Die meisten die mich schon länger lesen, wissen dass ich kein grosser Freund von Linux Mint, Cinnamon oder dem Entwickler Clement Lefebvre bin. Dennoch lese ich gerne seine Blogbeiträge rund um die Linux Mint Entwicklung - man will ja auf dem laufenden bleiben. Sein aktuellster Beitrag spricht dabei ein paar Probleme an, die ich schon länger am Horizont von Linux Mint sehe.
Da Gnome seine Umstellung auf "libadwaita" bei allen Core-Apps inzwischen vollzogen hat und Linux Mint diese so nicht verwenden will. Kurzer Abriss hierzu "libadwaita" ist ein Gnome-Framework das auf GTK4 aufbaut. Damit können Entwickler sehr schnell GUIs für Ihre Apps bauen die sich nahtlos in den Gnome Desktop einfügen. Dieses Framework hat aber für alternative GTK-Desktops (wie Cinnamon, Mate und XFCE) den Nachteil das sie sich nicht ins System einfügen. Das beginnt damit, dass libadwaita Apps nicht das Design (Theme) der Desktops übernehmen und geht weiter damit das sie keine klassische Ansicht bestehend aus Titel und Menüleiste mehr gibt sondern nur noch einen grossen Header mit Buttons haben.
Ich habe mich schon öfter gefragt wie Linux Mint damit umgehen möchte, dass immer mehr Standard-Apps dieses libadwaita Design übernehmen. Bisher hat das Linux Mint Team um Clement Lefebvre viele Apps in der jeweils letzten Version ohne libadwaita geforkt und eine "X-App" daraus gemacht. Und die selber weitergepflegt.
Und bei den Distributionen die die X-Apps in ihren Repositories anbieten (btw. ich bin überrascht, das Fedora das tut) sind die Apps aber nicht standardmässig installiert. Für Clement Lefebvre und sein Team bedeutet das aber auch, dass sie die Arbeit rund um die Pflege der X-Apps selber machen müssen und beinahe keine Hilfe von aussen bekommen. Diese Pflege wird nun auch zunehmend erschwert. Als Beispiel die X-App "xviewer" das ist der Bildbetrachter in Linux Mint und ist ein Fork von dem Gnome Bildbetrachter "Eye-of-Gnome". Bisher konnte das Team Sicherheits- und Bugfix Updates vom Eye-of-Gnome Projekt relativ leicht auf ihren Xviewer adaptieren da es sich ja um die selbe Codebasis handelt.
Inzwischen hat aber das Gnome-Projekt die Entwicklung von Eye-of-Gnome zugunsten einer komplett neuen App (Loupe) mit neuer Codebasis aufgegeben. Bedeutet die Betreuung von Xviewer wird nun anstrengend und zeitintensiver.
In seinem aktuellen Blogbeitrag äussert Clement Lefebvre auch seinen Unmut darüber, dass z.b. die Xubuntu Community die Ubuntu mit dem XFCE Desktop herausbringen nicht auf die X-Apps zurückgreifen sondern ein inkonsistentes Desktop-Design ausliefern indem immer mehr Apps in Xubuntu libadwaita Apps sind.
Bildschirmfoto von Xubuntu mit zwei Apps. Links einer libadwaita App und rechts einer normalen App. Anhand diesem Bildschirmfoto sieht man sehr gut das Xubuntu out-of.the-box ein sehr inkonsistentes Design ausliefert:
Diese Entscheidung würde bedeuten, dass Nutzer keine Custom-Themes mehr installieren könnten - und man das Theming für Linux Mint komplett über Board werfen müsste. Gleichzeitg löst man damit aber das grundlegende Problem nicht. Die Apps funktionieren dennoch anders. Headerbar statt Menüliste. Und man ist weiterhin abhängig von Entscheidungen von Gnome - falls z.b. libadwaita irgendwann die Möglichkeit zum minimieren von Fenstern verliert (standardmässig gibt es die Funktion in Gnome nicht, da das Bedienprinzip von Gnome kein minimieren vorsieht) müsste Linux Mint das dann auch übernehmen. Daher diese Option ist nicht der Weg.
Eine andere Option wäre, bei allen betroffenen Apps die letzte "Nicht-libadwaita" Version zu forken und dem X-App Projekt hinzuzufügen. Da dort Entwicklung aber sehr stockt, zunehmend kompliziert wird und auch nicht absehbar ist da das Hilfe aus anderen Projekten oder Distributionen kommt verwirft Clement Lefebvre auch diese Option.
Daher Linux Mint 22, wird nun einfach die veralteten Apps (bevor sie zu libadwaita migriert sind) nutzen. Betroffen sind folgende Anwendungen:
So gut wie alle Leute die Linux Mint installieren werden das App-Center öffnen und dort nach weiteren Apps suchen. Wenn man bedenkt, dass Linux Mint standardmässig Flathub in das App-Center einbindet macht der Entwickler hier dem Anwender keine grosse Freude.
Flathub ist randvoll mit libadwaita Apps und gefühlt täglich kommen da neue hinzu. Und wenn eine App nicht libadwaita ist, ist sie mit grosser Wahrscheinlichkeit eine QT App, die sich ebenfalls nicht optimal in das Standard-Layout einpasst. Somit haben Linux Mint Nutzer einen konsistenten und einheitlichen Desktop bis sie das erste mal eine andere Anwendung installieren - das kann keine gute und durchdachte Lösung sein.
Clement Lefebvre ist sich dieses Problems auch bewusst. Er macht in seinem Blog-Beitrag einen leicht verzweifelten Aufruf an die Upstream-Entwickler möglichst libadwaita für das Entwickeln ihrer Apps nicht zu benutzen.
So sagt er, dass er zurzeit nicht plant Cinnamon von GTK3 auf GTK4 zu portieren. Hauptsächlich aus dem Grund, dass er nicht sicher ist ob GTK in Zukunft noch das richtige Toolkit für den Cinnamon Desktop sein kann. Zurzeit finden bereits die ersten Diskussionen zu GTK5 statt - und dort werden Dinge diskutiert wie die "Theming-Optionen" komplett aus dem Toolkit zu entfernen was gar nicht im Interesse von Cinnamon sein wird.
Gleichzeitig sagt er aber auch, dass QT eine Alternative sein könnte er aber auch nicht der grösste Fan davon ist. Es sei zurzeit sehr schwierig vorauszusagen wo Linux Mint in 5 oder 10 Jahren stehen wird. Ob er und sein Team es alleine fertig bringen einen GTK3 Fork langfristig selber zu pflegen halte ich persönlich für fragwürdig - daher die Entwicklung von Linux Mint in den nächsten Jahren dürfte durchaus spannend werden.
Apps, Apps und Apps
Unabhängig davon, welche Distribution wir nutzen oder welchen Desktop wir bevorzugen am Ende arbeiten wir alle mit Anwendungen. Dies gilt auch für Linux Mint Nutzer. Die meisten Anwendungen die Linux Mint vorinstalliert sind Gnome Anwendungen und dies wird nun zunehmend ein Problem.Da Gnome seine Umstellung auf "libadwaita" bei allen Core-Apps inzwischen vollzogen hat und Linux Mint diese so nicht verwenden will. Kurzer Abriss hierzu "libadwaita" ist ein Gnome-Framework das auf GTK4 aufbaut. Damit können Entwickler sehr schnell GUIs für Ihre Apps bauen die sich nahtlos in den Gnome Desktop einfügen. Dieses Framework hat aber für alternative GTK-Desktops (wie Cinnamon, Mate und XFCE) den Nachteil das sie sich nicht ins System einfügen. Das beginnt damit, dass libadwaita Apps nicht das Design (Theme) der Desktops übernehmen und geht weiter damit das sie keine klassische Ansicht bestehend aus Titel und Menüleiste mehr gibt sondern nur noch einen grossen Header mit Buttons haben.
Ich habe mich schon öfter gefragt wie Linux Mint damit umgehen möchte, dass immer mehr Standard-Apps dieses libadwaita Design übernehmen. Bisher hat das Linux Mint Team um Clement Lefebvre viele Apps in der jeweils letzten Version ohne libadwaita geforkt und eine "X-App" daraus gemacht. Und die selber weitergepflegt.
Die miesere mit den X-Apps
Die eben angesprochenen X-Apps haben aber eigene Probleme. Ursprünglich war die Vision, dass die X-Apps neue "Standard" Apps für alle möglichen GTK-Desktops und Distributionen werden können die nicht auf Gnome basieren. Das ist nicht passiert. Viele Distributionen z.b. auch Debian (die wohl das grösste Paketarchiv von allen Distributionen haben) liefern die X-Apps nicht mal in ihren Repositories aus.Und bei den Distributionen die die X-Apps in ihren Repositories anbieten (btw. ich bin überrascht, das Fedora das tut) sind die Apps aber nicht standardmässig installiert. Für Clement Lefebvre und sein Team bedeutet das aber auch, dass sie die Arbeit rund um die Pflege der X-Apps selber machen müssen und beinahe keine Hilfe von aussen bekommen. Diese Pflege wird nun auch zunehmend erschwert. Als Beispiel die X-App "xviewer" das ist der Bildbetrachter in Linux Mint und ist ein Fork von dem Gnome Bildbetrachter "Eye-of-Gnome". Bisher konnte das Team Sicherheits- und Bugfix Updates vom Eye-of-Gnome Projekt relativ leicht auf ihren Xviewer adaptieren da es sich ja um die selbe Codebasis handelt.
Inzwischen hat aber das Gnome-Projekt die Entwicklung von Eye-of-Gnome zugunsten einer komplett neuen App (Loupe) mit neuer Codebasis aufgegeben. Bedeutet die Betreuung von Xviewer wird nun anstrengend und zeitintensiver.
In seinem aktuellen Blogbeitrag äussert Clement Lefebvre auch seinen Unmut darüber, dass z.b. die Xubuntu Community die Ubuntu mit dem XFCE Desktop herausbringen nicht auf die X-Apps zurückgreifen sondern ein inkonsistentes Desktop-Design ausliefern indem immer mehr Apps in Xubuntu libadwaita Apps sind.
Bildschirmfoto von Xubuntu mit zwei Apps. Links einer libadwaita App und rechts einer normalen App. Anhand diesem Bildschirmfoto sieht man sehr gut das Xubuntu out-of.the-box ein sehr inkonsistentes Design ausliefert:
Was passiert nun mit Linux Mint 22?
Linux Mint 22 wird wohl diesen Sommer herauskommen und auf Ubuntu 24.04 basieren. Im Grunde sieht Clement Lefebvre nur drei Möglichkeiten. Entweder das selbe zu tun was Ubuntu mit dem Yaru-Theme macht. Ein globales Theme entwickeln, dass die libadwaita Apps zumindest optisch an das Linux Mint Theme anpasst. Diese Möglichkeit zeigt er im Blogbeitrag zwar auf aber verwirft sie auch gleich wieder.Diese Entscheidung würde bedeuten, dass Nutzer keine Custom-Themes mehr installieren könnten - und man das Theming für Linux Mint komplett über Board werfen müsste. Gleichzeitg löst man damit aber das grundlegende Problem nicht. Die Apps funktionieren dennoch anders. Headerbar statt Menüliste. Und man ist weiterhin abhängig von Entscheidungen von Gnome - falls z.b. libadwaita irgendwann die Möglichkeit zum minimieren von Fenstern verliert (standardmässig gibt es die Funktion in Gnome nicht, da das Bedienprinzip von Gnome kein minimieren vorsieht) müsste Linux Mint das dann auch übernehmen. Daher diese Option ist nicht der Weg.
Eine andere Option wäre, bei allen betroffenen Apps die letzte "Nicht-libadwaita" Version zu forken und dem X-App Projekt hinzuzufügen. Da dort Entwicklung aber sehr stockt, zunehmend kompliziert wird und auch nicht absehbar ist da das Hilfe aus anderen Projekten oder Distributionen kommt verwirft Clement Lefebvre auch diese Option.
Daher Linux Mint 22, wird nun einfach die veralteten Apps (bevor sie zu libadwaita migriert sind) nutzen. Betroffen sind folgende Anwendungen:
- Celluloid
- GNOME Calculator
- Simple Scan
- Baobab
- System Monitor
- GNOME Calendar
- File Roller
- Zenity
Meine eigene Meinung zur App-Problematik in Linux Mint:
Ich verstehe das Problem und den Lösungs-Ansatz von Clement Lefebvre. Bin aber der Meinung das diese Lösung nicht wirklich durchdacht ist und denke den Weg der Ubuntu mit Yaru eingeschlagen hat für Linux Mint auch der bessere Weg wäre. Einfach aus dem Grund, das die Anwender von Linux Mint ja nicht nur die "Standard-Apps" die bei der Installation installiert werden verwenden.So gut wie alle Leute die Linux Mint installieren werden das App-Center öffnen und dort nach weiteren Apps suchen. Wenn man bedenkt, dass Linux Mint standardmässig Flathub in das App-Center einbindet macht der Entwickler hier dem Anwender keine grosse Freude.
Flathub ist randvoll mit libadwaita Apps und gefühlt täglich kommen da neue hinzu. Und wenn eine App nicht libadwaita ist, ist sie mit grosser Wahrscheinlichkeit eine QT App, die sich ebenfalls nicht optimal in das Standard-Layout einpasst. Somit haben Linux Mint Nutzer einen konsistenten und einheitlichen Desktop bis sie das erste mal eine andere Anwendung installieren - das kann keine gute und durchdachte Lösung sein.
Clement Lefebvre ist sich dieses Problems auch bewusst. Er macht in seinem Blog-Beitrag einen leicht verzweifelten Aufruf an die Upstream-Entwickler möglichst libadwaita für das Entwickeln ihrer Apps nicht zu benutzen.
Langfristige Zukunft von Linux Mint App und Toolkit Situation
Im Blogbeitrag selbst geht Clement Lefebvre nicht auf diese Frage ein. Aber er beantwortet viele Kommentare in seinem Blogbeitrag und gibt dort ein paar weitere spannende Gedankengänge an.So sagt er, dass er zurzeit nicht plant Cinnamon von GTK3 auf GTK4 zu portieren. Hauptsächlich aus dem Grund, dass er nicht sicher ist ob GTK in Zukunft noch das richtige Toolkit für den Cinnamon Desktop sein kann. Zurzeit finden bereits die ersten Diskussionen zu GTK5 statt - und dort werden Dinge diskutiert wie die "Theming-Optionen" komplett aus dem Toolkit zu entfernen was gar nicht im Interesse von Cinnamon sein wird.
Gleichzeitig sagt er aber auch, dass QT eine Alternative sein könnte er aber auch nicht der grösste Fan davon ist. Es sei zurzeit sehr schwierig vorauszusagen wo Linux Mint in 5 oder 10 Jahren stehen wird. Ob er und sein Team es alleine fertig bringen einen GTK3 Fork langfristig selber zu pflegen halte ich persönlich für fragwürdig - daher die Entwicklung von Linux Mint in den nächsten Jahren dürfte durchaus spannend werden.
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