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Onkelhitman
Gast
Das habe ich oben schon angemerkt. Die Fakten sind:Du liest dir einen Zeitungsartikel durch, z.B. den von dir oben verlinkten über das vermisste Flugzeug. Wenn du die 'Medienkompetenz' besitzt, wie man das ja heute nennt, kannst du dem eine Menge Fakten entnehmen.
- Ein Flugzeug wird vermisst
- Das Flugzeug ist vom Radar verschwunden
- Ein Notsignal von Flug QZ8501 hat es nicht gegeben
- Die Such- und Rettungsbehörde in Indonesien geht Medienberichten zufolge davon aus, dass das Flugzeug abgestürzt ist.
Danach wird im Artikel von "Wrack" und "Wrackteilen" gesprochen, ohne dass ein Fakt zeigt, dass das Flugzeug abgestürzt ist. Die Information über ein Wrack ist demnach eine höchst spekulative ohne Fakten, sondern aufgrund von Extrapolation von "Such- und Rettungsbehörden" und deren Aussagen in den Medien. Mehr Fakten gibt es dort nicht. Die daraufhin aufgebauschte Geschichte ist es, die ich moniere, denn damit wird dem Leser suggeriert, dass das Flugzeug abgestürzt ist. Wenn wir die Meldung als das nehmen was sie ist, dann bedeutet sie: Ein Flugzeug ist aus unerfindlichen Gründen verschwunden. Punkt.
Dass die Schlussfolgerungen eines Flugzeugabsturzes eine aus der Luft gegriffene (konnte ich mir nicht verkneifen) Geschichte ist, die nur darauf basiert, was irgendjemand gesagt hat, das dann mit der Verknüpfung von "Wrackteile" und "Wrack" als feststehende Tatsache bewertet wird, und der Text suggeriert, dass er wahr ist, und das Flugzeug abgestürzt ist.Ich verstehe den gesellschaftlichen Gehalt dessen nicht, was du hier monierst (deswegen auch oben meine Frage, wo hier eigentlich das Problem liegen solle). Am Flugzeugbeispiel verdeutlicht: Natürlich hat man nicht alle Fakten und es gibt verschiedene Gründe dafür: Es sind nicht alle bekannt, es gibt sowas wie Informationspolitik auf verschiedenen Ebenen (was die Behörden preisgeben wollen, was die Nachrichtenagenturen daraus machen, wie es die Zeitungen aufpeppen, nachdem sie es von den Agenturen gekauft haben), banale menschliche Fehler/Irrtümer etc. pp. Und wo ist da nun das Problem? Also das gesellschaftliche...?
Das Beispiel sollte aufzeigen, wie man aus Fakten und Informationen etwas schaffen kann, was mit der Realität nichts zu tun hat, sondern nur mit der Vorstellungskraft des Journalismus. Man kann aus jedem Fakt mit der Zugabe von Informationen eine Meinung projizieren, die man haben möchte. Das ist bei dem Beispiel eben ein möglich fiktiver Absturz, bei anderen Themen jedoch kann das das Thema ansich schon in eine Ecke stellen, die eine weitere Diskussion auf der Grundlage unmöglich macht. Wer z.B. gegen die jetzige Asylpolitik ist, der ist kein Asylantenhasser, sondern jemand, der etwas gegen die Asylpolitik hat. Wenn ich denjenigen aber als Asylantenhasser hinstelle, so ist seine Kritik mit einem Mal völlig unbedeutend, da die Kritik ja von jemandem kommt, der als Asylantenhasser bekannt ist. Folglich wird, egal wie gut sich jemand bei diesem Thema auskennt, verhält, und welche Fakten er erzählt, als Person nicht mehr zu der Diskussion zugelassen. Er fällt demnach weg. Und das ist nicht nur bei diesem Thema so.
Das Problem ist daher, dass man eben nicht gegen eine große Meinung wie die der Journalisten/Zeitungen/Medien sagen kann, ohne gleich auf ein Abstellgleis gestellt zu werden.
Fakten sind eine Tatsache, ein Faktum, während die Information eine Nachricht ist, die aber von der Quelle abhängig nicht einem Fakt entspricht.- Was war nochmal der großartige Clou an der Trennung von den Begriffen 'Information' und 'Fakt'?
Sonst kann jeder behauten was er möchte, ohne es auf die Richtigkeit überprüfen zu können wäre jede Aussage völlig nichtssagend und in keinster Weise nahrhaft, höchstens als Small-Talk zu gebrauchen als Form des Austauschs von Wörtern zur Unterhaltung. Es gäbe keine Faktenbasierte Meinung mehr, sondern nur noch eine unterhaltungsmäßige Meinung ohne der ohne die Nutzung von Hintergründen. Keiner müsste mehr in der Lage sein, Fakten überhaupt zu nutzen.- Was ist dein Problem mit der Überprüfbarkeit?
Selbst wenn da nur stehen würde: "Flugzeug verschwunden" ist das für mich nicht nachprüfbar. Ich kann es also gar nicht als Fakt untersuchen, weil sich mir die Möglichkeit nicht bietet. Da ist die Methode völlig wurscht.Man kann also über verschiedene Methoden 'Fakten' überprüfen: Nach ihrer immanenten Genese (wie kamen sie zustande, was wird mit ihnen ausgesagt, welche Geltung beansprucht, sind sie widerspruchsfrei; wenn nein, liegt der Widerspruch in der Sache bzw. in der Realität oder in der Begründung usw. usf.) oder man gleicht den 'Fakt' mit einem außerhalb seiner selbst liegenden Kriterium ab, z.B. mit einem Begriff von Journalismus, der einen beurteilen lässt, ob das z.B. eine 'seriöse' Berichterstattung ist usw. usf.
Dein "Und nun?" ist mein Problem. Wenn du damit kein Problem hast, laufend Geschichten, Märchen und dergleichen von Journalisten, von Buchautoren, vom Staat, von anderen Menschen zu hören, dann ist das ok. Und dass die meisten Menschen so sind ist für mich auch ok. Es ist aber kein erkenntnistheoretisches Problem, wenn dort im Artikel steht, dass es sich um ein Wrack handelt, wenn ein Flugzeug verschwunden ist. Mehr Fakt ist da gar nicht. Und ja, ich hätte gern diesen nackten, kalten, kleinen Fakt, als eine Geschichte drumherum, die sich jeder Hanswurst ausdenken kann. Nicht weil ich meine, dass es eine Verbesserung meines Lebens ist, sondern weil ich gerne lieber ein paar richtige Fakten habe, denen ich glauben kann. Der Prozess, der sich daraus ergit, dass das Flugzeug dann eventuell abgestürzt ist, dass man jedoch keine Teile gefunden hat um diese Theorie zu stützen, das ist alles etwas völlig anderes als der Fakt, dass das Flugzeug verschwunden ist. Vielleicht wird nie herausgefunden, wo das Flugzeug ist. Und du findest es in Ordnung, wenn dann die Menschen denken, dass es ein Absturz war? Weil das so aus dem Text mit Sicherheit herausgelesen wird.Das kann bemängeln, weil es auf Plausibilität und probabilistischem Abwägen beruht. Du meintest weiter oben irgendwo zu 99% könne etwas sicher sein, scheiße, wenn es aber das 1% ist, das wahr ist. Und nun? Das ist kein gesellschaftliches Problem, sondern ein erkenntnistheoretisches, ein Problem, dem man sich immer stellen musste und immer wird stellen müssen. Deswegen auch mein Verweis auf die Eule der Minerva, weil man viele gesellschaftliche Prozesse erst begreifen kann, nachdem sie abgeschlossen sind.
Welche Rolle hat denn die Presse? Welche Funktion?Man kann sich nicht empört darüber geben, dass die 'Lügenpresse' funktioniert, wie sie funktioniert, ohne sich dabei Gedanken darüber zu machen, wie sie als Organ dieser Gesellschaft funktioniert und welche Rolle sie darin hat.
Was funktioniert so systematisch? Heißt das, würde die Presse nur Fakten präsentieren, so würde sie keiner lesen? Ist also: "Flugzeug verschwunden" nicht so gut wie "Flugzeug verschwunden - wahrscheinlich abgestürzt / keine Leichen gefunden" ? Es geht also dann wirklich darum, wer am besten Geschichten drumherum basteln kann über eine winzige Anzahl an Fakten, die auch gar keine Fakten sein müssen? "Mann mit drei Köpfen geboren" ist also möglich?Das gibt es natürlich auch, aber eben nicht, weil eine kleine Herscherclique das so entscheidet und das dumme Volk hinters Licht führt, sondern weil das mit gewisser Notwendigkeit getan werden muss, weil das so systematisch funktioniert.
Ich sehe die Ideologiekritik als nicht zielführung, weil sie von vorneherein davon ausgeht, dass derjenige, der Informationen/Fakten/was auch immer konsumiert, automatisch etwas Neues daraus kreiert, nicht aus dem irrtümlichen Denken heraus, sondern aus einer erlernten Art der Erkenntnistheorie. Ich bezweifel aber, dass sich "Flugzeug verschwunden" und "Flugzeug verschwunden - wahrscheinlich abgestürzt" per se als ein und dasselbe herausstellen im menschlichen Geist. Ich beharre darauf, dass das eine ein Fakt ist, das andere ein Fakt mit einer Information, die einen dazu verleiten soll anzunehmen, dass eine ausgedachte Möglichkeit ein Fakt sein soll. Eine Woche lang so Bericht zu erstatten und der Großteil wird wirklich denken, dass die Information ein Fakt ist. Und dann haben wir genau das, was ich als gefährlich betrachte. Eine auf nichts als Hypothesen aufbauende Information, die in den Köpfen der Menschen zu Fakten werden und damit die Wahrnehmung von Ereignissen verändern, ohne jemals stattgefunden haben zu müssen.
Grimms Märchen in der Neuzeit. Vielleicht irgendwo ein wahrer Kern. Aber wer erkennt ihn noch bei der Menge an Informationen?