Zuerst einmal ein paar Worte meinerseits zur Kompetenz unserer Justiz und wie der Hase langläuft, denn ich spreche leider aus Erfahrung...
- Zuerst einmal war die mit dem Fall beauftragte Staatsanwältin bei der Verhandlung nicht zugegen. Sie wurde von einem anderen Staatsanwalt vertreten, der mit dem Fall nicht vertraut war und sich deshalb dazu auch nicht äußerte. Jedoch lehnte er jede Form des Kompromisses oder der Beweisführung grundsätzlich ab.
- Auf der Liste der Staatsanwaltschaft bzw. des Gerichtes befand sich die Software Virtual PC 2007 von Microsoft. Wir alle wissen, dass es sich hierbei um Freeware handelt. Das Gericht sah es jedoch anders => Verstoß gegen das Urheberrechtsgesetz
- Des Weiteren waren auf mehreren DVDs Spiele kopiert. Dass ich alle Spiele im Original besitze und wir Fotos vorgelegt haben, reichte nicht als Beweis.
- Sämtliche andere Software, die ich gespeichert hatte, kann man sich alle als Testversionen im Internet herunterladen. Egal, trotzdem Raubkopie.
- Die Kriminalbeamten wurden befragt, ob sie sich denn jemals bei mir erkundigt hätten, ob die Software/die Spiele von mir gekauft worden wären und ich die originalen Datenträger vorlegen könne. Antwort: Nein! Aber sie hätten sehr viele DVD-Hüllen bei mir gesehen. Echt lustig, wenn's nicht so ernst wäre.
Das Ende vom Lied: Mit knirschenden Zähnen hab ich dem Vergleich zugestimmt, den mein Anwalt herausschlagen konnte. Denn es hätte noch weitere Verhandlungen gegeben (kostet Geld). Außerdem sollte ein Gutachten klären, ob denn die Kopien tatsächlich zu 100 % mit den in meinem Besitz befindlichen Originalen überstimmen oder nicht. Das hätte mindestens mit 1.000 Euro zu Buche geschlagen. Und die Tatsache, dass man Spiele auch mal wieder verkauft und sich dann Gold oder Collector's Edtionen zulegt, wäre hierbei ein Stolperstein gewesen. Meine Spielesammlung wäre fast komplett eingezogen worden. Und ob ich die jemals wiedergesehen hätte, wäre fraglich gewesen. Aus diesem Grunde nahm ich den Vergleich an. 450 Euro Strafe umgewandelt in 100 Arbeitsstunden. Da lob ich mir doch unseren vermeintlichen "Rechtsstaat".
Bei keinem - ich drücke es mal vorsichtig aus - Delikt wirst du so oft bestraft wie bei "Raubkopien" oder wenn du durch widrige Umstände in den Strudel anderweitiger Ermittlungen gerätst. Dem Staat ist deine Schuld oder Unschuld völlig egal. Die für mich entstandenen direkten und indirekten Kosten sind astronomisch.
- Mein 3.000 Euro teurer High-End-Rechner ist weg.
- Sämtliche Datenträger (Festplatten, DVDs etc.) sind weg.
- Sämtliche privaten Daten sind weg, darunter auch meine schriftstellerischen Werke. (Hier machte sich der Staat selbst des Verstoßes gegen das Urheberrechtsgesetz schuldig.) Mögliche Einnahmen durch eine Veröffentlichung entfallen.
- Der Rechner musste ersetzt werden.
- Kosten für den Anwalt.
- Kosten für den Vergleich.
- Und noch einiges mehr, was mir gerade nicht einfällt.
Darüber hinaus habe ich durch die Hausdurchsuchung ein Trauma erlitten. Irreversibel und die Auswirkungen schränken meine Lebensqualität erheblich ein. Meine Freundin hat darunter zu leiden, weil ich unglaublich schnell auf 180 sein kann, dabei überaus aggressiv werde, was für mein Gemüt eigentlich untypisch ist. Außerdem treten noch immer Angstattacken auf und durch die Folgen des "Überfalls" bin ich quasi arbeitsunfähig geworden. Aber Chancen, den Staat dafür zur Rechenschaft zu ziehen, bestehen leider keine.
Und was hat das Ganze gebracht???
Gehen wir doch mal zurück in die 1980er und 90er Jahre. Ich war damals Teenie und hab Kassetten überspielt. Oder man hat sich eine Kassette aus Lieblingsliedern zusammengestellt oder vom Radio aufgenommen. Hat damals irgendein Hahn danach gekräht? Heute ist plötzlich alles anders.
Betrachten wir uns doch mal die sich völlig widersprechende Gesetzeslage einmal genauer. Ich kaufe mir eine DVD (oder halt eine Blu-ray) und kopiere sie auf eine Festplatte, weil ich es leid bin, ständig die DVDs rauszukramen etc. Tja, damit mache ich mich unter Umständen schon strafbar, je nachdem, wie das Gericht das Umgehen eines wirksamen Kopierschutzes interpretiert. - Leihe ich mir eine DVD aus der Videothek aus und kopiere sie, war das (oder ist es noch?) ligitim, sofern kein Kopierschutz umgangen wird. - Aus dem Internet darf ich mir keinen Film laden, wohl aber einen Player an den PC anschließen und den Film aufnehmen. Jawoll, das leuchtet doch ein. In diesem Fall entsteht ein Schaden für den Urheber, in jenem nicht. Verstehe das einer, wer will.
Wie ist das jetzt aber mit den Gebühren, die wir alle zu tragen haben und die für die Möglichkeit der Vervielfältigung entrichtet wird? Damit ist ein Ausgleich für das Kopieren eines Werkes entrichtet, oder nicht? Und wenn wir für das Kopieren zur Kasse gebeten werden, wieso sind wir dann alle kriminelle Räuber?
Ich möchte gar nicht erörtern, warum, weshalb und wieso sich jemand etwas herunterlädt. Tatsache ist einfach das Ausbleiben eines wirtschaftlichen Schadens. Ich habe keine 3.500 Euro und kann mir deshalb auch nicht die CS5 kaufen. Lade ich sie mir herunter, gewinnt Adobe an Prestige, gewinnt und verliert aber keine Einnahmen. Wo ist das Problem? Anders sieht es aus, wenn ich ein Medienbüro unterhalte, die Software illegal nutze und damit meine Brötchen verdiene. In diesem Fall entsteht Adobe definitiv finanzieller Schaden. Oder ich verkaufe die Software illegal. Auch in diesem Fall schädige ich die Firma.
Liegt die Wurzel allen Übels nicht darin begründet, dass die topbezahlten Manager die Zeichen der Zeit nicht erkannt und die Möglichkeit von "iTunes" (mal stellvertretend für die Portale genannt) völlig verpennt haben? Ist der Grund nicht in ihrem eigenen Versagen zu sehen und darin, dass die werten Herren den Hals nicht voll genug bekommen können und zudem eine Gefahr in allem sehen, was sie nicht verstehen und begreifen? Womit wird denn der Umsatz in der Musikbranche erzielt? Nicht mit CDs, sondern mit Konzerten. Wahrscheinlich wird man demnächst auch bestraft, wenn man sein Handy zückt und das Konzert aufnimmt.
- Wie schon viele andere Vorposter resümiert haben: Gekauft wird, was überzeugt und von hoher Qualität ist. Deshalb, werte Manager, regt euch nicht über "Raubkopien" auf, sondern fragt euch, weshalb eure Produkte nicht gekauft werden.
In diesem Sinne
Euer Sunny
PS: Sorry für meinen Roman.