Manchmal ist es ganz interessant Urteile des Bundesverfassungsgerichtes aus der Vergangenheit (2009) zu lesen. Damals ging es um das Bayerische Versammlungsgesetz. Interessant ist dabei folgende Passage aus der Urteilsbegründung:
Zitiert aus dem Absatz 131.
Auf dieses Urteil Bezug nehmend schrieb der Richter Ulf Buermeyer:
Website von Ulf Buermeyer: https://buermeyer.de/ulf/
Obgleich ich angesichts der neuesten Rechtsprechung des BVerfG den Optimismus von Richter Ulf Buermeyer nicht teile, nach dem das BVerfG bei der Identifikationspflicht nicht mitspielen würde, teile ich vollständig seine hier geäußerte Meinung.
Wer heute einer Identifikationspflicht (und sei es nur gegenüber den Plattformbetreibern) im Internet das Wort redet, den kann ich jedenfalls nicht ernst nehmen, wenn er Demokratiedefizite in anderen Ländern anprangert. Denn mit derartigen Forderungen legt er selbst die Axt an den freiheitlich demokratischen Diskurs.
Quelle: https://www.bundesverfassungsgerich...idungen/DE/2009/02/rs20090217_1bvr249208.htmlDas Bewusstsein, dass die Teilnahme an einer Versammlung in dieser Weise festgehalten wird, kann Einschüchterungswirkungen haben, die zugleich auf die Grundlagen der demokratischen Auseinandersetzung zurückwirken. Denn wer damit rechnet, dass die Teilnahme an einer Versammlung behördlich registriert wird und dass ihm dadurch persönliche Risiken entstehen können, wird möglicherweise auf die Ausübung seines Grundrechts verzichten. Dies würde nicht nur die individuellen Entfaltungschancen des Einzelnen beeinträchtigen, sondern auch das Gemeinwohl, weil die kollektive öffentliche Meinungskundgabe eine elementare Funktionsbedingung eines auf Handlungs- und Mitwirkungsfähigkeit seiner Bürger gegründeten demokratischen und freiheitlichen Gemeinwesens ist (vgl. BVerfGE 65, 1 <43>).
Zitiert aus dem Absatz 131.
Auf dieses Urteil Bezug nehmend schrieb der Richter Ulf Buermeyer:
Quelle: https://www.heise.de/newsticker/mel...t-legt-die-Axt-an-die-Demokratie-3032799.htmlWas für eine Demonstration gilt, das trifft nicht minder auf eine politische Diskussion in einem Blog zu: Wer damit rechnen muss, für seine Meinung zur Rechenschaft gezogen zu werden, der wird sich weniger frei äußern als wenn er dies anonym tun kann. Wer der Möglichkeit zur anonymen Diskussion – und damit zugleich der anonymen Kritik an einer demokratisch verantwortlichen Regierung – den Krieg erklärt, sei es bei einer Demonstration oder im Internet, dem wohl schon heute wichtigsten Raum für politische Diskussionen, der legt die Axt an die Kultur des demokratischen Diskurses.
Das sind die „Kollateralschäden“, die unserem Gemeinwesen drohen, wenn Pläne für eine Ausweispflicht für das Internet allen Ernstes weiter verfolgt würden. Lohnt es sich wirklich, das demokratische Potential des Internet für die Durchsetzung des Urheberrechts aufs Spiel zu setzen? Eine solche einseitige Entscheidung wäre jedenfalls ein Novum in unserer Rechtsordnung, und vieles spricht dafür, dass das Bundesverfassungsgericht hier ebenso wenig mitspielen wird wie beim Bayerischen Anti-Versammlungs-Gesetz.
Website von Ulf Buermeyer: https://buermeyer.de/ulf/
Obgleich ich angesichts der neuesten Rechtsprechung des BVerfG den Optimismus von Richter Ulf Buermeyer nicht teile, nach dem das BVerfG bei der Identifikationspflicht nicht mitspielen würde, teile ich vollständig seine hier geäußerte Meinung.
Wer heute einer Identifikationspflicht (und sei es nur gegenüber den Plattformbetreibern) im Internet das Wort redet, den kann ich jedenfalls nicht ernst nehmen, wenn er Demokratiedefizite in anderen Ländern anprangert. Denn mit derartigen Forderungen legt er selbst die Axt an den freiheitlich demokratischen Diskurs.