Was er [der Investor] tun sollte, ist diese Kontrolle, die er über den Ablauf des Prozesses hat, gut nutzen. Und zwar im Sinne von "gut für alle Beteiligten" anstatt "so gut wie möglich für die eigene Bilanz".
Denn die globalisierte Wirtschaft … zieht unter anderem mal (materielle und Human-)Ressourcen aus Afrika ab.
Du sprichst von Rohstoffen, die unter Wert aus den Entwicklungsländern exportiert werden und von Beschäftigten, die unter Wert bezahlt oder anderweitig ausgenutzt werden. Die Rohstoffpreise kommen entweder auf internationalen Börsen zustanden (Blumen, früher auch Kaffee) oder werden zwischen den Produzenten (bzw. ihren Vertretern) und den Abnehmern verhandelt. Weiter oben gab es das Beispiel mit Starbucks und den Kaffeebohnen aus Äthiopien, bei dem die Kaffeebauern trotz vorhandener Genossenschaft scheinbar über den Tisch gezogen werden. Das ist eine Frage der Preisbildung am Markt und eine Frage des Machtverhältnisses zwischen Angebot und Nachfrage. Wir können uns hierzulande auch nicht den Ölpreis aussuchen, sondern müssen das Rohöl zu den Preisen einkaufen, zu denen es angeboten wird. Auf manchen Märkten bekommen die Lieferanten aber scheinbar nicht die Marktmacht zusammen, um entweder das Angebot künstlich zu verknappen oder um die Preise zu diktieren. Das ist eben Marktwirtschaft.
Bei dem zweiten Punkt, der Bezahlung von Arbeitskräften, sehe ich mich persönlich kaum in der Lage, ein qualifiziertes Urteil abzugeben. Dabei lenke ich den Blick vorab einmal auf Deutschland. In einem der anderen Threads hier im Forum geht es um Mindestlöhne. Da beschweren sich manche darüber, dass gering qualifizierte Arbeitnehmer, die in gering qualifizierten Jobs arbeiten, zu wenig verdienen würden. Bezogen auf viele Entwicklungsländer sprechen wir nicht selten von Analphabeten, also von Leuten, für die es nach unserem Verständnis im Berufsleben so gut wie überhaupt keine Verwendung gibt.
Zudem herrscht in diesen Ländern zugleich noch ein ausgeprägtes Überangebot an Arbeitskräften. In welche Richtung bewegen sich dann wohl die Löhne? Hinzu kommt, dass selbstverständlich die örtlichen Lebensstandards und Lebenshaltungskosten in die Bewertung einfließen müssen. Wenn in einem Land das durchschnittliche Jahreseinkommen bei lediglich 600 Euro liegt, dann liegt es für einfache Arbeiter sicher noch einmal deutlich darunter. Und wenn so jemand 300 Tage im Jahr arbeitet, weil das landestypisch ist und mit 300 Euro nach Hause geht, dann mag das für uns eine Zumutung sein. Für den Arbeitnehmer, der so einen Job hat, mag es dagegen reichen, um die ganze Familie durchzubringen. Das muss man im Einzelfall genau hinschauen.
Ich habe weiter oben (#42) sogar ein Beispiel dafür gebracht, warum eine „zu hohe“ Bezahlung durch ausländische Arbeitgeber sogar Schaden anrichten kann.
Mit dem 'vielwertigen' West-Kapital können sich unsere Konzerne Land und Fabriken kaufen. Und wenn natürlich alles den Konzernen gehört, bleibt den Arbeitern der Dritten Welt nichts anderes mehr übrig als für diese Konzerne zu arbeiten
Ok, die Entwicklungsländer öffnen also ihre Märkte und die ausländischen Firmen drängen in das Land. Aber wer entscheidet darüber, unter welchen Bedingungen dies geschieht? Das sind doch die Entwicklungsländer selbst! Wenn ein Land wie Nigeria große Ölvorkommen hat, dann ist die Regierung nicht dazu gezwungen, die Förderrechte zum Spottpreis an die Ölmultis zu verscherbeln und tatenlos mit anzuschauen, wie die Umwelt verschmutzt wird. Aber genau solche Sachen sind passiert. In Deutschland müssen die Unternehmen auch an die Leine genommen werden, was man über Gesetze regelt. Wenn man woanders ähnliche Schranken haben möchte, dann müssen entsprechende gesetzliche Regelungen verabschiedet oder Vereinbarungen getroffen werden.
Zum Getreide: Die Überproduktion im Westen hilft den Entwicklungsländern nicht wirklich, weil diese Güter zu teuer für sie sind. Andererseits produzieren die allermeisten Entwicklungsländer aber selbst nicht genug, um die eigene Bevölkerung zu versorgen. Daher haben sie gar keine Exportkapazitäten übrig. Ein Hemmnis ist der politische Wille, bei der Getreideproduktion autark zu sein, zumindest innerhalb der westlichen Staaten.
Um mal kurz abzuschweifen: In der Energiepolitik wäre es kein allzu großes Problem, wenn man in der Sahara die Energie der Sonne nutzen würde, um dann den dort erzeugten Strom über Leitungen auf dem Boden des Mittelmeeres nach Westeuropa zu transportieren. Dann könnte man sich den ganzen Zirkus um Atomkraft oder Windenergie und Sonnenenergie bei uns klemmen. Aber man will in der Energiepolitik um keinen Preis noch abhängiger oder erpressbarer werden!
Einfach zu sagen "Pech für die Afrikaner, gut für unser Unternehmen" ist doch keine Haltung, wenn ein eigenes Unternehmen die Situation in krimineller Weise ausnutzt.
Schön und gut. Aber es ist noch gar nicht so lange her, dass Bestechungsgelder steuerlich abgesetzt werden konnten. Die deutsche Politik hat ganz bestimmt kein Interesse daran, dass der eigenen Exportwirtschaft Steine in den Weg gelegt werden. Deshalb sind die Exportkartelle erlaubt. Änderung ausgeschlossen, würde ich sagen.
Zudem kommt ja noch, dass einige dieser Korrupten Regierungen sogar durch Westliche Intervention an die Macht gehievt wurden
Selbstverständlich war das so üblich. Erstens ist die Kolonialzeit noch nicht ganz so lange her, zweitens bot der Kalte Krieg immer wieder einen Anlass, die Geschicke in fremden Ländern zu beeinflussen. Sogar der Vormarsch des Islam in Afrika taugt als Grund, um gegenzusteuern. Heute steht der Westen vor dem Problem, dass China absolut keine Skrupel hat, mit Diktatoren oder Militärmachthabern über Rohstoffe zu verhandeln, die auch mal gerne mit (alten) Waffen bezahlt werden. Die westliche Welt kann heute offiziell nicht länger auf diese Weise agieren, weil ihr sonst die NGOs die Hölle heiß machen würden, was wiederum schädlich für die nächsten Wahlen wäre
Über Mindestlöhne brauchen wir nicht streiten, weil ich aus den Gründen dagegen bin, die ich in dem gleichnamigen Thread dargestellt habe: Mindestlöhne, die über dem Marktpreis liegen, führen zwangsläufig zu mehr Arbeitslosigkeit.
Hier im Westen ist verdammt viel Kapital vorhanden, womit wir diese Anpassungsprobleme ein Stückweit 'abfedern' können, dass dies die Entwicklungsländer so einfach können, kannst du auch nicht einfach annehmen.
Das ist wohl wahr. Aber die Entwicklungsländer stecken vor allem deswegen in der Zwickmühle, weil sie trotz ihrer hohen Verschuldung neue Kredite haben wollten. Nur deswegen haben Organisationen wie die Weltbank und die WTO die Öffnung der Märkte verlangt.
Die Subventionen, die Du ansprichst, gehen mir ebenfalls auf den Wecker. Sie behindern eben sehr stark die Marktanpassungen, wie man beim Schiffsbau und beim Bergbau in Deutschland gesehen hat. Das ist reine Geldverschwendung, weil man nur Symptome bekämpft. Der Wandel muss irgendwann ohnehin durchgeführt werden, weil die Grenzen offen sind.
Und noch ein Punkt, der gerne ausgeklammert wird. Im kleinen Kreis (z. B. G 8) ist man doch heilfroh darüber, dass wir, also die Industrieländer, diesen riesigen Vorsprung vor den Entwicklungsländern haben. Sie haben niedrige Lohnniveaus und ermöglichen unseren Firmen eine kostengünstige Produktion. Wir haben doch einzig und allein Angst davor, dass die EU-Außengrenzen dem stetigen Ansturm der Massen nicht gewachsen sein könnte, der wiederum eine Gefahr für unseren Wohlstand darstellen würde. Aber das nur ein böser Gedanke von mir, den ich an dieser Stelle niemals verlauten lassen würde.
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Auf Phoenix läuft gerade eine kleine Diskussionsrunde zum Thema Afrika. Eines der angesprochenen Themen war die Bildung, wobei einige interessante Aspekte zur Sprache kamen. So wurde von der Gründung einer Elite-Universität in der Republik Malawi berichtet, an der weiße Professoren lehrten. Das Problem war, dass die begehrten Absolventen durchwegs Jobs außerhalb Afrikas annahmen und das ausbildende Land gar nicht von ihnen profitieren konnte.
Im Zusammenhang damit wurde bemängelt, dass afrikanische Uni-Absolventen, die eine Weile in den USA oder in Europa waren bzw. dort ausgebildet wurden, anschließend gar nicht unbedingt in ihren Heimatländern willkommen sein müssen. Erstens stellen sie eine Konkurrenz für die einheimischen Akademiker dar, zweitens sind sie ein potenzieller Unruheherd, weil sie europäisches bzw. amerikanisches Gedankengut mit ins Land bringen und daher z. B. als zu stark europäisiert gelten.
Selbst wenn ein afrikanischer Ingenieur mit Europa-Erfahrung sich entschließen würde, in sein Heimatland zurückzukehren, um dort ein Unternehmen aufzubauen, mangelt es vor Ort meist an den notwendigen Rahmenbedingungen. Wer in Europa bereits gutes Geld verdient hat, will in Afrika zudem nicht beim Lebensstandard ins Bodenlose fallen. Und noch ein Punkt erschwert Investitionen in Afrika ungemein: Es fehlen ausgebildete Arbeitskräfte (mit Berufserfahrung) in praktisch allen Bereichen. Dieser Mangel wird teilweise dadurch verstärkt, dass in manchen Ländern ausgebildete Fachkräfte (Krankenschwestern) vom Ausland abgeworben werden.
Insgesamt sind das nicht die besten Voraussetzungen.