Allein einen Kopfhörer - nur ein kleiner Teil der Kette - zu objektivieren und zu vergleichbar ist schon eine hohe Kunst, die bisher kaum einer bewältigen konnte. Selbst rtings.com, die zumindest auf technischer Ebene schon viel Konstruktives beigesteuert haben, stehen immer noch heftig in der Kritik, sich völlig von dem eigentlichen Ziel ihrer Plattform zu entfernen und keinerlei Relevanz für die Praxis zu bieten.
Wenn man nun den Blick Richtung der virtuellen Raumsimulationen wendet, dann wird die Betrachtung sogar noch mal um mindestens eine Metaebene erweitert. Denn hier entscheidet vor allem die individuelle Beschaffenheit des menschlichen Hörsystems (Formung des Außen- und Innenohrs) sowie die individuelle Hörerfahrung, ob ein System funktioniert oder nicht. Aber auch bei der Erfassung der Surround-Profile, bei denen denen die akustischen Beschaffenheiten von Aufnahmeraum und Kopfmodell in einer Impulsantwort codiert werden, gibt es unfassbar viele Paramteter. Manchmal tragen diese dazu bei, dass man noch tiefer in eine Simulation eintauchen kann. Manchal sorgen sie jedoch auch dafür, dass man die gesamte Lokalisation und Raumdarstellung als Fremdkörper wahrnimmt. Dies liegt daran, dass das eigene Gehirn, welches von Geburt an über einen langen und höchst individuellen Lernprozess auf eine spezifische Charakteristik geeicht ist, die abstrakten Veränderungen des Klangs (z.B. ungewohnte Laufzeit- und Pegeldifferenzen oder eine völlig andersartige, richtungsabhängige Tonalität) nicht richtig deuten kann.
Aus diesen Gründen würde ich es auch für Zeitverschwendung halten, sich eine Reihe von Surround-Simulationen herauszupicken und über diese einen vergleichenden Beitrag zu verfassen. Die Wahrscheinlichkeit, dass die abstrakten Eindrücke - die man auch erst mal irgendwie in Worten bändigen und unmissverständlich transportieren muss(!) - sich mit denen eines Anderen decken, ist äußerst gering. Und damit würde dieses Unterfangen letztlich mehr Zeit und Kraft fordern, als es an anderer Stelle an Nutzen hervorbringt. Es würde vor allem unerfahreneren Nutzern viel mehr suggerieren, dass es sich um absolute Eigenschaften spezifischer Surround-Simulationen handelt und somit sogar undifferenzierte Vorurteile fördern. Denn dann würden sich viele vielleicht gar nicht mehr dazu "herablassen", sich ein Tool wie HeSuVi einfach mal selbst zu installieren, um sich anhand ihrer
eigenen Beurteilungskraft und individuellen Abhörsituation einfach mal ein paar unvoreingenommene Eindrücke zu verschaffen, sondern einfach pauschal zum Produkt XY greifen. Ich bin mir sicher, dass nur die Minderheit der Leute, die ständig Urteile über verschiedene Simulationen treffen, sich tatsächlich mal die Mühe gemacht hat, eine Bandbreite an Profilen (siehe auch hier: HeSuVi) ernsthaft unter gleichbleibenden Bedingungen zu vergleichen.
Um es noch mit einem weiteren albernen Vergleich abzuschließen:
ich schicke ja auch nicht meine Schwester los, um ein paar neue Schuhe für mich anzuprobieren
Über Filme und Bücher als Objekte der Kunst kann jeder meinen was er will. Und da macht es auch durchaus Sinn, sich auszutauschen und seinen Gedanken anhand ausgebilderter Sprachkonventionen Ausdruck zu verleihen. Bei manch anderen Dingen jedoch - und dazu zählt auch die Wahrnehmung von Surround-Simulationen über Kopfhörer - muss man einfach selbst ausprobieren, die Eindrücke am eigenen Leibe erfahren und unvoreingenommen auf sich wirken lassen. Klangeindrücke sind mit die schwierigsten, die man kommunizieren kann (wenn überhaupt). Das weiß jeder, der schon mal ein HiFi-Forum aufgerufen hat.
Daher stehe ich Worten in diesem Zusammenhang auch immer kritisch gegenüber. Vor allem dann, wenn sie Absolutheit beanspruchen und versuchen, eine komplexe Sache in ein simplifiziertes Korsett zu zwängen.