Kommentar eines Lesers auf Pro-Linux
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Re: Der Look ist wirklich noch Oldschool
Einsender: Torsten Rahn (rahn@kde.org) - So, 13. Mai 2007, 12:48
Wie Du schon bemerkt hast: KDE 4 ist ein Punkt in KDE's
Entwicklungsgeschichte, an dem wir versuchen ALLES neu zu
überdenken. Bislang waren die Programmierer hauptsächlich
damit beschäftigt, die Grundbausteine neu zu modellieren.
Auch wenn es sich nicht 1:1 vergleichen lässt: Beim Bau eines
Hauses würde das ungefähr bedeuten, dass jetzt Baupläne
existieren, man sich darauf geeinigt hat, welche Materialien verwendet
werden und man bereits das Fundament des Hauses mit dem Keller fertig
hat. Auch wurden bereits einige Teile der ehemaligen Nebengebäude
mit dem neuen Material "restauriert".
Aber das eigentliche Haus ist gerade im Aufbau und während das
Baugerüst und der Rohbau tatsächlich ziemlich
"Old-School" ausschauen, ist es immer noch für
Außenstehende müßig zu sagen wie das Haus am Ende von
außen ausschauen wird und wie die Inneneinrichtung einmal wirken
wird.
Wer einmal KDE 4 alpha 1 ausprobiert (für Normalanwender absolut
nicht zu empfehlen), wird feststellen, dass die meisten Programme noch
nicht einmal in grundlegenden Aspekten funktionieren geschweige denn
überhaupt laufen. Darum gab es bis vor kurzem noch gar kein KDE 4
unter dem man überhaupt entwickeln konnte. Bereits seit ein paar
Monaten arbeiten (Berufs-)Grafiker am Oxygen-Stil. Das war aber bislang
nur außerhalb des Desktops möglich, da es einen Desktop den
man hätte Designen können einfach noch nicht gab. Erst jetzt
haben die Grafiker langsam die Möglichkeit, das "Haus" zu
betreten, sich darüber gedanken zu machen, welches
"Tapetenmuster" wo hinkommt und wie das Aussehen im Detail
ausschauen wird.
Insofern ist es müßig sich über den "Look" zu
beschweren, denn den "Look" als solches gibt es in der Form noch
gar nicht (als jemand, der Grafik-Design für KDE 1beta3-3.1 gemacht
hat, bin ich schon mal glücklich, dass die Alpha-Version
überhaupt schon Icons verwendet und keine schwarzen Rechtecke als
Platzhalter ;-)
Feedback zu KDE3 war häufig, dass das Look & Feel etwas zu
verspielt und grell war. Deshalb wirken die Elemente, die bereits jetzt
in KDE 4 zu finden sind bewusst erst einmal etwas nüchtern, zeitlos
und trocken. Denn es ist wesentlich leichter, einen nüchternen,
zeitlosen Desktop anschließend auf einen Stil mit einem bestimmten
Charakter zu trimmen, als wenn man umgekehrt einen bestehenden Stil
nimmt und den dann auf etwas komplett anderes "verbiegen" soll.
Auch bei den ersten Alpha-Versionen von KDE 2, KDE 3, Nautilus, Gnome 2
und den ersten geleakten Versionen von Vista haben Normalanwender, die
sich in den Alpha-Test verlaufen haben regelmäßig einen
Riesenschreck bekommen. Das Phänomen, dass sich Normalanwender erst
einmal beim Anblick der ersten Entwicklerversion gehörig
erschrecken oder eine Abneigung empfinden ist ganz normal. Denn das
eigentliche Look & Feel wird für den Normalanwender erst gegen Ende
der Beta-Phase deutlich werden und selbst da kann es noch
Überraschungen geben.
Wir haben bei KDE 4 das große Glück, dass es inzwischen viele
ausgezeichnete Grafiker gibt, die an KDE 4 und seinen Icons arbeiten.
Das Kernteam besteht unter anderem aus den gleichen Grafikern, die auch
bereits an Crystal mitgewirkt haben, u.a. auch David Vignoni, von dem
das Nuvola-Theme stammt. Wenn man sich anschaut, wieviel an Oxygen
derzeit gearbeitet wird, dann birgt das schon enormes Potential:
http://lists.kde.org/?l=kde-commits&w=2&r=1&s=Oxygen&q=b
Klar: momentan ist vieles noch in der Experimentierphase. Es werden
Usability-Tests gemacht und es wird auch vieles designed, was etwas
"durchgeknallt" oder gar absolut "praxisuntauglich" ist.
Das gehört in einem so frühen Stadium einfach dazu und ist
Bestandteil des kreativen Prozesses. So sehen viele Icons in voller
Größe zwar bereits einfach klasse aus, aber es muss sich
zeigen, ob sich die Wirkung dieser Icons auch später in der Praxis
auf dem Desktop entfalten kann.
Bis sich das Ganze dann soweit entwickelt hat, dass ein "echter"
Look da ist, müssen wir uns einfach in Geduld üben :-)
Grüße,
Torsten Rahn
KDE Projekt