Was unterscheidet TUXEDO OS von Ubuntu/Kubuntu?
Mit der Veröffentlichung von Ubuntu 22.04 LTS "Jammy Jellyfish" erhielt TUXEDO OS mit KDE Plasma eine neue Desktop-Umgebung und löste damit Budgie als Standard-Desktop ab. Damit gingen eine Menge an Veränderungen einher, die wir in diesem Artikel näher erläutern.
TUXEDO OS geht weit über die optischen Anpassungen an den Unternehmensauftritt von TUXEDO Computers hinaus, es stecken viele Stunden Entwicklerzeit in der neuesten Ausgabe des Betriebssystems für TUXEDO Notebooks und PCs. Die Entscheidung für KDE Plasma als Desktop-Umgebung fiel wegen der sonst unerreichten Konfigurierbarkeit. Das erlaubt uns, das System nach unseren Vorstellungen zu gestalten. Der Kunde kann dies komplett umwerfen und seine eigenen Vorstellungen umsetzen. GNOME bei Ubuntu lässt hier wesentlich weniger Spielraum. Für ein vom Start weg nutzbares System bedarf es dort einiger Erweiterungen, die in der Vergangenheit bei einer neuen GNOME-Version oft zunächst nicht funktionierten.
Erster Blick
Auf den ersten Blick fällt im GRUB-Menü beim Hochfahren des Systems ein neuer Menüpunkt auf, der mit WebFAI Notebook Installation überschrieben ist. Ein Klick darauf erstellt ein komplett neues Image von TUXEDO OS, in das Sie nach der Fertigstellung booten können. Dabei ist darauf zu achten, dass Sie Daten, die Sie noch benötigen, vorab sichern, denn so wie auch bei der Nutzung des Ihrem Notebook beiliegenden WebFAI-Stick werden alle Daten auf der Festplatte überschrieben. In diesem Zusammenhang sei noch auf eine weitere anstehende Änderung hingewiesen: Um das Löschen ihrer Daten bei Neuinstallation mittels WebFAI zu verhindern, fragten Kunden immer wieder nach einer Möglichkeit, ein Abbild von TUXEDO OS herunterladen zu können. Diesem Kundenwunsch kommen wir im Sinne von mehr Flexibilität nun nach: Demnächst wird es TUXEDO OS also auch zum Herunterladen geben. Neben der Flexibilität verfügt das TUXEDO OS Abbild über die Fähigkeit, eine vorhandene NVIDIA-GPU direkt zu nutzen.
Vorinstallierte Pakete
Die von uns kuratierte Paketliste installiert viele der meistgenutzten Anwendungen wie die Büro-Suite OpenOffice, den Mozilla-Browser Firefox, den E-Mail-Client Thunderbird oder den Medien-Player VLC. Daneben installieren wir auch Anwendungen vor, die üblicherweise nicht unbedingt auf den Paketlisten der Distributionen stehen. Dazu zählen Anwendungen wie VirtualBox für die Erstellung virtueller Maschinen oder die Fernwartungssoftware AnyDesk. Die Integration von AnyDesk in TUXEDOs Repository erspart dabei das Einbinden eines Repositories aus dritter Hand. Natürlich sind auch das TUXEDO Control Center (TCC) und TUXEDO Tomte mit von der Partie. Der verwendete Kernel ist ein Ubuntu-Kernel mit einigen Patches. Mehr darüber erfahren Sie in einem Artikel aus dem Dev-Team. Der für TUXEDO OS geschnürte Installer beruht auf dem Calamares Installer Framework, das mittlerweile von rund zwei Dutzend Distributionen zum Erstellen ihrer Installer verwendet wird. Neu im TUXEDO-Repository ist zudem ein DisplayLink-Treiber, der für den TUXEDO Office Hub händisch installiert werden musste. Alle vorinstallierten Pakete von TUXEDO OS können Sie online ansehen.
Abweichungen
Es gibt einige weitere Abweichungen bei den Ubuntu-Paketen und -Voreinstellungen. Anstatt dem bald in Rente gehenden PulseAudio setzen wir dessen modernes Pendant Pipewire ein. Bei den Voreinstellungen weichen wir bei der Konfiguration von GRUB von Ubuntu ab. GRUB verfügt über eine Funktion zur Einbindung des externen Programms os-prober, um bei Dual- oder Multi-Boot-Systemen andere, auf demselben Rechner installierte Betriebssysteme zu erkennen und entsprechende Menüeinträge für diese zu erzeugen.
Diese Funktion wurde seit dem Frühjahr mit dem Einzug von GRUB 2.0.6 bei vielen Distributionen standardmäßig deaktiviert, da die automatische Ausführung von os-prober und die Erstellung von Booteinträgen auf der Grundlage dieser Daten einen potenziellen Angriffsvektor darstellen, sofern Secure Boot genutzt wird. Wir haben im Sinne unserer Kunden entschieden, diese Funktion wieder freizuschalten, damit andere Betriebssysteme bei Dual- oder Multi-Boot-Systemen erkannt, in GRUB dargestellt und von dort gestartet werden können. Anwender, die Secure Boot einsetzen, wissen gemeinhin, was sie tun und können die Risiken für sich abwägen. Wenn Sie os_prober nicht benötigen, können Sie die Funktion in /etc/default/grub wieder deaktivieren, indem Sie die Zeile GRUB_DISABLE_OS_PROBER von false auf true abändern und dem ein sudo update-grub folgen lassen.
Paketformate: Deb vs. Snap
Bei Ubuntu 22.04 LTS "Jammy Jellyfish" werden unter anderem die Browser Firefox und Chromium nicht mehr im Debian-Paketformat (.deb), sondern in Canonicals hauseigenem Paketformat Snap angeboten. Neben der Tatsache, dass dieser Alleingang auf einem proprietären Snap-Shop basiert, haben Browser im Snap-Format auch greifbare Nachteile: Neben dem bei den heutigen niedrigen Preisen für Festplatten eher zu vernachlässigenden Mehrbedarf beim Plattenplatz ist der Start der Anwendungen um einiges langsamer als bei dem nativen DEB-Paket. Noch gravierender wirken andere Einschränkungen: Passwortmanager können keine Login-Credentials mehr eintragen, viele Browser-Erweiterungen funktionieren nicht. Snap Pakete haben zudem das Problem, sich nicht mehr so einfach in das restliche Desktop-System zu integrieren.
Wir wollen die Vorteile des Snap-Formats bei einer sicherheitsrelevanten Anwendung wie der eines Browsers nicht verschweigen. Es ist für Distributionen bei den immer häufiger auftretenden Sicherheitslücken von Browsern zeitaufwendig, immer aktuell und sicher zu bleiben. Das Firefox-Snap von Ubuntu wird von Mozilla erstellt, was die Aktualität bei der Sicherheit erhöht.
In Abwägung der Vor- und Nachteile bei DEB vs. Snap haben wir uns für das Debian-Format entschieden. Der Snap-Daemon snapd ist in TUXEDO OS nicht installiert, der vorinstallierte Firefox ist ein Debian-Paket. Zusätzlich steht Chromium im Archiv als DEB zur Installation bereit. Natürlich kann jeder Kunde für sich selbst entscheiden, ob er Snaps verwenden möchte.
Im gleichen Atemzug haben wir den NetworkManager Connectivity Check von einer Ubuntu-URL auf eine TUXEDO-URL umgebogen. Connectivity Checking ist eine Funktion des Pakets NetworkManager, das in Intervallen überprüft, ob eine Verbindung zum Internet besteht. Bei Ubuntu und daher bei TUXEDO OS kam dafür die URL
http://connectivity-check.ubuntu.com/ zum Einsatz, die alle 300 Sekunden die Verbindung überprüft. Da wir bereits die Mirror-Server von Ubuntu spiegeln und somit auch keine IP-Adressen von Kunden an Canonical gehen, haben wir uns entschlossen, auch die URL für den Verbindungstest auf eine eigene URL zu legen. Somit wird für die automatischen Abfragen im NetworkManager die URL
http://connectivity-check.tuxedocomputers.com verwendet.