Frauen vergewaltigt und wenn die dann gegen ihre Schänder geklagt haben und dabei aber gesagt haben, dass sie nicht, wie fast alle damals, an Gott glauben, dann hat der Richter das so hingedreht, dass man die- oder denjenigen in diesem Fall ausrauben/vergewaltigen dürfe, weil er/sie ja nicht unter die Gesetze fällt, weil ja nicht an Gott geglaubt wird.
Irgendwie ähnlich klingt das hier auch gerade, von wegen wenn man das System verurteilt, dann braucht man ja erst gar keine Rechte mehr geltend machen....
 
Zuletzt bearbeitet:
@ th3o,
zum Glück ist das Mittelalter Geschichte, wir leben jetzt und in naher Zukunft und die sollte schon sicher sein.
Ich gebe Dir recht wenn Du sagst das niemand wegen seiner politischen Einstellung verurteilt werden sollte.
Die Frage ist doch aber, wie man seine politische Einstellung ausdrückt.
Der Weg der RAF jedenfalls war völlig falsch, ich glaube da sind wir uns einig.

Da verbirgt sich aber auch die Gefahr, wenn Herr Klar seine politische Überzeugung behalten hat ist das sein Recht, nur weis eben niemand ob er auch die Umsetzung seiner Gesinnung durch Gewalt wie schon einmal zum Ausdruck bringen will oder nicht.

Ich möchte jedenfalls nicht in der Haut des Bundespräsidenten stecken, denn persönlich bin ich gegen eine Begnadigung, schlimm genug das Frau Mohnhaupt frei ist, auch wenn dort geltendes Recht zur Anwendung kommt. Kann sich der Staat übrigens gut hinter verstecken.

OMaOle
 
OMaOle schrieb:
...
Ich gebe Dir recht wenn Du sagst das niemand wegen seiner politischen Einstellung verurteilt werden sollte.
Die Frage ist doch aber, wie man seine politische Einstellung ausdrückt.
...

Oder besser: wie man versucht, seine politische Einstellung durchzusetzen.

Ein Grundgedanke unserer Demokratie ist Pluralismus und wenn Herr Klar und Konsorten ihre politischen Einstellungen gegen den Willen anderer durchsetzen wollen, dann sind sie nicht besser als die Vertreter der ihnen so verhassten kapitalistischen Diktatur. Demokratie lebt von Kompromissen, Diskursen und Toleranz. Deshalb halte ich selbst solche radikalen Ansichten, wie die in Klars Brief, für problematisch.

Zweitens steht auch die Distanzierung von den Taten der RAF in direktem Zusammenhang zu der Frage, wie ernst man die Aussagen Klars zur Bewertung einer möglichen Begnadigung nehmen muss. Politische Einstellungen kann jeder nach Gutdünken haben, jedoch ist es die Frage, wie man versucht, diese durchzusetzen. Klar nutzte dafür im Rahmen der RAF den Terror. Wenn er sich bis heute nicht von den Taten der RAF distanziert hat und sich seine politische Einstellung nicht geändert haben, so stellt sich für mich die Frage, was ihn heute von der Nutzung der selben Werkzeuge wie damals zur Durchsetzung seiner politischen Ziele abhalten soll. Deshalb halte ich es für unabdinglich, dass sich Klar gerade wegen seiner unveränderten Ablehnung des Status Quo eindeutig von den Taten der RAF distanziert. Nur so könnte man ansatzweise erkennen, dass Klar eingesehen hat, dass seine Individualmeinung nur mit demokratischen Mitteln durchgesetzt werden darf.
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Öffentlichkeit hat sich nach seinen Äusserungen schon ein Bild von ihm gebildet.
Welches aufzeigt, das er sich nicht viel verändert hat.
Würde er jetzt verkünden, das er sich von seinen damaligen Taten distanziert, sich bei den Verwandten der Opfer entschuldigt und der Gewalt abschwört...
Wer würde ihm jetzt noch Glauben schenken ?

Denn dann stellt man sich einige Fragen.
Meint er das ernst ?
Ist das seine wirkliche Überzeugung ?
Sagt er nur, was wir von ihm hören "wollen", damit er raus kommt ?

Eine schwierige Entscheidung, vor der er die Öffentlichkeit und den Bundespräsidenten stellen würde.

In meinen Augen hat er seine Chance verwirkt und sollte seine Haftzeit absitzen.
 
Klar stimme ich damit überein dass die Methoden der RAF leider in keinster Weise angemessen waren und dass diese zu verurteilen sind.
Auf der anderen Seite beschleicht mich das Gefühl, dass seitens der Medien, allen voran die Springer-Blätter, die Freilassung von Mohnhaupt und der Gnadengesuch Klars als eine neue Form der Hexenjagd dargestellt wird. Reue zeigen heißt für mich nicht meine grundsätzlichen Überzeugungen (die von Klar im übrigen an sich gewaltlos sind, nicht notwendig Gewalt gegen etwas oder jemanden einschließen) nur um meiner Freiheit Willen fallen zu lassen, sondern eben von dem abzulassen wofür ich verurteilt wurde. Und das ist nun mal Mord...und nichts anderes, was mit irgendeiner Kapitalismuskritik zu tun hätte. Mehr hat Klar in seinem Brief, der jetzt so ausgeschlachtet wird, nicht getan. Kampf dem Kapitalismus bedeutet bestimmt nicht automatisch: Physische Gewalt gegen den Kapitalismus. Das ist einzig nur ein Gespenst, dass konservative und neoliberale Blätter gerne in die Öffentlichkeit streuen...und das ist es was mir gegen den Strich geht.
 
th3o schrieb:
Kampf dem Kapitalismus bedeutet bestimmt nicht automatisch: Physische Gewalt gegen den Kapitalismus.

Uns ist das bewusst, aber Herrn Klar ja nicht. Denn er hat den Kampf gegen den Kapitalismus mit den Mitteln der physischen Gewalt ausgeübt. Die Morde waren also Ausprägung seiner Gesinnung und diese ist eben dann auch Ausdruck der damit zusammenhängenden Gewalt. Anders ausgedrückt: Kritik am Kapitalismus und Gewalt sind für Klar stets miteinander verbunden gewesen und wenn er sich von seinen Gewalttaten nicht distanziert, dann liegt es doch nahe, dass man eine Kapitalismuskritik seinerseits mit Gewalt assoziiert - ob das nun jemand neoliberales interpretiert oder nicht, das ist schlichte Logik.
 
Das leuchtet mir ja ein, nur bin ich mir eben nicht so sicher, ob man es sich so einfach machen kann, die Worte heute mit den Taten von vor 23 Jahren unmittelbar zu verbinden und die bloßen Worte als totalen Beweis dafür zu nehmen, dass er sich ja gar nicht geändert hätte.
 
th3o schrieb:
...die bloßen Worte als totalen Beweis dafür zu nehmen, dass er sich ja gar nicht geändert hätte.
Kurz und knapp gesagt: JA
So wird das doch auch bei ganz "normalen" Mördern gemacht, wenn sie vor einem Bewährungsausschuss sitzen.
Denkst du, die bekommen Bewährung, wenn sie sich nicht von ihrer Tat distanzieren oder Reue zeigen ?
 
Zuletzt bearbeitet:
Salut,

so seh ich das auch. Es gibt auch unter den ehemaligen RAF-Mitglieder Ewiggestrige, nicht nur unter opportunistischen Sozialismusbefürwortern.
 
@theo:

Natürlich ist der Aufruf zum Kampf gegen den "Neoliberalismus" auch ein Aufruf zum Kampf gegen Menschen wie Horst Köhler. Vor allem deshalb, weil Köhler in der Vergangenheit genau die Ämter bekleidet hat, die Klar so verteufelt.

Ich übrigens empfinde die Äußerungen Klars als Beleidigend für jeden, der Vertrauen in das gegenwärtige Gesellschafts- und Wirtschaftssystem in diesem Lande hat. Aber das nur am Rande.

[...]ob man es sich so einfach machen kann, die Worte heute mit den Taten von vor 23 Jahren unmittelbar zu verbinden und die bloßen Worte als totalen Beweis dafür zu nehmen, dass er sich ja gar nicht geändert hätte.

Wir reden hier von einer Begnadigung.
Herr Klar bittet um Gnade weil ... .
So anstatt der drei Punkte muss da jetzt eigentlich etwas stehen mit dem Christian Klar sein Gnadengesuch begründet.

Es ist an ihm zu zeigen, dass er dieser Gnade würdig ist!
 
Gut, richtig, klar, es ist an ihm das zu zeigen. Das habe ich doch auch nirgends bestritten verdammte Axt :D...was ich nur die ganze Zeit sage ist, dass das was es bisher gesagt hat zumindest nicht etwas ist, was man als Anlaß nehmen muss um ihn nicht zu begnadigen. Aber mit der Ansicht stehe ich denk ich mal alleine da ;) wie immer.
 
Was ist du betreibst ist Haarspalterrei.

Sagen wir es so:
- Das was er nicht gesagt und getan hat ist Grund genug ihn nicht zu begnadigen.
- Das was er gesagt hat gibt mehr Grund zu der Annahme, dass bei ihm keinerlei Besserung in Sicht ist.
 
Eine konsequnte Gewaltenteilung haben wir doch sowieso nicht (genausowenig wie eine echte Trennung von Staat und Kirche).

Oh Wunder, ich bin ja als Freund des angelsächsischen Systems wohlbekannt. :D

Mit Begnadigungen an sich habe ich kein Problem. Generell verbieten wollen würde ich sowas nicht. Das Problem ist doch, wer dabei die Zügel in der Hand hält.
 
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