new Account() schrieb:
Latex ist für alles zu langsam, was kein Design braucht. Schon mal für Latex ein Dokument erstellt, das farbliche Akzente und Designelemente hat und von der Formatierung mehr als Fließtext ist?
Das ist schon vorgekommen -- so habe ich etwa vor einiger Zeit nebenbei in meiner Freizeit einige LaTeX-Briefvorlagen im Corporate-Design meiner Hochschule mit Emblem der Hochschule und einigen waagerechten und senkrechten Trennlinien mit Farbverlauf entworfen, weil einigen Kollegen und mir der Satzspiegel und die Typografie der in ähnlichem Design gestalteten, offiziellen MS-Word-Briefvorlagen aus dem Sekretariat der Hochschule unprofessionell erschienen und wir keine Briefe mit fehlender Ligaturersetzung, falschen Kapitälchen, mit bloßem Augen erkennbar von der einen Zeile zur nächsten schwankendem Wortabstand und trotzdem noch vielen getrennten Worten am Zeilenende beim Blocksatz, oder alternativ ohne Blocksatz, nur mit grausigem, linksbündigen Flattersatz und Co. nicht mit unserem Namen darunter an Fachkollegen in aller Welt verschicken wollten.
Da ich solche lustigen, bunten Design-Vorlagen mit LaTeX nicht jeden Tag erzeuge, musste ich für einige Design-Objekte auf der Briefvorlage damals erst im Internet nachlesen, wie diese unter LaTeX erzeugt werden. Danach funktionierte es aber problemlos und sah sogar so viel besser aus als die offizielle Word-Vorlage des Hochschul-Sekretariats, dass ich von einer der Sekretärinnen, nachdem die ein Schreiben von mir bekommen hatte, bei einem Sekretariatsbesuch gefragt wurde, ob ich schon eine neuere Word-Version verwenden würde als sie. ;-)
Um mit Word auch nur einen qualitativ halbwegs gleichwertigen Blocksatz zu haben wie ihn LaTeX automatisch erzeugt, müsste ich in Word vermutlich die Wortabstände in jeden Absatz einzeln von Hand justieren bis es halbwegs gleichmäßig aussieht. Das dauert für einen größeren Text sicher Stunden. Für so einen Unsinn ist mir und erst recht meinem Arbeitgeber meine Arbeitszeit zu schade.
Auch Ligaturersetzung bei der Standard-Serifen-Schriftart ,,Times New Roman`` und echte Kapitälchen fehlen MS Word scheinbar völlig. Da müsste ich vermutlich noch größeren Aufwand betreiben um das hinzubekommen -- wenn es denn überhaupt irgendwie hinzubekommen ist und nicht wieder an irgendeinem geheimgehaltenen API von Microsoft scheitert -- wo LaTeX das in Standardeinstellung selbst für Leute erledigt, die nicht einmal entfernt wissen was Ligaturen und Kapitälchen überhaupt sind.
Ich nutze LaTeX aber eigentlich nicht um individuelle Design-Dokumente zu entwerfen (das können Adobe InDesign und QuarkXpress auch weit besser als MS Word), sondern deshalb, weil ich mich EBEN NICHT selbst um das Design meines Dokuments kümmern möchte, sondern nur um dessen Inhalt. Ich will gar keine ,,Designer-Dokumente`` erstellen. Ich möchte Dokumente mit Layout und Typographie in gängiger professioneller Buchdrucker-Qualität und zwar ohne das ich mich um die ,,professionelle Buchdrucker-Qualität`` im Detail selbst kümmern muss.
Die Aufgabe von LaTeX ist es, meinen Inhalt selbstständig mit einem möglichst perfekten Layout und möglichst perfekter Typographie zu versehen, so dass keiner aus dem Fachpublikum das meine Dokumente liest nur kurz draufschaut und sagt: ,,Was ist das denn für ein unprofessionell gestaltetes Dokument? Wenn schon Layout und Typografie der Dokumentation des Autors nicht professionellen Buchdruck-Standards entsprechen und derart laienhaft aussehen, wie soll dann erst der Inhalt sein?``
Meine Fachkollegen und ich bevorzugen weltweit ein professionelles Standard-Layout bei naturwissenschaftlichen Veröffentlichungen und Präsentationen auf Konferenzen. Bei dem hochwertigen LaTeX-Standardlayout stimmt nicht nur die Typographie, so das ein LaTeX-Dokument gut und wenig ermüdend zu lesen ist, sondern man weiß auch im Vornherein wie die Überschriftenebenen organisiert sind, wie gleitende Abbildungen und Formeln im Text zugeordnet werden und wie der Rest des Layouts funktioniert. Man kann sich daher bei einer Veröffentlichung oder bei Vortragsunterlagen auf einer Konferenz direkt auf den Inhalt konzentrieren und muss nicht erst einmal herumraten nach welchem gerade angesagten Officedokument-Design-Trend der Autor XY nun schon wieder sein Dokumentlayout organisiert hat und versuchen den Aufbau seines Layouts zu verstehen bevor man den Inhalt korrekt erfassen kann.
Das LaTeX praktisch ein vollautomatischer, professioneller Layouter und Typograf in einem ist und die Tatsache, dass man mit LaTeX beliebig lange und beliebig kompliziert aufgebaute Dokumente erstellen kann, ohne dass die jemals träge zu bearbeiten sind oder die Formatierung plötzlich in sich zusammenbricht oder gar die Dokumentdatei eines Morgens nicht mehr zu öffnen ist, machen LaTeX gegenüber Word so überlegen.
Mein längstes, beinahe täglich bearbeitetes Dokument ist eine Wissenssammlung mit derzeit mehr als 17.000 DIN-A4-Seiten und kurz nach der Jahrtausendwende begonnen worden. In dieser Wissenssammlung ist mir noch nie auch nur die kleinste am Vortag erzeugte und zu der Zeit funktionierende Formatierung auf einmal beim Ergänzen des Dokuments an einer anderen Stelle am Folgetag ,,kaputtgegangen``, wie es einigen meiner Kollegen und Studenten bei Word bis heute passiert. Meine Wissenssammlung ist selbst auf 10 Jahre alter Mobil-Hardware immer noch flüssig zu bearbeiten. Mit Word 2016 sind hingegen selbst mit aktueller Oberklasse-Desktophardware (Intel Core i7-8700K und Co.) schon naturwissenschaftliche 500-Seiten-Doktorarbeiten mit ihren Abbildungen, Formeln, Tabellen, Fußnoten und Co. nur noch sehr zäh zu bearbeiten und zeigen dann auch bei täglicher Bearbeitung gerne einmal unerklärliche Fehler. So etwas kenne ich bei LaTeX nicht. Bei LaTeX muss ich selbst einen Fehler machen damit mein Dokument einen Fehler zeigt -- und selbst bei einem Syntaxfehler zeigt mir der Kompiler beim nächsten Lauf an, wo ich den Fehler gemacht habe und ich kann ihn korrigieren.
Bei Word macht hingegen Word die Fehler, da ich ja dort nur Funktionen aufrufen kann, die Word mich aufrufen lässt und auch nur Word entscheidet wie meine Aktionen in der Dokument-Datei gespeichert werden und ich so das Dokument absichtlich gar nicht selbst zerstören kann -- leider lässt mich Word auch nicht nachsehen was für einen Fehler es gemacht haben könnte wenn es mir meine Formatierung oder gleich die Dokumentdatei zerstört.
Mit dem Begriff ``Fließtext'' bezeichnet man übrigens meines Wissens nach Text der um Objekte wie Abbildungen im Text ,,herumfließt``. Das ist ein Fall, der in wissenschaftlicher Literatur ebenfalls bei den meisten Autoren verpönt ist und eher aus Platzmangel im oft mit Layout-Software wie InDesign und QuarkXpress erzeugten Individuallayout von Magazinen und Zeitschriften genutzt wird. LaTeX kann auch Fließtext erzeugen, aber da dies die für das Lesen optimale Zeilenlänge innerhalb des Satzspiegels er Seite drastisch verkürzt ist diese Praxis unter Autoren längerer wissenschaftlicher Abhandlungen eher selten anzutreffen, da irgendwo anders hinspringender Text den Leser auf Dauer eher ermüdet. Das bringt einen bei einem 3-Spalten-Magazinartikel vielleicht nicht um -- bei einer 500-Seiten-Doktorarbeit nervt es dann aber irgendwann gewaltig, wenn man die ganz durchlesen muss. und ständig Abbildungen den Text verschieben und so den Lesefluß behindern.
new Account() schrieb:
Wie findest du denn den Fehler in der Formel? Via Kompiler (der auf einem Surface eine geschlagene Minute für 20 Seiten braucht) auf dem Feature-Phone?
Nein, nicht via LaTeX-Kompiler, denn der läuft auf einem Feature-Phone normalerweise genausowenig wie die MS Office Apps. Den Kompiler brauche ist erst am Ende -- also nachdem ich die Formel im LaTeX-Quelltext komplett korrigiert habe -- um das fertig gesetzte PDF zu kompilieren. Editieren tue ich die Formel und auch Vektorgrafik-Zeichnungen, Tabellen und Co. in Textform in einem normalen Texteditor. Deshalb klappt das ja auch in einem E-Mail-Texteditor auf einem Feature-Phone. In ein fertig gesetztes PDF kompilieren, in dem die Formel dann nicht mehr als Text, sondern graphisch dargestellt wird, kann ich das Dokument danach auf einem Rechner auf dem LaTeX installiert ist oder auch vom Feature-Phone mit Internetzugang aus auf einer der LaTeX-Compiler-Webseiten im Internet. Deshalb kann ich meine LaTeX-Dokumente eben auch auf Geräten vollumfänglich editieren, auf denen sich gar kein LaTeX installieren lässt aber ein gewöhnlicher ASCII-Texteditor vorhanden ist, den fast jedes Kommunikationsgerät mit einem vollwertigen Betriebssystem heute mitbringt.
new Account() schrieb:
Via Kompiler (der auf einem Surface eine geschlagene Minute für 20 Seiten braucht) auf dem Feature-Phone?
Auf meinem alten Intel Core-2-Duo-Desktop zu Hause hat die Kompilierung meiner 17.000-Seiten-Wissenssammlung gerade keine 10 Minuten gedauert -- wohlgemerkt mit einer 5400 UpM ,,Green``-Energiesparfestplatte als System- und Datenfestplatte, also ohne SSD -- und bei der Dokumenterstellung sind mehrere tausend Bilddateien vom Kompiler von der Festplatte einzulesen.
Bei dem 54-seitigen, wissenschaftlichen Bericht mit etlichen Abbildungen, Tabellen und Formeln, den ich gerade einfach einmal testweise kompiliert habe, blitzt auf derselben Hardware nach Abschicken des Kompilier-Kommandos aus meinem Editor an die pdflatex.exe (3 Kompilierdurchläufe, damit auch alle Seitenzahlen und Referenzen im PDF sicher auf aktuellem Stand sind) nach weniger als 5 Sekunden die PDF-Anzeige mit dem neu kompilierten Dokument auf -- und ich habe, wie schon erwähnt, eine Energiesparfestplatte mit 5400 UpM verbaut von der die einzubindenden Bilder beim Kompilieren erst noch gelesen werden müssen -- mit einer SSD sollte das noch schneller gehen.
Wieso ein mit einer SSD bestücktes Surface, dass es im Jahre 2007, also als ich diesen Rechner hier gekauft habe, noch gar nicht gab, da heute eine ganze Minute für lächerliche 20 Seiten braucht kann ich mir nicht erklären. Da ist mein Notebook von 2004 mit Pentium M 1,6 GHz und 4500-UpM-Festplatte beim Kompilieren meines 54-Seiten-Dokument noch weit schneller. Normal ist das mit dem Surface also sicher nicht -- es seit denn auf jeder der 20 Seiten des Dokuments ist ein Bild im Vollformat eingebunden und die Bilder sind auf der SSD jeweils etliche hundert Megabytes groß, so dass das Einlesen und Kleinrechnen der Bilder für die PDF-Erzeugung so lange dauert -- aber das nehme ich mal nicht an, oder? ;-)
new Account() schrieb:
Nimm doch einfach eine der vorgefertigten Formatvorlagen. Da verschiebt sich auch nichts unglücklich. Automatisches Layout der Bilder/Quelltexte geht in Word auch.
Für meine letzte Arbeit in Word, einen keine 150 Seiten langen Bericht im Jahre 2015 mit Word 2013, habe ich eine selbstzusammengebastelte Formatvorlage benutzt. Das es in einer solchen möglich ist beispielsweise eingegebene Formeln und Bilder frei im Text und auch über Seitengrenzen hinweg gleiten und zwecks Referenzierung im Text automatisch durchnummerieren zu lassen wäre mir neu. Das hat damals noch nicht einmal der Kollege hinbekommen, der seit den 90er Jahren durchgängig mit Word arbeitet und z. B. auch VBScript, Serienbrieffunktionen für genderspezifische Anrede und Co. regelmäßig nutzt.
new Account() schrieb:
kann man sichtbar machen, falls dir das noch nicht aufgefallen ist.
Die einzigen Steuerzeichen, die ich in Word bisher eingeblendet bekommen habe, waren so etwas wie Zeilenumbrüche, Seitenumbrüche und Space-Bar-Betätigunen im Text. Steuerzeichen die Text fett oder etwa in der Farbe rot setzen habe ich in Word selbst noch nie gesehen. Diese internen Befehle kann man meines Wissens nach nur aus dem Hauptspeicher beim Arbeiten mit Word oder aus der von Word gespeicherten Dokumentdatei auslesen. In Word selbst bekommt man die nach meinem Wissenstand nicht zu Gesicht. Da sieht man lediglich die fettgedruckte oder rote Schrift, aber nicht die zugehörigen Steuerzeichen, die Word anweisen die Schrift fett oder rot zu setzen. Aber ich lasse mich da gerne eines Besseren belehren.