"Gott" (ich meine hier den eher abstrakten Begriff, der sich keiner gesprochenen Sprache zuordnen lässt, sondern lediglich Kognitionen) ist eine seit Jahrtausenden bewährte Methode, mit dem "Unbekannten" umzugehen.
@Niyu beschreibt hier einen völlig normalen Prozess, den so ziemlich jede Religion behandeln muss.
Gott ist die Lücke im Wissen .... der Grund für jene Beobachtungen die wir eben auf Basis unseres aktuellen Wissens nicht in eine rationale Ursache-Wirkungskette einordnen können. Für den wir also keinen triftigen Grund angeben können.
Bei Platon zeichnet sich das "göttliche" sogar gerade dadurch aus, dass es eben ausserhalb dessen steht, was die Altgriechen wohl "Werden und Vergehen" genannt hätten.
Das göttliche bei Platon (und ziemlich vielen anderen altgriechischen Autoren) ist ewig, ungeworden und unvergänglich ... Gott ist die einzige Komponente dieser Geisteswelt, die zwar als Ursache angenommen werden kann, die aber selbst keine Ursache hat. Und das göttliche wirkt per se nur dort, wo es keine "physikalischen" Erklärungen für einen Vorgang gibt (Wo man also zunächst keine Ursache feststellen kann).
Alles, was eine Ursache hat, hat auch einen Anfang ... und alles, was einen Anfang hat, hat auch ein Ende.
"Gott" ist demnach der "unbewegte Beweger" ... und damit ist alles veränderliche definitiv nicht göttlich.
Da aber "verstehen" für uns vor allem bedeutet, einen Ursache-Wirkungs-Zusammenghang für ein Eregnis angeben zu können, wird streng betrachtet jedes Detail unserer Welt, welches wir verstehen (für das wir also eine rationale Erklärung liefern können) automatisch nichrt mehr Gottes Angelegenheit.
Allerdings schließen sich an jede Erkenntnis auch neue Fragen an ... also gibt es auch immer wieder etwas, das wir nicht verstehen.
Eben genau die Lücke im Wissen, für die wir kulturübergreifend seit Jahrtausenden den Begriff des göttlichen Gebrauchen.
Was "Gott" da macht, verstehen wir zwar auch nicht, aber da wir uns die Götter nach unserem Ebenbild (oder nach Vorbildern aus unserer Umgebung) geschaffen haben, gehen wir nur zu gerne davon aus, dass das göttliche schon wissen wird, was es da tut.
Wenn wir etwas verstehen, ist es OK ... und wenn wir etwas nicht verstehen, ist es genauso OK, davon auszugehen, dass das wohl etwas göttliches Wirken beinhaltet.
Es gibt nämlich eine Weitere Besonderheit beim Glauben ... der Gläubige möchte seinen Gott erfahren ... er sucht nach ihm ... und oft genug findet er dabei eben nicht das göttliche, sondern nur, dass die Beobachtung halt doch ganz normal naturwissenschaftlich erklärbar ist.
Aus Sicht des Gläubigen ist das allerdings nur dann eine Enttäuschung, wenn er nichts Unerklärliches mehr findet, dem er das Etikett "göttlich" anheften kann ... zum Glück ist die Gefahr relativ gering, da es Letztbegründungen in einer Welt aus Ursache-Wirkungs-Zusammenhängen eben nicht geben kann.
In sofern ist der Rückgriff auf "Gott" auch eine Art Joker ... denn er ermöglicht den willkürlichen Abbruch eines unendlichen Abstieges zu den "ersten aller Ursachen".
Gott wird uns wohl erhalten bleiben ... auch wenn wir dann irgendwann glauben zu wissen, was vor dem Urknall war, in welches Medium unser Universum expandiert oder was auch immer, wird sich wieder die Frage nach der Ursache stellen ... denn nur die Wirklung zu beschreiben, das reicht Menschen nunmal nicht.
Gott ist mMn eine zwingende Folge aus unserem Denken nach dem Prinzip "Ursache und Wirkung". Denn dieses Denken bringt uns eben immer nur bis zu einem gewissen Punkt ... allerdings ist uns dabei stehts klar, dass es jenseits dieses Punktes noch Vorgänge geben muss ... unsere eigene Imperfektion ist uns stehts bewusst.
Und seit mindestens 2500 Jahren kann uns auch klar sein, dass Gott ganz sicher nichts ist, welches sich in diesem Denken beschreiben, erklären oder verstehen lässt.
In einem Denken, welches jeder Ursache eine Wirkung zuordnet und Wirkung ohne Ursache nicht zulässt, hat etwas göttliches einfach keinen Platz ... denn das ist nur Ursache, zeigt Wirkung, kann aber selbst eben nicht als Wirkung einer Ursache gelten.
Der Versuch, "das göttliche" naturwissenschaftlich zu fassen, kann mMn nur scheitern.
Eine psychologisch, pädagogisch oder soziologisch beschreibbare Komponente ist das göttliche allerdings alle mal ... denn dass Religion und Glaube in unsere Welt Wirkungen entfalten, kann niemand bezweifeln.