ohlschirr schrieb:
Wovor habt ihr denn nun wirklich Angst?
Ich hab Angst um meine Freiheit.
Grundrechte und Menschenrechte sind die Basis, die müssen immer garantiert sein. Auch für vermeintliche und echte Verbrecher und Kriminelle - das ist das, was einen Rechtsstaat von einem Unrechtsstaat unterscheidet.
Wie willst du denn sonst gegen die Verbrecher im Internet vorgehen?
Ich frage mich: welche Verbrechen im Internet denn? Und welche Verbrechen rechtfertigen eine Totalüberwachung und eine Umkehr der Unschuldsvermutung?
Außerdem gibt es das Internet nicht erst seit dem 21. Jahrhundert. Warum also gerade jetzt plötzlich? Ach ja, stimmt, Echelon usw. gibt's ja schon länger.
Auch hast du immer noch nicht begriffen, dass es beim BND gerade nicht um Verbrechen wie Kinderpornos usw. geht. Da geht es nur um staatsgefährdende Tätigkeiten. Ein Geheimdienst ist nicht wirklich dazu da, einzelne Bürger zu schützen.
Zynischerweise hört man immer wieder von Politikern, das Internet dürfe kein "rechtsfreier Raum" sein - aber auf der anderen Seite soll unkontrollierte und unbeschränkte Datenerfassung im rechtsfreien Raum Ausland und Weltraum dann legal sein. Denk mal drüber nach.
Übrigens habe ich es bereits angeschnitten: Missbrauchspotential. Dem wird Tür und Tor geöffnet.
Jetzt stell dir mal einen "bösen Snowden" vor, der Daten klaut und verkauft. Das ist Missbrauch durch Dritte.
Verwirrungstaktik, Desinformation, Denunziation - wird leichter durch Totalüberwachung.
Oder was, wenn die Regierung (eine neue z.B.) mal ihre Meinung ändert und plötzlich mal alle Anhänger einer bestimmten Partei oder Religion als "Terroristen" deklariert? Oder alle, die sich kritisch äußern? Ist die Möglichkeit erst mal da, ist die Versuchung groß. Und dann rutschen wir ganz schnell zu Orwell ab.
Ich möchte nicht die Verantwortung dafür übernehmen, dass durch Verweigerung von Datenstromkontrolle Menschen zu Schaden oder gar zu Tode kommen und du / ihr sicher auch nicht.
Oh doch. Ich lebe lieber mit dem ohnehin absolut unvermeidbaren Risiko, von irgendwelchen kranken Terroristen in die Luft gesprengt zu werden, als mich mit 100%iger Wahrscheinlichkeit lückenlos von einem oder mehreren Staaten überwachen, verfolgen und einschränken zu lassen.
Diese Güterabwägung ist freilich nicht ganz einfach.
Wie gesagt: durch regelmäßige Hausdurchsuchungen ohne richterlichen Beschluss und ohne Vorwarnung (am besten noch ohne Anwesenheit der Bewohner) einfach mal vorsichtshalber bei jedem ließen sich bestimmt auch etliche Drogen- und Waffendelikte verhindern bzw. aufklären. Wärst du deswegen auch dafür? Oder sind Privatsphäre, informationelle Selbstbestimmung und Unschuldsvermutung doch schützenswert?
Du darfst nicht immer nur an die "Bösen" denken, du musst auch massiv in Betracht ziehen, was das für Auswirkungen auf die "Unschuldigen" hat. Und nochmal: beide haben unveräußerliche Menschen- und Grundrechte!
Wie kann man einer Regierung, die noch dazu immer wieder zeigt keinen Plan vom Internet zu haben, bei einem so sensitiven Thema so blind vertrauen...
Wie hat eigentlich das MfS und die SED die Spionagetätigkeiten gegen die eigenen Bürger verkauft? So als Denkansatz. Im Übrigen waren deren Möglichkeiten, Datenmengen und Erkenntnisse im Vergleich zur NSA nun wirklich geradezu lächerlich.
Echte Verbrechensbekämpfung hätte erst mal andere, sinnvollere Ansatzpunkte. Genügend richtig ausgebildete Polizisten z.B. und richtige Ausstattung für ermittelnde Beamte. Lächerlich an der Stelle z.B. die Einheiten zur Bekämpfung von echter Online-Kriminalität: too little, too late, überarbeitet, usw. Ganz abgesehen von der Vollzugs- und Durchsetzungsproblematik (Ausland!), die auch und v.a. bei Vorratsdatenspeicherung am Ende des Tages wieder einen Strich durch die Rechnung macht.
Man könnte auch durch etwas andere Rechtsprechung Wiederholungstaten verringern.
Aber warum ist da kein Interesse da? Warum soll stattdessen alles und jeder permanent überwacht werden?