ohlschirr schrieb:
Straffreiheit im Internet wird es nicht geben
Darum geht es auch gar nicht. Gibt es im Moment übrigens auch schon nicht - wozu also noch VDS, geheime Onlinedurchsuchungen, Zensur und Geheimdienstspäherei (=Mittel und Kennzeichen eines totalitären Staates)?
Wir leben in keiner unsicheren Gesellschaft. Aber in einer, die immer unfreier wird.
Folglich muss kontrolliert und überwacht werden. Damit sind die meisten Menschen, vernünftigerweise, einverstanden.
Zu Argumentieren Gefahren gibt es anderswo auch oder die Regierenden wären in übler Absicht unterwegs sind destruktiv und es nicht Wert weiter darauf einzugehen.
Du unterstellst hier allen, die nicht deiner Meinung sind, Unvernunft. Keine besonders tolle und überzeugende Argumentationsebene, solch ein Argumentum ad hominem. Es gibt nun mal Menschen, die eine andere Ansicht haben, die eine Güterabwägung betreiben und das ihrer (und meiner) Ansicht nach höhere Gut viel höher einschätzen.
Außerdem glaube ich nicht, dass dir wirklich eine Mehrheit zustimmen würde, wenn man beide Seiten vollständig darlegt.
Der Schluss "es gibt keine Straffreiheit" --> "Überwachung muss sein" ist übrigens nicht logisch und löchrig wie ein schweizer Käse.
Er impliziert auch, dass Überwachung in allen anderen Bereichen gewünscht ist, etwas was du mit "Gefahren gibt es anderswo [...] ist destruktiv" beiseite wischt. Warum sollte das Internet in dieser Hinsicht ausgezeichnet sein? Warum nicht auch anderswo, wo ist der fundamentale, moralische Unterschied?
Irgendwie funktioniert es ja anscheinend auch, dass sich die Leute nicht dauernd gegenseitig umbringen oder bestehlen, wenn grade mal kein Polizist in der Nähe ist. Und Bestrafung laut Gesetz gibt es auch, obwohl nicht überall Kameras hängen. Ergo, der Schluss ist keinesfalls so zwingend.
Und dass die Regierung zur Zeit "üble Absichten" hat, ist keine Voraussetzung für alle genannten Bedenken. Lies nochmal meine Absätze über Missbrauchspotential erster, zweiter und dritter. Dabei beachten, dass das faktisch gigantische Missbrauchspotential noch nicht einmal das größte Gegenargument darstellt.
müssen auch die Regeln + Gesetze Online eingehalten werden
Ja, auch vom BND! Ich verweise da auf meinen verlinkten Artikel bei Golem.de. Du sagst "das Internet darf kein rechtsfreier Raum sein, deswegen darf da spioniert werden", aber der BND sagt "der Weltraum ist ein rechtsfreier Raum, deswegen darf da spioniert werden"... Das ist nicht mehr ironisch, sondern zynisch.
Menschenrechte hängen davon ab, ob man Mensch ist. Nicht davon, ob man grad auf der Erde oder in einem bestimmten Teil davon weilt.
Leider wird dagegen massiv verstossen, mit Cybermobbing Menschen in den Suizid getrieben, Betrügereien aller Schweregrade, Menschenhandel, Pädophilie, Terrorvorbereitungen etc.
Nur letzteres fällt in den Bereich eines Geheimdienstes. Und selbst da ist die Totalüberwachung offenbar eher nutzlos: so konnte weder die NSA vor dem Kongress noch der BND vor dem Untersuchungsausschuss irgendeinen konkreten Fall auch nur anonym aufzählen, der ihnen ohne Prism o.Ä. durch die Lappen gegangen wäre.
Oder man denke mal an die Rechtsterroristen von der NSU, während deren Aktivität sogar die Vorratsdatenspeicherung (VDS) in Deutschland aktiv war. Und hat's da was gebracht? Nein! Zusätzlich ist dort auch noch die Blindheit, fast schon Dummheit, diverser Dienste anzuprangern. (Warum sollte die übrigens gerade wegen einer VDS oder anderen staatlichen Spähprogrammen nicht mehr auftreten?)
Die meisten anderen aufgezählten Fälle fallen selbst mit (!) VDS usw. durch's Raster wegen 'Irrelevanz'.
Du tust, wie übrigens fast alle befürwortenden Politiker, geradezu so, als ob sich diese Probleme einfach und allein durch VDS etc. lösen ließen. So nach dem Motto "Aufzeichnung an, keine Kriminalität mehr". Das ist ein gravierender Denkfehler. Organisierte Kriminalität weiß sich durchaus in gewissem Maße zu schützen. Und selbst wenn z.B. die Polizei dann mal was mitbekommt, dann gibt es noch nicht mal für die ohne VDS bekannte Kriminalität genügend Personal und Zeit, das alles abzuarbeiten. Wie soll es also mit VDS mehr Zeit und Ermittlungserfolge geben? Genau, die Mittel, die auch so zu mehr Erfolg führen würden, tun dies in gleichem Maße mit VDS. VDS allein bringt überhaupt nichts, außer Grundrechtsverletzungen.
An der Stelle werfe ich auch mal die BKA-Studie vom Max-Planck-Institut und diverse Erkenntnisse aus der Schweiz ein, wonach sich weder die Kriminalität noch die Aufklärungsquote während des Einsatzes von VDS auch nur irgendwie statistisch signifikant verändert hat.
Wenn diese massive Einschränkung aller Bürger samt Einführung des Generalverdachts nicht mal liefern kann was sie verspricht, braucht man auch nicht anfangen eine Güterabwägung zu betreiben sondern man kann ganz einfach im rein praktischen Sinne einsehen, dass es unnötig ist. Eine nicht unwichtige Tatsache, die bei der ganzen Diskussion auch gerne überfahren wird.
Da kann man doch nicht ernsthaft für ein "freies Internet" sein! Das bedeutet doch Täterschutz!
Eine schon sehr radikale Einstellung...
Das, was unsere Gerichte teilweise tun, das ist Täterschutz. Um die Opfer kümmert sich da meist kaum einer.
Gegen das Aufheben der Unschuldsvermutung und für Privatsphäre zu sein, bedeutet Schutz von unbescholtenen, normalen Bürgern, also der gewaltigen Mehrheit.
Und ja, sobald es um die Menschen- und Bürgerrechte der großen Mehrheit (!) geht, bin ich 'radikal', da muss einfach eine rote Linie gezogen werden. Und ich bin nicht nur für freies Internet, sondern für maximale Freiheit generell, überall: Gedankenfreiheit, Redefreiheit, Meinungsfreiheit, Religionsfreiheit, Freizügigkeit, etc. etc. pp.
Und selbst ein Täter hat diese Rechte. Oder gibt es eine magische Grenze (Raub? Totschlag? Mord?), ab der diese universellen Rechte verwirkt sind? Und das dann auch noch a priori ab Verdacht und nicht erst nach Beweis? Oder gleich ohne Verdacht, könnt ja sein dass...??
Und ich sehe von dir weiterhin weder Belege noch jedwedes Eingehen auf Vergleiche, Argumente und Fragen - sondern nur Platitüden und leere Worthülsen bzw. Buzzwords, die meist (auch in der Verwendung von anderen) dazu dienen, als gehaltloses Totschlagargument eine echte Diskussion zu ersticken.
(Ach ja, ich kann mich da noch an eine furchtbare Diskussion mit einem JU-ler auf diesjähriger Gamescom erinnern. Der meinte zum Schluss auch nur noch: "Depp".)