Jolly91 schrieb:
Was sagt ihr zu unserem Verteidigungsminister?
Um auf die Kernfrage dieses Threads zurückzukommen: Eigentlich nichts, denn den Mann war mir bisher nicht mal namentlich bekannt.
Andererseits fällt mir eine Menge ein zu Fragen, die darüber hinaus in diesem Thread aufgeworfen worden sind. Zunächst die Grundfrage: Braucht Österreich Abfangjäger? Ja, denn jeder souveräne Staat muss in der Lage sein, seinen Luftraum kontrollieren zu können. Es geht dabei gar nicht um militärische Angriffe anderer Staaten oder Terrorismus, was ja auch sehr deutlich in der bisherigen und auch zukünftigen Anzahl der österreichischen Abjangjäger zum Ausdruck kommt. Nein, es geht dabei um eine ganz simple Frage: Wenn ein Flugzeug in den Luftraum eines Staates einfliegt und sich nicht zu erkennen gibt, dann muss halt jemand zu diesem Flugzeug hinfliegen, um zu schauen, was Sache ist. Um dann z.B. einen Zivilflieger mit technischen Problemen und einem Ausfall der Funkanlage sicher zum nächsten Landeplatz zu leiten.
In Europa gibt es einige Länder (ohne Zwergstaaten), die diese Fähigkeit der
air police nicht selber vorhalten, und zwar Slowenien, Estland, Litauen und Lettland. Das sind aber NATO-Staaten, die die Luftpolizei auf eben die NATO übertragen haben. In den baltischen Staaten werden in einem rotierenden System Abfangjäger aus anderen NATO-Staaten stationiert, die dann diese Funktion wahrnehmen. Slowenien ist nur ein paar Flugminuten vom Luftstützpunkt Aviano in Norditalien entfernt, und so spielen eben dort stationierte italienische und amerikanische Jagdflugzeuge die slowenische Luftpolizei.
Österreich gehört keinem Militärbündnis an, und muss daher - afaik ist das sogar eine völkerrechtliche Verpflichtung - selbst für die Sicherheit seines Luftraumes sorgen.
Und dazu braucht es Abfangjäger. Die Saab Draken
mussten außer Dienst gestellt werden, da keine Ersatzteile mehr verfügbar waren. Die F-5 Tiger aus der Schweiz, ebenfalls ein sehr altes Flugzeug, waren nur als Übergangslösung gedacht, und werden übrigens nur aus der Schweiz geleast, aber komplett vom österreichischen Bundesheer betrieben und von österreichischen Piloten geflogen. Was sollte danach kommen?
Ich fand die österreichische Entscheidung für den Eurofighter eigentlich ziemlich clever. Ein neues Flugzeug ist zwar relativ teuer im Vergleich zum bisherigen gebrauchten Gerät, aber als erster Exportkunde konnte Österreich sehr gut handeln und sehr weitgehende Kompensationsgeschäfte aushandeln. Dafür ist ein neues Flugzeug relativ günstig im Unterhalt, was direkt den österreichischen Steuerzahler entlastet. Zumal die Beschaffungsfrage offenbar traditionell sehr emotional geführt wird, und mit dem Eurofighter wäre erstmal für mindestens 30 Jahre Ruhe, während sich bei Fortsetzung der Beschaffung von Oldtimern in etwa 10 Jahren erneut die Nachfolgefrage gestellt hätte.
Dem verlinkten Bericht zufolge wäre zu vermuten, dass die Reduzierung der Stückzahl den österreichischen Staat aufgrund Verlusten bei den Kompensationsgeschäften mehr kostet als durch den vermiedenen Kaufpreis eingespart wird. Hat da jemand mehr Informationen?
Wenn das so wäre, dann hätte der gute Mann tatsächlich mit Zitronen gehandelt, und sein politischer Sachverstand müsste angezweifelt werden. Oder - mit leicht zynischer Sichtweise - sein politisches Genie müsste bewundert werden, weil er für den beklatschten offensichtlichen Erfolg - weniger Jadgflugzeuge werden ja auch in diesem Thread mehrheitlich als erstrebenswertes Ziel angesehen - offenbar mit langfristigen und eher unbeachteten Nachteilen gelassen umgehen konnte.
Um es nochmal zu betonen: Vom Aufbau eines militärischen Abschreckungs- oder sogar Bedrohungspotentials kann bei der in Rede stehenden Anzahl der österreichischen Eurofighter nicht die Rede sein!
Wieviel Abfangjäger erforderlich sind, um eine funktionierende
air police zu gewährleisten, entzieht sich meiner Kenntnis. Ich habe etwas in der Erinnerung von je einem Drittel aktiv, in erweiterter Bereitschaft und in der Wartung. Bein 18 Maschinen wären das 6 in der Einsatzbereitschaft, bei 13 nur noch 4. Macht entweder 3 oder 2 Alarmrotten, da immer zu zweit gestartet wird.
Westdeutschland hatte zur Zeit des kalten Krieges immer zwei Alarmrotten einsatzbereit. Eigentlich sollte das für Österreich heutzutage locker reichen. An der Entscheidung für 13 Flugzeuge kann ich also nur wenig falsches erkennen, es sei denn, sie ist im Endeffekt teurer als die Beschaffung der ursprünglichen 18. Zumal weniger Maschinen intensiver geflogen werden als eine größere Anzahl, was dann wieder zu Lasten der Lebensdauer insgesamt geht.
Viele Grüße, Tiguar