Hallo allerseits,
eigentlich meide ich Foren, da es ab Seite 2 in egal welcher Diskussion meist um etwas völlig anderes geht oder nur noch Trolle am beleidigen sind etc.
Aber da es hier um meinen Arbeitgeber Amazon geht wollte ich als "Insider" einige Fakten schreiben, damit hier mit einigen Unwahrheiten und Gerüchten endlich aufgehört und über Tatsachen diskutiert werden kann.
Eines vorab:
Der Autor hier, der immer so vehement darauf drängte, dass er aus der Amazon-Realität andere Stundeneinkünfte kenne, als die, die hier bisher Zahlen (oder Links zu Zahlen) genannt haben, der möge doch seinerseits selbst mal Abrechnungen beibringen, die einen geringenen Stundenlohn ausweisen, als den, den alle anderen nennen.
Auch ich werde keine Lohnabrechnung posten, da es wie schon gesagt, wie in jeder anderen Firma auch, vertrauliche Unterlagen sind.
Dennoch kann jeder der möchte, direkt zu Amazon in eines der FC´s gehen und bei einem sogenannten "Hiring" teilnehmen. Denn bereits in der Eingangshalle hängen die derzeitigen Einsteigerstundenlöhne (und auch die weiteren für die Folgejahre, bis Level 2, aus) aus.
Hier wird der Interessierte dann lesen können, dass wie hier schon oft erwähnt, der Stundenlohn für Einsteiger bei über 10 Euro liegt. Alles was sie dafür voraussetzen ist einigermaßen Deutsch verstehen und lesen können und der Wille zur Arbeit. Vielen ist selbst das zu viel und fehlen bereits am zweiten Tag und kassieren lieber weiter HartzIV.
Nun aber einen Schritt zurück und zum Anfang:
Ich bin auch einer dieser ominösen und (wie es hier manchmal scheint) unterbelichteten "Ungelernten". Ich komme aus dem Handwerk, bin über 40 und kann in meinem erlernten Beruf nicht mehr arbeiten. Also wandte ich mich mangels Alternativen an Amazon und wurde innerhalb kürzester Zeit eingestellt. Ich saß beim Einführungsgespräch zwischen sehr vielen Langzeitarbeitslosen, Mitbürgern mit Migrationshintergrund, Alt und Jung, Groß und klein, kurz gesagt, bei Amazon hat wie es schien jeder eine Chance Arbeit zu finden, der auch arbeiten möchte. Und das hat sich dann auch so bewahrheitet.
Ich kam in´s sogenannte "Pick" und bekam einen Handscanner und einen Wagen mit gelben Plastikboxen darauf. Ein Co Worker (Ein Kollege der schon länger dabei war und einen internen Kurs gemacht hatte) zeigte mir wie es geht. So lief ich einige Monate zwischen Regal- und Palettenreihen hin und her und suchte die Artikel zusammen, die mir mein Scanner vorgab. Die Arbeit war schlicht und ich lief sehr viel, aber es machte Spaß, die Kollegen waren nett und auch meine Leads (das sind die Gruppenleiter) und Areas (Area Manager, das sind die Abteilungsleiter) waren immer freundlich, manchmal streng, aber immer gerecht und hatten ein Ohr für unsere Anliegen.
Zeitweise wurden wir auch in andere Abteilungen verliehen, wenn dort Not am Mann war. So lernte ich auch andere Tätigkeiten wie "Pack", "Receive" und "Stow" kennen. Ich wechselte dann auf eigenen Wunsch in eine andere Abteilung, die mir besser gefiel. Wie in jeder Firma gibt es angenehmere Jobs und weniger schöne, aber im Grund dreht es sich, wie sich jeder denken kann, um das Lagern und Versenden der Artikel, die jeder von uns bei Amazon bestellt.
Viele meiner Kollegen kommen aus den unterschiedlichsten Berufen. Vom wirklichen "Ungelernten" (der keinen einzigen Beruf erlernt hatte), bis zu Ingenieuren war alles dabei. hat man besondere Fähigkeiten wird man schnell auch dort eingesetzt, wo man diese zur Geltung bringen kann. Sei es z.B. IT Kenntnisse oder besonderes Wissen bei bestimmten Warengruppen. Auch Kreativität wird gewünscht und gefördert.
Wenn man seine Talente richtig einsetzt kann man es auch zu etwas bringen. Ein Kollege der, als ich gerade anfing, zum Lead befördert wurde, ist nun (knapp 2 Jahre später) Area Manager geworden. Er hat weder studiert, noch Abitur. Er war nur fleissig, clever und uns immer ein Vorbild. Bin ich neidisch (da ich immer noch "nur" Co- Worker bin)? Ja klar, wer wäre das nicht. Aber es können halt nicht alle Vorgesetzte werden.
Ich wollte damit aber nur zeigen, dass Amazon auch "normalen" Leuten eine Karriere bietet. Nicht nur studierten Überfliegern mit 10 Jahren logistischer Führungserfahrung oder Vitamin B.
Zum Thema Verdi kann ich nur sagen, wir hier (Nähe Augsburg) haben nur den Kopf geschüttelt über den Streik. In der Zeitung stand etwas von über 600 Streikenden, in der Realität waren es etwa 50. Von mehreren Tausend Beschäftigten wohlgemerkt. Die wenigsten haben aber aus Angst weitergearbeitet, sondern weil sie sowohl mit der Arbeit als auch dem Gehalt zufrieden sind. Viele fanden es auch extrem überzogen was Verdi in den Medien über Amazon geschildert hat.
Mir und den meisten Kollegen ist es ziemlich egal ob wir nun Logistiker oder Einzelhändler genannt werden. Denn wer sich mal die Mühe macht und genau die Tarifverträge vergleicht und danach den Stundenlohn, den Amazon derzeit bezahlt, der wird verwundert feststellen, das Verdi um nicht einmal 50 Cent pro Stunde (ich glaube 44 cent waren es ganz genau) so einen Wirbel veranstaltet. Denn genau das wäre die große Gehaltserhöhung, die die Arbeiter hier bekommen würden.
Also wir reden hier nicht von einer Steigerung von 7,50 Euro (wie hier oft geschrieben wurde) auf 12 Euro, sondern gerade Mal von 44 Cent.
Gibt es etwas zu verbessern bei Amazon? Ja klar, wo gibt es das nicht? Die Vorgaben könnten manchmal geringer sein, die Temperatur mal kälter mal wärmer, die Pausen etwas länger ( die sind wirklich knapp wenn man einen weiten Weg hat in die Kantine), wenn der Vertrag ausläuft erfährt man es immer sehr spät ob man verlängert wird oder nicht, aber zumindest unser FC hier ist immer bemüht Verbesserungen zu finden.
Fazit:
Ich halte Amazon für einen guten Arbeitgeber, mit Stärken und Schwächen, der aber fair zu seinen Mitarbeitern ist. ich bin kein Verdi-mitglied mehr, da mir das Auftreten der Gewerkschaftsvertreter hier in der Region inzwischen peinlich und absolut überzogen ist. Es sieht eher nach Selbstprofilierung aus, als nach echtem Kampf für die Kollegen. Auch dieses ständige Mitgliederwerben geht mir und meinen Kollegen auf den Keks. Mit irgendwelchen Hetzparolen werden Flyer ausgelegt und hintendrauf ist gleich der Verdiantrag. Wie nannte der Verdi-Vertreter das Handeln von Weltbild (ein Augsburger Mitbewerber, der leider gerade insolvent ging) kürzlich - Widerlich? Ich nenne das Auftreten von Verdi bei uns widerlich.
Jetzt die Kollegen als gekauft und genötigt hinzustellen, die die Petition gegen Verdi unterschrieben haben, ist nur noch billig und armselig. Argumente haben die längst keine mehr, dann muss es eben mit haltlosen Behauptungen gehen. Denn wenn man genau liest, dann hat keiner der "Verdis" bestätigt so eine Nötigung oder Drohung zur Unterschrift selbst gesehen zu haben, es ist immer nur ein "die sollen angeblich bedroht worden sein" etc. Hauptsache es wurde mal in den Medien verbreitet, ganz schnell verschwindet dann das " sollen angeblich" und die Lüge wird Tatsache.
Vermutlich denken nun viele auch ich bin "gekauft", aber das ist mir egal. Dies sind die Fakten und ich stehe hinter meinem Arbeitgeber. Danke fürs lange Mitlesen, ich hoffe es hat sich gelohnt.
A