Ich freue mich jedenfalls, dass wir zu einem höflichen Umgang miteinander zurückgekehrt sind - und schöpfe daraus die leise Hoffnung - dass uns die Administration eine kleine intellektuelle Plänkelei am Rande des eigentlichen Themas nachsehen mag. Auf deine Punkte geh ich mal in umgekehrter Reihenfolge ein.
Aisn schrieb:
5. ... allerdings verschweigst du, dass diese "rationale" Entscheidung ... überhaupt nicht freiwillig geschehen ist, sondern, dass ... eine jeweilige Abhängigkeit inhärente und unkalkulierbare Risiken trüge, die die Export(!)-Wirtschaft Chinas massiv beeinträchtigen könnte.
a) Ich halte "Freiwilligkeit" nicht für ein Kriterium von "Rationalität" - schliesslich gäbe es auch andere Optionen als den teuren Aufbau einer eigenen KI-Industrie - etwa ein Nachgeben in anderen Punkten im Gegenzug für die Aufhebung der Sanktionen.
b) Vor allem besteht ein Risiko für Chinas Eigenbedarf an (nicht nur) KI-Chips - vor Allem, wenn sich der massenhafte Einsatz von KI tatsächlich als der nächste grosse Produktivitätsschub herausstellen sollte.
(Hier im Konjunktiv, weil wir schon viele ähnliche Hypes gesehen haben - insbesondere bei den Neuronalen Netzen gab es Anfang 90 schonmal einen Boom, u.A. Siemens(!) zeigte sogar Spezialhardware zur Beschleuningung der Lernprozesse - der die geschürten Erwartungen bei Weitem verfehlte)
4. Die Sicht der Welt als Historiker (rückwirkend) könnte für eine politische Führung nicht sinnfreier sein ... Trotzdem ist "Autarkie" im Ansatz zum Scheitern verurteilt, gerade das hat der Blick in die Vergangenheit gelehrt!
a) "Autarkie" bedeutet nicht Selbstisolation - sondern die Fähigkeit, sich auch angesichts ändernder äusserer Umstände zu entwickeln und zu überleben. Eine vollständige Autarkie mag nicht sinnvoll erscheinen - die Fähigkeit, eine solche ggf. kurzfristig herzustellen, sehr wohl.
b) Die Sinnhaftigkeit eines "Blickes zurück" hängt stark davon ab, was man daraus zu lernen bereit ist. Für mich ist das die Regel "Es kommt immer anders, als man (rational) denkt".
(Beispiel: Mao kam sich bestimmt auch sehr "rational" vor, als er im ganzen Land die Vögel auf den Feldern töten liess, weil er meinte, sie pickten zuviel von der Ernte auf ... mit der Folge einer gigantischen ökologischen Katastrophe und Millionen Hungertoten. Vieleicht nicht ganz so dramatisch - aber im Prinzip handeln wir heute genauso.)
c) WENN Chinas Investition in KI Früchte trägt - UND sich KI als der grosse Bringer erweist - DANN war die Investition ein Erfolg und damit rational. Tritt einer der beiden Umstände nicht ein - war das Ganze eine gigantische Verschwendung von Ressourcen - und damit irrational. Tatsächlich werden wir das erst in einigen Jahren oder Jahrzehnten beurteilen können.
3. "Exportweltmeister", ... in der Wirtschaftswissenschaft wurde und wird das schon seit langer Zeit kritisch und als problematisch angesehen.
a) Klar - nur dreht sich die Welt eben nicht um die "Wirtschaftswissenschaft" - sondern um reale Menschen, Familien, Clans, Kommunen, Länder, Staaten, Bündnisse, ... - und ihre Interessen.
b) Mögen die "Wirtschaftswissenschaften" in Zeiten der Stabilität vielleicht(!) noch einigermassen hilfreich sein - versagen vollständig bei Extremereignissen, wie wir sie gerade in Form einer "Zeitenwende" erleben. Sie liegen als "Ausreisser" einfach ausserhalb ihrer Modelle. Schauen wir aber rückwärts - so sehen wir, dass derartige Extemereignisse oder "Ausreisser" praktisch die Eckpunkte der gesamten Geschichte darstellen - und der Technikgeschichte insbesondere.
Was ist nun "rationales Verhalten" angesichts einer unbestimmten Zukunft?
2. Wenn du Sätze mit wenigen Worten schreibst, und damit allein per Kürzung Unsinn erzählst ...
Sorry - ich hab Schwierigkeiten, diesen Absatz zu verstehen. Du scheinst darauf hinauszuwollen, dass für eine echte, vollständige Autarkie sämtliche Ressourcen "allgemein verfügbar" sein müssen (saubere Luft, Wasser, Rohsoffe, ...) - und weil das nicht gegeben wäre, soll das Anstreben von "Autarkie" a priori unsinnig sein - richtig?
Wenn dem so ist, stellt sich die Frage - was tut man, wenn man sich plötzlich von einer lebensnotwendigen Ressource abgeschnitten sieht? Ist man bereit, einen völlig überzogenen Preis zu zahlen? Entwickelt man einen Ersatz? Verschafft man sie sich mit Gewalt? Das lässt sich doch wohl nicht aus sich selbst heraus beantworten - sondern hängt in starkem Maße von der Verhandlungsbereitschaft und Fairnes des Gegenübers ab.
1. Ubiquitäten ... das von dir notierte Wort habe ich nicht benutzt.
Sorry Typo - habs stehenlassen, damit dein Zitat nicht ins Leere zeigt.
Trotzdem stammt der Begriff
Ubiquität aus der Theologie für die Allumfassende Anwesenheit eines Gottes - und über die Anwendbarkeit auf "allgemeinverfügbare Güter" kann man trefflich streiten - besonders wenn diese privatem Eigentum unterliegen.
Ich bin für Ubiquität menschlichen Wissens! 👍
Einen schönen Abend allerseits.