Der "übergesetzliche Notstand" des Verteidigungsministers Jung

Wie wäre es, wenn du dir genau zu Gemüte führst, was hier alles bereits gesagt wurde, bevor du dich hier äußerst zu Dingen die schon längst in der Diskussion abgehakt wurden.

Es werden auch nicht, übrigens durch keinen der Vorschläge Schäubles, unsere freiheitlich demokratischen Grundrechte beschnitten. Ich weis gar nicht wie man darauf kommen kann wenn doch jedes Gesetz den Anspruch erfüllen muss diese Grundrechte eben nicht anzutasten.

In wie fern jetzt eine richterlich abgesegnete Online Durchsuchung gegen dringend Tatverdächtige meine freiheitlich demokratischen Grundrechte beschneiden soll, hat mir niemand gesagt.

Auch werde ich nicht zum Sklaven der Angst, denn ich weis ja, dass Herr Schäuble und Herr Jung ihren Job, nämlich die Wahrung unserer Freiheit und Sicherheit, recht gut machen. Doch ich werde gerne aufgeklärt, wenn eine potentielle Bedrohung besteht ...
Angst unterdes hätte ich viel eher, wenn ich wüsste das eine rückradlose, flachzange im Bundesministerium für Inneres säße.

Am Rande:

Würde ich mich in einem Szenario befinden wie die Passagiere von United Flug 93, dann würde ich wollen, dass man mein Flugzeug abschießt um größeres Leid abzuwenden. Und wenn dies nicht geschieht würde ich, ebenso wie es vermutlich die Passagiere da gemacht haben, versuchen selbst zu verhindern, dass ich als Waffe gegen andere genutzt werden kann.
 
Fu Manchu schrieb:
Wären, wären, wären ...

Diese Rechnung ist totaler Quatsch, weil man bis zuletzt nicht weiß was das Ziel ist

Nö, nix Quatsch!
Die Frage ist doch: Opfere ich wenige, um viele zu retten? Darf der Rechtsstaat das?
Ich bin der Meinung, dass er das dürfen sollte.

Natürlich wird das Ziel einer Entführung sehr schnell klar. Geht es darum, Forderungen zu stellen, werden dies die Entführer schon kommunizieren. Wollen sie nur das Flugzeug ins nächste Gebäude donnern, sind sie weniger gesprächig.

Das Flugzeug als Waffe wurde ja schon erläutert. Natürlich ist dies ein schmaler Grat.
Es soll auch nicht jedes entführte Flugzeug abgeschossen werden.

Es sollte jedoch eine Priorität verankert werden, die sich klar nach quantitativen Gesichtspunkten richtet.
Tötet der Staat 200 Menschen oder duldet er den Mord von vielen mehr?
Der Staat würde sich dann der unterlassenen Hilfeleistung schuldig machen!? Oder Nicht?

Man kann das auch auf andere Beispiele übertragen. (Blauhelme und Völkermord in Ruanda z.B.)

Das Thema ist nicht einfach. Gleich "Nein" schreien und verteufeln hilft da auch nicht.


MFG
 
e-ding schrieb:
...Die Frage ist doch: Opfere ich wenige, um viele zu retten? Darf der Rechtsstaat das?
Ich bin der Meinung, dass er das dürfen sollte. Natürlich wird das Ziel einer Entführung sehr schnell klar. ...

Ein Rechtsstaat darf niemals Menschen opfern, weil er überhaupt kein Recht dazu hat, moralisch wie rechtlich.
Ausserdem ist das Ziel einer Entführung nicht sofort klar, weil eventuell keine Kommunikation stattfindet, sondern eine der Seiten erst mal abwartet. Von daher kann ein Ziel niemals schnell klar sein. Es heißt immer "mit Terroristen wird nicht verhandelt". Das heißt auch, es wird nicht kommunziert. Und bevor man reagiert mit Abschuss muss man schauen was die Terroristen überhaupt tun. Oder soll man sofort jedes gekaperte Flugzeug abschießen? Wie soll man sein Ziel festlegen? Werden sie landen oder absichtlich abstürzen? Fliegen sie in Richtung Stadt um auf dem Flugplatz zu landen um aufzugeben oder um kurz davor irgendwo darin abzustürzen? Was tun wenn keine Kommunikation stattfindet? Abschießen? Oder ist nur der Funk ausgefallen?
Ein Flieger der irgendwo gekapert wird und in Richtung Frankfurt/Main fliegt - wird er landen weil der Sprit knapp wird oder eines der Hochhäuser ansteuern?

Wenn ein Staat anfängt seine Bürger zu opfern wird es beim nächsten Mal immer leichter werden. Außerdem würde der Staat sich dann die gleichen Methoden wie die Terroristen aneignen und sich irgendwann nicht mehr von einem Regime unterscheiden.

Sollen wir hier in D enden wie in Russland, wo bei einem Befreiungsversuch Gas verwendet wurde und dadurch 117 Geiseln starben? Wo zieht man die Grenzen?

e-ding schrieb:
...Tötet der Staat 200 Menschen oder duldet er den Mord von vielen mehr? ...

Wie kann man wissen ob beim anvisierten Ziel mehr Menschen sterben? Man kennt das Ziel ja eigentlich nicht, man kann nur vermuten - und wer auf Basis von Vermutungen Menschen tötet tut dies leichtfertig und fahrlässig.

e-ding schrieb:
...Der Staat würde sich dann der unterlassenen Hilfeleistung schuldig machen!? Oder Nicht?...

Nein, weil diese "Hilfe" anderen Menschen das Leben kosten würde und niemand dafür vor Gericht gestellt werden würde. Hilfe muss nur geleistet werden wenn man sich selbst und andere Personen nicht gefährdet.

e-ding schrieb:
...Es sollte jedoch eine Priorität verankert werden,...

Das wurde vom Bundesverfassungsgericht getan.

"Ein Luftfahrzeug abzuschießen, das gegen das Leben von Menschen eingesetzt werden soll, ist mit dem Recht auf Leben nach Artikel 2, Absatz 2, Satz 1, Grundgesetz in Verbindung mit der Menschenwürdegarantie des Artikel 1, Absatz 1, Grundgesetz nicht vereinbar, soweit davon tatunbeteiligte Menschen an Bord des Luftfahrzeugs betroffen werden."

Es ist verboten, Leben gegen Leben abzuwägen.

Und so ist es auch richtig. Wir sind keine Terroristen.
Und ganz ehrlich, die Freiheit die wir genießen dürfen unterliegt leider der Gefahr von Terroristen bedroht und getötet zu werden. Zum Glück muss ich nicht auch der Gefahr ausgesetzt werden parallel vom Staat bedroht zu werden nur weil ich im falschen Flieger sitze.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Willkommen bei der Abfangjäger Piloten Millionenshow. Die letzte Frage, mit welcher Sie direkt zum Admiral befördert werden und 1 Million Euro bekommen.

Ein entführtes Flugzeug fliegt auf ein Stadion mit 50.000 Zuschauern zu. Es reagiert auf keine Anweisungen mehr und befindet sich noch 1.000 Meter vor dem Stadion. Zwischen dem Flugzeug befinden sich nur noch Kindergärten, Schulen, eine Wiese mit Insekten, welche vom Aussterben bedroht sind und der Parkplatz. Seit xy Kilometern hält es konstant die Geschwindigkeit und Richtung. Btw, direkt hinter dem Flugzeug befinden sich Abfangjäger ähmm Verfolgungsjäger.

Was machen Sie?


a) Nicht mein Zuständigkeitsbereich.
b) Laut Gesetz und AGB darf man es nicht abschießen.
c) Vielleicht sind alle Kommunikationsmittel ausgefallen und Pilot will einfach auf dem Parkplatz landen.
d) Flugzeug abschießen und alle Fluginsassen+Besatzungsmitglieder TÖTEN. Nebeneffekt der Aktion ist die Tatsache, dass das Flugzeug nicht in das 50.000+ Zuschauer Stadion reinknallt.


Ich finde das ein tolles Signal für Flugzeugentführer. Du entführst ein Flugzeug, kannst an 60 Kindergärten, 340 Hochhäusern und 5 Atomkraftwerken vorbei fliegen und weißt, dass du DEFINITIV nicht abgeschossen werden darfst.
 
Ich erzähl euch mal was. Unter spieltheoretischen Gesichtspunkten (wer's nicht kennt, ruhig danach googlen) würde eine solche Regelung folgendes bedeuten: als Flugzeugentführer habe ich keine Chance mein Ziel zu erreichen. So, und nun sollte man sich zwei Mal überlegen, ob man ein Flugzeug entführt. Weil, und ich wiederhole: als Flugzeugentführer habe ich bei diesem Spiel keine Chance mein Ziel zu erreichen. Denn ich werde auf jeden Fall abgeschossen, ob ich nun nur rumfliegen will, oder alle Menschen töten will, oder was auch immer. Es lohnt sich einfach nicht.
 
Fu Manchu schrieb:
Es heißt immer "mit Terroristen wird nicht verhandelt". Das heißt auch, es wird nicht kommunziert.

Das heisst es nicht.

Fu Manchu schrieb:
Sollen wir hier in D enden wie in Russland, wo bei einem Befreiungsversuch Gas verwendet wurde und dadurch 117 Geiseln starben? Wo zieht man die Grenzen?

Bei dieser Aktion waren Aussenstehende nicht gefährdet. Genau hier ist die Grenze.

Fu Manchu schrieb:
Man kennt das Ziel ja eigentlich nicht, man kann nur vermuten ....

Das Ziel, egal wie unbedeutend es ist, spielt keine Rolle mehr. Die Passagiere haben, egal was gemacht wird, keine Chance aufs überleben. Ob sie jetzt abgeschossen werden und sterben oder ins nächste Gebäude rasen und sterben. Darauf hat niemand mehr einen Einfluß. Der Rechtsstaat kann diese Menschen nicht mehr schützen. Sie sitzen nicht im falschen Flieger weil der Staat sie abschießt, sondern weil Terroristen sich genau dieses Flugzeug ausgesucht haben.

Es geht jetzt nur noch darum, wie der Staat weitere potentielle Ziele schützen kann.

In meinen Augen ist es unmoralisch, hier nichts zu tun.


MFG
 
Adam_Smith schrieb:
Wann ist jemals ein Politiker in straf- bzw. verfassungsrechtlichen Fragen verschont geblieben?
Schau sie dir doch alle an, nur mal die großen Beispiele: Kohl, Möllemann, Fischer, Schäuble
Oder zuletzt Schily und Steinmeier im Fall Kurnaz -> Verantwortung ja, Verurteilung nein, denn es wurden keine Fehler gemacht

Klar es ging bei allen nicht um Massentötung und ähnlich schwere Delikte, aber wenn es hier schon scheitert Fälle vollständig aufzuklären, die Leute zu überführen und dingfest zu machen, warum sollte man dann darauf vertrauen, das dies bei anderen Delikten anders ist? Woher soll da noch Vertrauen in Rechtsstaat kommen?

Weist du was: Ich wünsche mir mehr Politiker die den Arsch in der Hose haben unpopuläre Aussagen zu treffen. Die sind mir viel lieber als Demagogen die dem Volk genau das erzählen, was es hören will.
Das hat mit Arsch in der Hose nichts zu tun, sondern mit Unbesonnenheit und Beugung deutschen Rechts.
Von einem Bundesminister kann man eigentlich - dank seines Eides, seines Amtes und seiner Verantwortungsposition - erwarten, hinter geltenden Gesetzen zu stehen und diese zu verteidigen.
Wenn die es schon nciht machen, wer solls dann machen? Das ist einfach unglaubwürdig und gibt ein falsches Signal.

Adam_Smith schrieb:
In wie fern nun Schäuble unbelehrbar sein soll, musst du mir mal bitte erklären.
Unbelehrbar setzt voraus, dass er etwas zu lernen hat. Dies würde bedeuten, dass es etwas gibt was er objektiv betrachtet falsch macht. Was könnte das denn bitte sein?

Die Debatte Flugabschuss ist gerade erst mal ein Jahr her und dort endlich gesetzlich geregelt worden, nach viel Diskussion und Aufregung.
Doch Schäuble hat es nie wirklich akzeptiert und stichelt seitdem genauso hartnäckig weiter mit seinen kruden Thesen. Nun hat er noch einen willigen Helfer gefunden, natürlich den Verteidigungsminister.
Statt das Gesetz in Alternativvorschläge ernsthaft einzubeziehen, wird es weiterhin in Frage gestellt und auf Abschuss und Tötung beharrt. Das finde ich schon ziemlich ungeheuerlich und dreist.
Beide wurden nicht gewählt das Gesetz zu übergehen, sondern das Gesetz zu wahren und zu verteidigen, im Rahmen des Gesetzes handlungsfähig zu sein. Sind sie dazu nicht imstande, dann sie vllt. im falschen Amt?
Und komisch, warum hat denn Jung nicht damals schon seinen Arsch in der Hose gezeigt, sondern rückt erst jetzt damit raus?


Adam_Smith schrieb:
Wenn also beispielsweise 65% der Wähler sagen, dass sie für Online-Durchsuchungen stimmen, dann kannst selbst zwar der Meinung sein, dass diese Methode nicht gut sei, kannst aber nicht einfach diese demokratische Mehrheit ignorieren. (Und jetzt komm nicht mit "die Menschen haben doch keine Ahnung", "bla bla bla")

Die Wähler werden systematisch nur mit Halbwahrheiten beliefert, gezielt Angst und Horrorszenarien geschürt, Alternativen ausgespart, um eben seine Ziele zu forcieren.
Klar, dass es dann zu derartigen Fehlentscheidungen und Fehlinterpretationen im Wählervolk kommt.
Wir haben zwar Informationsrecht, aber man kann nun mal nicht von jedem erwarten, wirklich alle Themengebiete vollständig im Vorfeld zu recherchieren. Und genau DAS wird politisch gern ausgenutzt, mit der Unwissenheit und Angst der Menschen Politik gemacht.

Adam_Smith schrieb:
Zitat:
Da der Soldat ja nur weis, dass der Verteidigungsfall eingetreten ist und er nicht hinterfragen braucht warum dem so ist, begeht er auf einmal keine Straftat mehr.

Ja eben und gerade das möchte ich nicht. Er ist freiwillig bei der Bundeswehr und sollte eine gewisse Mitschuld tragen und nicht völlig straffrei für seine Handlungen davonkommen. Es ist ein Verstoß gegen geltendes Recht und soll es auch bleiben. Abschuss ist illegal. Also wo ist für den Piloten jetzt das Problem?


Simple Man schrieb:
Ich finde das ein tolles Signal für Flugzeugentführer. Du entführst ein Flugzeug, kannst an 60 Kindergärten, 340 Hochhäusern und 5 Atomkraftwerken vorbei fliegen und weißt, dass du DEFINITIV nicht abgeschossen werden darfst.

Seit wann geht ein Krimineller oder gar gehirngewaschener Fanatiker davon aus, dass er bei seiner Straftat erwischt wird? Ob er nun im Flugzeug sitzt, oder mit ner Bombe um den Bauch in der Menschenmenge ist, oder nen Koffer absetzt, ist dabei im Endeffekt das gleiche. Risiken bestehen bei beiden immer. Einziger Unterschied: Er stellt sich entsprechend darauf ein, aber stellt es noch lange nicht ab.
Das ist also kein Argument contra Flugzeugentführung. Wenn überhaupt, dann pro Minimierung Opferanzahl. Und das diskutieren wir ja gerade. :)


e-ding schrieb:
Es geht jetzt nur noch darum, wie der Staat weitere potentielle Ziele schützen kann. In meinen Augen ist es unmoralisch, hier nichts zu tun.

Der Staat hat in dem Moment schon mächtig versagt, das die Entführer überhaupt in der Maschine sitzen. Und versagt weiter, wenn das Flugzeug bereits im Anflug auf eines mit Massen besetztes Gebäude ist. Da ist an ganz anderer Stellen mächtig was schief gelaufen. Dort sollte man erstmal ansetzen. Und dafür sind die Behörden mindestens genauso verantwortlich. Es darf garnicht erst soweit kommen und muss im Vorfeld schon alles menschenmögliche getan werden. Leider ist dem aktuell absolut nicht so. Auf Flughäfen besteht immer noch ein großes Sicherheitsrisiko. Stattdessen konzentriert man sich lieber aufs Abballern und gesetzlich legitimierte Töten von unschuldigen Menschen. DAS kann maximal die allerallerletzte Möglichkeit und absolute Ausnahme sein und somit sollte diese politische Regelung ganz hinten anstehen. So schnell und gewissenlos schreibe ich die Opfer im Flugzeug nicht ab. Es ist kein Krieg und es ist kein Spiel.
 
Salut Relict,

lös dich bitte mal von deiner virtuellen Heilewelt-Vorstellung und kehr wenigstens ein klein wenig zurück in die Realität:

du schreibst: Von einem Bundesminister kann man eigentlich - dank seines Eides, seines Amtes und seiner Verantwortungsposition - erwarten, hinter geltenden Gesetzen zu stehen und diese zu verteidigen.

Vor allen Dingen kann man von einem Verteidigungsminister erwarten, daß er seinem Auftrag nachkommt, sein Land, dessen Bewohner und deren Freiheit zu verteidigen. Notfalls ohne vorher eine BR-Sitzung einzuberufen.

du schreibst: Der Staat hat in dem Moment schon mächtig versagt, das die Entführer überhaupt in der Maschine sitzen. Und versagt weiter, wenn das Flugzeug bereits im Anflug auf eines mit Massen besetztes Gebäude ist. Da ist an ganz anderer Stellen mächtig was schief gelaufen.

Sorry, wie kommst du auf dieses schmale Brett und warum lastest du dies dem Staat an? Wenn ich einen Flug buche sitze ich im Flugzeug, welche Absichten und Gedanken ich hege weis weder die Bodencrew, die Bordcrew noch der deutsche Staat. Alleine aufgrund meiner körperlichen Voraussetzungen >150cm >50 kg kann ich 90% aller Flugzeuginsassen als Geisel nehmen. Ist dann der Staat schuld? Sollen alle in Handschellen fliegen oder willst du für alle Flugzeugbenutzer Gehirnwäsche einführen? Willst du Verhältnisse wie früher in der Ostzone, als man Monate vorher einen Antrag stellen mußte, bevor man seine Tante besuchen konnte, die an der Zonengrenze wohnte?

Du forderst weitere über das derzeitige hohe Maß hinausgehende restriktive Sicherheitsbestimmungen. Du wärst bei deiner Einstellung sicherlich der erste, der dann in FB schreiben würde, daß ihn der deutsche Staat in seiner freiheitlichen Reiselust oder wo auch immer total beschränkt, siehe deine Anmerkungen zu § 1 GG. Wehret den Anfängen.
 
@JulesBärle
Wie willst du sie denn als Geisel nehmen, mit einer Plastegabel oder bist Du Rambo? ;)
Ausserdem wenn das Cockpit zugangssicher ist, was soll dann die Geiselnahme effektiv bewirken?
Warst Du mal in einer israelischen Passagiermaschine? Dann weisst Du was ich meine.
Klar, der Geiselnehmer könnte die Insassen nacheinander aus dem Flugzeug werfen und so versuchen zu erpressen. Aber das ist dann auch kein Grund zum Abschuss, weil der Pilot sich auch garnicht beugen muss. Ausserdem, wie wärs mit Boardsheriffs, sogar schon Praxis.
Es soll und braucht auch keiner in Handschellen fliegen, es würde schon reichen, aktuelle Regelungen und Sicherheitanforderungen effizient anzuwenden und auszuschöpfen. Da sieht es leider sehr düster aus. Ausser Gängelung der Passagiere ist da nichts zuverlässig sicherer geworden.
 
@Relict

Natürlich ist ein Abschuß das letzte Mittel aber es muss möglich und legitim sein.
Das erwarte ich persönlich vom Staat.

Dies heisst nicht, dass andere Sicherheitsmaßnahmen vernachlässigt werden sollen.

MFG
 
@e-ding
Es geht mir auch um die Verhältnismäßigkeit und Dringlichkeit einer solchen Regelung.
Auto, Bus und Bahn sind nicht unbedingt ungefährlicher. Ein Restrisiko bleibt immer klar. Auch könnte Angela Merkel plötzlich und unerwartet im Bundestag Amok laufen und alle abballern. ;)
Nur ohne ein bisschen Grundvertrauen und Leben mit Risiken können wir uns gleich alles sparen und einbunkern.

Und Jung - als ach so verantwortungsbewusster Bundesminister mit Arsch in der Hose - würde doch auch ohne möglich Regelung sich übers Gesetz stellen und abballern. Er nimmt die Konsequenzen also auch jetzt bereits billigend in Kauf. Und ich denke das hätten auch schon vorige BVM ähnlich gehandhabt, je nach Ausnahmesituation Ich sehe daher keine Notwendigkeit für eine gesetzliche Änderung/ Regelung.
Nur solange wie diese Konsequenzen auch noch möglich sind, solange ist der allzu leichten Entscheidungsfindung vorgebeugt. Weil es hängt einfach mehr daran.
 
Wie bereits mehrfach gesagt wird es keine gesetzliche Regelung geben, die dem Verteidigungsminister verantwortungsloses Verhalten durchgehen lassen würden. Bei den jetzigen Anstößen handelt es sich auch weiterhin um Gesetze die eine nachträgliche Rechtfertigung vor einem Rechtsorgan mit sich ziehen würden.

Ob übergesetzlicher Notstand oder vorübergehender Verteidigungsfall, beide Varianten würden bedeuten, dass in Nachhinein die Angemessenheit der Entscheidung gerichtlich geprüft wird sobald Zweifel daran bestehen.

Wie ich dir ebenfalls belegte gibt es durchaus einen Sinn dahinter die Rechtslage zu ändern. Ein Punkt ist und bleibt hier die Situation des Piloten, denn er als Befehlsempfänger hat eine Astreine gesetzliche Regelung für seine Person verdient.

In allen von dir genannten Fällen trugen die Politiker als Teil der Exekutive jeweils die Oberaufsicht über die Behörden die Mist gebaut haben (Visa Affäre, Fall Kurnaz). In keinem dieser Fälle ging es um straf- oder verfassungsrechtlich relevante Dinge. Was Möllemann nun verbrochen haben soll, erschließt sich mir schon einmal gar nicht. Aber du wirst da sicher genauere Informationen haben, wenn du dich zu solcherlei Unterstellungen verleiten lässt. Hast du doch, oder?

Am Schluss möchte ich noch anmerken, dass man schon wissen sollte wie sich der Rechtsstaat überhaupt definiert, wenn man schon vorschreiben will was er darf oder nicht darf.
Um einen Staat als Rechtsstaat bezeichnen zu können braucht es keine bestimmte und universelle Ethik.
Die ethischen Vorstellungen verschiedener Rechtsstaaten können sich durchaus sehr stark unterscheiden.
Der Rechtsstaat definiert sich dadurch, dass er bestimmte Vorstellungen zum Thema Moral-, Ethik- und Wertvorstellung in Gesetzen definiert. Diese Gesetze richten sich nach einem Text der die Grundzüge des Rechtswesens auf Dauer und unabänderlich fixiert (in unserem Fall der erste Teil des Grundgesetzes). Ferner definiert sich der Staat dadurch, dass Willkürentscheidungen durch die öffentliche Hand nicht gestattet sind und durch unabhängige Gerichte geahndet werden.

In wie fern nun die quantitative Abwägung von Menschenleben diesen rechtsstaatlichen Prinzipien widersprechen soll, darfst du mir gerne näher erläutern. Vielleicht weist du ja auch hier mehr als ich.
 
Adam_Smith schrieb:
Wie bereits mehrfach gesagt wird es keine gesetzliche Regelung geben, die dem Verteidigungsminister verantwortungsloses Verhalten durchgehen lassen würden.
Sicher nicht, aber eine Regelung, die ihm für sein (dann legitimes) Handeln recht gibt. Verarschen kann ich mich auch selber, ich bitte Dich.
Klar muss er sich so oder so im Nachhinein verantworten. Aber wenn ein Gesetz einen derartigen Abschuss von vornherein gestattet, was bitte kann ihm dann noch gross passieren?

Adam_Smith schrieb:
In keinem dieser Fälle ging es um straf- oder verfassungsrechtlich relevante Dinge.
Klar, soweit kam es ja auch nie, nach den Untersuchungsausschüssen. Galant umsegelt, unsere Unschuldslämmer.
Adam_Smith schrieb:
Der Rechtsstaat definiert sich dadurch, dass er bestimmte Vorstellungen zum Thema Moral-, Ethik- und Wertvorstellung in Gesetzen definiert.
...
In wie fern nun die quantitative Abwägung von Menschenleben diesen rechtsstaatlichen Prinzipien widersprechen soll, darfst du mir gerne näher erläutern. Vielleicht weist du ja auch hier mehr als ich.

So wie Du an die Sache heran gehst, brauchen wir eigentlich auch keinen Rechtsstaat und vorallem keine Rechtssicherheit mehr, dann kann man jedes Gesetz nach seinen Moral-, Ethik- und Wertvorstellungen auslegen oder beliebig beugen, abwechselnd Jahr für Jahr.
Doch das Bundesverfassungsgericht hat nunmal anders entscheiden. Und daran hat sich gehalten zu werden und das Gesetz respektiert zu werden.
Warum wohl? Sind die Wertevorstellungen unserer Gesellschaft innerhalb des letzten Jahres derart umgekippt, das dieses Urteil nun wiederum in Frage steht?
 
Das Verfassungsgericht definiert also die Wertevorstellungen unserer Gesellschaft? Wäre mir eigentlich neu.

Auch wenn es dir nicht passt, ist doch das, was ich schrieb die Definition des Rechtsstaates.

Würdest du genau lesen, was ich schrieb, dann hättest du registrieren müssen, dass von einer auf Dauer angelegten Grundlage die Rede war. Diese ist unabänderlich (Grundwerte unserer Verfassung) und wird von keinem Gesetz angetastet werden können.
Das Verfassungsgericht entschied lediglich, dass die quantitative Abwägung von Menschenleben nicht durch ein Gesetz geregelt werden kann. Diese Entscheidung musste das Verfassungsgericht treffen, da Artikel 1 unseres Grundgesetzes (also eben jener auf Dauer angelegten Grundlage von der ich oben sprach) diesem widerspricht.

Das Verfassungsgericht entschied allerdings nicht, dass man den drohenden terroristischen Angriff mit einem Verkehrsflugzeug nicht als Grund für ein vorübergehendes Eintreten des Verteidigungsfalls nutzen kann. Wie sollte es auch, das war ja gar nicht Teil des gescheiterten Luftsicherheitsgesetzes.

Also liegt es nun an den Gesetzgebenden Institutionen (Legislative) sich Gedanken über andere gesetzliche Möglichkeiten zu machen. Falls diese dann die Mehrheit (im Falle eines Eingriffs in die Verfassung sogar mit 2/3) der Stimmen bekommt, liegt es wieder am Bundesverfassungsgericht zu prüfen ob dieser Eingriff mit den unabänderlichen und auf Dauer angelegten Grundlagen unseres Rechtssystems vereinbar ist.

Auch im Fall des von Jung angekündigten "übergesetzlichen Notstands" bewegt sich alles im Rahmen der Rechtsstaatlichkeit. Denn der Rechtsstaat greift genau da wo im Nachhinein die Handlungen Jung's durch ein Gericht rechtlich bewertet werden.

Tut mir ja leid dich da enttäuschen zu müssen, aber mit einem Verstoß gegen die Prinzipien des Rechtsstaates hat nichts von dem was Jung und Schäuble bisher getan oder gesagt haben zu tun.

Sicher nicht, aber eine Regelung, die ihm für sein (dann legitimes) Handeln recht gibt. Verarschen kann ich mich auch selber, ich bitte Dich.

Nein! Es wird nur dann eine legitime Handlung wenn die Rahmenbedinungen dafür gegeben sind. Sollte sich erweisen, dass das Flugzeug nicht als Waffe genutzt werden sollte und somit die Ausrufung des Verteidigungsfalls nicht rechtens gewesen ist, so wird er wegen Todschlags angeklagt und verurteilt werden.

Legitim wird die Handlung also nur dann, wenn die Ausrufung des Verteidungsfalls rechtmäßig war. Die Kriterien dafür sind bereits jetzt in der Verfassung verankert und werden es auch nach einer Änderung bleiben. Und das Bundesverfassungsgericht wird sicher keinen "Wischi Waschi" Paragraphen zulassen in den man alles herein interpretieren kann.

Somit bleibt also die Verantwortung im groben und ganzen die gleiche, denn der Verteidigungsminister bleibt nur dann straffrei, wenn sich in Nachhinein nachweisen lässt, dass der Abschuss des Flugzeuges das unvermeidliche bestenfalls verzögerte (den Tod der Passagiere) und zudem andere Menschenleben schützte.

Klar, soweit kam es ja auch nie, nach den Untersuchungsausschüssen. Galant umsegelt, unsere Unschuldslämmer.

Du hast also stichhaltige Belege dafür, dass die von dir genannten Politiker gegen das Strafgesetzbuch verstoßen haben? Dann bitte ich dich diese deiner örtlichen Polizeibehörde vorzulegen und sie anzuzeigen, damit der Rechtsweg beschritten werden kann.
Ansonsten wäre es vielleicht ganz intelligent sich mit Vorwürfen zurück zu halten, schließlich ist im Strafgesetzbuch auch der §187 Verankert, welcher Verleumdungen unter Strafe stellt kann auch sein, dass eher der §164 StGB greift bei derlei unbelegten Anschuldigungen.
 
Das Verfassungsgericht definiert also die Wertevorstellungen unserer Gesellschaft? Wäre mir eigentlich neu.
Das Verfassungsgericht gibt die Richtlinie in Gesetzform vor, an die sich jeder auch halten sollte. Sonst könnten wir es uns auch gleich sparen.
Der Abschuss von Passagiermaschinen mit unschuldigen an Board (egal aus welchen Gründen) gehört eben nicht dazu. Und ich kann nur hoffen, dass dies auch in Zukunft nie eine Mehrheit bekommen wird.

Die Debatte und letztendlich Reaktion des Gerichts entstand damals aus genau dem Grund bzw. der Ausnahmesituation, nämlich Abschuss von Passagiermaschinen.
Das Bundesverfassungsgericht hatte bei seiner Entscheidung nunmal deutlich gemacht, dass der Staat nicht die Ermächtigung geben dürfe, Menschen zu opfern, um auf diese Weise eventuell mehr Menschen zu retten. Das dieses Urteil schwammig ausgefallen ist, ist leider bedauerlich, aber nicht außergewöhnlich neu.
Sie hatten die Situation für den Verteidigungsfall nicht juristisch abgeklärt, für eine Rechtfertigung dieses Vorgehens. Und genau hier versuchen nun bestimmte Kräfte reinzuhaken. Diese Lücke bzw. Unklarheit nutzt nun "Rechtsverdreher" Schäuble schamlos aus, um doch noch seine kruden Ziele durchzuboxen.

Schäuble beruft sich mit seinem Vorstoss zudem auch auf das Kriegsvölkerrecht. Nur besagt das Genfer Abkommen, dass Angriffe verboten sind, "die in keinem Verhältnis zu erwarteten konkreten und unmittelbaren militärischen Vorteilen stehen". Für ihn ist also die Wahrscheinlichkeit einer noch größeren Katastrophe - genauer gesagt eine Katastrophe mit mehr zu erwartenden Menschenopfern - bereits ein Fall für das Kriegsvölkerrecht und ein zu erwartetender militärischer Vorteil, für ihn zudem völlig verhältnismäßig.

"Abschuss im Quasi-Verteidigungsfall" ist allerdings sehr dehnbar. Er dehnts ja schon selber mit seinem "quasi". Wie soll ein Gericht denn die exakten Vorgaben definieren? Das ist immer situationsabhängig, Faktoren wie Zeit und menschliches Versagen, Fehlinformation/ unklare Lage kommen noch hinzu. Was ist, wenns keine Entführung ist, sondern technisches Versagen? Auch ein unkontrollierbares Flugzeug könnte zur Gefahr für andere werden. Wird es dann auch abgeschossen? Wahrscheinlich wohl. Es kann also gar nicht ausschließlich um Terrorismus gehen. Sondern um Abschuss bei drohender Gefahr, Terrorismus soll nur überzeugender wirken auf das Wählervolk.
Es kann meiner Ansicht nach nur ein höchst schwammiger und dehnbarer Paragraph werden, wie einige andere bereits auch. Und folglich würde auch die Auslegung beim nachfolgenden Untersuchungsausschuss für die Veranwortlichen dehnbar, kurz und gut zum Vorteil.

Ansonsten wäre es vielleicht ganz intelligent sich mit Vorwürfen zurück zu halten, schließlich ist im Strafgesetzbuch auch der §187 Verankert, welcher Verleumdungen unter Strafe stellt kann auch sein, dass eher der §164 StGB greift bei derlei unbelegten Anschuldigungen.

Was Du da hinein interpretierst ist Deine Sache. Verklag mich doch. :) Du machst Dich lächerlich.
Davon abgesehen, was könnte ich (als unprivilegerter Bürger) schon dagegen ausrichten? Es ging mir ums Prinzip und nicht um Aufarbeitung offiziell (ab-) geschlossener Geschichten.
Das Vertrauen in die Politik und Rechtssicherheit ist bei mir (u.a.) deutlich gesunken und wird hierdurch auch keinesfalls besser. Da blieb zuviel übler Nachgeschmack zurück.
 
Das Verfassungsgericht gibt die Richtlinie in Gesetzform vor, an die sich jeder auch halten sollte.

Schon wieder irrst du. Das Verfassungsgericht hat keine gesetzgebende Gewalt sondern eine Rechtsprechende. Es überprüft lediglich ob Gesetze die von der Legislative erlassen werden mit der Verfassung vereinbar sind.

Im Falle des Luftsicherheitsgesetzes hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass in Friedenszeiten die Abwägung von Leben gegen Leben nicht durch ein Gesetz Regelbar ist. Den Weg des "übergesetzlichen Notstands" ließ es aber (bewusst?) offen.

Ferner Urteilte das Verfassungsgericht auch nicht über die Wertung eines Terroristischen Angriffs als Grundlage für ein vorübergehendes Eintreten des Verteidigungsfalls.

Ein neuer Gesetzesentwurf in diese Richtung würde also keinesfalls das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes ignorieren, sondern lediglich einen anderen Ansatz versuchen eine Gesetzesgrundlage zu schaffen.

Das dieses Urteil schwammig ausgefallen ist, ist leider bedauerlich, aber nicht außergewöhnlich neu.

Für das Bundesverfassungsgericht dies dies durchaus neu. Zeigten doch vergangene Urteile (z.B. zur Telekommunikationsüberwachung) dass unsere Verfassungsrichter durchaus in der Lage sind Urteile zu formulieren die dem Staat kaum Interpretationsspielraum lassen.

Diese Lücke bzw. Unklarheit nutzt nun "Rechtsverdreher" Schäuble schamlos aus, um doch noch seine kruden Ziele durchzuboxen.

Rechtsverdreher?
Wie kann er ein Rechtsverdreher sein, wenn er sich an geltende Rechtssprechung hält nun nun (als Teil der Legislative) versucht neue Gesetze zu erlassen bzw. eine Änderung bestehender Gesetze zu erwirken?

Wenn das Bundesverfassungsgericht damals in seinem Urteil bewusst undeutlich gewesen ist um genau diese Lücken in die Schäuble und Jung nun treten offen zu lassen, dann wäre es also sogar im Sinne unserer Verfassung, dass diese beiden Politiker versuchen diese Lücken zu nutzen.

Schließlich sagte ja einer der an der Entscheidungsfindung beteiligten Verfassungsrichter höchstselbst, dass er von einem Verteidigungsminister (damals Struck) erwarte, dass er sich im Ernstfall über diesen Richterspruch hinweg setze.

Der Quasi Verteidigungsfall ließe sich vermutlich recht einfach formulieren. Es muss klar erkennbar sein, dass es sich um einen Angriff handelt der sich gezielt gegen unsere freiheitlich demokratische Grundordnung richtet. Wie dies nun genau in einem möglichen Gesetz formuliert wird, darüber sollen sich die Gesetzgebenden Organe einen Kopf machen.

Es bleibt allerdings, dass unser Verfassungsgericht schwammige Paragraphen niemals zulassen würde. Gerade bei so entscheidenden Themen.
 
Schon wieder irrst du. Das Verfassungsgericht hat keine gesetzgebende Gewalt sondern eine Rechtsprechende. Es überprüft lediglich ob Gesetze die von der Legislative erlassen werden mit der Verfassung vereinbar sind.

Und es befand die quantitative Aufrechnung von Menschenleben für einen Verstoss gegen §1 GG. Das ist also nur lediglich eine Feststellung und hat keinerlei Anspruch und Einfluß?

Den Weg des "übergesetzlichen Notstands" ließ es aber (bewusst?) offen.
...
Ein neuer Gesetzesentwurf in diese Richtung würde also keinesfalls das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes ignorieren, sondern lediglich einen anderen Ansatz versuchen eine Gesetzesgrundlage zu schaffen.

Dieser Paragraph stand meines Wissens für diesen Zusammenhang damals überhaupt nicht zur Debatte. Er wurde von gewissen Personen jetzt auserkoren, um die Rechtssprechung des BuVG zu relativieren und somit seine Ziele doch noch durchzusetzen. Immerhin 1 Jahr hats gedauert. ^^
Das (bewusst) offen lassen dieses Themas grundsätzlich, ist reine Interpretationssache. Es könnte genauso gut sein, dass zu diesem Zeitpunkt einfach keine Veranlassung für eine entsprechende Entscheidung bestand, da nicht Verhandlungsgegenstand. Das heisst aber nicht, dass es generell dafür entscheiden würde. Auch die Empfehlung des Richters ist Auslegungssache.

Zeigten doch vergangene Urteile (z.B. zur Telekommunikationsüberwachung) dass unsere Verfassungsrichter durchaus in der Lage sind Urteile zu formulieren die dem Staat kaum Interpretationsspielraum lassen.

Naja, das Thema will ich jetzt mal nicht ausweiten, auch da hatten Schäuble und sein Vorgänger eine Aufweichung versucht. Es ist auch noch längst nicht vom Tisch und wird garantiert auf die ein oder andere Art und Weise wieder kommen. Aber dafür müssen erstmal andere Wege geebnet werden.

Hier geht es jedoch um "etwas" mehr, Verteidigungsfall, Kriegsvölkerrecht und Tötung von Unschuldigen.

Ich frage mich, wie man dieses Vorgehen mit dem Gesetz rechtfertigen will. Um Schreibarbeit zu sparen, hier mal ein Wiki-Zitat, was zumindest Denkanstöße gibt:

http://de.wikipedia.org/wiki/%C3%9Cbergesetzlicher_Notstand schrieb:
Der übergesetzliche Notstand wurde im Jahr 2007 im Rahmen der Terrorismusbekämpfung von Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung als „Rechtsgrundlage“ für den Abschuss von entführten (und zur Waffe pervertierten) Passagierflugzeugen ins Spiel gebracht [1].

In der Tat greifen die gesetzlich geregelten Rechtfertigungsgründe in einem solchen Fall nicht ein:

Die Notwehr nach § 32 StGB rechtfertigt nur Eingriffe in Rechtsgüter des Angreifers, also der Flugzeugentführer. Der rechtfertigende Notstand nach § 34 StGB scheidet aus, da eine Abwägung Leben gegen Leben aufgrund des absoluten Schutzes der Menschenwürde jedes Einzelnen (Art. 1 Abs. 1 GG) nicht in Betracht kommt. Auch im Übrigen kann es keine rechtfertigende gesetzliche Grundlage geben. Da der gezielte Abschuss von entführten Passagiermaschinen die an Bord befindlichen Passagiere und Besatzungsmitglieder zu Objekten staatlichen Handelns degradiert, verstößt er gegen Art. 1 Abs. 1 GG [2]. Auch eine Verfassungsänderung könnte hieran nichts ändern, da insoweit die Ewigkeitsgarantie des Art. 79 Abs. 3 GG gilt[3].

Es verbleiben also nur Entschuldigungsgründe, wobei der gesetzlich geregelte entschuldigende Notstand nach § 35 StGB schon wegen der dort erforderlichen Nähebeziehung ausscheidet. Letztlich könnte ein Abschussbefehl also nur auf den höchst umstrittenen übergesetzlichen Notstand gestützt werden. Dieser macht das Handeln aber nicht rechtmäßig, sondern entschuldigt unter engen Voraussetzungen (vgl. das Trolley-Problem) rechtswidriges Handeln. Der übergesetzliche Notstand ist also keineswegs „Rechtsgrundlage“ für den Abschuss von entführten Passagierflugzeugen, so dass die Empfehlung des Bundeswehrverbandes und des VBSK, einen entsprechenden (rechtswidrigen) Abschussbefehl nicht auszuführen [4], verständlich erscheint. Denn nach § 11 Abs. 2 SG darf ein Soldat einen Befehl nicht ausführen, wenn dadurch eine Straftat begangen würde.

Mit Rechtsverdreher meinte ich übrigens Anwalt. Schäuble kennt die Gesetze und deren Schwachpunkte für seine Vorhaben, somit natürlich auch den Umgang mit der Justiz erfahrungsgemäß sehr gut. Besser als die meisten von uns. Als Innenminister sicherlich kein Nachteil, vorallem für ihn.
Der Unterschied zu den anderen Ministern ist, das er ständig in verfassungsrechtliche Regionen vorstößt und diese zur Debatte stellt. Für Dich mag er damit ein Held sein, für mich ist so einer einfach gefährlich.
 
1.) Es wurde die quantitative Aufwägung zu Friedenszeiten verboten!

2.) Das BVerG stellte im Urteil vom 15. Februar 2006 eindeutig fest, dass der Bund im generellen berechtigt ist, Gesetze zu erlassen die den Einsatz der Streitkräfte zur Bekämpfung in besonders schweren Unglücksfällen regeln. Dabei stellte das BVerG klar, dass besonders schwere Unglücksfälle auch jene Vorgänge umfassen, welche den Eintritt einer Katastrophe mit "an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" erwarten lassen.

3.) Das BVerG stellte klar, dass der Bund nicht ermächtigt ist die Bundeswehr mit speziell militärischen Waffen einzusetzen.

Halten wir fest:

- Punkt 2 zeigt also deutlich, dass im generellen auch Aktionen legitimiert werden, die die Abwendung einer unmittelbaren Bedrohung gestatten.

- Das BVerG zeigte, dass §35 GG nicht ausreicht um militärische Mittel zu Friedenszeiten im Inland einzusetzen. Hier sind sich mittlerweile die Regierungsparteien einig, dass im Zuge der "Amtshilfe" die Polizei auch über Mittel des Militärs verfügen dürfen muss. Eine Verfassungsänderung wäre hier möglich und keinesfalls "Manipulation unserer Verfassung".

- Die Frage ob der Staat Leben abwägen darf oder nicht, ist also direkt mit der Frage danach verknüpft wie ein groß angelegter terroristischer Anschlag gewertet wird. Ist es ein Fall für die zivilen Strafverfolgungs- und Sicherheitsbehörden? Oder ist er doch eher als kriegerischer Angriff zu werten?

Hier kann man geteilter Meinung sein. Die Verfassung sagt zwar im Moment, dass ein kriegerischer Angriff nur dann vorliegt, wenn eine andere Nation uns angreift (grob gesagt), doch war damals als die Verfassung geschrieben wurde ein solcher Fall nicht absehbar. Genau aus diesen Gründen gesteht die Verfassung selbst der Legislative ja das Recht zu Teile der Verfassung an die Zeit anzupassen.
In meinen Augen ist ein groß angelegter Angriff von islamistischen Terroristen (in Dimensionen wie denen des 11.9.) ein kriegerischer Angriff gegen unsere Nation. Er wird von externen Kräften durchgeführt und zielt darauf ab unsere freiheitlich demokratische Grundordnung zu zerstören. Und vor allem richtet er sich gegen unsere Kultur!

Somit ist es durchaus legitim zu überprüfen ob in einem solchem Falle das Kriegsrecht gelten soll? Dieses wiederum legitimiert auf einmal die quantitative Abwägung von Menschenleben auch aus verfassungsrechtlicher Sicht.

Und jetzt schließt sich der Kreis zu deinen Ausrufen zum Thema Rechtsstaat.

Wenn sich durch rechtsstaatliche Mittel der eventuelle Abschuss einer Passagiermaschine die als Waffe genutzt werden soll legitimieren lässt, dann hat ein solches Vorgehen nichts mit einen Bruch mit der Rechtsstaatlichkeit zu tun.

Zu deinem Wiki-Quote:

Echt lustig, dass du hier einen Wiki Artikel zitierst, der als "Neutralität umstritten" markiert ist.

Wer den Fehler dieses Absatzes nicht erkennt, der kann vom Rechtswesen wirklich nicht viel verstanden haben. In dem Artikel wird versucht darzulegen, dass es für Jungs "übergesetzlichen Notstand" keine rechtliche Grundlage gebe und es wird unterstellt, dass Jung versucht habe den "übergesetzlichen Notstand" als Rechtsgrundlage für seine Entscheidungsfindung zu nutzen.
In letzerem irrt der Artikel schlichtweg. Jung sagte lediglich, dass im Notfall das "Recht des übergesetzlichen Notstandes" gelte. Dieses Recht hat jeder, denn es kann jeder ethische Beweggründe anführen um sein widerrechtliches Verhalten zu rechtfertigen.

Der dann folgende Versuch des Artikelschreibers, die Rechtsgrundlagen für den "übergesetzlichen Notstand" zu suchen grenzt schon an Ironie ...
Ist der übergsetzliche Notstand doch definiert als:
Ein im Gesetz nicht geregelter Entschuldigungsgrund. Siehe unter Pflichtenkollision.

http://www.lexexakt.de/glossar/uebergesetzlichernotstand.php

Tja man sollte Wiki halt nicht alles glauben ...
 
Ich sagte nicht, dass ich dem Wiki-Artikel als gegeben undiskutabel glauben schenkte, sondern ich den Artikel "zumindest als Denkanstoß" zu Rate zog. Und dafür ist er ja auch gut, sonst hättest Du ihn nicht krampfhaft versucht zu widerlegen und ins Lächerliche zu ziehen. ;)

Jung sucht mit dieser Aussage einen Entschuldigungsgrund für den bewussten Verstoß gegen eine strafrechtliche Vorschrift wie etwa das Folter- oder Tötungsverbot, um damit angeblich übergeordnete Werte zu schützen.
Das "Recht des übergesetzlichen Notstandes" schützt ihn nicht vor Strafe in ähnlich gelagerten Fällen. Es ist und bleibt illegal und darum soll es ja gerade erweitert werden, damit es dies eben nicht mehr ist. Es geht also im Endeffekt nur um rechtlich garantierte Straffreiheit für die Verantwortlichen, sonst würden sie gar nicht so einen Ruß darum machen, da andernfalls überflüssig. Und das geht eindeutig zuweit.
Ab wievielen Maschinen ist es denn ein Kriegsfall, 1, 2, 4, 100? Muss es bindend eine Entführung oder Waffe sein? Was macht Herr Jung bei einem Störfall?

Die Pflichtenkollision und somit das Gesetz retten ihm bei dieser Entscheidung so oder so nicht!
Er hat nach wie vor das Recht auf freie Entscheidung, aber nicht das Recht auf Straffreiheit. Und das finde ich auch völlig ausreichend und in Ordnung. Die Piloten müssen derartige Befehle zudem nicht ausführen, wenn dadurch eine Straftat begangen würde. Da schützt sie also bereits jetzt §11 SG.

Adam_Smith schrieb:
Die Verfassung sagt zwar im Moment, dass ein kriegerischer Angriff nur dann vorliegt, wenn eine andere Nation uns angreift (grob gesagt), doch war damals als die Verfassung geschrieben wurde ein solcher Fall nicht absehbar.

Es gab damals also keine Terroristen, Gefährder, Gewalt, Fanatiker, Attentate, Anschläge? Ich denke schon, dass man gerade in der damaligen Zeit äußerst sensibilisiert war und auch derartige Bedrohungen einbezogen und abgewogen hatte. Warum hat man dann zb. in den 70ern keine Eile und Veranlassung dafür gesehen und entsprechendes eingefordert? Welches Risiko hat sich wirklich verschärft? Es ist und bleibt in meinen Augen pure Panikmache als Mittel zum Zweck. Es bedarf auch heute keiner Änderung.
 
Wir drehen uns langsam im Kreis und deswegen fasse ich, unter Berücksichtigung deines letzten Beitrages, nochmals zusammen was ich jetzt über seitenlange Beiträge zu sagen versuchte.

Es kann keine eindeutige rechtliche Legitimation für den Abschuss eines Passagierflugzeuges geben. Da sind wir uns einig und das wissen auch Jung, Schäuble und Co. sehr gut. Auch der Umweg über den vorübergehenden Verteidigungsfall ist keine universelle rechtliche Legitimation.
Wie ich bereits sagte gibt es auch andere, viel prakmatischere Beweggründe für diesen Umweg. (Rechtssicherheit für die Piloten)

Dennoch hat, so denke ich, der Verteidigungsminister jetzt und in Zukunft ein Recht darauf abwägen zu dürfen. Nicht nach gesetzlichen, sondern nach ethisch-moralischen Beweggründen. Wir können jetzt über Zahlen streiten, aber darum geht es gar nicht! Denn genau das ist doch der Grund, warum man hier keine eindeutige gesetzliche Regelung schaffen kann. Man kann sich ein theoretisches Szenario ausdenken und eintreten wird dann ein anderes. Dieses lässt sich durch ein Gesetz nicht erfassen!

Aber der Verteidiungsminister hat auch jetzt und in Zukunft ein anrecht darauf, dass ihm eine ethisch durchaus verständliche aber gesetzlich widerrechtliche Entscheidung nicht angelastet wird. Hier geht es eben um eine Prüfung im nachhinein, eben weil man nicht jedes Szenario im Vorfeld durchdiskutieren kann.

Wie der von dir verlinkte Artikel zum Thema "Pflichtkollision" sehr schön zeigte, gibt es Szenarien bei denen das Gesetz keine Entscheidungsgrundlage liefern kann. Somit muss dem jeweiligen Entscheidenden aber auch zugestanden werden, dass er eine Entscheidung trifft ohne hinterher rechtliche Folgen befürchten zu müssen (natürlich nur wenn er sich an ethische Grundsätze gehalten hat).

Was Jung angeht, so liegt diese Pflichtkollision durchaus vor!
Er ist der Verfassung und den Menschen im Flugzeug verpflichtet. Er ist aber eben auch den Menschen auf der Erde verpflichtet. Sollte sich für ihn also eine Situation ergeben in der auf einmal für die Menschen am Boden eine Katastrophe mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit erwarten lässt und in der diese Katastrophe durch ein Passagierflugzeug hervor gerufen wird, dann ist die Kollision vorhanden.

Natürlich ist der Minister der Verfassung verpflichtet. Hier kann das Gesetz nicht weiter helfen, denn auch die Verfassung darf sich nicht über Menschenleben stellen.

Jung fordert auch keine eindeutige Rechtssicherheit für seine Person. Er fordert eine eindeutliche Rechtslage (das sind zwei unterschiedliche Dinge).

Entschieden, wie er sich entscheiden würde hat er schon längst. Und er hätte diese Entscheidung auch ohne eindeutige Rechtslage getroffen und gegebenen Falls die rechtlichen Konsequenzen in kauf genommen. Ihm also Feigheit zu unterstellen halte ich für recht abwegig.

Die Piloten müssen derartige Befehle zudem nicht ausführen, wenn dadurch eine Straftat begangen würde. Da schützt sie also bereits jetzt §11 SG.

Ach sag bloß! Es geht doch darum, dass sie den Befehl Jungs durchführen können ohne rechtliche Konsequenzen zu fürchten.

Und "müssen" würde ich durch "dürfen" ersetzen. Denn im Moment machen sie sich strafbar, wenn sie Jungs Befehle ausführen würden.
 
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