CyrionX schrieb:
Darum finde ich, dass liberale Ansichten von alleine entstehen aus ihrer eigenen Notwendigkeit heraus
Ich bin beeindruckt von deinem Post, davor ziehe ich meinen Hut, wenn ich einen hätte. Endlich mal etwas was das Denken anregt
CyrionX schrieb:
Wurde dieser liberale Zustand erreicht und gefestigt, kann er sogar als konservativer Zustand gelten wenn neue liberale Forderungen entstehen.
Das sehe ich ebenfalls und die Frage, die ich mir dabei stelle ist, wie weit es denn noch gehen soll. Ich muss da auch ans overton window denken, was politisch seit Jahren nach links (liberal) verschoben wird mit all den Konsequenzen, die sich daraus ergeben.
Konkret denke ich da an manche Städte Kaliforniens, wo die Drogenpolitik und Strafverfolgung mittlerweile derart "liberal" sind, dass die Lebensqualität dort erheblich anfängt zu sinken, wenn z.b. an zig Straßenecken Junkies und Obdachlose ihre Zelte aufschlagen, erste große Geschäftsketten die Städte verlassen weil Diebstahl nur noch ein misdemeanor, anstatt ner felony ist, entsprechende Verbrechen explodieren weil sie nicht mehr ernsthaft verfolgt werden und der staat nicht einmal mehr eine notwendige legislative Basis hat, um das zu effektiv unterbinden.
Liberal heisst im angewendeten Klartext: wir weichen alles auf. Nur bis wann? Bis alles zu einer komplett unlebenswerten Dystopie wird?
Wo das hin führt würde ich zusammengefasst exakt mit Dystopie beschreiben. Und dabei geht es auch nicht nur ums Außen, sondern auch um das Innen: wenn es heisst "tu, was du magst solange du niemandem schadest" in Abwesenheit von echten Werten, die oft Konservative mitbringen, dann sieht es in der Praxis so aus dass neben Arbeit (wenn überhaupt) der einzige Lebensinhalt Hedonismus ist. Und wer ausser Hedonismus sonst nichts am Laufen hat, keinen höheren Zweck, kein Streben nach Größe, denn alle sind ja gleich; dem führt dieser gelebte Hedonismus paradoxerweise eben zu Anhedonie, denn:
Selbst die "liberalsten" leute in meinem erweiterten bekanntenkreis, die von monogamie oder auch nur ihrem biologischen Geschlecht Nichts halten und und nichts anderes tun als Stoff zu nehmen und promiskuitiv unterwegs zu sein, die also sehr "liberal" leben, die sind alle unglücklich, deutlich unglücklicher als die anderen, monogam verheirateten mit Kindern und halbwegs sicheren Jobs, die sie gerne machen. Ja, Anekdotenevidenz, ich weiß.
Dennoch denke ich nicht dass es ein zufall ist dass die Gesellschaft, je weiter sie sich von bisherigen konservativen Werten entfernt hat in meiner Lebenszeit, mehr Antidepressiva braucht als je zuvor, die Zunahme von Depression und anderen mentalen Störungen explodiert ist und wir auch eine stille Einsamkeitsepidemie haben.
Mit "noch mehr links(liberal)" wird keines dieser Probleme gelöst werden, im Gegenteil. Ich habe keinen Bock in shitholes zu wohnen wie in Kalifornien und mit kaputten menschlichen Psychen zutun zu haben, da reichen mir schon die wenigen mit denen ich es hier zu tun habe.
Daraus ergeben sich 2 Fragen, oder eigentlich nur eine: wie liberal soll es am Ende werden,
wo ziehen wir eine Grenze? Dort, wo wir sagen dass laxere Drogenpolitik und mehr Kriminalität inakzeptabel sind, oder doch schon dort, wo wir den Jugendlichen sagen dass Koksen und ständiges rumvögeln mit wechselnden Partnern bei gleichzeitiger Abwesenheit von einem höheren Ziel ins persönliche Nichts führen werden und Ihnen so einen Lebensabend in Tränen und Einsamkeit ersparen, dank ruinierter Bindungsfähigkeit und einem von Substanzmissbrauch beschädigten Geist?
CyrionX schrieb:
Da sich unsere Welt ständig verändert, der politische Statusquo aber nicht, ist eine permanente Anpassung notwendig.
Hier beanwortest du es bereits im Ansatz. Was innere Werte und Hedonismus angeht, ist der Fakt einer sich ständig verändertenden Welt irrelevant, weil wir als menschen eben nicht anders werden. Wenn du einsam und ohne Ziel bist dann findest du das nicht gut, egal wie komplex die welt wird in einem Leben.
CyrionX schrieb:
Ansonsten zerbricht das System und wird einfach ersetzt.
Dass das System dabei ist zu zerbrechen sehen wir ja jetzt, trotz (oder gerade wegen) dem liberalen verschieben des overton Fensters nach links. Stichwort Rente, Sozialstaat, Kriminalität, Schulen, Demografie, Abwandern der Industrie, Energie und nicht zuletzt dem offenen Nachdenken über das Verbieten von Opposition, was man sonst nur aus Diktaturen kennt.
Dass das ständig neue Aushandeln von Konservativ und liberal so sein "muss" mag also theoretisch richtig sein. In der heutigen praxis in D und anderen first world countries bedeutet es real aber im Moment, dass alles zu scheisse wird.
Um mal in der Theorie zu bleiben: wenn es zu liberal wird, muss wieder in Richtung konservativ korrigiert werden, bis der Status Quo von den meisten als akzeptabel eingestuft wird, dann kann je nach Situation weitergeschaut werden. Vielleicht sehen wir diese Korrektur mit Werteunion und AfD. Sollte sie NICHT kommen, gehts weiter Richtung Kalifornien und die Gesellschaft wird noch weiter auseinander driften.
Deswegen bin ich auch so bedient wenn mir heute noch irgendjemand was davon erzählt, wie noch mehr links (liberal) was Tolles ist. Mein Problem ist nur dass ich mit diesen Leuten im gleichen Bus sitze. Einzig befriedigend daran ist, dass sie den Aufprall genauso hart spüren werden wie ich. Da ich aber lange genug gewarnt habe dass vor uns ne Mauer ist, und ich immer gegaslighted wurde "nene da ist nix, wir sind auf nem guten weg. bist du etwa nazi?" bin ich ggü diesen Boten des Liberalismus, z.b. denen die immer mehr Gleichheit fordern, heute nur noch sadistisch eingestellt und behandle sie im realen Leben auch nur noch rein machiavellistisch.
In unserer modernen Zeit sind die vor allem eins: Zerstörer. Undankbare noch dazu. Aber das wird wirklich zu sehr OT.
Ich danke dir nochmal für deine interessante Antwort.