dominion1 schrieb:
Die Rechtsprechung selbst - nicht der Gesetzgeber - wird die Voraussetzungen der Unbilligkeit unter Zugrundelegung dieses Gesetzes neu bewerten müssen und eine neue Wertung etablieren müssen.
Beschäftige dich mal damit, wie das Abmahnunwesen wirklich funktioniert. Der Witz daran ist ja gerade, dass das gar nicht vor Gericht geht.
Ich weiß, das ist für einen Anwalt schwer nachzuvollziehen, aber die meisten normalen Menschen schrecken davor zurück, vor Gericht zu ziehen. Es kostet Zeit und Nerven und nicht zuletzt Geld. Schon sich durch einen eigenen Anwalt beraten zu lassen, wird schnell teurer als die Abmahnsumme.
Genau das nutzen die Abmahnanwälte aus.
Die "Rechtssprechung" hat also gar keine Gelegenheit dazu, darüber zu entscheiden, ob die Ausnahmeregelung im Einzelfall greift oder nicht. Die Opfer bezahlen die willkürlich Forderung des Abmahners schon vorher ohne Widerstand, um eben nicht vor Gericht gezerrt zu werden.
Ein Abmahnbrief ist nichts anderes als eine legalisierte Form der Erpressung, bei der darauf spekuliert wird, dass das Opfer sich nicht wehrt. Nur dadurch werden die Massenabmahnungen erst profitabel.
Oder anders herum gesagt, wenn ein Abmahnopfer es doch auf das Gerichtsverfahren ankommen lässt und nicht widerstandslos zahlt, ist die Masche schon in dem Augenblick gescheitert. Egal, wie am Ende das Urteil ausfällt. Meist (aber eben auch nicht immer) werden die Drohungen aus der Abmahnung deshalb auch gar nicht erst wahr gemacht.
Deshalb ist das Gesetz in dieser Form mit seiner Ausnahmeregelung völlig wertlos gegen das organisierte Abmahnunwesen.
Übrigens ist es eine mehr als bedenkliche Entwicklung, dass der Gesetzgeber besonders im Bereich der Urheberrechte immer schwammigere Gesetze erlässt und die Richter müssen dann entscheiden, was man daraus machen soll. Stichwort z.B. "gewerbliches Ausmaß" oder auch das Leistungsschutzgesetz.
Da ist man fast geneigt den Aluhut aufzusetzen und zu vermuten, dass da böse Absicht hinter steckt. Denn die daraus entstehende Rechtsunsicherheit ist ein wunderbar Nährboden für die Abmahnindustrie.
Der Gesetzgeber soll gefälligst seinen Job machen und klare Grenzen definieren. Man kann doch nicht Gesetze so schwammig formulieren, dass man immer erst am Ende eines Gerichtsprozesses (gar durch alle Instanzen) weiß, ob man das Gesetz nun gebrochen hat oder nicht! Wie soll man als Bürger denn so jemals vor den Abmahnern sicher sein?