News Österreich: Netzsperren gegen Piraterie

Irgendwie laufen hier alle Argumente immer auf folgendes hinaus: Wenn die Filmindustrie nicht bereit ist ihre Filme zu meinen Konditionen zu vertreiben, dann habe ich das (zumindest moralische) Recht sie mir auf illegalem weg zu besorgen.

\begin rant
Ich muss schon sagen, hier herrscht ein sehr komisches Verständnis von Recht und Gerechtigkeit. Filme sind nun Mal Luxusgüter und zu welchen Konditionen eine Firma ihr Produkt vertreibt ist ganz allein ihre Sache. Und bloß weil die Verantwortlichen von Profitgier getrieben werden rechtfertigt das noch lange nicht sich unerlaubt ihr Geistiges Eigentum anzueignen.

Natürlich wäre es mir auch lieber, wenn die Firmen eher ein vernünftiges legales Angebot auf die Beine stellen würden als auf verschärfte Gesetze und Internetsperren zu drängen (vor allem letzterem sollte man wie schon gesagt auch auf keinen Fall nachgeben) aber das macht Plattformen wie Kinox.to und ihre Nutzer noch lange nicht zu edlen Wiederstandskämpfern gegen den bösen Kapitalismus sondern einfach zu Kriminellen (Betreibern) oder Leuten mit "Ich halte mich nur an Regeln, wenn sie mich nicht stören" Mentalität (Nutzer) bzw."Ich will, ich will, ich will ..."-schreienden Kindern (je nach Blickwinkel).
Ist jetzt natürlich etwas übertrieben formuliert, aber in vielen Fällen sicher nicht weit von der Realität entfernt.

\end rant
 
Miuwa schrieb:
Ich muss schon sagen, hier herrscht ein sehr komisches Verständnis von Recht und Gerechtigkeit.

So sind Menschen nunmal. Überrascht dich das wirklich?

Ich kann deinen Satz aber totzdem unterschrieben, aber bezogen auf die Rechteverwertungslobby und viele Urheber, die ins selbe Horn blasen.

Wie schon geschrieben, finde ich diesen Anspruch, mit einem bestimmten Geschäftsmodell seiner Wahl in alle Ewigkeit erfolgreich zu sein, egal wie sehr sich die (technischen) Umstände verändern, höchst fragwürdig. Das ist weder ein Grundrecht, noch etwas, was irgendeiner anderen Wirtschaftsbranche garantiert wird.
Klar, wenn man eine Milliardenindustrie mit gut organisierter Lobby ist, dann kann man sich diesen Anspruch ins Gesetzbuch und internationale Verträge schreiben lassen und man befindet sich auf der Seite der Legalität, aber gerecht wird das dadurch nicht automatisch und erst recht nicht realistisch.

Ich will die Betreiber von kommerziellen, urheberrechtsverletzenden Portalen gar nicht zu Helden machen. Aber die haben wenigstens einen Blick für die Realität und begriffen, dass man im Zeitalter von Digitalisierung aller Informationen und weltumspannender Vernetzung, Musik, Film und Co. nicht mehr wie materielles Stückgut verkaufen kann.

Die Menschen sind auch nicht allesamt plötzlich irgendwie moralisch verdorbener geworden, als im letzten Jahrhundert. Die alten Geschäftsmodelle der Musik- und Filmindustrie hätten niemals funktioniert, wenn es da schon die selben technischen Möglichkeiten gegeben hätte, Informationen rund um die Welt direkt von Mensch zu Mensch auszutauschen.
Und da kann man die Moralkeule schwingen, wie man will. Dieses Geschäftsmodell taugt dann einfach nichts. Nicht auf diesem Planeten oder in diesem Universum. Es reicht nicht, ein gutes und begehrtes Produkt zu haben, man muss sich auch realistische Wege überlegen, wie man es zu Geld machen kann.

Was die Rechteverwertungsindustrie als Recht und Gerechtigkeit fordert, ist wie eine Forderung, dass man z.B. einen Witz nicht mehr weitererzählen darf. (Bzw. höchstens im engsten Familienkreis.) Da würde sich einfach niemals jemand dran halten und sich dafür auch kein schlechtes Gewissen einreden lassen.

Wie viele andere schon geschrieben haben, wenn der Bedarf da ist, dann wird er befriedigt werden. Legal oder nicht. Nur Gesetze, die die Gesellschaft geformt hat, werden auch gelebt. Man kann nicht anders herum mit von außen aufgezwungenen Gesetzen eine Gesellschaft umformen. (An der Erschaffung des "Neuen Menschen" sind sogar die sozialistschen Regime mit all ihrer brutalen Staatsmacht gescheitert. Da wird die Rechteverwertungsindustrie auch nicht erfolgreicher sein.)

Wenn man nicht die Hälfte der Menschheit (die andere interessiert sich einfach nicht genug für Film und Musik, um sich die Mühe zu machen "raubzukoperen" ;) ) vors Gericht zerren will, und das will auch die Rechteverwertungsindustrie nicht, weil spätestens dann offensichtlich würde, wie absurd ihre Forderungen sind, die Realität an ihre Geschäftsmodelle anzupassen, oder einen albtraumhaften, weltumspannenden Polizeistaat schaffen, in dem es keine Möglichkeit zur freien, unbeobachteten und unzensierten Kommunikation mehr gibt, dann muss sich auf Seiten der Rechteverwerter und Urheber etwas bewegen.

Wie gesagt, gibt es Möglichkeiten, auch im Internetzeitalter Geld mit solchen Inhalten zu verdienen. Das zeigt sich daran, dass diese Industrie, trotz ihrer sturen Unbeweglichkeit und nur zögerlichen Zugeständnissen an die veränderten Umstände, immer noch viele Milliarden schwer ist, oder auch am Erfolg der illegalen Portale, die die Lücken füllen, die die Rechteverwertungsindustrie bisher offen lässt. Der Untergang der abendländischen Kultur und auf den Straßen verhungernde Künstler stehen uns definitiv nicht bevor.

Es wäre also angesagt, dass die Rechteverwertungsindustrie endlich diesen sinnlosen Krieg gegen die eigene Kundschaft einstellt und statt dessen konstruktiv wird.
 
Natürlich haben die Rechteinhaber, keinn Recht darauf, dass ein bestimmtes Geschäftsmodel erfolgreich ist. In einem Rechtsstaat haben sie aber sehr wohl ein Recht darauf zu bestimmen, wie ihr Material verbreitet wird. Wer mit den Koniditionen nicht einverstanden ist muss es ja nicht konsumieren (deshalb reite ich ja so auf der Tatsache herum, dass es sich um Luxusgüter handelt).

Es würde übrigens meiner Meinung nach reichen wenn nur jeder 100te Besucher von illegalen Streaming Portalen vor Gericht gezerrt und verurteilt werden würde um die Atraktivität des Marktes drastisch zu senken. Dazu müsste man aber wahrscheinlich den kompletten Internetverkehr nicht nur nach terroristische aktivitäten dursuchen und das ist ein Preis, den ich definitiv nicht bereit wäre zu zahlen (ich bin noch nicht mal damit einverstanden, dass das zur Terroristenbekämpfung gemacht wird, aber das ist ein anderes Thema).

Ansonsten kann ich deinem Post allerdings vollkommen zustimmen. Viele Abmahnkanzleien und Firmen dürften sich noch weit weniger im den Geist des Gesetztes oder die Rechte der Bürger scheren, als alle Besucher von Kinox.to zusammen
 
Miuwa schrieb:
wenn nur jeder 100te Besucher von illegalen Streaming Portalen vor Gericht gezerrt und verurteilt werden würde
Und genau das geht nicht, denn dazu fehlen die Gesetze. Streaming ist nicht illegal ... die berühmte Grauzone eben. Eine gewisse Kanzlei hat es ja mal versucht ... und ist sowas von kläglich gescheitert (was nicht nur an den fehlenden Gesetzen sondern an der Art der Datenermittlung lag). Es ist auch ganz schwer greifbar und nachvollziehbar.
Ich klicke einen Film an, der Film lädt ich habe ein Bild. Dann merke ich, ups, das ist illegal, das möchte ich nicht ... und schließe das Fenster. Ist das jetzt verboten gewesen? Oder ist das erst verboten wenn man mehr wie 50% gesehen hat?
Der Besuch einer Streaming Seite heißt nicht das man den Film auch angesehen hat ;).

Es geht aber auch nicht darum zu sagen: Wenn die Industrie nicht mein Geschäftsmodell anbietet, dann klau ich eben".
Es geht darum, dass die Industrie leider etwas schläfrig ist in dieser Sache und man mit schwachsinnigen Aktionen versucht der Situation Herr zu werden.

Und eben weil Streaming nicht verboten ist und weil es so einfach ist und weil das Risiko gegen Null geht jemals eine Abmahnung zu bekommen ... gibt es das Problem.

Es wäre also angesagt, dass die Rechteverwertungsindustrie endlich diesen sinnlosen Krieg gegen die eigene Kundschaft einstellt und statt dessen konstruktiv wird.
Ein traumhafter Satz!
 
Smily schrieb:
Und genau das geht nicht, denn dazu fehlen die Gesetze. Streaming ist nicht illegal ... die berühmte Grauzone eben.
Wieso ignorieren eigentlich immer alle, dass Grau auch 50% Schwarz enthält? Gut, in der News geht es um Österreich und da ist es meines Wissens tatsächlich erlaubt. In Deutschland hingegen gab es nur noch kein klärendes Urteil, was nicht bedeutet, dass es legal ist (noch nichtmal, dass es nicht illegal ist). Meiner persönlichen Lesart des Gesetztes nach ist es nicht erlaubt. Dort heißt es zwar (frei aus dem Gedächtnis) dass eine kurzfristige Vervielfältigung erlaubt ist, wenn sie integraler Bestandteil des Verfahrens ist (soweit ok). Die Voraussetzung ist allerdings, dass dies im Zuge einer legalen Nutzung geschieht (der letzte Teil wird gerne ignoriert).
Das heißt für mich, dass das temporäre Vervielfältigen legal ist, wenn ich von einem legalen Angebot (z.B. Amazon) streame, es jedoch nicht legal ist, wenn die Seite offensichtlich rechtswidrig ist - und Kinox.to und Konsorten sind offensichtlich rechtswidrig. Das ist natürlich nur meine Interpretation und ich bin beileibe kein Jurist. Aber mal unabhängig vom genauen Wortlaut des Gesetzes bin ich mir ziemlich sicher, dass das Streaming von Illegalen Seiten gegen den Geist des Urheberrechts verstößt und damit sollte es (in einer Idealen Welt) auch so formuliert sein, dass es da keine Unklarheiten oder Schlupflöcher gibt.
Es geht außerdem natürlich nicht um den User, der sich aus Versehen mal auf so eine Seite Verirrt(wie häufig kommt das bitte vor?). Falls man den gesamten Internetverkehr überwachen und auswerten würde wäre es kein Problem zu zeigen, dass Nutzer XY sich regelmäßig ganze Filme über dieser oder jener Seite ansieht. Abe wie schon gesagt, das ist ein Vorgehen, dass ich aufs schärfste ablehne.
Auf welche Kanzlei spielst du da eigentlich an? Bei Redtube ist meines Wissens nie ein Nutzer als Angeklagter vor Gericht gezerrt worden, sondern es wurde direkt gegen die Kanzlei geklagt. Meines Wissens hat die Medienindustrie noch nie versucht tatsächlich jemanden wegen Streaming zu verklagen, weil sie wohl Angst haben, dass er dann freigesprochen werden würde und ihre ganze Drohkulisse zusammenfällt.

Smily schrieb:
Es geht aber auch nicht darum zu sagen: Wenn die Industrie nicht mein Geschäftsmodell anbietet, dann klau ich eben".
Genau so wird hier in den Foren aber sehr häufig argumentiert. Ich bin absolut kein Freund von Gesellschaften wie der VAP oder der GVU und kann fast jeder Kritik an deren Vorgehen zustimmen, aber mit welcher Dreistigkeit hier immer wieder behauptet wird, dass man ja keine andere Wahl habe, die Medienindustrie doch selbst schuld sei und man quasi das recht hätte sich die Filme auf anderen Wegen zu besorgen wenn sie nicht im gewünschten Format zum gewünschten Preis angeboten werden spricht von einer gewissen Geisteshaltung gegenüber dem Eigentum anderer Leute, die mir manchmal sorgen macht.

Das gleiche Problem gibts auch bei Musik- und Softwarepiraterie (ich hasse das Wort). Wenn dann insbesondere bei letzterem immer wieder die mangelnde Qualität der Spiele als Legitimation aufgeführt wird, kann ich immer nur sagen: Dann besorgt es euch halt garnicht und zeigt dadurch was ihr davon haltet.

Smily schrieb:
Ein traumhafter Satz!
I agree completely
 
Miuwa schrieb:
Filme sind nun Mal Luxusgüter und zu welchen Konditionen eine Firma ihr Produkt vertreibt ist ganz allein ihre Sache. Und bloß weil die Verantwortlichen von Profitgier getrieben werden rechtfertigt das noch lange nicht sich unerlaubt ihr Geistiges Eigentum anzueignen.


Nun was ist ein Luxusgut? Wenn Du alles was kein essentielles Bedürfnis darstellt (Essen, Trinken, Luft, Kleidung, Wohnung), dann machst es Dir zu leicht. Sicherlich wird so mancher Bewohner eines 3. Welt Landes deine Ansicht teilen, wenn er schon Probleme hat seine Familie zu ernähren. Doch in unseren Breitengraden muß man die Sache schon differenzierter betrachten. Gerade die Filmindustrie versucht alles um gerade bei Serien den Konsum zu einem essentiellen Bedürfnis zu machen. Und tatsächlich gibt es Leute die in Verzweiflung fallen wenn eine Serie abgesetzt wird. Oder weibliche Teenager die Suizid begehen, wenn eine berühmte Boygroup sich auflöst. K.A. wie die Gruppe hieß. in der Robin Williams früher drin war, aber ich kann mich noch gut an die Fernsehberichte erinnern wo junge Mädchen in Verzweiflung schluchzend im TV erklärten ihr gesamter Lebensinhalt wäre zunichte gemacht worden. Das stellt für die Content-Mafia den idealen Konsumenten dar, so sollte jeder von uns sein.

Ich finde schon, daß das Fehlen jeglicher Moral durchaus ein entsprechendes Verhalten auf der Gegenseite rechtfertigt. Vielleicht nicht im juristischen Sinne, doch von dieser Seite erwartet doch sowieso kein Mensch Gerechtigkeit. Das ist nicht nur die Meinung der meisten Bürger, viele Juristen (z.B. meine Schwester, die praktizierende Anwältin in Berlin ist) äußern sich ähnlich.

In Sachen Medienkonsum findet eine Ausbeutung des Konsumenten dar, das ist Fakt. Wenn der einzelne aber von vorneherein keine Chance - nicht mal eine theoretische - hat sich dagegen zu wehren, dann ist ziviler Ungehorsam meist der einzige Ausweg. Konsumverzicht ist aber kein Weg, das fordern immer wieder nur die Leute, deren Konsum entweder minimal oder nicht vorhanden ist. Da sind durchaus Parallelen zum Drogenkonsum zu sehen.

Es ist sehr einfach über Drogenkonsum zu urteilen, wenn man nie abhängig war. Das Totschlagargument: "wenn ich stark genug bin um Drogen zu widerstehen, kann ich das von jedem anderen auch verlangen", zeugt nur von einem selbstgerechten, menschenfeindlichen Bild. Eine Mischung aus "Eure Armut kotzt mich an" und "Eure Schwäche kotzt mich an".
 
Recht hat tatsächlich nichts mit Gerechtigkeit oder Gerechtigkeitsempfinden zu tun, auch nicht unbedingt mit Logik. Da ist viel "das ist jetzt einfach so, bis jemand kommt und das ändert und dann ist das wieder anders."

Aber genau wie für den Nutzer das Streamen einer "Grauzone" ist (und der Schwarzanteil ist ohne entsprechendes Gesetzt total egal) so ist das "Sperrenlassen" ebenfalls eine "Grauzone". Rechteinhaber machen Lobbyarbeit und bedrängen Regierungen und vor allem Verwaltungen solange mit ihrem Anliegen, bis sie haben was sie wollen.
Eine Website verbieten zu lassen, ohne gesetzliche Grundlage, das ist möglich. Viel Druck an der richtigen Stelle, ein achtloses Urteil (im Einzelfall) und
heraus kommt ein wichtig aussehnder Brief mit vielen Stempeln der dafür sorgt, das die ISPs den Kopf einziehen.
 
Miuwa schrieb:
Ich bin absolut kein Freund von Gesellschaften wie der VAP oder der GVU und kann fast jeder Kritik an deren Vorgehen zustimmen, aber mit welcher Dreistigkeit hier immer wieder behauptet wird, dass man ja keine andere Wahl habe, die Medienindustrie doch selbst schuld sei

In Anbetracht dessen dass die GVU selbst gerne gegen das Gesetz verstößt, kann ich nachvollziehen wenn die Leute kein schlechtes Gewissen haben. Wie kann man von jemandem verlangen sich an Gesetze zu halten wenn man es selbst nicht tut?
 
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