Grundgesetz Artikel 146 ?

Eine direkte Demokratie funktioniert nur solange wie es kein Volk gibt.
Nehmen wir nur das beispiel Euro. Trotz aller Unkenrufe, die man mal hier, mal da vernimmt, ist der Euro ein Erfolgsmodell, was vermutlich in einer direkten Abstimmung abgelehnt worden wäre. Ein Großteil des wirtschaftlichen Erfolgs Deutschlands (Stichwort: Exportweltmeister) geht auf die Einführung des Euro zurück. Seit dem Euro gibt es die niedrigsten Inflationsraten.

Das grundgesetz engt die Freiheiten doch kaum ein, da es nach Kants Imperativ gestaltet wurde. D.h. es engt dort den einzelnen ein, wo dessen handeln die Freiheit eines anderen eingrenzen würde.

Als Verfassung wird das zentrale Rechtsdokument oder der zentrale Rechtsbestand eines Staates, Gliedstaates oder Staatenverbundes bezeichnet. Sie regelt den grundlegenden organisatorischen Staatsaufbau, die territoriale Gliederung des Staates, die Beziehung zu seinen Gliedstaaten und zu anderen Staaten sowie das Verhältnis zu seinen Normunterworfenen und deren wichtigste Rechte und Pflichten.
Quelle Wikipedia

Das GG ist de facto eine Verfassung mit anderem namen.
Der art. 146 ist ins GG als Symbol gekommen, dafür, dass die Wiedervereinigung Deutschlands ein festes Ziel Deutschlands darstellt. Mehr aht dieser Artikel nicht zu bedeuten, lediglich eine abstrakte Zielformulierung mit Symbolcharakter.

In vielen anderen Ländern sind im übrigen Verfassungen viel konkreter formuliert und viel schwerer zu ändern, was große Probleme beschert. Schau dir die USA an, wo es ein haufen Verfassungszusätze gibt, weil man die ursprüngliche Verfassung nicht ändern konnte.
 
Ja genau:

Verfassung bezeichnet die meist in einer Urkunde niedergelegte Grundordnung eines politischen Gemeinwesens (z.B. das GG). Diese Grundordnung gilt vor und über allem anderen staatlich geschaffenen Recht, sie legt die Grundstruktur und die politische Organisation des Gemeinwesens (z.B. des Staates) fest, regelt das Verhältnis und die Kompetenzen der (Staats-)Gewalten untereinander und enthält die (Freiheits- und) Grundrechte der Bürger und Bürgerinnen.

Quelle Bundeszentrale für politische Bildung

Ich weiß nicht, wenn das nur symbolisch gemeint ist, dann kommt mir das wie ein symbolischer Tritt in den Hintern vor. Naja, ich dachte, man könnte es etwas besser haben...
 
Man muss ja den historischen Kontext betrachten. Eine Absichtserklärung zur Wiedervereinigung ins GG aufzunehmen war eine bedeutende Tat, weil man damit jeder Regierung die Pflicht auferlegt hat alles für eine Wiedervereinigung zu tun, was zum jeweiligen Zeitpunkt möglich war.
Ohne diesen Artikel hätte man ja nach dem Fll der mauer 19989 die DDR sich selbst überlassen können, sie hätte ja als eigener Staat mit neuer Ordnung weiterbestehen können, dass hätte der BRD viele probleme und viel Geld erspart, aber nein man WOLLTE die Wiedervereinigung und vorallem man MUSSTE sie durchsetzen.
 
zum Autor:
(...)Er hat sich auf Umwelt- und Verbraucherrecht spezialisiert (...)

Er ist nichtmal Verfassungsrechtler und vermutlich einer der ewig Linken von Gstern, aber ist auch egal.
Man sollte sich seine eigene Meinung bilden und ich bin mir absolut sicher, dass eine Verfassung kaum anderes aussehen würde, als das jetzige GG, nur mit neuem Namen.
Das GG ist sehr offen formuliert und erlaubt ausreichend großen Interpretationsspielraum, weshalb in Deutschland auch das Verfassungsgericht eine so hohe Bedeutung hat. Selbst die neue EU-Verfassung, die ja nun neu geschaffen wird orientiert sich stark am GG.
Mit inkrafttreten einer EU-Verfassung wird diese Diskussion eh obsolet.

Ich habe mir mal eben den Spaß gemacht und völlig willkürlich einige Artikel des GG gelesen und ich habe spontan nur welche gefunden, die mir Rechte einräumen und nicht mich einschränken.
 
Ich denke, eine vom Volk verabschiedete Verfassung würde schon anders aussehen. Leider finde ich jetzt zur Zeit nicht mehr die Seite (hatte kein Lesezeichen gemacht), wo sich Leute mit Änderungen für eine Verfassung beschäftigt hatten. Anhand einer EU-Verfassung könnte man auch sehen, das das ganze einfach umgangen wird.
 
Eigentlich ein interessanter Diskussionsansatz, der leider nur vollkommen oberflächlich und in meinen Augen teils mit haarsträubenden Ansätzen diskutiert wird.

space schrieb:
Anhand einer EU-Verfassung könnte man auch sehen, das das ganze einfach umgangen wird.

Es ist falsch. Im Zuge des Maastrichturteils hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass EU-Recht zwar über deutschen (Verfassungs-)recht stehen kann aber es hat gleichzeitig auch formuliert, dass das EU Recht sich mindestens an den Maßstäben der deutschen Grundrechtsordnung (in erster Linie Artikel 1-19 GG) messen muss.

Sprich: Die EU Verfassung ist legitim und es ist in Ordnung wenn zukünftig Verfassungsfragen vor dem Europäischen Gerichtshof geklärt werden. Doch all das nur so lange die EU-Verfassung im wesentlichen die gleichen Rechte garantiert die unsere Verfassung beinhaltet.

Es ist also falsch zu sagen, dass unser Grundgesetz durch die EU-Verfassung einfach umgangen wird. Ein weit verbreiteter Irrglaube.

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Das Grundgesetz ist die Verfassung unseres Landes, für mich besteht daran kein Zweifel. Ob man es nun Grundgesetz nennt oder Verfassung ist in meinen Augen Haarspalterei.

Ja die Allierten haben damals ein Wörtchen mitgeredet bei der Schaffung dieses Regelwerkes. Doch welche ziele verfolgten sie dabei?

- Sie wollten durch die Verfassung verhindern, dass es jemals wieder so etwas wie die NS-Zeit gibt.
- Sie wollten keine allmächtige Bundesregierung.
- Sie wollten eine klare Ausrichtung auf die Menschenrechte.
- Sie wollten ein Deutschland, welches keine Angriffskriege mehr führen darf.

Alle diese Punkte kann ich ohne auch nur einen Zweifel unterschreiben. Und ich denke, dass eine überwältigende Mehrheit der Bevölkerung das genau so sieht.

Die detaillierte Ausformulierung dieser Grundsätze oblag dann den deutschen Volksvertretern. Die beiden Personen die hier den wesentlichen Einfluss gehabt haben (Konrad Adenauer und Carlo Schmid) sowie viele andere Angehörige des parlamentarischen Rates haben das Scheitern der Weimarer Republik selbst erlebt und waren somit durchaus in der Lage die Fehler von Damals bei der ausformulierung des Grundgesetzes zu berücksichtigen.
Die Väter und Mütter des Grundgesetzes sind diese 65 Menschen und nicht die Alliierten Besatzungmächte. http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Mitglieder_des_Parlamentarischen_Rats

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Was ist das Grundgesetz heute?
- Es scheint ein Garant für ein stabiles Staatswesen zu sein.
- Es garantiert den Bürgern eine Vielzahl von Rechten die sich innerhalb der letzten 60 Jahre nicht geändert haben.
- Es zeichnet sich durch seine "Flexibilität" aus und gestattet es dem Verfassungsgericht bei seinen Entscheidungen auch die gesellschaftliche Entwicklung zu berücksichtigen.
Beispiel: Anfangs urteilte das BVerfG, dass die Bestrafung von Homosexualität rechtens sei. Heute urteilt es darüber vollkommen anders.​
- Es setzt der Regierung eine sehr wachsame Kontrollinstanz vor die alles andere als Wehrlos ist (Das Bundesverfassungsgericht).
- Es lässt im Grunde fast alle erdenklichen demokratischen Staatssysteme (bis hin zum milden Sozialismus) zu.
- Es definiert die Würde des Menschen als unantastbar.
- ...

Nicht zuletzt war das Grundgesetz Vorbild für viele Verfassungen von jungen Nationen die sich auf dem Weg hin zu einer freiheitlichen Demokratie bewegen (Beispiel Südafrika).

Ich sehe keinen Grund an unserem Grundgesetz zweifel zu hegen. Ich bin froh, dass wir es in der Form haben die heute auf Papier geschrieben steht.
 
Danke für etwas Aufklärung, einiges war mir bewusst, anderes nicht. Ich bin auch froh, das wir das GG haben. Dieser Artikel 146 hat einfach mein Interesse geweckt, im Internet findet man darüber die unterschiedlichsten Meinungen.
 
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Konkret zu dem Artikel 146 GG:

Diese Klausel ist in einer Zeit entstanden, als sich noch keiner ernsthaft vorstellen konnte, dass die Teilung Deutschlands ganze 40 Jahre anhalten würde. Man ging davon aus, dass die Differenzen zwischen den Siegermächten innerhalb weniger Jahre beigelegt würden und man dann ein vereintes Deutschland schaffen könne.
Natürlich, so dachte man, wäre es in dem Zuge sinnvoll eine neue Verfassung zu formulieren denn es würde ja auch ein neuer Staat geschaffen werden.

Doch alles kam eben anders. Man kann von unseren Regierungen halten was man will, aber West-Deutschland war in den Jahren nach dem Krieg nun einmal sehr erfolgreich und die Bürger gewannen schnell an Lebensqualität.
Das festigte eben auch den Staat und somit wurde aus dem einstmaligen Provisorium mehr und mehr eine Dauerlösung. Warum sollte man auch was Ändern? Es lief ja alles recht gut.

Nach dem Fall der DDR stand es ja eigentlich kaum noch zur Debatte an den Gesetzen Westdeutschlands etwas zu ändern. Schließlich hatte sich das Grundgesetz und die darauf aufbauenden Gesetze über die Jahre bewährt.

Man darf ja auch nicht verkennen, was es bedeutet einem Staat auf einmal eine vollkommen neue Verfassung zu geben. Unter Umständen muss in Folge dessen die gesamte Gesetzgebung angepasst werden und ziemlich viel kann durcheinander geworfen werden.

Also beließ man einfach alles beim alten.

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Zum rechtlichen:

Artikel 146 GG schrieb:
Dieses Grundgesetz, das nach Vollendung der Einheit und Freiheit Deutschlands für das gesamte deutsche Volk gilt, verliert seine Gültigkeit an dem Tage, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist.

Der erste Teilsatz besagt lediglich, dass nach der Einigung Deutschlands dieses Grundgesetz für die gesamte Bevölkerung Deutschlands gelten soll. Es bedeutet nicht, dass durch die Einigung das Grundgesetz in irgendeiner Art und Weise in Frage gestellt wird.

Der zweite Teilsatz besagt, dass das Grundgesetz seine Gültigkeit verliert, wenn das deutsche Volk in freier Entscheidung eine neue Verfassung beschließt. So lange bleibt das Grundgesetz oberste Rechtsinstanz, also de Facto eine Verfassung.

Nun kann natürlich irgendwann die Bestrebung da sein, dass Grundgesetz durch eine neue Verfassung abzulösen. Doch diese Bestrebung muss eben vom Volk selbst kommen.
Wie könnte das Aussehen?
Es könnte z.B. so ablaufen, dass das Volk lauthals eine neue Verfassung fordert. Dem müssten aber wohl Demonstrationen mit Millionen an Teilnehmern voraus gehen um überhaupt erst einmal einen Protest zu schaffen der auch für die Politik als verbindlich angesehen werden kann. Durch den Druck des Volkes wäre das Parlament wohl gezwungen sich mit dieser Thematik auseinander zu setzen.

Doch dann kommt eben die Frage, wie eine neue Verfassung formuliert und nach welchen Modalitäten die Abstimmung erfolgen soll. All das wäre Neuland und müsste erst einmal definiert werden.

Aber all diese Bestrebungen gibt es eben nicht. Das deutsche Volk scheint in sehr großen Teilen mit der Verfassung zufrieden zu sein und somit ist dann auch erklärt, warum der zweite Teilsatz von Artikel 146 nicht greift. Das Volk will anscheinend keine neue Verfassung.

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Zur EU Verfassung:

Auch hier gibt der Artikel 146 einen Hinweis auf die Stellung der EU Verfassung im deutschen Verfassungsrecht. Er besagt, dass das Grundgesetz nur dann an Gültigkeit verliert, wenn das deutsche Volk eine neue Verfassung beschließt. Da es in Deutschland zu der EU Verfassung keinen Volksentscheid gab und niemand persönlich gefragt wurde ob er dieses Gesetzeswerk als Verfassung will bleibt das Grundgesetz weiterhin gültig.

Und jedes andere Gesetz (auch die EU Verfassung) muss sich in den Kernpunkten an unserem Grundgesetz (im speziellen den Grundrechten) messen lassen können.

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Zur Entstehung des Grundgesetzes:

Wer sich darüber aufregt, dass unser Grundgesetz vom einem "nicht legitimierten" parlamentarischen Rat ausformuliert wurde und es darüber keinen Volksentscheid gab, der soll einfach mal in der Welt herum schauen.
Es ist nicht unbedingt üblich, dass Verfassungen von vorher gewählten Vertretern des Volkes ausgearbeitet und dann hinterher dem Volk zur Abstimmung übergeben werden.

Eine Verfassung entsteht oft ja nach einem tiefen Einschnitt oder nach der Entstehung eines neuen Staates. Das bisherige Machtgefüge ist zerbrochen und so braucht es neue Verfassung um wieder Recht und Ordnung einkehren zu lassen.

Und gerade in diesem Zustand ist es ja schwer überhaupt zu definieren wie ein vom Volk legitimiertes, die Verfassung formulierendes Organ aussehen soll und wie hinterher über die Verfassung abgestimmt werden soll.


/edit:

Wer etwas Muße hat sich 45 Minuten Bildung im Filmform anzutun, dem sei dieser Beitrag des ZDF angeraten:
http://www.zdf.de/ZDFmediathek/content/In_bester_Verfassung/7TR,RD20090519/758946

Vielleicht etwas viel Pathos aber durchaus auch kritische Aspekte.
 
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Nur kurz, da es ja eigentlich schon Off Topic ist:

Die Umfrageergebnisse sind weniger widersprüchlich als man annehmen mag.
http://www.tagesspiegel.de/medien-ne...t15532,2803141

Bei der ersten Umfrage wurde gefragt, ob die Seiten mit kinderpornographischen Inhalten gesperrt werden sollen. 92% stimmten zu.

Bei der zweiten Frage wurde eine ausschließende Frage gestellt. Die Befragen mussten sich entscheiden, ob sie 1. wollen, dass nichts getan wird, 2. wollen, dass die Seiten nur gesperrt werden oder 3. die Seiten vom Netz genommen werden um so auch über Umwege nicht mehr erreichbar zu sein.

90% der Leute forderten, dass die Seiten vom Netz genommen werden sollen.

Doch diese Antwort bedeutet lange nicht, dass diese 90% gleichsam auch gegen Internetsperren seinen sofern neben dem Ziel der Sperrung auch weiterhin das Ziel des "vom Netz" nehmens anvisiert wird.

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Bei weiteren Diskussionsansätzen bitte in dem parallel laufenden Strang oder per PM.
 
Mal zum Thema "Warum sollte man etwas ändern".
Wie ist das eigentlich z.B. mit der Vorratsdatenspeicherung (Verpflichtung der Anbieter von Telekommunikationsdiensten zur Registrierung von elektronischen Kommunikationsvorgängen, ohne dass ein Anfangsverdacht oder konkrete Hinweise auf Gefahren bestehen.), der Überwachungspolitik, usw. Wenn man davon ausgehen würde, das die Überwachung weiter ausgebaut wird, Könnte man z.B. das Recht auf ein selbstbestimmtes und privates Leben in solch einer Verfassung mehr ausarbeiten ?

http://www.vorratsdatenspeicherung.de/index.php

http://de.sevenload.com/videos/aKxVmSo-Planet-unter-Beobachtung

Edit: Also nur mal so als Gedanke. Ich weiß, wir haben ja Rechte, aber in diesem Fall wurden Sie dann übergangen, oder wie ?
 
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Ist jetzt sicher nicht das beste Beispiel f+r eine neue Verfassung sondern zeigt vielmehr die Stärke des jetzigen Grundgesetzes.

Es gibt ja bereits ausreichend Zweifel, ob die Vorratsdatenspeicherung gegen das grundgesetz verstößt und entsprechend wurde das Verfassungsgericht angerufen, was darüber zu entscheiden hat.
Dass das GG ausgelegt und interpretiert werden kann und muss, zb. durch das Verfassungsgericht, macht das GG zeitlos und kann jeweils den gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und zeithistorischen Kontexten ausgelegt werden. Damit geht aber keineswegs die Orientierungsfunktion verloren und es hat ja jeder Bürger das recht, das Bundesverwaltungsgericht anzurufen und seine Klage vorzutragen.

Auérdem stellt das GG einen Interessenausgleich her. Sicher kann man argumentieren, dass die Vorratsdatenspeicherung einen Eingriff in die Privatssphäre darstellt, ebenso kann man argumentieren, dass es das Leben in einer von Terrror bedrohten Zeit jedem einzelnen mehr Sicherheit gibt und damit auch wieder mehr Freiheit. Aber solche Interpretationen sind Sahe des Verfassungsgerichts.

Aber wer sich ernsthaft Gedanken um seine Daten macht, sollte man schnell seine Payback-Karte, Happy-Digits- und Deutschland-Card wegschmeißen.Denn hier macht sich der Mensch freiwillig zum gläsernen Konsumenten.
 
@space:

Die Persönlichkeitsrechte sind in unserem Grundgesetz, so finde ich, schon sehr weit ausgebaut. Ich kenne kein Land in dem es noch weiter reichende Grundrechte gibt.

In der ersten Entscheidung zur Vorratsdatenspeicherung hat das BVerfG ja schon deutlich gemacht, dass bei diesem Gesetz eine Interessenabwägung statt finden muss. Auf der einen Seite das vollkommen berechtigte Interesse der Behörden gegen Straftaten vorzugehen und auf der anderen Seite das Interesse des Bürgers das Recht auf "informationelle Selbstbestimmung" geschützt zu sehen.


Aktuell scheint es so als ob, wohl auch wegen der Masse der durch die VDS erhobenen Daten, diese nur angewendet werden darf, wenn es um die schwersten Verbrechen geht die unser Strafgesetz kennt.

Nun kann man z.B. überlegen ob es anders ausgesehen hätte wenn im Zuge der VDS lediglich die Speicherung von IP Adresse, Uhrzeit und dazugehörigen personenbezogenen Daten (also: Kunde Mustermann hatte am 19.05.09 um zwischen 19:00 und 20:00 folgende IP Adresse) gespeichert worden wären. Vllt. hätte dann z.B. das BVerfG vollkommen anders entscheiden können.

Es ist übrigens so, dass durch die Rechtssprechung des BVerfG durchaus neue Rechte des Bürgers definiert werden können die zwar nicht den Status eines Artikels des GG haben aber dennoch wie ein Grundrecht angesehen werden können.
Ein Beispiel ist eben das erwähnte Recht auf "informationelle Selbstbestimmung" welches sich aus anderen Grundrechten abstrahieren lässt und vom BVerfG im Zuge des "Volkszählungsurteils" definiert und in folgenden Urteilen immer weiter bestärkt wurde.
http://de.wikipedia.org/wiki/Informationelle_Selbstbestimmung

Auch so kann sich das Grundgesetz weiter entwickeln ohne es direkt umschreiben zu müssen.
 
Ja Ok, das GG hat seine Stärken.
Wenn ich mir mal den Werdergang der Überwachungspolitik naiv anschaue, so wie man es anhand von Nachrichten und Informationen mitbekommt, dann wurde also beim Erstentwurf und des Inkraft treten des Gesetzes 2008 das GG von den Politikern ignoriert ? Im Zuge dieser "Terroristenjagd" werden andere Personengruppen und Internetseiten bereits überwacht (also keine Terroristen) und bekommen Besuch von der Polizei. Es gibt auch anonyme Dienste wie Tor, wo einem Admin der Server von der BKA dicht gemacht wurde (Ohne einer Erklärung seitens des BKA). Und so geht das immer weiter, bis das Verfassungsgericht zu einem Urteil kommt, wobei ja noch nicht abzusehen ist, wie es ausgeht.

Die Wikipediaverlinkung von dir ist ganz interressant: der Vorschlag, ein Datenschutz-Grundrecht in das Grundgesetz einzufügen, welches aber anscheinend bisher nicht die erforderliche Mehrheit fand.
 
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Wieso soll es als Grundrecht aufgenommen werden, wenn der Richterspruch des BVerfG quasi ein neues Recht definiert hat?
Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung leitet sich ja direkt aus den bereits in Artikel 1 und 2 GG definierten Grundrechten ab. Somit wäre es "doppelt gemoppelt" wenn man hier noch einen weiteren Artikel einfügen würde.

Es geht mir darum nicht ständig an der Verfassung herum zu doktern sondern vielmehr die Rechtssprechung des BVerfG zu stärken. Denn dies ist auch immer die "flexiblere Art" Recht zu definieren ...

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space schrieb:
[...]dann wurde also beim Erstentwurf und des Inkraft treten des Gesetzes 2008 das GG von den Politikern ignoriert ?

Ich weiß jetzt nicht genau, welches Gesetz du meinst. Aber im Generellen zu dem Spielchen zwischen BVerfG und Legislative:

Es ist nicht die oberste Aufgabe der Legislative zu entscheiden ob ein Gesetz Verfassungskonform ist oder nicht. Dazu gibt es ja gerade das BVerfG.
Zwar sollte die Legislative schon einmal "sich selbst überprüfen" (vor allem die Aufgabe des Justizministeriums) und so verhindern, dass ständig verfassungswidrige Gesetzentwürfe verabschiedet werden, aber die entgültige Prüfung obliegt dem BVerfG.

Man kann also nicht sagen, dass die Politiker das GG einfach ignoriert haben. Sie haben einfach ein Gesetz durchgebracht, welches nach ihrer Meinung Verfassungskonform ist / sein könnte.

Daraus kann man einen Vorwurf generieren wenn man denn unbedingt will.

Ich sehe das eher so, dass die Freiheit unseres Grundgesetzes eben auch mit sich bringt, dass die Rechteabwägung meist recht komplex ist und somit eben nur vom BVerfG endgültig getroffen werden kann.

Momentan scheint es wohl auch das bestreben der Politik zu sein die Grenzen der Verfassung auszutesten. In meinen Augen nicht sonderlich schlimm, denn dadurch wird letztens auch noch genauer definiert, welche Rechte wir Bürger besitzen und wie weit der Staat sie unter welchen Bedingungen einschränken darf.

space schrieb:
Es gibt auch anonyme Dienste wie Tor, wo einem Admin der Server von der BKA dicht gemacht wurde (Ohne einer Erklärung seitens des BKA).

Ich kenne die Rechtslage jetzt nicht im Detail, glaube aber, dass Anonymisierungsdienste rechtlich eh zumindest eine Grauzone sind.
Für mich ist hier eine passende, wenn auch ferne, Analogie der Vergleich zum Straßenverkehr.

Die IP wäre da das Nummernschild und die Speicherung der Zuordnung zwischen IP und Kundendaten des Providers ist wie das Verkehrsregister.
Im Straßenverkehr können Vergehen nicht / nur sehr schwer geahndet werden, wenn 1. das Nummernschild gefälscht wird oder 2. die Halterdaten im Verkehrsregister nicht dem Nummernschild zugeordnet sind.

Insofern finde ich es durchaus legitim gegen Anonymisierungsdienste vorzugehen, da sie in meinen Augen nichts anderes sind als professionelle Nummernschild-Fälscher ...

Hier bin ich auf ein Verfassungsurteil gespannt, und kann mir gut vorstellen, dass es Anonymisierungsdienste im Internet auch nicht schützen wird.
 
Wenn Länder wie Venezuela eine solche Verfassung sich neu geben und diese auch mehrfach in Volksentscheiden anpassen dann sollte das auch mit einer Verfassung in Deutschland gelingen. Den das GG ist keine Verfassung. Dieses Grundgesetz wurde nie durch das Volk bestätigt oder abgelehnt oder gar in Kraft gesetzt.
 
Was würdest du denn konkret ändern wollen?

Und wie sollte deiner Meinung nach eine Abstimmung über die neue Verfassung aussehen?
- Welche Mehrheitsverhältnisse sollten gelten bevor etwas als "vom Volk akzeptiert" gilt?
- Welche obersten Maßstäbe sollten gelten? D.h. was ist selbst bei 99% Zustimmung nicht legitimer Teil der Verfassung?
- Wer soll den Verfassungsentwurf verfassen?​
 
Ob einiges oder nichts geändert werden sollte ist zur Zeit nicht Gegenstand der Diskussion. Dazu bin ich gerade nicht im "Regel" Modus. Eine Abstimmung kann nur durch das Volk erfolgen. Also alle wahlberechtigten zum Stichtag X. Mehrheitsverhältnisse wären wohl 51% Wahlbeteiligung bei 51% Zustimmung.
Mit wären zwar 75% und 75% besser geeignet aber das wird wohl nicht gehen.
Ausarbeiten müsste das die Bürger und Bürgerinnen in sogenannten Verfassungskonventen.
Also Basisdemokratische Einrichtungen. Nur wird es wohl nicht dazu kommen. Ich sehe kein echtes Interesse daran etwas zu ändern. Immerhin ist das GG ein recht gelungenes Werk.
Was ich bemängele ist halt das es nicht vom Volke in Kraft gesetzt wuide durch eine Wahl sondern durch das Parlament. Andere Länder schaffen das auch und nach 20 Jahren Einheit ist es nun einmal nötig alle Menschen, die Wahlberechtigt sind, über das oberste Gesetz abstimmen zu lassen.
 
ja aber da ist ja die Frage, ob man eine direkte oder indirekte Demokratie favorisiert und ich persönlich lehne eine direkte Demokratie ab. Gründe hatte ich bereits weiter oben erwähnt.
 
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