Herdware schrieb:
Was genau ist denn hier mit "politischer Aktivität" gemeint?
Offenbar scheidet erstmal alles aus, was über das Internet läuft. Das ist ja nur alberner "Klicktivismus".
Sich als Partei zu organisieren und den Weg über die Parlamente zu gehen ist scheinbar auch nicht gut genug. Die Piraten werden von Lobo gleich mal ganz in der Luft zerrissen und er wiederholt den selben Blödsinn, den die Massenmedien so über die angeblich ach so kindischen Piraten verbreiten.
Ich glaube das ist eine Verkennung der Situation. Es gibt bei den Piraten sehr viele Menschen die mit einer hohen sachlichen und politischen Bildung ans Werk gehen. Als Beispiel könnten gelten Anatol Stefanowitsch, Christoper Clay, Lukas Daniel Klausner und Daniel Schwerd (und viele mehr). Lobo hat diese Personen meiner Meinung nach zu unrecht kritisiert. Mit der Ausnahme das sie sich zum Teil zu sehr auf die Internetgemeinde verlassen (von Größe und Öffentlichkeitswirksamkeit betrachtet) leisten sie hervorragende Arbeit. Zur Politik gehört nun mal auch das nicht alles nach eigenen (Wunsch-)Vorstellungen läuft.
Die Kritik des Klicktivismus (nein ich schreibe keine Anführungszeichen darum
) ist meiner Meinung nach jedoch bei zwei Gruppen berechtigt.
Die erste Gruppe umfasst diejenigen die sich auf ihren Klick ausruhen. Nicht nur das ein Klick selbst nichts bewegen kann (es braucht immer die engagierte Personen) sondern auch das ein Klick geringe Aussagekraft hat.
Wenn man 5000 Leute fragt ob sie eine Umfrage unterschreiben oder ihre Zustimmung mit einem Klick abgeben möchten erreicht man mit zweiterer Methode mehr Zustimmungen. Dadurch sinkt nun mal der Wert einer einzelnen Bejahung. (Problem von Klicks aus dem Ausland noch ganz verschwiegen). Wenn jeder der zu einem Projekt einen Klick macht auch Blogs schreibt oder bei einer Straßendemo mitläuft erreicht bereits viel mehr. Es ist immer noch nötig das man die Ernsthaftigkeit seines Anliegens mit Arbeit unterstreicht (sei dies im Internet oder ausserhalb).
5000 einzelne Blogeinträge wo jeder 5 Stunden lang daran arbeitet wirken nunmal mehr als 5000 Klicks.
Die zweite Gruppe umfasst diejenigen die einen Utopismus leben oder kurzfristig denken.
Das sind Personen die nicht nur klicken sondern sich mit dem Thema viel beschäftigen. Sich auch in diesem Themenbereich allgemein bilden und somit perfekt dafür geeignet wären politisch etwas zu verändern und Druck für Veränderungen zu machen. Solche Leute würde es viel mehr brauchen.
Sie unterschätzen aber die Macht die man ausüben kann. Petitionen Diktatoren sollen keine Menschen mehr foltern lassen oder Uganda soll kein Anti-Homosexuellen Gesetz erlassen sind zwar sehr löblich und auch gut (immerhin ist es sehr einleuchtend das beides nicht sein soll) - das diese Petitionen selbst wenn 40 Millionen Deutsche unterschreiben aber keine Auswirkungen haben sind sie sich dann nicht bewusst. Oder ein Beispiel für kurzfristiges Denken: Petitionen für mehr Klimaschutz und ein halbes Jahr später eine Petition gegen Windkraftwerke. Zur Politik gehören auch Grundsätze wenn man sich ständig nur für Sachen einsetzt die toll klingen und Aufmerksamkeit erregen erreicht man zwar viele Leute man muss sich dann aber auch wirklich glaubwürdig und ernsthaft dafür einsetzen.
Herdware schrieb:
Wir führen doch seit vielen Jahren nur noch verzweifelte Rückzugsgefechte...
Das lenkt meiner Meinung nach etwas vom Thema ab. Es geht um das Wirken und Nichtwirken von Internetklicks und beginnt mit einem Thema wo sich sehr viel auf die bloße Wirkung von Klicks verlassen. Um Aufmerksamkeit für seine Anliegen zu schaffen muss man eine Situation erzeugen wo man nicht mehr übersehen werden kann. Wöchentlich in den 5 größten Städten in D können nicht übersehen werden. 1 Million Klicks kann man wenn man will unter den Tisch fallen lassen als Medium.
Das finde ich ja an diesem Punkt so seltsam. Man regt sich auf das soviele Internetaktivisten einfach von den Medien ignoriert werden (teilweise wohl aus Eigeninteresse) dann wäre der logische Schritt es müssen andere Mittel gefunden werden. Die propagierte Lösung war für 95% der Unterstützer dieser Kritik trotzdem nur das klicken von irgendwelchen Buttons.
Herdware schrieb:
Aber genau dafür gibt es ja das Internet. Das ist nicht nur eine gute Informationsquelle (wenn man sich etwas Mühe macht und an den richtigen Stellen sucht), sondern auch ein direktes Kommunikationsmedium, mit dem man andere Menschen erreichen kann, ohne darauf hoffen zu müssen, dass sich irgendein Journalist und Verlag oder Sender dafür hergibt, die Nachricht (unverfälscht) zu verbreiten.
Man kann über das Netz relativ leicht z.B. Lügen von Politikern mit Fakten widerlegen und diese Erkenntnis direkt an Tausende andere Menschen weitergeben.
Das Internet ist also so wunderbar. Und genau das soll man auch machen wenn man ehrlich politisch engagiert ist. Du hast damit ja gerade den Beweis geliefert das reines Klicken auch für dich keine Lösung sein kann (es sei denn ich habe dich nicht falsch verstanden).
Herdware schrieb:
Die heute noch verspotteten und ignorierten "Klicktivisten" werden die Welt verändern. Vielleicht nicht Heute oder Morgen, aber die Zeit wird kommen.
Es sei denn, die alte Garde schafft es doch noch, das freie Internet rechtzeitig erfolgreich zu "regulieren". Aber ich habe Hoffnung, dass es nicht dazu kommt, denn dazu müssten sie das Netz erstmal verstehen, was offensichtlich nicht der Fall ist.
Irgendwann werden sie das tun. Es wird aber immer echt politisch engagierte Personen die etwas aufarbeiten, recherchieren, zusammentragen und fachliches Wissen haben brauchen.