DerOlf
Admiral
- Registriert
- März 2010
- Beiträge
- 9.234
Die Frage ist Angeklungen, und daher möchte ich kurz auf den Unterschied zwischen (wissenschaftlicher) Ethik und (gesellschaftlicher) Moral eingehen.
Ich kann keine offiziellen Definitionen geben, denn ich bin da sicher nicht der Experte. Falls jemand das kann, immer raus damit, und wenn jemand Einwände oder Zusätze zum hier Gesagten hat ... ebenfalls ... immer raus damit (Hauptsache es kommt ohne Beleidigungen aus und ist einigermaßen nachvollziehbar begründet).
Ethik bezeht sich mMn immer darauf, dass eine Handlung als "gut" bewertet wird, WENN sie zum Gesetz taugt (1) ... optimal natürlich in jedem denkbaren Setting (Kant'scher Imperativ).
Vom Standpunkt der Moral her, ist die Handlung jedoch nur dann als "gut" zu bewerten, wenn sie dem angesetzten, subjektiven oder gar willkürlichen "Moralvorstellungen" des Milieus, in dem die Handlung kommuniziert wird (2), auch entspricht.
Vorm Hintergrund ganz spezieller Moralvorstellungen kann eine Tötung gut sein (z.B. bei "Terroristen" oder "Ungläubigen" ) obwohl durch die geforderte Perspektiven-UN-abhängigkeit aus einer ethischen Perspektive die gleiche Tötung nur dann NICHT abzulehnen ist, wenn dadurch Leben gerettet werden (3).
Moral zieht willkürliche Grenzen. Z.B. im Bezug auf den Konsum tierischer Produkte - sind Eier OK, wenn ich den Verzehr von Geflügel strikt ablehne? Wenn ich keine Tiere töten will, kann ich es dann vertreten, Pflanzen zu töten? Oder durch die Ernährung von "Luft und Liebe" am ende mich selbst?
Meist werden diese Fragen recht schnell auf Basis von Enkulturation und Indoktrination beantwortet ... aber die dadurch als "normal" empfundenen Grenzen zu legitimieren (ohne Rückgriff auf die "Axiomatik" aus Kultur und Doktrin), dass ist im Detail meist nur schwer möglich.
Wenn eine solche Legitimation gelingt, dann haben wir es wahrscheinlich eher mit Ethik zu tun ... denn die ist weitestgehend unabhängig vom Bezugssystem.
Vom ethischen Standpunkt erscheint es uns eventuell angebracht, abweichende sexuelle Orientierungen und alternative Lebensentwürfe zu tolerieren, solange sie uns im eigenen Lebensvollzug nicht objektiv behindern. Aus einer kirchlich geprägten "christlichen Moral" (oder islamischen, hinduistischen, shintoistischen oder was auch immer -istischen) heraus ist Heteronormativität oder einfach Traditionalität nebts hahnebüchener Begründung für die Ablehnung jeder "Andersheit" bei vielen jedoch noch immer ein fast instinktves Reaktionsmuster ... die "moralische Mehrheit" handelt eben nicht zwingend "ethisch unbedenklich" ... im Gegenteil, oft steht hinter dem "Aufschrei der Massen" nicht mehr als die Gewohnheit ans Alte und Gewohnte und die Angst vorm Neuen. Die "alten Werte" stehen immer für Stabilität und Sicherheit während das Neue immer auch mit Instabilität und Unsicherheit assoziiert werden wird, selbst wenn es ethische Dillemata auflösen helfen könnte und der Glaube daran sogar gesellschaftlich etabliert ist. Die Masse kann sogar ethisch verwerfliche Handlungen durch die Verteidigung tradierter Werte legitimieren ... wodurch die "Tat" selbst im Prinzip als "moralisch motviert" betrachtet werden muss (Verantwortung für die Gesellschaft, Schutz vor den von der Allgemeinheit zu tragenden erwarteten Kosten, Schutz des Arbeitsmarktes, der Volksökonomie, des Volkes allgemein oder gar seiner genetischen Integrität usw - je nach dem, was gerade "en vogue" ist).
Mit den alten Griechen bekommt man's auf eine handliche Formel. Moral ist menschlich und hat daher Anteil an Werden und Vergehen. Ethik hingegen ist göttlich und daher ungeworden, unveränderlich und unvergänglich.
Egal wie sehr sich unsere Moralvorstellungen verändern, die Ethik, auf die sie sich beziehen lassen müssen, bleibt die Selbe.
Mit anderen Worten: Moral ist sozial gewachsen und daher verhandelbar, der Kant'sche Imperativ ist allgemein formallogisch korrekt und daher im Idealfall (4) nicht verhandelbarer als die Antwort auf "Was ist zwei mal zwei?".
Ethik ist die wissenschaftlich fassbare Basis, auf der wir unsere gesellschaftlich gewachsenen Moralvorstellungen täglich aufs Neue verhandeln.
_____
1). Die Frage ist selbstverständlich extrem komplex ... im Dialog "Nomoi" von Platon klingt es an, welche Anforderungen schon an die Gesetze eines Staates gestellt werden. Die sind nicht ganz so universell, wie wissenschaftliche Gesetze, und nicht ansatzweise so vielfältig wie die Kombination aus beidem, die hier gemeint ist.
2.) im Rahmen einer Bewertung.
3.) Das mögliche Leiden Vieler wird gegen das Leiden eines Einzelnen aufgewogen.
4.) so einfach ist es eigentlich im sozialen Bereich nie. Der Kant'sche Imperativ stolpert hier mMn über sich selbst, denn er taugt eigentlich ausserhalb streng axiomatischer Systeme nicht zur Universalie.
Ich kann keine offiziellen Definitionen geben, denn ich bin da sicher nicht der Experte. Falls jemand das kann, immer raus damit, und wenn jemand Einwände oder Zusätze zum hier Gesagten hat ... ebenfalls ... immer raus damit (Hauptsache es kommt ohne Beleidigungen aus und ist einigermaßen nachvollziehbar begründet).
Ethik bezeht sich mMn immer darauf, dass eine Handlung als "gut" bewertet wird, WENN sie zum Gesetz taugt (1) ... optimal natürlich in jedem denkbaren Setting (Kant'scher Imperativ).
Vom Standpunkt der Moral her, ist die Handlung jedoch nur dann als "gut" zu bewerten, wenn sie dem angesetzten, subjektiven oder gar willkürlichen "Moralvorstellungen" des Milieus, in dem die Handlung kommuniziert wird (2), auch entspricht.
Vorm Hintergrund ganz spezieller Moralvorstellungen kann eine Tötung gut sein (z.B. bei "Terroristen" oder "Ungläubigen" ) obwohl durch die geforderte Perspektiven-UN-abhängigkeit aus einer ethischen Perspektive die gleiche Tötung nur dann NICHT abzulehnen ist, wenn dadurch Leben gerettet werden (3).
Moral zieht willkürliche Grenzen. Z.B. im Bezug auf den Konsum tierischer Produkte - sind Eier OK, wenn ich den Verzehr von Geflügel strikt ablehne? Wenn ich keine Tiere töten will, kann ich es dann vertreten, Pflanzen zu töten? Oder durch die Ernährung von "Luft und Liebe" am ende mich selbst?
Meist werden diese Fragen recht schnell auf Basis von Enkulturation und Indoktrination beantwortet ... aber die dadurch als "normal" empfundenen Grenzen zu legitimieren (ohne Rückgriff auf die "Axiomatik" aus Kultur und Doktrin), dass ist im Detail meist nur schwer möglich.
Wenn eine solche Legitimation gelingt, dann haben wir es wahrscheinlich eher mit Ethik zu tun ... denn die ist weitestgehend unabhängig vom Bezugssystem.
Vom ethischen Standpunkt erscheint es uns eventuell angebracht, abweichende sexuelle Orientierungen und alternative Lebensentwürfe zu tolerieren, solange sie uns im eigenen Lebensvollzug nicht objektiv behindern. Aus einer kirchlich geprägten "christlichen Moral" (oder islamischen, hinduistischen, shintoistischen oder was auch immer -istischen) heraus ist Heteronormativität oder einfach Traditionalität nebts hahnebüchener Begründung für die Ablehnung jeder "Andersheit" bei vielen jedoch noch immer ein fast instinktves Reaktionsmuster ... die "moralische Mehrheit" handelt eben nicht zwingend "ethisch unbedenklich" ... im Gegenteil, oft steht hinter dem "Aufschrei der Massen" nicht mehr als die Gewohnheit ans Alte und Gewohnte und die Angst vorm Neuen. Die "alten Werte" stehen immer für Stabilität und Sicherheit während das Neue immer auch mit Instabilität und Unsicherheit assoziiert werden wird, selbst wenn es ethische Dillemata auflösen helfen könnte und der Glaube daran sogar gesellschaftlich etabliert ist. Die Masse kann sogar ethisch verwerfliche Handlungen durch die Verteidigung tradierter Werte legitimieren ... wodurch die "Tat" selbst im Prinzip als "moralisch motviert" betrachtet werden muss (Verantwortung für die Gesellschaft, Schutz vor den von der Allgemeinheit zu tragenden erwarteten Kosten, Schutz des Arbeitsmarktes, der Volksökonomie, des Volkes allgemein oder gar seiner genetischen Integrität usw - je nach dem, was gerade "en vogue" ist).
Mit den alten Griechen bekommt man's auf eine handliche Formel. Moral ist menschlich und hat daher Anteil an Werden und Vergehen. Ethik hingegen ist göttlich und daher ungeworden, unveränderlich und unvergänglich.
Egal wie sehr sich unsere Moralvorstellungen verändern, die Ethik, auf die sie sich beziehen lassen müssen, bleibt die Selbe.
Mit anderen Worten: Moral ist sozial gewachsen und daher verhandelbar, der Kant'sche Imperativ ist allgemein formallogisch korrekt und daher im Idealfall (4) nicht verhandelbarer als die Antwort auf "Was ist zwei mal zwei?".
Ethik ist die wissenschaftlich fassbare Basis, auf der wir unsere gesellschaftlich gewachsenen Moralvorstellungen täglich aufs Neue verhandeln.
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1). Die Frage ist selbstverständlich extrem komplex ... im Dialog "Nomoi" von Platon klingt es an, welche Anforderungen schon an die Gesetze eines Staates gestellt werden. Die sind nicht ganz so universell, wie wissenschaftliche Gesetze, und nicht ansatzweise so vielfältig wie die Kombination aus beidem, die hier gemeint ist.
2.) im Rahmen einer Bewertung.
3.) Das mögliche Leiden Vieler wird gegen das Leiden eines Einzelnen aufgewogen.
4.) so einfach ist es eigentlich im sozialen Bereich nie. Der Kant'sche Imperativ stolpert hier mMn über sich selbst, denn er taugt eigentlich ausserhalb streng axiomatischer Systeme nicht zur Universalie.
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