ÉquipeTricolore schrieb:
Was hat das Sperren von offensichtlich verfassungsfeindlichen Internetseiten durch eine amtierende Regierung mit den Beileidsbekundungen für die Verstorbenen der Anschläge zu tun? M’balas ist sicherlich nicht der Urheber der Je suis Charlie Initiative. Es gibt immer Trittbrettfahrer die sowas missbrauchen.
Ich versuche das mal zu erklären.
"Je suis Charlie ", wie du sicherlich weißt, heißt ja in diesem Kontext "Ich bin (auch) Charlie". Derjenige, der das schreibt/sagt, setzt sich identisch mit der Zeitschrift. Man will sagen: Ihr habt diese Zeitschrift angegriffen, damit habt ihr auch mich angegriffen. Wie kannst du aber mit etwas identisch sein, was du nicht bist (denn du bist ja offensichtlich nicht Charlie)? Obwohl du von Charlie verschieden bist, sagst du "wenn ihr Terroristen gegen Charlie seid, seid ihr auch gegen mich". Das ist eben keine 'Beileidsbekundung', sondern eine Solidaritätsbekundung.
Du zeigst dich solidarisch mit der Zeitschrift und vertrittst damit automatisch die Idee der Absolutheit von Meinungsfreiheit - das ist es ja, was zig Bürger, Zeitungen und Medien signalisierten, obschon sie ja inhaltlich mit Charlie wenig gemeinsam haben. Denn um solidarisch zu sein, musst du eben nicht inhaltlich mit der Zeitschrift übereinstimmen. D.h. es geht nicht darum, ob du die Karikaturen witzig, gerechtfertigt, übertrieben, unsensibel oder was auch immer fandest, sondern ob es der Zeitschrift prinzipiell - gesellschaftlich, also letztendlich staatlich abgesichert - möglich sein sollte, das unabhängig vom konkreten Inhalt drucken zu dürfen. Es geht um die Idee oder meinetwegen auch um das Prinzip der Meinungsfreiheit. Mit der Aussage, man sei Charlie, setzt man Meinungsfreiheit also absolut. Sonst könnte man nicht Charlie sein, es sei denn man ist tatsächlich Mitglied der Redaktion oder Autor.
Du schreibst in deinem erste Post von "vermein[t]licher Meinungsfreiheit", was m.E. soviel ausdrückt, wie dass solche Inhalte, wie die in den CB-News benannten, nicht gezeigt/geäußert/publiziert werden dürfen. Du bist also dafür, dass das zensiert wird (das meine ich gar nicht als Vorwurf, lediglich als Feststellung). Das beißt sich ja aber offensichtlich mit der Solidaritätskundgebung gegenüber Charlie Hebdo, die, wie ich erklärt habe, in diesem Kontext nur für das Prinzip absoluter Meinungsfreiheit stehen kann. Deswegen auch mein Verweis auf den Artikel über M'bala, der ja für die Position eintritt, dass Zensur dieses widerwärtigen Inhalts das Prinzip erodieren lässt, für das Charlie-Hebdo-Redakteure gestorben sind. Ebenso lässt nun die Internetzensur dieses Prinzip erodieren. Das lässt die französische Regierung als ganz schön heuchlerisch darstehen und ihre staatstragende Solidarität mit Charlie Hebo als ganz schön scheinheilig.
ÉquipeTricolore schrieb:
Ich weiß allerdings auch nicht was ich von einer "linken Wochenzeitung" halten soll. Eine ziemlich einseitige Berichterstattung wie ich finde, kann aber auch verstehen das du als offensichtlicher Israelsympathisant große Abneigung gegenüber dieser Person empfindest, nachvollziehbar.
Die politische Ausrichtung einer Zeitung sollte doch nichts mit der Diskussion zu tun haben. Dafür, dass die 'Berichterstattung' (es war ja ein Debattenbeitrag und keine 'Berichterstattung) angeblich einseitig sein soll, nennst du kein Argument. Der Autor dieses Beitrags ist übrigens alles andere als links, sondern amerikanischer Republikaner. Man sollte das also an den Aussagen und Argumenten selbst festmachen und nicht an dem reinen Label der politischen Position.
Und ich bin ja auch kein 'Sympathisant', sondern solidarisch. Und zwar so, wie im oben geschilderten Sinne. Für Sympathien benötigt man nämlich keine Begründung, für Solidarität schon. Das ist also kein 'Empfinden'.
ÉquipeTricolore schrieb:
Unabhängig davon muss man der gestiegenen Gefahr von Anschlägen in westeuropäischen Staaten irgendwie Herr werden und dazu ist das aktuelle Vorgehen ein legitimer Versuch, denn das wird erwartet vom Volk, Lösungen, auch wenn die manchmal nicht die Besten sind.
Das ist aber ja nun nicht 'unabhängig davon', sondern hat elementar damit zu tun. Freiheit und Notwendigkeit (bzw. im Kontext von Terrorismus: Sicherheit) stehen in einem Widerspruch zueinander. Und zwar in einem
antinomischen Verhältnis. Es ist Aufgabe des Staates, mit diesem Widerspruch irgendwie umzugehen. Dein Vorschlag ist nun, das nach dem Inhalt zu tun. Der Inhalt Terrorismus und Pädophilie sollte zensiert werden. Kann man machen, halte ich aber für eine unbefriedigende Lösung. Ich wollte ja auch nur darauf hinaus, dafür zu sensibilisieren, dass das nicht so einfach ist, wie du vorschlägst, sondern ein heikles Unterfangen, welche Freiheit man für welche Sicherheit aufgibt.
Das zeigt sich ja alleine schon daran, dass es hier komischerweise auch um Pädophilie geht; deren Zensur ist wohl kaum mit einer 'gesteigerten Anshlagsgefahr' zu begründen. Da ist also was im Fahrwasser der nationalen Krise mit zensiert worden. Diese Gefahr besteht ja auch bei anderen Dingen, wie z.B. die Inhalte politischer Opposition, auch und gerade der außerparlamentarischen. In Deutschland z.B. wird das mit dem Paragraphen zur Gründung einer kriminellen Vereinigung abgehandelt, wenn einem Opposition unlieb erscheint. Womit wir wieder bei der Antinomie "Freiheit vs. Sicherheit" sind.