Hallo
@Lydenia - falls Du hier noch mitliest, versuche ich Dir mal einen möglichs objektiven Überblick zu geben, damit Du hoffentlich zwischen Beiträgen, die gefühlt aus irgendwelchen Lagern kommen, differenzieren kannst.
Die Kurzversion ist: Kein anderes Antivirus außer Windows Defender nutzen, solange Du Dir zutraust, Phishing und generell fragwürdige Websites und Dateien zu erkennen und Du einen Browser benutzt, der nicht von allein irgendwelche Dinge installiert (z.B. Erweiterungen), nur weil Du eine Website besuchst. Das sollte auf alle aktuellen gängigen Browser zutreffen. Die Devise lautet: Nicht auf die PDF im Anhang eine E-Mail klicken, deren Herkunft Du Dir nicht erklären kannst.
Die lange Version:
Zuerst: Natürlich gehöre ich auch einem Lager an, aber ich bringe gute Argumente mit. Das vermisse ich hier bei vielen ein bisschen.
Es ist unfassbar wichtig, vorher ein paar Dinge abzuklären bzw. zu erklären:
- Wie aussagekräftig sind Antiviren-Tests von PC-Magazinen?
Generell kann man ihnen Glauben schenken, man sollte sich aber reinlesen um zu sehen, wie Dinge gewichtet werden. Einige bewerten "Schutzleistung" auch nach Kriterien wie "Wie gut schützt das Programm vor einer potentiell bösen Website?" oder ähnlichen Dingen, die schon eher in Erfahrungswerte eines Computernutzers übergehen.
- Kann ein Antiviren-Programm die Erfahrungswerte eines Computernutzers ersetzen?
Nein. Es macht zwar den Eindruck, indem es tatsächlich bösartige Websites blockt oder tatsächlich gefährliche Anhänge aus Deiner E-Mail abfängt. Das liegt meist aber im aggressiven Vorgehen der komerziellen Antivirenprogramme insgesamt. Deshalb kommt es immer wieder zu Problemen für Nutzer, wenn zum Beispiel legitime Programme, Websites oder Anhänge blockiert werden, obwohl sie nicht schädlich sind. Solche Falscherkennungen gibt es zur Genüge - vor allem Entwickler von Computerspielen könnten Dir ein endlos langes Lied davon singen.
- Warum sollte ich Tests von Computermagazinen (online) kritisch gegenüberstehen?
Weil jedes Tool direkt mit einem Kauflink versehen ist, an dem das Magazin höchstwahrscheinlich verdient. Wie sehr das die Tests beeinflusst, kann man von außen nicht sagen. Es sollte aber kritisch betrachtet werden.
- Stimmt es, dass komerzielle Antivirenprogramme eher gefährlicher sind als Microsoft Defender?
Ja! Das Problem ist nämlich, dass die Antivirenhersteller offenbar (das haben Erfahrungswerte gezeigt, die belegbar sind!) schlechter programmiert sind als Windows Defender. Durch Sicherheitslücken in Antivirenprogrammen kommt es regelmäßig zu absurden Situationen, in denen Angreifer bösartige Programme über das Antivirenprogramm auf Computern einschleusen können. Das ist Windows Defender auch mal passiert - aber im Vergleich deutlich weniger als komerzieller Software.
Dazu kommt, dass Antivirensoftware von anderen Herstellern eben nicht nur nach Viren schaut, sondern oft auch ein "Gesamtpaket" anbietet, wie Passwortmanager, Netzwerküberwachung und so weiter. Diese Daten werden oft nicht nur protokolliert, sondern wurden mitunter auch an den Hersteller gesendet (Welche Websites wurden besucht, etc.). Außerdem sind solche Daten, sofern sie gespeichert werden, immer greifbar, sollte das komerzielle Antivirenprogramm eine Sicherheitslücke haben.
Siehe zum Beispiel: https://thehackernews.com/2022/05/chinese-hackers-caught-exploiting.html (BitDefender, Kaspersky, McAfee, Symantec, and Trend Micro waren anfällig), https://palant.info/2020/06/22/exploiting-bitdefender-antivirus-rce-from-any-website/ (BitDefender hatte eine fette Sicherheitslücke) und mein all-time-favorite: https://thehackernews.com/2015/07/bitdefender-hacked.html?m=1 wo Bitdefender einfach mal Paswörter der Kunden im Klartext abgespeichert hat. Das ist von 2015, mögen einige nun nörgeln, aber lass Dich davon nicht irritieren. Passwörter im Klartext speichern war schon 2015 ein großes "Fuck you" an seine Kunden.
Insgesamt gilt also: Windows Defender reicht und ist keinesfalls schlechter als die kostenpflichtigen Alternativen. Aber: Manchmal ist Vorsicht besser als Nachsicht, insbesondere wenn es um extrem unerfahrene Nutzer geht (z.B. Renter oder Kinder). Da kann es trotz der potentiellen Nachteile schon Sinn ergeben, wenn ein Tool Anhänge und Downloads rigoros wegsperrt.
P.S.: Du wirst niemanden finden, der seriöse Quellen zitieren kann, wo Windows Defender im Virenschutz merklich schlechter abschneidet als andere Antivirenprogramme.