Achtung! Das wird lang!
Mizi Mace schrieb:
...Welche Reformen werden denn von den Piraten vorgeschlagen? Diese haben bisher auch noch kein einheitliches Konzept, wie ein modernes Urheberrecht aussehen soll und effektiv umgesetzt wird, sodass sowohl Schaffende als auch Konsumenten keine Benachteiligung in ihren Bedürfnissen erleiden.
Selbstverständlich haben die Piraten ein detailiert ausgearbeitetes und mit Argumenten, Zahlen und Fakten unterlegtes Konzept für eine sinnvolle Reform des Urheberrechtes. Nur dadurch, dass man es ignoriert, verschwindet es nicht.
Für die, die zu bequem sind, es sich z.B. aus dem piraten-Wiki oder diversen Parteitagsbeschlüssen und älteren Presseerklärugnen usw. zusammenzulesen, haben die Piraten gerade erst nochmal extra eine Zusammenfassung ihrer Positionen veröffentlicht:
http://www.piratenpartei.de/2012/04...-der-piratenpartei-und-aufklarung-von-mythen/
Ich zähle mich zu den Verfechtern des Urheberrechts, also kann ich auch schreiben, was genau ich will. Ich möchte, dass Schaffende von geistigen Gütern von ihrer (in den meisten Fällen sehr harten) Arbeit leben können, sofern dieser die Fähigkeit dazu besitzt.
Das will dir auch keiner wegnehmen. Die Piraten wollen das Urheberpersönlichkeistrecht und auch das Recht der Urheber an Kontrolle über die kommerzielle Verwertung ihrer Werke und eine gerechte Beteiligung an den daraus erzielten Einnahmen usw. überhaupt nicht antasten.
Neben einigen anderen Änderungen z.B. bei Ausnahmeregelungen für Bildungseinrichtungen oder staatlich finanzierte Werke usw., geht es vor allem um die Legalisierung des nicht-kommerziellen, privaten Austausches.
Da fleißt sowieso kein Cent, an dem ein Urheber beteiligt werden könnte.
Um diesen privaten Austausch, der, Verbote hin oder her, sowieso schon milliardenfach stattfindet, zu effektiv zu unterbinden, müsste wie gesagt Massenüberwachung, Zensur und Co. eingeführt werden.
Das ist aber völlig unverhältnissmäßig. Man kann nicht essenzielle Grundrechte wie Meinungs- und Informationsfreiheit, telekommunikationsgeheimnis usw. aufheben, nur um ein bestimmtes Geschäftsmodell zur kommerziellen Verwertung "Geistigen Eigentums" zu fördern.
Zumal es gar nicht bewiesen ist, dass Filesharing und Co. überhaupt einen nenneswerten negativen Effekt haben. tatsächlich gegen Filesharer und Nutzer illegaler Streamingangebote deutlich mehr für Musik, Filme und Co. aus, als der Durchschnitt.
Vor allem aber gibt es schlicht und einfach kein Grundrecht auf optimalen Profit durch ein Geschäftsmodell seiner Wahl. Das gilt für Schöpfer von "Geistigem Eigentum" genauso, wie für die Hersteller und Händler von gewöhnlichen materiellen Produkten.
Alle müssen sich ein funktionierendes Geschäftsmodell ausdenken, das nicht mit den Grundrechten kollidiert.
Das Urheberrecht, wie es derzeit existiert, sollte meiner Meinung nach nicht grundlegend geändert werden. Ich halte es für sinnvoll, dass geistige Inhalte gesetzlich geschützt sind, sodass Schaffende eine gesetzliche Grundlage haben von ihrer Arbeit leben zu können.
Wie gesagt, an diesem Schutz will auch niemand rütteln. Du darfst den Kram nicht einfach glauben, den Handelsblatt und Co. verbreiten.
Es geht den Piraten nur um privaten, nicht-kommerziellen Austausch. Illegale kommerzielle Verwerter wie Megaupload oder kino.to bleiben auch weiterhin illegal. Wo Geld verdient wird, darf der Urheber die Hand aufhalten oder es auch ganz verbieten.
... Es sind allenfalls Detailänderungen (wie die Aufnahme des Internets als Vertriebsweg) im Urheberrecht notwendig, nicht jedoch eine erhebliche Änderung oder Erweiterung.
Und wie stellst du dir vor, wie das Verbot von nicht-kommerziellem Austausch effektiv durchgesetzt werden soll, ohne die höherwertigen Freiheitsrechte der Internetbenutzer einzuschränken?
Oder soll ich lieber "die Backen halten"?
Nein. Natürlich darf jeder sachlich seine Meinung äußern.
Aber es wäre schon verdammt hilfreich für die ganze Diskussion, wenn du eine Aussage dazu machen würdest, wie du dir die effektive Durchsetzung des alten Urheberrechts vorstellst.
So wie ich das sehe, läuft das unweigerlich auf einen weltumspannenden Polizeistaat mit Überwachung, Zensur und Co. hinaus.
Ich gehe mal davon aus, dass du das nicht willst. Aber was für Alternativen siehst du dazu, wenn nicht die der Piraten oder z.B. auch der Grünen? (Wobei ich deren Kulturflatrate nicht wirklich für optimal und auch nicht für realisierbar halte, aber das ist ein anderes Thema.)
...
Erkläre mir bitte, wie eine Kulturflatrate funktionieren soll. Aus Konsumentensicht ist das ja schön einfach. Da wird ein Betrag bezahlt und man darf dann kostenfrei kulturelle Güter privat nutzen. Eventuell wird diese Flatrate dann noch auf alle geistigen Güter ausgeweitet.
Ok. Jetzt haben wir das Thema doch.
Meine persönlche Meinung zur Kulturflatrate ist, dass sie höchstwahrscheinlich nicht wirklich praktisch umsetzbar ist und außerdem die große Gefahr besteht, dass sie um so mehr nur die großen Verwertungsgesellschaften bevorzugen würde, zu Lasten der Urheber. Und eine neue Super-GEZ will auch keiner.
Ich bin deshalb mehr auf der Linie der Piraten. Auch wenn man nicht-kommerziellen, privaten Austausch legalisiert, ist es durchaus weiterhin möglich und auch zumutbar, mit marktwirtschaftlichen Methoden Geld mit "Geistigem Eigentum" (und vor allem darum herum) zu verdienen.
Man muss sich doch nur die Realität anschauen. Der private Austausch findet schon statt. Milliardenfach.
Trotzdem verdienen Musiker heute im Schnitt mehr als vor dem inetrnet und die Filmbranche schreibt Rekordergenisse. Die Kinos sind voll und die Konzerte platzen aus allen Nähten usw.
Wieso sollte für die Durchsetzung von Recht ein Polizeistaat eingeführt werden? Das widerspricht der Definition eines Polizeistaats, wo die Verwaltungsorgane auch ohne gesetzliche Grundlage tätig werden können. In einen Polizeistaat ist also gar kein Urheberrecht notwendig, sondern nur entsprechend gute Beziehungen zur Verwaltung. Genau das soll aber mit der Gesetzgebung (also das Erlassen von Rechten) verhindert werden.
Mir geht es um die Methoden eines Polizeistaates.
Außerdem sehe ich da keinen Widerspruch, denn wenn die Politik komplett von der Industrielobby gesteuert wird, dann kann man einen Polizeistaat haben, der willfähriger Diener der Industrie ist. So ähnlich hat Mussolinie damals übrigens Faschismus definiert.
Was ist ein nicht-kommerzieller Austausch? ... Hingegen sind "Tausch"-Geschäfte nicht erlaubt, die zum Ziel haben, dass am Ende sowohl A als auch B beide Gegenstände a und b haben. Denn das ist eine Vervielfältigung, womit der Schaffende oder die Schaffenden die Rechte besitzen und damit eigentlich Geld verdienen wollten.
Aber das ist nunmal die Natur von Informationen. Die sind kein Stückgut.
Wenn man Informationen teilt, dann werden sie mehr. Niemandem wird dabei etwas weggenommen.
Klar steht das im Widerspruch zu einigen altgewohnten Verwertungskonzepten. Aber nur weil es so schön bequem ist, mit Stückgut zu handeln, muss es doch keine gute Idee sein, Informationen künstlich zu Stückgut zu degradieren, nur damit sie sich so behandeln lassen.
Statt dessen sollte man sich vom reinen Kopienhandel verabschieden. Es gibt viele andere, alte und neue Metjoden, um mit und um immaterielle Güter herum Geld zu verdienen. Dabei muss das Internet nicht im Weg sein, sondern kann sogar helfen.
Aber nicht mal der alte Kopienhandel wird total wegbrechen, wenn man privaten Austausch legalisiert. Wie gesagt findet dieser Austausch ja heute schon statt bzw. schon seit ca. 10 Jahren und trotzdem verkaufen sich CDs, DVDs und Co. weiterhin sehr gut, ebenso wie kostenpflichtige Donwloads und Streams usw.
Die Idee, dass eine Kopie ein entgangener Kauf ist, stimmt einfach nicht. Die Fantastilliardenverluste, die sich die MIFI immer ausrechnet, sind völliger Humbug. Dieses Geld existiert gar nicht. Die Leute kaufen UND kopieren.
Wo schränkt das Urheberrecht deine Freiheitsrechte ein? Meinst du damit eventuell das Recht konstenfrei Kopien von jeglichen geistigen Gütern herzustellen? Das ist kein Freiheitsrecht, nichtmal ein Recht, sondern Unrecht, weil du damit die Existenzgrundlage der Schaffenden von geistigen Eigentum entziehst.
...
Wo schließen sich eine Garantie für Freiheit im Internet und das Urheber- und Patentrecht aus? Freiheit bedeutet nicht Anarchie!
Einen Lady-Gaga-Song oder Hollywood-Blockbuster auszutauschen fällt sicher nicht unter Meinugnsfreiheit. Aber das Problem ist, dass man, um diesen Austausch zu unterbinden, sehr wohl die Meinungsfreiheit und diverse andere Grund- und Menschenrechte massiv einschränken müsste.
Wie willst du ohne Totalüberwachung den privaten Austausch urheberrechtlich geschützter Inhalte von der legalen, durch Meinungsfreiheit geschützten Kommunikation trennen?
Wie willst du ihn unterbinden, ohne Zensur?
Meinungs- und Informationsfreiheit, das Telekommunikationsgeheimis, das Recht auf Anonymität, all das würde als Kolateralschaden drauf gehen, nur um diesen einen Aspekt des Urheberrechts durchzusetzen. Und das ist es einfach nicht wert!
Ich schließe mich Guderian an: Es ist eine positive Nachricht zu lesen, dass die CSU die Internetfreiheit in der Landesverfassung festschreiben will. Die Idee dazu, ist wahrscheinlich den Wahlerfolgen der Piraten zuzuschreiben. Das ist immerhin ein positives Zeichen, dass die Debatte um das Urheberrecht, Datensammlung, Acta, Netzsperren, u.a. in die richtige Richtung bewegt, zu mehr Freiheit,.
Gruss
Mizi
Ich bin da leider viel pessimistischer. Die CSU ist erklärtermaßen FÜR Datensammlung, FÜR Zensur und für alle möglichen anderen Schweinereien.
Nur sehen die in sowas gar keine Einschränkung der Freiheit, denn sie haben einen völlig anderen Freiheitsbegriff. Für die ist es kein Widerspruch, Freiheit zu genießen und gleichzeitig ständig überwacht und zensiert zu werden. Schließlich machen das ja "die Guten" und dann ist Zensur plötzlich keine Zensur mehr udn Überwachung keine Überwachung.
Auf diese "Freiheit" Marke CSU kann ich verzichten!