Zwei Gedanken:
Erstens beschreibst du recht anschaulich, wie sich gewisse Wahrnehmungen, Interessen und Verhaltensweisen verändern, wenn man die Schwelle von Jugendwelt zu Erwachsenenwelt zu überschreiten beginnt. Damit ist nicht das Ende der Pubertät gemeint, sondern ein Prozess, der sich über Jahrzehnte hinzieht und auch nicht bei allen auf die gleichen "Jahrringe" fällt. Häufig beschleunigt ein Ereignis wie "Eltern werden" solche Entwicklungen. Ich will damit auch keinesfalls eine Wertung verbinden (ich für meinen Teil habe auch im 'reiferen Alter' noch jugendliche Ungeduld oder Begeisterungsfähigkeit in mir).
Du hast hier auf CB schon öfters Zeugnis abgelegt entweder von Veränderungen, die du an dir selbst feststellst, oder aber vom Absolutheitsanspruch, den "Jugendliche" häufig haben. Beispiele finden sich
in diesem alten Thread (#1 und #25 beachten) oder Aussagen im aktuellen Thread nach der Haltung "Es ist so - und fertig".
Zweitens:
Deine Beobachtungen zu Filmen und Spielen sind nicht falsch, die Komplexität wird reduziert, Action dominiert, der Rhythmus (insbesondere des Schnitts) wird immer schneller, Vertiefungen sind verpönt. Dahinter steckt kein "grosser Plan", sondern schlicht kommerzielles Kalkül: Was einmal gut läuft, lässt sich noch lange melken. Allerdings muss dazu die Dosis gesteigert werden (der Begriff aus dem Umgang mit Drogen ist bewusst gewählt), also mehr Action, mehr Explosionen, weniger Abschalt- oder Ausstiegsimpulse etc.
Zusammengefasst: Mehr Emotionalität. DAS ist das Schlüsselwort, gilt für Werbung ebenso wie kommerzielle Produktionen mit audiovisuellen Mitteln (also Film, Musik, Spiele etc.).
Hier gibt es auch eine Schnittstelle zur Politik: Was Trump in den USA macht (um nur ein Beispiel zu nennen), basiert auf der kompletten Emotionalisierung politischer Abläufe. Fakten, Wahrheiten oder Traditionen werden der Emotionalisierung untergeordnet und entsprechend frisiert (wir erinnern uns noch an den Begriff "alternative facts" bei der Amtseinführung).
Um jetzt wieder zur Unterhaltung und damit zum Gaming zu kommen: Die Produkte nach oben beschriebenem Muster des "Immer mehr" stossen hauptsächlich bei Jugendlichen auf Interesse, weil diese sich unterhalten wollen, weil sie süchtig sind nach der Erfahrung mit Emotionen, weil sie dazugehören wollen zur Clique, die für die entsprechenden Produkte "fant", weil sie der häufig miesen eigenen sozialen Situation für einige Stunden entfliehen wollen oder weil sie sich ablenken lassen wollen von den Sorgen mit der Freundin, dem Job, der "Erwachsenenwelt".
Die Unterhaltungsindustrie und die Werbung kennt dieses unerschöpfliche Reservoir genau. Sie wissen, dass Jugendliche auf Reize wie "neu", "das muss man gesehen haben", "intensive Erfahrung" etc.
immer ansprechen werden. Damit aber das bisherige Publikum dabei bleibt, muss die Dosis erhöht werden.
Pornographie funktioniert übrigens häufig nach dem gleichen Muster ...