b-runner schrieb:
...ALG II-Ehepaar mit 1 Kind unter 14 Jahren:
828 € Regelleistung für den Lebensunterhalt
542 € Brutto-Warmmiete
154 € Kindergeld
Macht in der Summe: 1524 €
Und ein Ehepaar mit einem von der EU-Sozialcharta gefordertem Mindestlohn von 60% des Durchschnittslohns, was in DE wohl 7,20 entspricht und 40-Stundenwoche verdient pro Monat etwa
2.500 Euro pro Monat - also was soll mir deine Rechnung sagen? Dass es in Deutschland auch Löhne gibt, die unterirdisch sind? Das wussten wir auch vorher.
Eine Angestellte einer Hamburger Tageszeitung hat mal für eine Serie in der Zeitung einen Monat lang nach ALG2-Norm gelebt und dabei hat sich herausgestellt, dass es eigentlich nur funktioniert, wenn man sich nicht mehr gesund ernährt - sie hats einen Monat gemacht und kam zu dem Resultat, das es eigentlich unzumutbar ist.
Einige vergessen, dass der Regelsatz ein
Höchstsatz ist, den man nur unter günstigsten Bedingungen bekommt.
Und was die Zusatzzuwendungen, die sich angeblich ach so viele erschleichen, betrifft:
Als ALG2-Empfänger darf man, wie früher Sozialhilfeempfänger, genau
einen Esstisch haben und keinen Deut mehr, man darf
eine Couch haben und man hat die Wahl zwischen Computer, Fernseher oder Radio, wegen dem Recht auf Information, alles darüber hinaus kann mit dem erlaubten Besitzrechtssatz von Hartz IV, das pro Lebensjahr soundso viele Euros frei stellt, aufgewogen werden, so dass man damit auch noch genug Wertbesitzrecht für ein Auto hat, wenn man über 30 ist. Mit Anfang 20 müsste ich aber belegen, dass ich das Auto für die Arbeitssuche brauche, damit es mir nicht bei ALG2 abgerechnet werden kann.
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Die Ursache für den Aktuellen Arbeitsmarkt ist folgendes:
Nach der Wende hat Kohl in der Bauwirtschaft eine derart übertriebene Fördermaßname eingerichtet, dass alles gebaut wurde, was auch nur im entferntesten einen auch nur theoretischen zweck erfüllen könnte (heutwe 60% Leerstand in vielen Ostdeutschen Städten, in denen damals drastisch gebaut wurde), das führte dazu, dass überdurchschnittliche viele Leute in der Bauwirtschaft ausgebildet wurden und zwar viel mehr, als auch langfristig gebraucht werden. Seit fünf Jahren gibt es schlichtweg nichts mehr zu bauen, da das, was in den 90ern zu viel gebaut wurde jetzt erastmal 50 Jahre Bestand hat, daher sind in der Bauwirtschaft in extremen Ausmaßen zu viele Leute auf Arbeitssuche. Die haben die Sozialsysteme so stark belastet, dass eben auch andere Berufsgruppen mitabgestürzt sind.
Die Lösung:
Zwänge, die es eh schon gibt, noch weiter zu verschärfen bringt nichts, weil Leute die gezwungen werden in ihrem Berufsfeld allem hinterherzurennen haben weder Zeit noch die psychologische Verfassung an Umschulungen oder Wieterbildungen erfolgreich und gewinnbringend teilzunehmen - das schlimmste sind die ABMs, wo z.B. tatsächlich wilder Wald gefegt wird (wie das Wüste durchkämmen in Spaceballs), die eher noch zu Schwund von Ausbildungswissen führen und damit die Arbeitschancen noch verschlechtern. Wir müssen fast die Hälfte ale Bauarbeiter (egal was für Baurbeiter) soweit umschulen, dass sie außerhalb der Baubranche voll berufsfähig sind. Das kostet Geld, deshalb wills niemand machen, aber je länger wir mit dem Gegensteuern zur völlig verquer liegenden Berufsverteilung warten, desto teurer kommt uns das zu stehen.
Wichtige Maßnahme #2:
Damit das Sozialsystem auch in der Übergangsphase finanziert werden kann und wir nicht wie in den USA, Groß Britannien oder Spanien Langzeitarbeitslose in die anonyme Obdachtlosichkeit zwingen müssen, muss die Quelle der Finanzierung des Sozialsystems geändert werden. Angestellteneinkommen können das faktisch nicht mehr finanzieren, woran auch die sinkenden Bruttolöhne schuld sind, was man nicht umkehren kann. Es liegt nichts näher, als das Sozialsystem zum Hauptteil aus der Mehrwertsteuer zu finzanzieren, das bedeutet wie in Skandivnavien die Sozialbeiträge auf Angestelltenlöhne weg und dafür über 20 % Mehrwertsteuer - für jeden Angestellten ist eine derartige Finanzierung günstiger, weil sie jeden, auch die selbstständigen Schönheitschirurgen trifft und auch Luxusartikel wie Ferrarris, Diamantenhalsketten usw. voll trifft, wohingegen die bisherige Regelung fast allein Angestellte trifft. Lebensnotwendige Waren fallen sowieso nicht unter die volle Mehrwertsteuer, sondern unter die verminderte, die man ja da lassen kann, wo sie ist.
Leider ist das nicht vermittelbar, weil jeder Erhöhung an jeder Stelle populistisch immer so gedeutet wird, als würde sie vor allem Arbeitnehmer treffen, dabei ist bei dieser Umfinanzierung das Gegenteil der Fall.