Loptr schrieb:
Millionen Menschen sehen solche Artikel, kritisieren die Rezepturänderung und können ihre Kaufkraft nicht kanalisieren, um den Produzenten zur Rückänderung zu bewegen. Wie soll das bei Verpackungen und co. funktionieren, ganz ohne mediale Unterstützung?
DIe meisten Lebensmittelhändler achten darauf, welche Produkte gekauft werden, und welche nicht.
Wird ein Produkt mit geänderter Rezeptur nicht gekauft, oder einfach signifikant weniger, als ein ähnliches Produkt mit besserem Preis-Menge-Verhältnis, dann gehen die Absatzzahlen zurück, Verfallsdatenüberschreitungen nehmen zu und dann wird per geringerer Bestellung nachreguliert.
Genauso reagiert der Großhandel auf das geänderte Bestellverhalten der Einzelhändler.
Die geringere Bestellung fällt letztlich beim Hersteller auf, und wenn sie nicht durch Steigerungen anderswo kompensiert werden können, so bedeutet das einen kleineren Marktanteil.
WENN es so ist, dann wird das Unternehmen darauf reagieren ... mindestens mit einer Marketingkampagne mit dem Thema "jetzt wieder nach altem Rezept". Da es aber insgesamt etwas dauert, bis so ein Marktsignal durch die gesamte Lieferkette bis zum Produzenten gelaufen ist, weiß bis dahin eh keiner mehr, wie die alte Rezeptur eigentlich geschmeckt hat. Man ändert einfach irgendwas in Richtung altes Rezept, und schon die Medienkampagne sorgt dafür, dass es einigen Menschen schon besser schmeckt ... (Auto-)Suggestion ist eine wichtige Waffe des Marketing.
Aber (und das ist ein dickes aber):
Es gibt weltweit Milliarden Konsumenten ... und wenn die neue Rezeptur in Indien, China, den USA und Brasilien funktioniert, dann kommt nur beim Hersteller an "Oh ... in Deutschland geht der Absatz zurück".
Auf nationaler Ebene dann eben "Oh ... in Hamburg ist der Absatz rückläufig".
Oder sogar unternehmensintern ... "Oh ... in Filiale XY geht Produkt Z gerade nicht gut".
Aber es gibt auf allen drei Ebenen die Möglkichkeit, dass der Absatz anderswo steigt ... in dem Fall müssen lediglich die Warenströme etwas umorganisiert werden und eine Produktänderung ist zunächst unnötig (es geht ja immer um Wachstum, also sind rückgängige Absatzzahlen in keinem Marktsegment einfach tolerierbar).
Natürlich gibt es zum Kaufverhalten ein Monitoring auf allen Ebenen entlang der Lieferkette und genauso wird drauf reagiert, wenn ein geändertes Konsumverhalten eintritt ... GERADE, wenn man mit neuen Rezepturen herumfuddelt, kannst du einen drauf lassen, dass irgendwo genauestens beobachtet und dokumentiert wird, wie der Markt das Produkt annimmt (ich wohne in Bielefeld und hier sitzt die Entwicklungsabteilung von Dr. Oetker ... in meiner Studentenzeit gab es einen Job bei der studentischen Arbeitsvermittlung eigentlich immer ... Produkttester bei Dr. Schmötker ... die lassen keine Rezepte auf die Kunden los, die nicht wenigstens irgendwer gemocht hat)
Nur durch sein Kaufverhalten hat der Konsument auch Macht ... aber eben nicht als Einzelner, sondern nur in Masse.
Und wie gesagt ... es geht teilweise um Milliarden Konsumenten, die sich über irgendwas auch erstmal einig sein müssen.
Es gibt vor allem eines nicht - den einheitlichen Geschmack und so mancher findet die neue Rezeptur eventuell sogar leckerer und da kann man dann halt einfach nichts machen, ausser es nicht zu kaufen und zu konsumieren.
Und noch etwas ist sicher: Man sollte nicht erwarten, dass aufgrund der eigenen Aktivität schnell eine Änderung eintritt oder dass diese Änderung die individuell gewünschte Richtung hat.
Ich hätte vor 15 Jahren zum Beispiel nicht gedacht, dass wir den EE-Ausbau so hart verkacken, dass wir ein paar AKWs weiterlaufen lassen müssen, um von Kohle, Öl und Gas aus Russland weg zu kommen und Menschen sogar ernsthaft vorschlagen, neue AKWs zu bauen.
Und was hat dazu geführt, dass wir von Kohle, Gas und Öl nun tatsächlich weg wollen? Die Klimaziele haben nicht gereicht. Da musste erst "der Russe" einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg vom Zaun brechen und das musste sich auf die Preise für nahezu alles auswirken.
Jetzt wollen plötzlich alle zu Energieträgern zurück, die nicht so teuer sind (und ganz nebenbei auch weniger CO2 produzieren).
Und Mancher glaubte mal, dass eine extrem hohe CO2-Abgabe nichts bringen würde ... haha ... so kann man sich irren. Natürlich bringt das was, aber die Leute drehen halt (verständlicherweise) etwas am Rad.
Bezüglich Packungsverkleinerungen.
Marlboro hat Jubiläum (50 Jahre oder so) und nun sind in der Schachtel für 10,- statt 31 nur noch 29 Zigaretten.
Als Raucher ist man das aber gewöhnt. Wenn's eine Weile nicht teurer wird, dann ist immer weniger drin.