Die Ukrainekrise – Ein Versuch der Faktensammlung und Analyse

Noxiel schrieb:
Obama hat mehr als das gesagt und vor allem in einem anderen Kontext.

Putin hat auch mehr gesagt wie nur: "Wenn ich wollte, könnte ich in zwei Wochen Kiew einnehmen".
Der Kontext war aber jedem egal und man hat es als Drohung eines Wahnsinnigen verstanden,oder besser gesagt,so verstehen wollen.
So eine Aussage passt dann natürlich gut in das alte Bild " des bösen Russen " ,vor allem dann,wenn man sich keine eigenen Gedanken macht und Dinge nur so verstehen will wie es in den eigenen Kram passt.
 
@CrazyIwan
Bei der ganzen Debatte um NATO Osterweiterung wird allerdings gerne vergessen, dass es Wunsch souveräner Staaten war dem westlichen Militärbündnis beizutreten. Erfahrungen aus mehreren Dekaden im sowjetischen respektive russischen Einflussbereich haben diese Länder nach Westen "getrieben", ihnen auf immer einen Beitritt zu verwehren weil man dem Kreml nicht vor den Kopf stoßen möchte, hätte diese Souveränität tatsächlich mit Füßen getreten. Ebenso die politische Orientierung gen Europa, weg von Mütterchen Russland. Es war z. B. nie der Fall, dass die baltischen Staaten gezwungen wurden eine politische und wirtschaftliche Unabhängigkeit von Russland anzustreben. Blickt man in die Presse unser östlichen Nachbarn ist dort mehrheitlich von der Angst russischer Expansionspolitik zu lesen und nicht von amerikanischem Allmachtsfantasien. Aber darum geht es mir nicht, viele der von dir angesprochenen Punkte lassen sich nicht mit einem Nebensatz erklären, geschweige denn erlauben sie einseitige Schuldzuweisungen.

@acc
Die Reduzierung der Maidan Proteste auf eine ausschließliche rechtsradikale Bewegung ist seit Beginn des Konflikts Strategie vieler russischer Nachrichtenagenturen. Ein Schlag ins Gesicht aller Ukrainer, die sich friedlich auf dem Maidan gegen die Regierung aufgelehnt haben, was auch bei näherer Betrachtung so nicht haltbar ist.

@My Name Nobody
Ich war dagegen den Thread erneut zu öffnen. Das ist weder ein Geheimnis, noch habe ich das je verheimlicht. Wenn ich dezente Hinweise gebe, in welche Richtung sich der Thread schon wieder bewegt, dann ist das letztlich nur mein Bemühen, dass am Ende des Weges nicht wieder das Vorhängeschloss hängt. Aber egal.
Wenn es so klar ist, dann frage ich mich warum immer noch auf dieser angeblichen Aussage vom September herumgeritten wird, in der viele Dinge des Konfliktes noch wesentlich unklarer und politisch aufgeladen waren. Wenn ich aus einer knapp 20 minütigen Rede einen kurzen Abschnitt nehme und dann daraus ein feststehendes Feindbild us-amerikanischer Politik konstruiere, dann ist das BILD Niveau, dass (Fun Fact) hal900 gerne verurteilt. Der Terror um IS, Ebola und die Ukrainekrise sind Gegenstand aller Schlagzeilen der internationalen Presse. Und erwartet jemand ernsthaft, dass der Präsident der USA nicht den, seiner Meinung nach, Hauptverantwortlichen anspricht? Lawrow im Anschluss tut übrigens das gleiche, nur in der Reihenfolge, USA, IS und Ebola. Heißt das im Umkehrschluss, dass für Russland die USA der größte Feind sind? Wohl kaum.

@MJ12
Mir war es nicht egal und ob/in welchem Kontext diese Aussage gefallen ist, konnte ich bisher nicht herausfinden. Du etwa?
Die EU hat ebenfalls nie bestätigt, dass es überhaupt zu dieser Aussage kam. Daher darf diese Meldung wohl als Ente verstanden werden, eine der vielen auf beiden Seiten des Rings.
 
Zuletzt bearbeitet:
acc schrieb:
und doch ist die antwort in dem fall so einfach. es gab einen demokratischen/diplomatischen weg, der wurde eingehalten bis der maidan mitsamt seinen rechten sprallos loslegte. das dir das nicht gefällt, ist klar. müsstest ja sonst zugeben, das du es mit demokratie nicht so wirklich hast.

sorry, ich verstehs nicht so ganz, was du mir sagen willst. was ich zwei seiten vorher lediglich sagen wollte, ist, dass ich weder die ukraine als spielball betrachte, noch mich auf eine seite einschiessen möchte. das problem dieses ansatzes ist, dass man dann die andere seite nicht mehr beachtet und die antwort dann ziemlich schiefhängt. für einen streit braucht es bekanntlich mind. zwei parteien. ausserdem, weswegen eine antwort meines erachtens nicht einfacher macht, sind langfristige und kurzfristige entwicklungen, die zusammenspielen und das ganze verkomplizieren, nebst der unsicheren informationslage. die von dir genannten rechtsradikalen bei den maidanprotesten sind hier nur ein mosaiksteinchen eines kaleidoskopes.
 
Zuletzt bearbeitet:
Noxiel schrieb:
@CrazyIwan
Bei der ganzen Debatte um NATO Osterweiterung wird allerdings gerne vergessen, dass es Wunsch souveräner Staaten war dem westlichen Militärbündnis beizutreten.

Das ist richtig, auch wollen viele Staaten der Eu beitreten, z.B. die Türkei. Trotzdem werden sie aus diversen Gründen nicht aufgenommen. Obwohl sie z.B. Wirtschaftlich von Bedeutung wären. Das ist also nur eine Ausrede seine eigenen Versprechen gegenüber Russland nicht einzuhalten.

Noxiel schrieb:
@My Name Nobody
Ich war dagegen den Thread erneut zu öffnen. Das ist weder ein Geheimnis, noch habe ich das je verheimlicht. Wenn ich dezente Hinweise gebe,

Mir war nicht bekannt das du dagegen warst, ich habe es nur aus deinen Beiträgen herausgelesen. Im übrigen Dezent mit einer Art Drohung wie "willst du das" funktioniert nicht.

Noxiel schrieb:
Heißt das im Umkehrschluss, dass für Russland die USA der größte Feind sind? Wohl kaum.
Druchaus sehr vorstellbar. Auch wenn es kein Staat so direkt unbedingt aus dipolamtischen Gründen sagen würde.
 
Wunsch einiger ehemaliger Ostblock-Staaten der NATO beizutreten kann ich teilweise nachvollziehen. Es ändert aber nichts daran, dass die stetige Erweiterung von Russland immer misstrauischer Aufgenommen wurde. Die Krönung war jedoch der Versuch Georgien und Ukraine aus der Einflusszone Russlands zu entreissen. Dabei darf auch nicht der Raketenschild ausser acht gelassen werden. Jeglicher Versuch seitens Russland einen gemeinsamen Schild aufzubauen wurde seitens NATO als eine hirnlose Idee abgetan. Das trug sicherlich nicht zu mehr Freundschaft bei. Was sich auch in München bei der Rede von Herrn Putin offensichtlich wurde.
Ausserdem, Wunsch souveräner Staaten hin oder her, die völlige Missachtung russischer Seite zeigt sich wunderbar jetzt in der Haltung der Russen zu EU und USA. Die Bevölkerung fühlt sich von Westen wie kleines Kind behandelt. Manche sehen es eher als "Misshandlung" an. Jetzt brauchen wir uns nicht zu wundern, dass Russland mit Muskeln spielt und der Welt zu zeigen versucht: "Wir können es wie die USA machen. Wir machen unsere Politik wie es uns gefällt". Klingt vielleicht antiamerikanisch, ist aber nicht so gemeint. Denk einfach an Missachtung des Völkerrechts in Irak durch USA und GB.

Die NATO-Osterweiterung ist ein Beispiel arroganter, hochnäsiger Politik des "Westens". Und Ukraine ist eine Spielwiese der Mächte geworden...
 
And yet there is a pervasive unease in our world -- a sense that the very forces that have brought us together have created new dangers and made it difficult for any single nation to insulate itself from global forces. As we gather here, an outbreak of Ebola overwhelms public health systems in West Africa and threatens to move rapidly across borders. Russian aggression in Europe recalls the days when large nations trampled small ones in pursuit of territorial ambition. The brutality of terrorists in Syria and Iraq forces us to look into the heart of darkness.

Also von diesem Teil der Rede ausgehend und vom Gesamtkontext her wirkt das auf mich, als ob Obama zu den Deligierten als Gemeinschaft spricht und ihnen dabei drei Bedrohungen von außen nennt: Ebola, Russland, der IS. Offen gesagt: was daran sachlich ist, einen anderen Staat für etwas zu dämonisieren, was man 1. selber gern gemacht hat und 2. auch noch verzerrt darstellt, erschließt sich mir nicht. Denn mit Ebola hat das russische Vorgehen in der Ukraine gar keine Gemeinsamkeit. Das einzige, was die Situation in der Ukraine mit jener im Irak und in Syrien verbindet, ist der Umstand, dass es Beweise und Indizien gibt, die eine amerikanische politische und unterstützende Aktivität in der Ukraine nahelegen - etwas, was (in wesentlich höherer und weitläufigerer) Intensität im Irak auch der Fall war.

Aber sonst? Ich empfinde diesen Teil der Rede als heuchlerisch und konfliktschürend. Kann man vielleicht vergleichen mit zwei Kindern. Kind A schubst Kind B mehr oder minder ohne Unterlass. Kind B beginnt zurückzuschubsen und sagt: "hör auf damit, A". Darauf repliziert A: "Zuerst musst du aufhören zu schubsen und dich dafür vor allen entschuldigen, dann hör ich auf".
 
speedyjoe schrieb:
sorry, ich verstehs nicht so ganz, was du mir sagen willst. was ich zwei seiten vorher lediglich sagen wollte, ist, dass ich weder die ukraine als spielball betrachte, noch mich auf eine seite einschiessen möchte. das problem dieses ansatzes ist, dass man dann die andere seite nicht mehr beachtet und die antwort dann ziemlich schiefhängt. für einen streit braucht es bekanntlich mind. zwei parteien. ausserdem, weswegen eine antwort meines erachtens nicht einfacher macht, sind langfristige und kurzfristige entwicklungen, die zusammenspielen und das ganze verkomplizieren, nebst der unsicheren informationslage. die von dir genannten rechtsradikalen bei den maidanprotesten sind hier nur ein mosaiksteinchen eines kaleidoskopes.

was ist daran nicht zu verstehen? du behauptest, die schuldfrage wäre nicht so einfach. ich behaupte das gegenteil aufgrund der tatsache, das die maidan-bewegung mit undemokratischen mitteln agiert hat.

Noxiel schrieb:
@acc
Die Reduzierung der Maidan Proteste auf eine ausschließliche rechtsradikale Bewegung ist seit Beginn des Konflikts Strategie vieler russischer Nachrichtenagenturen. Ein Schlag ins Gesicht aller Ukrainer, die sich friedlich auf dem Maidan gegen die Regierung aufgelehnt haben, was auch bei näherer Betrachtung so nicht haltbar ist.

wenn du diese reduzierung vornimmst, ist dein persönliches problem, nicht meines.
 
Die Reduzierung der Maidan Proteste auf eine ausschließliche rechtsradikale Bewegung ist seit Beginn des Konflikts Strategie vieler russischer Nachrichtenagenturen. Ein Schlag ins Gesicht aller Ukrainer, die sich friedlich auf dem Maidan gegen die Regierung aufgelehnt haben, was auch bei näherer Betrachtung so nicht haltbar ist.

Letztlich dürfte das auf die Frage hinauslaufen, inwieweit sich die anfängliche Masse an unzufriedenen Ukrainern, die den Protest ja initiierten, letztlich an den Aktivitäten rund um das Ende des Februar 2014 betätigte. Denn das war ja letztlich der Punkt, wo das ausgehandelte Abkommen - das Steinmeier, der polnische Außenminister und die Ukraine unter Beobachtung Frankreichs und Russlands unterzeichneten - gebrochen und die ukrainische Verfassung ignoriert wurde.

Anbei bemerkt: dass in der vorhin diskutierten Rede Obama von einem korrupten Regime spricht, das im Zuge dieser Ereignisse verjagt wurde, mag ja stimmen, aber wieso ihm das ausgerechnet bei Janukowitsch einfällt, während Korruption unter Timoschenko, in Albanien, Thailand oder sonstwo überhaupt nicht erwähnenswert obwohl ähnlich intensiv ist, weiß wohl auch nur er.
 
Es fällt mir ehrlich gesagt schwer, alle Proteste um den Jahreswechsel 2013/2014 auf dem Maidan links liegen zu lassen und mich allein auf die zwei Nächte um den 21. Feburar zu konzentrieren. Ja, gewaltbereite Nationalisten aus dem Rechten Sektor und Swoboda haben jede Rechtsstaatlichkeit vermissen lassen und die Grenzen friedlichen Protestes weit überschritten, was ich vollumfänglich verurteile. Dennoch bin ich der Überzeugung, dass OHNE die zivilen und friedlichen Proteste der ukrainischen Bürger ein - wenn auch am Ende überstürzter - Machtwechsel nie erfolgt wäre. Der Feind meines Feindes ist mein Freund wird da nicht zur hohlen Phrase.

Und mit Blick auf die Wahlergebnisse, dürften sich diese reaktionären und extremistischen Kräfte mal richtig gekniffen fühlen. Denn in der Bevölkerung haben sie keinen politischen Rückhalt. Swoboda und der Rechte Sektor sind an der 5% Hürde gescheitert und die Partei um Oleh Ljaschkos ist weit von einem zweistelligen Ergebnis entfernt. Also nicht nur die Prügel eingesteckt sondern im Anschluss auch noch um die Teilhabe an der Macht "betrogen" worden. Könnte es denn besser laufen, für Demokratie und Rechtstaatlichkeit? Und seien wir mal ehrlich, die ukrainische Verfassung war seit 2004 öfter im Neudruck als der Duden, mit dem Ziel demokratische respektive parlamentarische Rechte zugunsten eines Herrn Janukowitsch aufzugeben.

Was Obama betrifft, ist es denn wirklich so abwegig über Dinge zu reden, die tagespolitisch eine ganz andere Aktualität haben als alltägliche Korruption in Albanien oder Thailand oder sonstwo? Im Falle der Ukraine stehen sich zwei Machtblöcke gegenüber allgemeinhin als "der Westen" bezeichnet und Russland. Und da die UN-Vollversammlung nur einmal jährlich stattfindet und das zufällig im September, als die Vorgänge in der Ukraine sehr sehr heiß waren, der Fall war, lag es doch sehr nahe auch darüber zu sprechen, oder nicht? Ich erkenne da weder Kalkül noch unbedingten Willen "Russland Bashing" zu betreiben. Es war einfach gerade aktuell.
 
Zuletzt bearbeitet:
selbst wenn ukraine & co ein halbes jahr früher "passiert" wäre, so wäre es noch immer der aufhänger des friedensnobelpreisträgers und seiner mitläufer. ukraine ist einfach zu schön, um es auszulassen. rußland in person putins ist zum bösen auserkohren, sanktionen, die vor allem den wirtschaftlichen Widersacher treffen sind am laufen etc etc. Sachen, die man ohne ensprechenden anlaß schwer hätte verkaufen können bzw. die deutlich längere vorlaufzeit bedarft hätten.

und der o.g. hat es sich ja auch nicht nehmen lassen, die schuldigen für mh 17 namentlich zu benennen. gut, es gibt da keine beweise, aber das macht ja nichts, es muß den leuten im gedächtnis bleiben. man muß es nur oft genug wiederholen.

nur klingt die geschichte einfach nur wie saddam's masenvernichtungswaffen, gaddafi's viagra und syrisches giftgas. für nichts ein beweis. und solche märchen vor der uno zu erzählen, ist eines staatsmannes unwürdig. vor allem für einen, der meint, die welt führen zu müssen. aber damit ist er in der tradition seiner amtsvorgänger geblieben.

mäßigung und auf dem teppich bleiben wäre mein rat an jeden us-präsidenten.


ansonsten ist Wahl in den abtrünnigen gebieten. und in Lugansk hat man die Öffnungszeiten der Wahllokale um zwei stunden verlängert.
 
Zweidrittel deines Beitrages sind Mutmaßungen a la "Hätte, wäre, wenn". Darauf gehe ich nicht ein, deine persönliche Einschätzung wie Obama reagiert hätte ist nunmal unbewiesen und damit im Zweifel für den Angeklagten.

Und die UN-Vollversammlung ist eine Zusammenkunft 193 freier und souveräner Staaten und kein Obama-Club in der der Chef einmal im Jahr eine Rede hält. Der Präsident der Vereinigten Staaten hat eine Erklärung verlesen, wie er die Welt sieht und 192 Länder haben sich ihren eigenen Reim darauf gemacht. Ich will nicht leugnen, vermutlich hat ein großer Teil eine ähnliche Sicht auf die Dinge wie er. Aber nicht weil er sie diktiert.

Was wird denn in den abtrünnigen Gebieten gewählt? Wie man hörte ist die Parteienlandschaft recht dünn gesät. Oppositionelle Kräfte gibt es nicht oder sie trauen sich nicht, wie ich bisher hörte.
 
parlaments- und Präsidentschaftswahlen finden statt.

ansonsten weißt du schon, das man im jahre 2014 anderen ländern nichts unbedingt "diktieren" muß. da gibt es genügend Abhängigkeiten, wo nur die richtigen knöpfe gedrückt werden müssen.

dann sag mir mal die zweidrittel mutmaßungen. mal sehen, ob ich mir vertrauen kann.

ansonsten empfehle ich einen der letzten Artikel eines willy wimmer. http://www.heise.de/tp/artikel/42/42900/1.html man sollte mal darüber nachdenken.
 
Noxiel schrieb:
Oppositionelle Kräfte gibt es nicht oder sie trauen sich nicht, wie ich bisher hörte.

Da du ja keine Mutmaßungen magst, wäre ein Beweis für deine Behauptungen sinnvoll.
Auch wenn das stimmen sollte, würde ich das für das kleinere Übel halten wie mit der EU und den USA eine "Partnerschaft" einzugehen.

Um ein Beispiel zu geben wieso.

Das ist nämlich die Vorstellung der USA wie man anderen Ländern hilft.

Wikipedia

Burisma besitzt ein Portfolio an Explorationslizenzen für Schiefergas- und Ölfelder in allen drei ukrainischen Schlüsselregionen:
 
http://www.heise.de/tp/artikel/43/43220/1.html

Todesstrafe und das noch dazu in einem Vorgang, dass den Namen "Strafverfahren" nicht verdient, das ist beschämend.

Es fällt mir ehrlich gesagt schwer, alle Proteste um den Jahreswechsel 2013/2014 auf dem Maidan links liegen zu lassen und mich allein auf die zwei Nächte um den 21. Feburar zu konzentrieren. Ja, gewaltbereite Nationalisten aus dem Rechten Sektor und Swoboda haben jede Rechtsstaatlichkeit vermissen lassen und die Grenzen friedlichen Protestes weit überschritten, was ich vollumfänglich verurteile. Dennoch bin ich der Überzeugung, dass OHNE die zivilen und friedlichen Proteste der ukrainischen Bürger ein - wenn auch am Ende überstürzter - Machtwechsel nie erfolgt wäre. Der Feind meines Feindes ist mein Freund wird da nicht zur hohlen Phrase.

Das Kritisieren des Umsturzes selber ist in meinen Augen keineswegs ein "links liegen lassen" der vorhergehenden Proteste, die - da pflichte ich dir uneingeschränkt bei - aus gutem Grund stattfanden. Diese Proteste fanden im üblichen Rahmen einer demokratischen Ordnung statt, von den einen oder anderen Ordnungswidrigkeiten mal abgesehen (die finden ja auch bei uns in der EU gerne mal statt). Warum ich mich aber hauptsächlich auf das Februarende konzentriere, ist darin begründet, als dass diese Aktionen eine - in meinen Augen - nicht hinnehmbare Eskalation bewirkten, die mit dem gebrochenen Abkommen ja gerade eben verhindert werden sollte. Janukowitsch wäre mit dem Friedensplan ja genauso weg vom Fenster gewesen, die paar Monate, um die der Umsturz das dann abgekürzt hat, haben sich nämlich aus ukrainischer Sicht überhaupt nicht gelohnt. Noch klammeres Budget wegen des Krieges, zerstörte Infrastruktur, Braindrain, stärkere Spaltung der Gesellschaft - das alles für die paar Monate?

Profitiert haben davon weder die Ukrainer selber, noch die Europäer, noch die Russen (die zwar die Krim rechtlich ziemlich fadenscheinig bekamen, dafür aber den Konflikt und letztlich die Sanktionen am Hals hatten/haben).

Könnte es denn besser laufen, für Demokratie und Rechtstaatlichkeit? Und seien wir mal ehrlich, die ukrainische Verfassung war seit 2004 öfter im Neudruck als der Duden, mit dem Ziel demokratische respektive parlamentarische Rechte zugunsten eines Herrn Janukowitsch aufzugeben.

Die Schwächung der Extremen begrüße ich ebenso, aber ob das ein Sieg für Rechtsstaatlichkeit und Demokratie war, das werden wir mE erst in zwanzig Jahren wissen. Denn vor Janukowitsch gab es genauso kaum Extremisten in der Rada und dennoch wurden Stimmen de facto gekauft und Rechtsstaatlichkeit nach Herzenslust ignoriert. Die neue Regierung wird sich erst beweisen müssen darin, wie erst sie es mit diesen beiden Werten meint (abgesehen davon, dass auch wir Europäer nicht immer so lupenreine Rechtsstaatler sind, wie wir gerne behaupten).

Was Obama betrifft, ist es denn wirklich so abwegig über Dinge zu reden, die tagespolitisch eine ganz andere Aktualität haben als alltägliche Korruption in Albanien oder Thailand oder sonstwo? Im Falle der Ukraine stehen sich zwei Machtblöcke gegenüber allgemeinhin als "der Westen" bezeichnet und Russland. Und da die UN-Vollversammlung nur einmal jährlich stattfindet und das zufällig im September, als die Vorgänge in der Ukraine sehr sehr heiß waren, der Fall war, lag es doch sehr nahe auch darüber zu sprechen, oder nicht? Ich erkenne da weder Kalkül noch unbedingten Willen "Russland Bashing" zu betreiben. Es war einfach gerade aktuell.

Aktuell war es zweifellos, aber das macht Obamas Aussage noch lange nicht inhaltlich richtig. Ich kann anlässlich der Regierungsbildung in Thüringen ja auch behaupten, dass der phöse Bolschewik Ramelow aufgrund seiner sorbischen Provinienz Pläne habe, das Bundesland abzuspalten. Berechtigterweise würde mich jeder dafür auslachen und sich noch mehr auf den Bauch greifen, wenn ich meine Behauptung damit rechtfertige, dass das Thema Ramelow halt aktuell ist.
Die Richtigkeit des Inhalts ist das entscheidende Kriterium und daran muss sich auch ein US-Präsident messen lassen. Und Russland als eine einseitige "Bedrohung" darzustellen und es im selben Atemzug wie Ebola und den ISIS-Sadisten im Nahen Osten zu nennen, entbehrt nun einmal jeder inhaltlichen Richtigkeit*.


*da beziehe ich mich vor allem auf die völlig einseitige Sichtweise, die aus Obamas Worten entspringt und die völlig außer Acht lässt, dass es uA die amerikanische Außenpolitik war, die das Klima mit Russland generell angeheizt hat, zumal auch noch so mancher amerikanische Bürger bzw. Repräsentant beim Umsturz mithalf und es seine eigene Administration war, die die Umsturzregierung zügig anerkannte (funktional eine Befeuerung der Eskalation).
 
Zuletzt bearbeitet:
wenn man sich die wortwahl eines jazenjuk und poroschenko sich vor augen hält (untermenschen und ähnliches) und sehe ich nicht, das extremistische kräfte irgendwo gekniffen sind.
 
@My Name Nobody

Siehe den Link von Fetter Fettsack. Was aber deinen Hinweis zur Partnerschaft angeht. Gerhard Schröder, Alt-Bundeskanzler hat sich seinen Abschied von der deutschen Politik im russischen Staatskonzern Gazprom versilbern lassen. Welche Rückschlüsse können wir daraus für die deutsch-russische Politik ziehen, gerade mit Blick auf "das kleinere Übel"?

Fetter Fettsack schrieb:
[...] Warum ich mich aber hauptsächlich auf das Februarende konzentriere, ist darin begründet, als dass diese Aktionen eine - in meinen Augen - nicht hinnehmbare Eskalation bewirkten, die mit dem gebrochenen Abkommen ja gerade eben verhindert werden sollte. Janukowitsch wäre mit dem Friedensplan ja genauso weg vom Fenster gewesen, die paar Monate, um die der Umsturz das dann abgekürzt hat, haben sich nämlich aus ukrainischer Sicht überhaupt nicht gelohnt. Noch klammeres Budget wegen des Krieges, zerstörte Infrastruktur, Braindrain, stärkere Spaltung der Gesellschaft - das alles für die paar Monate?
Gehe ich mit. Mir wäre es auch lieber gewesen, wenn die Situation nicht derart eskaliert hätte. Ist es aber deswegen legitim den Umsturz ausschließlich auf die gewalttätigen Schlägertrupps des Rechten Sektors und Swobodas zu reduzieren? Ich finde das wird der Maidan Revolution in keinster Weise gerecht, die Pfeifenköpfe mögen das Fass zum Überlaufen gebracht haben, das Fass gefüllt haben jedoch friedliche Bürger und rechtschaffene Menschen.

Fetter Fettsack schrieb:
Die Schwächung der Extremen begrüße ich ebenso, aber ob das ein Sieg für Rechtsstaatlichkeit und Demokratie war, das werden wir mE erst in zwanzig Jahren wissen. Denn vor Janukowitsch gab es genauso kaum Extremisten in der Rada und dennoch wurden Stimmen de facto gekauft und Rechtsstaatlichkeit nach Herzenslust ignoriert. Die neue Regierung wird sich erst beweisen müssen darin, wie erst sie es mit diesen beiden Werten meint (abgesehen davon, dass auch wir Europäer nicht immer so lupenreine Rechtsstaatler sind, wie wir gerne behaupten).
Dann sollte man ihr aber auch die Chance geben sich zu beweisen. Dir unterstelle ich das aber auch in keinster Weise, es gibt jedoch genug Mitdiskutanten für die sitzt in Kiew immernoch die Faschisten Junta und zwar aus dem Grund, weil nicht sein kann, was nicht sein darf.
Und im Vergleich zu den demokratischen Systemen unserer östlichen Nachbarn finde ich, schneiden wir dennoch um Welten besser ab. Zumindest in so einem Verhältnis, dass wir uns Kritik erlauben dürfen. ;)


Fetter Fettsack schrieb:
Aktuell war es zweifellos, aber das macht Obamas Aussage noch lange nicht inhaltlich richtig. Ich kann anlässlich der Regierungsbildung in Thüringen ja auch behaupten, dass der phöse Bolschewik Ramelow aufgrund seiner sorbischen Provinienz Pläne habe, das Bundesland abzuspalten. Berechtigterweise würde mich jeder dafür auslachen und sich noch mehr auf den Bauch greifen, wenn ich meine Behauptung damit rechtfertige, dass das Thema Ramelow halt aktuell ist.
Die Richtigkeit des Inhalts ist das entscheidende Kriterium und daran muss sich auch ein US-Präsident messen lassen. Und Russland als eine einseitige "Bedrohung" darzustellen und es im selben Atemzug wie Ebola und den ISIS-Sadisten im Nahen Osten zu nennen, entbehrt nun einmal jeder inhaltlichen Richtigkeit*.
Da verkennst du aber meiner Meinung nach Ursache und Reaktion, wobei ich noch immer der Überzeugung bin, dass Obamas Rede auf der UN Vollversammlung den Charakter einer Meinungsäußerung hat, der man - je nachdem welchen Fakten man eher traut - zustimmt oder eben nicht. Man darf dabei auch nicht vergessen, dass Obama an mehreren Fronten kämpft. Zuhause sitzt der konservative Teil der Bevölkerung zusammen mit den Republikanern, die ohnehin jede Gelegenheit nutzen um den Präsidenten als politisch nicht durchsetzungsfähig erscheinen zu lassen, und sie erwarten, dass der erste Mann im Staat das Selbstverständnis als "Leading Nation" auch entsprechend kommuniziert. Die Bühne auf der UN Vollversammlung bietet sich für so etwas dann auch an.
Und dann sei noch erwähnt, dass die Mehrheit der Welt die Angliederung der Krim an Russland verurteilt. Eine entsprechende Resolution wurde - ohne völkerrechtliche Bindung - von rund 100 Nationen unterzeichnet. Elf votierten dagegen, unter anderem natürlich Russland, während sich China allerdings einem Votum enthielt. Wie ich zu Beginn des ersten Threads schon angeführt hatte, ist die chinesische Regierung über das Vorgehen Russland alles andere als "amused". Egal, um den Bogen wieder zu spannen; Obama hat die Sicht der USA zur Ukraine Krise vermittelt und ist damit letztlich nur der politischen Linie gefolgt, in der die Mehrheit der westlichen Regierungen das Vorgehen Russlands verurteilen.

Fetter Fettsack schrieb:
*da beziehe ich mich vor allem auf die völlig einseitige Sichtweise, die aus Obamas Worten entspringt und die völlig außer Acht lässt, dass es uA die amerikanische Außenpolitik war, die das Klima mit Russland generell angeheizt hat, zumal auch noch so mancher amerikanische Bürger bzw. Repräsentant beim Umsturz mithalf und es seine eigene Administration war, die die Umsturzregierung zügig anerkannte (funktional eine Befeuerung der Eskalation).
Nur ein kurzer Einwand hierzu.
Ex post lässt sich leicht urteilen, dass es ein Fehler war die Umsturzregierung anzuerkennen. Aus der damaligen Situation heraus, in der auch die EU schnell ihre Unterstützung signalisierte, hätte dies auch zur Beruhigung des Konflikts führen können.

@acc
Du bist mit ein Grund, warum ich nicht wollte, dass der Thread neueröffnet wird.

@hal900
Ist der Spiegel für dich jetzt seriös oder gelenktes Propagandablatt? Es fällt mir wirklich schwer, mich immer nach dem Wind zu richten, der dein Fähnchen gerade lenkt.
Was den Artikel angeht, bin ich versucht der StopFake Seite mehr Glauben zu schenken, da sie sich hauptsächlich dem Thema widmet und nicht wie der Spiegel Artikel nebenbei in zwei Absätzen. Wobei unter der Prämisse, dass es so gelaufen ist wie auf StopFake geschildert, der Spiegel Artikel zwar inhaltlich richtig aber im Ergebnis falsch ist, da die Untermensch Floskel ein Fehler in der Übersetzung und nicht getätigte Aussage von Jazenjuk war.
 
Zuletzt bearbeitet:
nun ja, beim spiegelartkel dachte ich eher an dich. das ist eines der blätter, auf die du dich berufst. ob das nun ein seriöses propagandablatt ist oder nicht, der Artikel steht da so.

ich würde dann auch was von falsch richtig erzählen und Übersetzungsfehler, wenn ich fehler bei anderen suchen müßte.
 
Zurück
Oben