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Computer in der DDR 2
Hier geht es zu Teil 1
Während also die DDR mit den R300 Rechnern und den ersten Rechenzentren startete, begann im Hintergrund die Entwicklung des ESER.
Kein Land des Ostblocks konnte es sich leisten, allein die Entwicklung der Rechentechnik, der Standards und der nötigen Produktion zu entwickeln und effektiv am Laufen zu halten. Deswegen schlossen sich Bulgarien, Ungarn, die DDR, Polen und die UdSSR zusammen, um die Kräfte zu bündeln und die Weltweite Leistungsspitze zu erreichen.
Im Dezember 1969 startete das Projekt, wobei ESER Einheitliches System Elektronischer Rechentechnik bedeutet.
Bis zu 300.000 Menschen arbeiten in diesem Zweig der Industrie, doppelt so viele, wie am Manhattan Projekt.
Die DDR kümmerte sich hauptsächlich um die Magnetbandtechnik, das Äquivalent zu unseren heutigen Festplatten.
Man hatte beim R300 schon erste Erfahrungen sammeln können. So lieferte Carl Zeiss Jena für diesen bereits das Gerät ZMB 30 (Zeiss Magnet Band). Auf 750m wurden 1 MB gespeichert und mit 33 KByte/s (1,52 m/s) ausgelesen.
Bei den ESER Rechnern wurde die Auslesegeschwindigkeit auf 64 KByte/s und 8 MB Speicher pro Band erhöht.
Hier der Magnetbandspeicher EC 5002.03M von Carl Zeiss Jena (es dürfte sich um den Bunker Wollenberg handeln, bin mir aber nicht mehr sicher)
Die ersten, gemeinsamen Großrechner waren kompatibel zu dem IBM System/360. Ein sehr erfolgreicher Großrechner, der mit 5 Milliarden US $ Entwicklungskosten für IBM ein großes Wagnis darstellte – heute wären das 44,61 Milliarden US $ oder 39,41 Milliarden €.
Im Gegenzug sanken die Kosten pro Rechnungsschritt um das 40-fache auf nur noch 3,5 US Cent (ca. 31 US Cent in 2021).
IBM System 360 im Deutschen Museum, im Hintergrund der Cray 1
Eines der ersten Rechner im ESER Projekt war der EC 1040 (sprich ES, oder R 40 für Robotron 40) dessen Zentraleinheit mit dem Namen EC 2640 in Chemnitz entwickelt wurde.
Vorgestellt wurde das ganze Projekt 1973 in Moskau, woraufhin die Serienproduktion und der Verkauf begann. Immerhin 380 Systeme in 18 Ländern fanden ihre Abnehmer, u.a. Kuba, der Irak und Indien.
Auch die INTERKOSMOS nutzte dieses System in Ihrem Flugbegleitzentrum.
Die Leistungsdaten konnten mit 380.000 Operationen pro Sekunde mehr als nur überzeugen.
Auch wurde fortschrittlicher Magnetkernspeicher als Hauptspeicher genutzt, der 256 KB, 512 KB oder 1 MB fassen konnte.
Nachteil war, dass ein Auslesen der Information diese löschte, so dass nach dem Auslesen gleich der Schreibbefehl erfolgen musste, um die Daten zu erhalten. Der aus Shanghai stammende Professor An Wang löste dieses Problem mit dem write-after-read Cycle.
Vorteile waren dagegen die hohe Robustheit, vor allem gegen elektromagnetische Impulse, wie sie nach einer Atomaren Explosion auftreten und gegen Strahlung, die im Weltraum zu Fehlfunktionen führen kann.
Die Zentraleinheit EC 2640 nutzte als Basis TTL-Schaltkreise, die in der DDR gerade verfügbar wurden, dazu kamen NAND, AND-OR-Inverter und Flipflop.
Der Stromverbrauch ist gegenüber heutigen Desktop Rechnern extrem hoch, allein der Kernspeicher benötigt 4 kW und bis zu 19 kW für die zentrale Verarbeitungseinheit. Wobei die Werte variieren, robotrontechnik.de spricht von 15 kW für den Rechner.
Selbst alte DDR3 RAM Module verbrauchen bei 8 GB nur 2,4 – 3,8 W, 16 GB Module liegen bei 4,1 – 5,4 W Leistungsaufnahme von Arbeitsspeicher (Danke @h00bi ).
Wer lieferte was für die ESER Rechner der ersten Generation:
Quelle: robotrontechnik.de
Fun Fact: mit Hilfe von Adaptern konnten IBM Geräte an dem ESER Rechner betrieben werden, die generelle Kompatibilität war ja gegeben.
Als Schlusswort, für diese kurze Übersicht, ist noch zu vermerken, dass 20.000 Wissenschaftliche Mitarbeiter, 300.000 Mitarbeiter und Techniker, sowie mehr als 70 Betriebe teilnahmen.
Man entwickelte 30 Prozessoren und schuf Plattenspeicher mit 600 MB an Speicherkapazität.
Die größte Hürde, für so ein Projekt war die Koordinierung, da diverse Teams nicht dauerhaft zusammenarbeiteten und es keinen gemeinsamen Fördertopf gab.
Die Europäische Union steht vor ähnlichen Schwierigkeiten. Während weltweite Lieferketten immer schneller ins Stocken geraten und die Spannungen zwischen der Werkbank der Welt und dem „Westen“ zunehmen, versucht man, eine eigene Halbleiterindustrie aufzubauen, wieder.
Denn Siemens fertigte lange Jahre intel CPUs in Lizenz und entwickelte eigenständig den SAB 4080.
Dazu existierte der NFC1 (Link zum Nixdorf Museum) von Nixdorf (Patent) und der CP 3-F von AEG Telefunken (siehe Link zum NFC1).
Zwei Siemens CPUs (8080 u. 8086) unter dem Siemens & Halske Logo
Hier geht es zu Teil 1
Während also die DDR mit den R300 Rechnern und den ersten Rechenzentren startete, begann im Hintergrund die Entwicklung des ESER.
Kein Land des Ostblocks konnte es sich leisten, allein die Entwicklung der Rechentechnik, der Standards und der nötigen Produktion zu entwickeln und effektiv am Laufen zu halten. Deswegen schlossen sich Bulgarien, Ungarn, die DDR, Polen und die UdSSR zusammen, um die Kräfte zu bündeln und die Weltweite Leistungsspitze zu erreichen.
Im Dezember 1969 startete das Projekt, wobei ESER Einheitliches System Elektronischer Rechentechnik bedeutet.
Bis zu 300.000 Menschen arbeiten in diesem Zweig der Industrie, doppelt so viele, wie am Manhattan Projekt.
Die DDR kümmerte sich hauptsächlich um die Magnetbandtechnik, das Äquivalent zu unseren heutigen Festplatten.
Man hatte beim R300 schon erste Erfahrungen sammeln können. So lieferte Carl Zeiss Jena für diesen bereits das Gerät ZMB 30 (Zeiss Magnet Band). Auf 750m wurden 1 MB gespeichert und mit 33 KByte/s (1,52 m/s) ausgelesen.
Bei den ESER Rechnern wurde die Auslesegeschwindigkeit auf 64 KByte/s und 8 MB Speicher pro Band erhöht.
Hier der Magnetbandspeicher EC 5002.03M von Carl Zeiss Jena (es dürfte sich um den Bunker Wollenberg handeln, bin mir aber nicht mehr sicher)
Die ersten, gemeinsamen Großrechner waren kompatibel zu dem IBM System/360. Ein sehr erfolgreicher Großrechner, der mit 5 Milliarden US $ Entwicklungskosten für IBM ein großes Wagnis darstellte – heute wären das 44,61 Milliarden US $ oder 39,41 Milliarden €.
Im Gegenzug sanken die Kosten pro Rechnungsschritt um das 40-fache auf nur noch 3,5 US Cent (ca. 31 US Cent in 2021).
IBM System 360 im Deutschen Museum, im Hintergrund der Cray 1
Eines der ersten Rechner im ESER Projekt war der EC 1040 (sprich ES, oder R 40 für Robotron 40) dessen Zentraleinheit mit dem Namen EC 2640 in Chemnitz entwickelt wurde.
Vorgestellt wurde das ganze Projekt 1973 in Moskau, woraufhin die Serienproduktion und der Verkauf begann. Immerhin 380 Systeme in 18 Ländern fanden ihre Abnehmer, u.a. Kuba, der Irak und Indien.
Auch die INTERKOSMOS nutzte dieses System in Ihrem Flugbegleitzentrum.
Die Leistungsdaten konnten mit 380.000 Operationen pro Sekunde mehr als nur überzeugen.
Auch wurde fortschrittlicher Magnetkernspeicher als Hauptspeicher genutzt, der 256 KB, 512 KB oder 1 MB fassen konnte.
Nachteil war, dass ein Auslesen der Information diese löschte, so dass nach dem Auslesen gleich der Schreibbefehl erfolgen musste, um die Daten zu erhalten. Der aus Shanghai stammende Professor An Wang löste dieses Problem mit dem write-after-read Cycle.
Vorteile waren dagegen die hohe Robustheit, vor allem gegen elektromagnetische Impulse, wie sie nach einer Atomaren Explosion auftreten und gegen Strahlung, die im Weltraum zu Fehlfunktionen führen kann.
Die Zentraleinheit EC 2640 nutzte als Basis TTL-Schaltkreise, die in der DDR gerade verfügbar wurden, dazu kamen NAND, AND-OR-Inverter und Flipflop.
Der Stromverbrauch ist gegenüber heutigen Desktop Rechnern extrem hoch, allein der Kernspeicher benötigt 4 kW und bis zu 19 kW für die zentrale Verarbeitungseinheit. Wobei die Werte variieren, robotrontechnik.de spricht von 15 kW für den Rechner.
Selbst alte DDR3 RAM Module verbrauchen bei 8 GB nur 2,4 – 3,8 W, 16 GB Module liegen bei 4,1 – 5,4 W Leistungsaufnahme von Arbeitsspeicher (Danke @h00bi ).
Wer lieferte was für die ESER Rechner der ersten Generation:
- Paralleldrucker – Polen, Ungarn, UdSSR
- Diskettentechnik – Ungarn, Bulgarien
- Magnetbandtechnik – Ungarn, DDR
- Festplatten u. Wechseplattentechnik – Bulgarien
- Lochbandtechnik – Polen, Tschechoslowakei
Quelle: robotrontechnik.de
Fun Fact: mit Hilfe von Adaptern konnten IBM Geräte an dem ESER Rechner betrieben werden, die generelle Kompatibilität war ja gegeben.
Als Schlusswort, für diese kurze Übersicht, ist noch zu vermerken, dass 20.000 Wissenschaftliche Mitarbeiter, 300.000 Mitarbeiter und Techniker, sowie mehr als 70 Betriebe teilnahmen.
Man entwickelte 30 Prozessoren und schuf Plattenspeicher mit 600 MB an Speicherkapazität.
Die größte Hürde, für so ein Projekt war die Koordinierung, da diverse Teams nicht dauerhaft zusammenarbeiteten und es keinen gemeinsamen Fördertopf gab.
Die Europäische Union steht vor ähnlichen Schwierigkeiten. Während weltweite Lieferketten immer schneller ins Stocken geraten und die Spannungen zwischen der Werkbank der Welt und dem „Westen“ zunehmen, versucht man, eine eigene Halbleiterindustrie aufzubauen, wieder.
Denn Siemens fertigte lange Jahre intel CPUs in Lizenz und entwickelte eigenständig den SAB 4080.
Dazu existierte der NFC1 (Link zum Nixdorf Museum) von Nixdorf (Patent) und der CP 3-F von AEG Telefunken (siehe Link zum NFC1).
Zwei Siemens CPUs (8080 u. 8086) unter dem Siemens & Halske Logo
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(Link für Teil 1 eingefügt)