tl;dr:
1. Es ist moralisch fragwürdig, einem Vollpreisspiel Inhalte (künstlich!) zu entziehen, damit sie später über kostenpflichtige Angebote erworben werden können. Nur die Tatsache dass das Unternehmen (generell) Geld verdienen möchte, kann keine Rechtfertigung sein: Für lesefreudige:
https://www.swr.de/swr2/programm/se...374/did=17944480/nid=660374/4godog/index.html
2. Glücksspiele in Spielen brechen mitunter bereits jetzt schon das Gesetz (ohne Neuregulierung)
3. Nur weil man selbst keine Kisten kauft, bedeutet es nicht dass andere Menschen nicht davor geschützt werden müssen (und das müssen sie, da es der Auftrag des Staates ist - bitte wandert nach Amerika aus wenn Euch das zu blöd ist)
Lange Version:
Ich möchte die Diskussion mal über den Tellerrand führen und auch mal darauf eingehen, was sich bei solchen Themen immer an Aussagen wiederholt. Es geht um viel mehr. Ich sehe in den vom Spiel gegebenen Möglichkeiten, ein Spiel mit Geld abzukürzen (oder angenehmer zu gestalten, nennt es wie ihr möchtet), immer erst einmal ein Angebot. Ein Angebot muss ich nicht annehmen. Ich kann es ignorieren, es belächeln wenn Leute es in Anspruch nehmen und mich darüber wundern, wie Leute da ihr letztes Hemd für investieren können.
Mit Fokus auf Lootkisten (z.B. im Overwatch-Prinzip): Den Glücksspielstaatsvertrag gibt es vorwiegend aus Gründen der Kriminalitäts- und Suchtbekämpfung. Denn auch während es für mich unverständlich sein mag, wie andere ihr Geld in Lotto "investieren" können, mindert es die Anzahl der Suchtgefährdeten um mich herum
nicht.
Ich finde auch Unfähigkeit mancher Leute bemerkenswert, die Gesamtsituation betrachten zu können. Man liest dann immer "Hey, die sind eine Firma, natürlich wollen die Geld verdienen!" als Persilschein quasi, alles erdenkliche tun zu dürfen (oder, einigen Beiträgen hier zufolge sogar müssen - der Anleger wegen). Man bekommt echt Angst beim lesen, denn ihr verteidigt mit euren Beiträgen das Mantra des ewigen Wachstums und verteidigt es sogar - wahrscheinlich sogar unreflektiert. Ihr schreibt ja selbst, dass die Firma den größtmöglichen Gewinn machen will. Es geht nicht mehr darum die Kosten zu decken und dann noch ein bisschen Gewinn zu machen - und das wisst ihr.
Könnt ihr Euch eigentlich ansatzweise vorstellen, in welcher Welt wir ohne Beschränkungen von Firmen leben würden? Damals CDs oder DVDs brennen? Nix da, hätte es nicht gegeben. Indiegames: weg. Keyseller: weg. Ihr würdet fürs Kino 15€ für einen billigsten Platz zahlen, eine BluRay würde 60€ kosten (so wie auch jedes PC-Game) und so weiter.
Aber um das gefährliche Verständnis vom ewigen Wachstum und der eingeimpften Verteidigung geht es nicht. Es geht darum, dass es Menschen gibt die
nicht widerstehen können. Entweder weil sie suchtgefährdet oder zu jung sind, um die eigenen Grenzen begreifen zu können. Sich dann hinzustellen und zu sagen dass die Personen dann Pech haben oder selbst Schuld sind, ist die armseligste Aussage überhaupt, denn wir leben hier nicht in den USA, sondern in einem Sozialstaat, in dem der Staat für jeden Bürger Sorge trägt. Mir ist klar, dass einige schon aus Prinzip darüber pöbeln wollen, aber auch wenn es nicht jedem von Euch passiert ist, ist es wahrscheinlich dass ihr Leistungen des Staates irgendwann in Anspruch nehmen werdet. Eure Eltern hatten den Genuss schon, denn euer Lego wurde damals vom Kindergeld mitfinanziert. Aber ich schweife ab:
Schon ohne die Anschuldigung, dass hier rigoros gegen Glücksspielregulatorien verstoßen wird, identifizieren sich viele Spieler mit einem Skin, einem Emote o.ä. - Statussymbole eben. Und dieses Problem gibt es nicht erst seit dem Internet, aber es hat sich auch dort ausgebreitet. Und während der 45-jährige dem Drang widerstehen kann den geilsten Skin von allen zu haben, hat es der 15-jährige schon deutlich schwerer. Pädagogen und Psychologen wissen schon Jahrzehnten dass Marken eine der wichtigsten Themen unter Jugendlichen ist: Smartphone, Spielkonsole, Klamotten, Schuhe.
Aber das wäre nur der Aspekt wenn wir nicht belegen könnten, dass Overwatch (und Andere) das Gesetz brechen. Tun wir aber, wenn man mal genauer hinguckt:
§3 des Glücksspielstaatsvertrages:
(1) Ein Glücksspiel liegt vor, wenn im Rahmen eines Spiels für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird[...]
(3) Ein Glücksspiel im Sinne des Absatzes 1, bei dem einer Mehrzahl von Personen die
Möglichkeit eröffnet wird, nach einem bestimmten Plan gegen ein bestimmtes Entgelt die Chance
auf einen Geldgewinn zu erlangen, ist eine Lotterie. Die Vorschriften über Lotterien gelten auch,
wenn anstelle von Geld Sachen oder andere geldwerte Vorteile gewonnen werden können
(Ausspielung).
Geldwerte Vorteile - 3 Sekunden Google: "Buy Overwatch Accounts". Je rarer die Skins, desto höher der Preis. Das würde ich als einen geldwerten Vorteil erachten.