tek9 schrieb:
Den ersten Punkt finde ich ziemlich eigenartig. Inwiefern sind größere Zielgruppen als problematisch anzusehen? Ich hoffe doch mal das hier zu später Stunde schlichtweg unglücklich formuliert wurde.
Kurz: Ich sehe einen ähnlichen Fall wie bei der Death Space Reihe, die mit jedem Titel "einfacher" wurde und ihre Wurzeln vergessen hat aka vom Horror-Survival-Shooter mit einem neuen "komplexen" Kampfsystem zum
0815 Shooter mit Farm-Inhalten.
Während die Verkaufszahlen in DS2 noch sehr gut waren, allein weil man dank vereinfachter Mechaniken eine größere Zielgruppe erreichte, hat man mit DS3 gleich den Overkill in der Simplifizierung geschaffen und mit Farm-Inhalten noch eins draufgesetzt.
Lang:
Nachdem ich in dem anderen Thread hier im Forum meinen dortigen Beitrag nochmal durchgelesen hatte, musste ich nocheinmal etwas nachdenken über die Qualität von Morrowind, Oblivion, Fallout 3 + 4, sowohl hinsichtlich technischer als auch spielerischer Natur und das ganze in Relation zu Fallout 76.
Hinsichtlich der Technik waren Morrowind und Oblivion damals im RPG schon Top-of-the-Line, trotz zahlreicher Bugs (allen voran Oblivion). Beide Titel warteten jedoch mit einer riesigen Welt in einer sehr guten Optik mit recht aktuellen, teils sogar neuen, Techniken auf (DX8 Wasserdarstellung in Morrowind, HDR Beleuchtung in Oblivion).
Inhaltlich wurde der Spielerschaft in beiden Titeln auch sehr viel geboten, trotz das Oblivion gegenüber Morrowind vereinfacht wurde (heute würde man es wohl eher als "streamlined" bezeichnen, die langen Texte, so gut sie stellenweise in Morrowind waren, rissen einen immer wieder aus dem Spielfluss und boten wenig "filmische" Spielerfahrungen).
Und hier setzt der Gedankengang von mir bezüglich des Erreichens größerer Zielgruppen an und warum das eine negative Auswirkung haben kann. Fallout 3 selbst war in Relation zu Fallout 1/2 auch ein eher reduzierter Titel hinsichtlich des Gameplays etc., bot dafür aber eben das seit Morrowind entwickelte Gameplay und Dank 3D Grafik eine sehr dichte Atmosphäre, trotzdem gab es hier schon Vereinfachungen (Skill-System, je nach persönlicher Vorliebe weniger RP Möglichkeiten) die sich mit Skyrim fortgesetzt haben (MMO-artige Quests, Skillsystem noch weiter vereinfacht).
Das war alles bis einschließlich Skyrim aber nicht wirklich ein Problem. Alle Titel hatten bis einschließlich Skyrim technische Probleme, allen voran bezüglich der Speicherverwaltung. Dass die Spiele ein immer "simpleres" System hatten mag sicherlich auch mit den kürzeren Entwicklungszyklein einhergegangen sein, für Bethesda war das sicherlich ein gern gesehener Faktor, da es die Entwicklung vereinfachte und trotzdem noch gut ankam.
Die Modding Com hat dazu ihren nicht unwesentlichen Beitrag mitgeleistet in dem einfach die immer wiederkehrenden Probleme (Interface als bestes Beispiel) durch Mods schnell gelöst wurden.
Mit Fallout 4 hat man es in meinen Augen, trotz des Erfogls, übertrieben. Das Skillsystem noch stärker vereinfacht, VATS ist seit Fallout 4 eigentlich nur noch ein reiner Aim-Bot, die Questlines, Nebencharaktere etc. wirkte alles nicht mehr so ausgearbeitet wie früher (Mainstory-Lines waren nie Bethesdas Stärke, aber die Nebenstories waren immer recht gut, siehe die Bruderschaft in Oblivion und auch in Skyrim (wobei dort Cicero das ganze mMn getragen hat), in FO4 viel mehr MMO-Quests, Preston lässt Grüßen).
Trotzdem war das alles noch qualitativ ganz okay bis gut und bot viel Inhalt.
Fallout 76 hingegen ist nochmal simpler. VATS ist noch mehr ein Aimbot, der meist nicht mal richtig funktioniert oder wenn doch, dann völlig OP. Das Gunplay, was in Fallout 4 mehr auf Shooter angepasst wurde, ist für ein PVP orientierten Modus zu simpel gestrickt. Dazu fehlen wirklich "Quests". Enviroment Storytelling ist ganz okay, blos nicht, wenn fast das gesamte Spiel daraus besteht. Mit zu interagierende humanoide NPCs, Story-Skript-Events, Zwischensequenzen etc. lassen sich damit nicht ausgleichen. Auch das World Design, immer eine sehr große Stärke von Bethesda und auch in Fallout 76 gut gemacht, täuscht über diese Shortcommings nicht hinweg.
Wenn man dann noch eine Ebene tiefer geht und den MMO/Online-Teil näher betrachtet, dann wird das noch problematischer. Es gibt zu wenig Interaktions-Möglichkeiten für die Spieler untereinander, der Basis-Bau ist stellenweise bisher sinnfrei und problematisch, PVP ist in seinem Aufbau und Möglichkeiten beschränkt und/oder zu simpel.
Insgesamt geht Fallout 76 zu viele Kompromisse ein, um eine möglichst Große Zielgruppe anzusprechen. Das alles ist unabhängig von der technischen Qualität. Hätte Bethesda schlicht Fallout 4 genommen oder Fallout 76 mit den Inhalten eines Fallout 4 gefüllt, es etwas komplexer gemacht, und nicht versucht auf den kleinsten gemeinsamen Nenner aufzubauen, die Community hätte Fallout 76 trotz seiner technischen Probleme weitaus wohlwollender aufgenommen, eben wie alle früheren Titel von Bethesda.
So ist halt nun die Frage, was wirklich schief gelaufen ist.
Wohlwollend könnte man sagen, dass Bethesda Gameworks einfach zu überlastet ist mit der Menge an zu bewerkstelligten Titeln.
Misswollend könnte man sagen, dass Bethesda Gameworks einfach mit wenig Aufwand möglichst Viel Umsatz generieren wollte, dabei schlicht die kombinierten Merkmale, die bei vergangenen Titeln sie so besonders machten, missachtet hat und die "wir kommen schon damit durch, bisher hats doch auch immer geklappt" Schiene versucht hat.
Persönlich tendiere ich, mit Blick auf die letzten Jahre der Branche, zu einer Kombination aus beidem.
Ich hoffe nur, dass man bei Bethesda Gameworks endlich daraus lernt, allein mit Blick auf The Elderscrolls VI.
Was das "man kann doch trotzdem Spaß haben" angeht: natürlich. Ich selbst hatte auch mit dem
Game of Thrones RPG meinen Spaß, trotzdem würde ich dieses Spiel niemals jemanden empfehlen, weil es mit Blick auf die Konkurrenz einfach zu viele Schwächen hat (Grafik, Gameplay, Klassensystem).
Hier muss sich Fallout 76 allein seines Namens wegen am Gameplay/Inhalt von Fallout 3/NV/4 messen und zusätzlich an den anderen Survival-Platzhirschen auf dem Markt. Und dabei schwächelt Fallout 76 in beiden Bereichen stark.
Aber wie gesagt: man kann damit trotzdem Spaß haben, man sollte das ganze nur nicht als ein gutes Spiel einstufen, ähnlich wie bei B-Movies/Trash-Movies.