Der Weitblick im Computerbaseforum ist ja schon legendär. Es ist sehr einfach, dieses Gerät als Fehlentwicklung zu bezeichnen (wer jünger ist als 20, darf auch gerne "Fail" sagen).
Nun ist Google aber nicht bekannt dafür, dauernd Mist zu entwickeln, also was soll dieses Gerät? Es ist ein Vorzeigeprodukt, das sagen will "Hey, kuckt mal, wir können auch anders!".
Als User hat man heute grob die Auswahl zwischen Windows und OS X. Selbst Ubuntu als erfolgreichstes Linux Derivat erreicht keine nennenswerten Marktanteile. ChromeOS hat das Potenzial, in diese Welt einzudringen und das liegt an verändertem Nutzungsverhalten. Wenn ich meinen Rechner hochfahre, starte ich zu allererst den Browser. Überhaupt nutze ich zu 90% der Zeit am Rechner den Browser, sei es zur Informationsbeschaffung, Unterhaltung oder Kommunikation. Von externen Programmen habe ich mich weitestgehend getrennt, weil diese über meinen verschiedenen Geräte hinweg schlicht zu schwierig zu warten und synchronisieren sind.
Spontan fallen mir aber immer noch fast ein Dutzend Programme ein, die ich dauernd benötige, etwa Dropbox, Evernote, Office, VLC, Wunderlist, Winrar, Spotify und ein paar andere. Einige davon liessen sich problemlos im Browser abbilden, andere wieder nicht. Ich halte mich da für einen typischen Nutzer, denn ich programmiere zu Hause nicht, ich bearbeite nicht hobbymäßig Videos oder Bilder, sondern ich bin ein Freizeitnutzer mit Komfortwunsch. Und von denen gibt es viele.
Google hat ein OS entwickelt, das sich vom Browser aus dem Nutzer nähert. Der Browser ist hier kein Programm mehr, er ist das System selbst. Es ist von all dem Ballast befreit, den Systeme wie Windows, OS X und Linux mit sich bringen. Keine Netzwerkkonfiguration, keine Benutzerrechte einstellen, keine DLLs, Pakete, Updates planen, Treiber installieren oder Virenscanner überwachen. Google schneidet all das Fett rund um das System weg, das viele User nie zu sehen bekommen (wollen).
Das ist natürlich nicht im Sinne der hiesigen Freizeitnerds. Ein System, welches einfach so von selbst läuft, macht keinen Spaß mehr. Ja, es beschränkt natürlich auch, viel mehr als andere, weil man nicht mehr programmieren, spielen, designen, entwickeln und arbeiten kann.
Wobei, selbst Microsoft Office läuft mittlerweile im Browser, mein Emailprogramm ebenfalls, mein Kalender, mein Notizprogramm, Videos in YouTube, Musik und so weiter. Es wirkt aber in Teilen noch alles zu langsam, Offlinemodi fehlen, Angst um die eigenen Daten und so weiter. Google hat das Chromebook Pixel entwickelt, um Entwicklern zu demonstrieren, dass ChromeOS kein Experiment ist, sondern man wie bei Android alles tun wird, um es zu etablieren.
Dieses Gerät mag jetzt total anachronistisch wirken, weil man außer im Internet zu surfen damit nicht viel machen kann, aber es wird seine Wirkung bei Microsoft und Apple nicht verfehlen. Gerade Microsoft sollte es zu denken geben, dass ein enorm finanzkräftiger Konzern da wieder ein Betriebssystem verschenkt und man dagegen nichts tun kann. Es werden einige taiwanesische OEMs ChromeOS einsetzen, HP plant ebenfalls ein Gerät, nun das Chromebook Pixel. Das ist kein Strohfeuer, sondern ein Angriff auf die etablierte Betriebssystemwelt.
Viele belächeln das. Noch.