Widerruf bei Onlinekauf trotz Abholung

Ist es hier aber aus den genannten Gründen definitiv nicht (und ich schreibe selten 'definitiv'!).
 
@dominion1:

Bei deiner "Logik" unterstellst du dem Kunden (in diesem Fall mir, nehme ich aber nicht persönlich ;)) aber eine gewisse Böswilligkeit. Meine Verhandlungsbereitschaft sollte Beweis genug sein, dass ich dem Shop keinen Schaden zufügen möchte.

Der Vertrag beinhaltet außerdem kein explizites Recht, dass ich mir den Kauf vor Ort noch einmal überlegen kann. Dort wird lediglich die Übergabe und die Bezahlung abgewickelt. Ich könnte nach der Bezahlung und der Übergabe der Ware dann widerrufen, noch vor Ort, aber vorher würde ich den Vertrag brechen. Oder nicht?
 
Zuletzt bearbeitet:
dominion1 schrieb:
Die Frage der Rechtsmissbräuchlichkeit wird überdies nicht beeinflusst von den Konditionen des Vertragsschlusses.
Oder anders gesagt: Die Frage nach der Anwendbarkeit des Fernabsatzrechts wird obsolet, insofern dessen Anwendung rechtsmissbräuchlich wäre.
/QUOTE]

Diffuse Vermutungen über einen Rechtsmissbrauch führen nicht weiter. Nichts davon ist nachvollziehbar, nicht davon ist juristisch begründet.

Die Rechtslage war schon zu Zeiten des FernabsG geklärt.

2. Anwendungsbereich des FernabsG
a) Fernabsatzverträge

Nach § 1 Abs. 1 gilt das FernabsG für Fernabsatzverträge. Fernabsatzverträge sind Verträge, die ausschließlich mit Fernkommunikationsmitteln angebahnt und abgeschlossen werden. Was Fernkommunikationsmittel sind, wird im § 1 Abs. 2 FernabsG definiert. Es ist jedes Medium, das den Vertragsschluss zwischen Abwesenden erlaubt. Es kommt dabei nicht darauf an, was das nationale Zivilrecht unter einem Vertragsschluss unter Abwesenden versteht. Maßgeblich ist vielmehr eine rein räumliche Betrachtung. Das hat auch zur Folge, dass die Einordnungen von Vertragsschlüssen im klassischen Zivilrecht für die Einordnung als Fernabsatz unerheblich sind. So wird zum Beispiel nach § 147 Abs. 1 Satz 2 BGB der Vertragsschluss am Telefon als Vertragsschluss unter Anwesenden qualifiziert. Er ist, wie die Regelbeispiele im § 1 Abs. 2 FernabsG erkennen lassen, trotzdem Fernabsatz. In der Definition der Fernkommunikationsmittel löst sich das FernabsG von dem eigentlichen Anlass seines Erlasses, nämlich der allgemeinen Verbreitung des Internets. Fernabsatz liegt naturgemäß gerade bei der Nutzung des Internets vor. Das Gesetz beschränkt sich hierauf aber nicht. Es erfasst den Telefon- und Telefaxverkehr ebenso wie den klassischen Briefverkehr. Fernabsatz liegt allerdings nur vor, wenn eines dieser Fernkommunikationsmittel ausschließlich für Anbahnung und Abschluss des Vertrages eingesetzt werden. Es ist nicht notwendig, dass es sich hierbei durchgängig um dasselbe Fernkommunikationsmedium handelt. Fernabsatz ist etwa auch gegeben, wenn die Vertragsanbahnung durch Internet, der Vertragsabschluss dann aber rein brieflich erfolgt. Entscheidend für die Einordnung als Fernabsatz ist, dass kein Mittel des Direktvertriebes eingesetzt wird. Die hierbei praktischerweise in Betracht kommenden Instrumente sind der Vertreter und das Ladengeschäft. Wird etwa vordem zur Anbahnung des Vertrages ein Vertreter eingesetzt oder findet ein Teil von Anbahnung und Vertragsschluss im Ladengeschäft statt, haben wir es nicht mit Fernabsatz, sondern mit Direktvertrieb zu tun..

Es geht im Übrigen um diesen speziellen Fall, es wurde schon im Verlauf des Threads darauf hingewiesen, dass durchaus andere Konstellationen denkbar sein könnten.

Das hängt aber davon ab, wie der Shop den Vertrag entstehen lassen will. Hier war es die Auftragsbestätigung, Selbstabholer war schon angekreuzt, gleichzeitig hat der Shop den Verbraucher über sein Widerrufsrecht belehrt.

Alles korrekt, nur der Filialleiter hat es nicht verstanden....
Ergänzung ()

Soweit es in der Widerrufsbelehrung heißt:
„Bei Kauf per Abholung gilt: Ware wird gekauft wie gesehen, kein Rückgaberecht." führt diese Klausel ebenfalls zu Unlauterbarkeit nach §§ 3, 4 Nr. 11 UWG, 312 c Abs. 1 Satz 1 BGB, 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV. Denn auch insoweit wird über das Bestehen des Widerrufsrechts unzutreffend belehrt.

Ein Durchschnittsverbraucher wird die vorstehende Klausel, die sich unter der Überschrift „Widerrufsbelehrung, Widerrufsrecht" befindet, dahingehend verstehen, dass im Falle der Abholung der Ware kein Widerrufsrecht besteht. Dies ergibt sich zum einen daraus, dass die Klausel in der Belehrung über das Widerrufsrecht steht, so dass kein Raum für die Annahme gegeben ist, dass sich der Ausschluss nur auf das Rückgaberecht beziehe, zumal über dieses erst im Anschluss belehrt wird. Zum andern folgt dies aus der Formulierung „Ware wird gekauft wie gesehen, kein Rückgaberecht". Damit wird eindeutig und klar zum Ausdruck gebracht, dass die bestellte Ware im Wege des Widerrufs nicht zurückgegeben werden kann.

Ein solcher Ausschluss ist jedoch unzulässig und damit auch die Widerrufsbelehrung insoweit unzutreffend. Denn beim Abschluss eines Fernabsatzvertrags ist ein Widerrufsrecht auch dann gegeben, wenn die Ware nicht zugeschickt, sondern abgeholt wird, weil das Bestehen des Widerrufsrecht nach § 312 d Abs. 1 Satz 1 BGB einzig und allein an den Abschluss eines Fernabsatzvertrags anknüpft. Hiervon kann auch nicht nach § 312 f BGB abgewichen werden.

Demgegenüber ist kein Raum für eine dahingehende Auslegung, dass unter der Formulierung „Bei Kauf per Abholung gilt: ..." ein Ladenkauf gemeint sei. Denn bei einem Kauf über eBay geht es ausschließlich um den Abschluss eines Fernabsatzvertrags. Außerdem befindet sich die Formulierung in der Belehrung über das gesetzliche Widerrufsrecht bei einem Fernabsatzvertrag. Deshalb ist aus der Sicht eines Durchschnittsverbrauchers mit der Formulierung „Bei Kauf per Abholung gilt: ..." nur die Art und Weise der Übergabe der bestellten Ware zu verstehen und nicht die Art und Weise des Zustandekommens des Vertrags.


Landgericht Frankfurt am Main AZ: 3-08 O 164/06 

http://www.ra-kotz.de/warenabholung.htm
 
@ Benj:

Nein, völlig falsch, denn ich unterstelle Dir gar nichts.

Außer vielleicht, dass Du Deine Dir zustehenden Rechte ausloten möchtest.

Ansonsten wirklich rein gar nichts.

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Meine Überzeugung geht dahin:
Wer im Ladengeschäft die Möglichkeit der Inaugenscheinnahme hatte, kann sich anschließend nicht mehr auf das Fernabsatzrecht berufen. Denn das Fernabsatzrecht hat hinsichtlich seines Schutzbereiches andere Intentionen. Es beabsichtigt, Personen zu schützen, denen eine Vor-Ort-Begutachtung schlichtweg nicht möglich ist. Dies ist sein Schutzbereich. Keine weiteren Interessen werden von diesem Gesetz in Augenschein genommen.

Daher ist jede weitergehende Berufung auf dieses Gesetz im juristischen Sinne rechtsmissbräuchlich. Das Gesetz will nur diesen Umstand verwirklichen.

Eben deshalb kommt hier § 242 absolut zum Tragen, zumindest aus meiner Sicht.
Und da ich mit meinem Post eine Hilfestellung bieten möchte, zielt diese darauf ab, dass ein Obsiegen vor Gericht keinesfalls als völlig gesichert betrachtet werden kann.
Wer glaubt, in diesem Falle völlig im Recht zu sein, der irrt schon vorab (das gilt für mich genauso wie für alle anderen).

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Ich habe Dir niemals etwas vorwerfen wollen (@ Benj). Ganz im Gegenteil, ich kann Deinen Standpunkt durchaus nachvollziehen. Ich möchte nur darauf hinweisen, dass Dein Erfolg nicht so nahe ist, wie mancher Dir glauben machen möchte. Du könntest vor Gericht auch verlieren. Diese Möglichkeit besteht amS durchaus.
Ich fand es nur fair, Dich darauf aufmerksam zu machen.

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@ reactor1:

Du bezeichnest meine Vermutungen als diffus und unbegründet?
Du beharrst darauf, dass sie juristisch unbegründet seien?

Na, dann bist Du sicherlich vom Fach! Dann kannst Du mir sicherlich sagen, welche Erkenntnisse Du aus den Theorien des Wirkungsbereichs von Rechtsnormen gezogen hast, denn Dir dürfte das Schaubild, in welchem der Wirkungsbereich von Rechtsnormen ausserhalb ihres Schutzzwecks (als Erinnerung: Es ist die Theorie mit den großen Kreisen :D) skizziert wurde, wohl bekannt sein (das trifft so ziemlich auf jeden Jurastudenten zu).

Zur Erinnerung:
Die großen Kreise markierten den Schutzbereich der Norm. Innerhalb dieses Schutzkreises war so ziemlich alles unangreifbar. Außer jedoch, das Argument befand sich eben außerhalb des Schutzbereichs der Norm. Klingelts jetzt?

Ich hoffe doch!

MfG,
Dominion.
 
Du solltest einfach das Urteil des Landgericht Frankfurt am Main AZ: 3-08 O 164/06 lesen, hatte es nachträglich eingefügt, hier noch einmal:

Soweit es in der Widerrufsbelehrung heißt:
„Bei Kauf per Abholung gilt: Ware wird gekauft wie gesehen, kein Rückgaberecht." führt diese Klausel ebenfalls zu Unlauterbarkeit nach §§ 3, 4 Nr. 11 UWG, 312 c Abs. 1 Satz 1 BGB, 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV. Denn auch insoweit wird über das Bestehen des Widerrufsrechts unzutreffend belehrt.

Ein Durchschnittsverbraucher wird die vorstehende Klausel, die sich unter der Überschrift „Widerrufsbelehrung, Widerrufsrecht" befindet, dahingehend verstehen, dass im Falle der Abholung der Ware kein Widerrufsrecht besteht. Dies ergibt sich zum einen daraus, dass die Klausel in der Belehrung über das Widerrufsrecht steht, so dass kein Raum für die Annahme gegeben ist, dass sich der Ausschluss nur auf das Rückgaberecht beziehe, zumal über dieses erst im Anschluss belehrt wird. Zum andern folgt dies aus der Formulierung „Ware wird gekauft wie gesehen, kein Rückgaberecht". Damit wird eindeutig und klar zum Ausdruck gebracht, dass die bestellte Ware im Wege des Widerrufs nicht zurückgegeben werden kann.

Ein solcher Ausschluss ist jedoch unzulässig und damit auch die Widerrufsbelehrung insoweit unzutreffend. Denn beim Abschluss eines Fernabsatzvertrags ist ein Widerrufsrecht auch dann gegeben, wenn die Ware nicht zugeschickt, sondern abgeholt wird, weil das Bestehen des Widerrufsrecht nach § 312 d Abs. 1 Satz 1 BGB einzig und allein an den Abschluss eines Fernabsatzvertrags anknüpft. Hiervon kann auch nicht nach § 312 f BGB abgewichen werden.

Demgegenüber ist kein Raum für eine dahingehende Auslegung, dass unter der Formulierung „Bei Kauf per Abholung gilt: ..." ein Ladenkauf gemeint sei. Denn bei einem Kauf über eBay geht es ausschließlich um den Abschluss eines Fernabsatzvertrags. Außerdem befindet sich die Formulierung in der Belehrung über das gesetzliche Widerrufsrecht bei einem Fernabsatzvertrag. Deshalb ist aus der Sicht eines Durchschnittsverbrauchers mit der Formulierung „Bei Kauf per Abholung gilt: ..." nur die Art und Weise der Übergabe der bestellten Ware zu verstehen und nicht die Art und Weise des Zustandekommens des Vertrags.
 
Meine Überzeugung geht dahin:
Wer im Ladengeschäft die Möglichkeit der Inaugenscheinnahme hatte, kann sich anschließend nicht mehr auf das Fernabsatzrecht berufen. Denn das Fernabsatzrecht hat hinsichtlich seines Schutzbereiches andere Intentionen. Es beabsichtigt, Personen zu schützen, denen eine Vor-Ort-Begutachtung schlichtweg nicht möglich ist. Dies ist sein Schutzbereich. Keine weiteren Interessen werden von diesem Gesetz in Augenschein genommen.

Das wurde doch nun mehrfach widerlegt.

Theorien des Wirkungsbereichs von Rechtsnormen

Ich kenne diese "Theorien" tatsächlich nicht, zunächst gilt der Wortlaut des Gesetzes und nicht die Intentionen eines Anspruchsinhabers. Die Rechtsprechung hat wie auch schon ausgeführt sehr enge Grenzen für die Anwendung von 242 aufgestellt und diese sind hier in keinster Weise erreicht.

Bitte lies das von reactor verlinkte Urteil.
 
Inzwischen kann das von uns gewünschte Modell doch besorgt werden. Aus Interesse an einer schnellen Abwicklung und zur Vermeidung eines Rechtsstreits habe ich mich also quasi auf eine Verrechnung eingelassen.

Ein Widerrufsrecht für Abholer existiert laut des Geschäftsführers allerdings trotzdem nicht. Wer Wert auf seine Rechte legt, sollte sich den Kauf teurer Waren dort also gut überlegen.
 
Zuletzt bearbeitet:
dominion1 schrieb:
Wer im Ladengeschäft die Möglichkeit der Inaugenscheinnahme hatte, kann sich anschließend nicht mehr auf das Fernabsatzrecht berufen. Denn das Fernabsatzrecht hat hinsichtlich seines Schutzbereiches andere Intentionen. Es beabsichtigt, Personen zu schützen, denen eine Vor-Ort-Begutachtung schlichtweg nicht möglich ist. Dies ist sein Schutzbereich. Keine weiteren Interessen werden von diesem Gesetz in Augenschein genommen.

Daher ist jede weitergehende Berufung auf dieses Gesetz im juristischen Sinne rechtsmissbräuchlich.
Wie hier im Thread schon mehrfach ausführlich und wie ich finde auch klar verständlich dargelegt (inkl. der Originalbeweise), hatte der TE bereits vor dem Zeitpunkt der Abholung einen gültigen Kaufvertrag mittels Fernabsatzvertrag abgeschlossen. (ganz wichtig!)

Deine Interpretation der Stornierung des Online-Kaufvertrages durch Selbstabholung und den Neuabschluss eines normalen Ladengeschäftskaufes ist durch kein Urteil unterlegt, aber durch Gegenurteile widerlegt. Du behandelst den existenten rechtsverbindlichen Online-Kaufvertrag in der Folge rechtlich wie eine Reservierung, das ist Dein Grundfehler. (wichtig!)
Da helfen auch keine Theorien des Wirkungsbereiches von Rechtsnormen, um Deine Ansicht zu untermauern. Du interpretierst etwas in den Sachverhalt, was objektiv nicht vorhanden ist (fehlende Kausalität). Selbstabholung bei bereits abgeschlossenen Fernabsatzverträgen bricht regelmäßig nicht das Fernabsatzgesetz!

Gerade die Wahrnehmung der bereits mittels Fernkommunikationsmedien ausgemachten Lieferbedingung = Selbstabholung, bekräftigt vorliegend den vereinbarten ordnungsgemäßen Vollzug des existenten Fernabsatzvertrages. Dem Käufer allein durch ordnungsgemäßen Vollzug des Kaufvertrages (Abholung)seine Käuferrechte zu beschneiden, das wäre rechtsmissbräuchlich!
Gründe für einen hier anders gelagerten Fall sind aus meiner Sicht nicht einmal als Anscheinsbeweis vorhanden (z. Bsp. Stornierung/Aufhebung/Wandlung des Onlinekaufes).
 
ThomasK_7 schrieb:
Wie hier im Thread schon mehrfach ausführlich und wie ich finde auch klar verständlich dargelegt (inkl. der Originalbeweise), hatte der TE bereits vor dem Zeitpunkt der Abholung einen gültigen Kaufvertrag mittels Fernabsatzvertrag abgeschlossen. (ganz wichtig!)

Und wie definierst Du "Lieferung"?

§ 312b ist nur einschlägig, wenn hier eine "Lieferung" vorliegt.
Sind Euch denn nicht die Differenzierungen aufgefallen, die das Gesetz selbst wie auch die Kommentierung hinsichtl. der Begriffe "Lieferung" auf der einen Seite und "Verschaffung/Übergabe" auf der anderen tätigt?

MfG,
Dominion.


EDIT: Ich habe bei meinen Recherchen keine mich befriedigende, eindeutige Definition des Begriffs "Lieferung" gefunden. Allerdings massig Hinweise, in welche Richtung dieser Begriff zu interpretieren ist. Dieser Begriff wird in Hinblick auf "übliche" KV nicht verwendet. Jegliche Kommentierung greift den Sinnzusammenhang "versenden" auf.
Ich darf zudem darauf hinweisen, dass § 312b I 1 anerkanntermaßen eine Legaldefinition des Begriffs Fernabsatzvertrag enthält (vgl. Palandt/Heinrichs; § 312b Rz. 6/64. Aufl.).
 
Zuletzt bearbeitet:
EDIT: Ich habe bei meinen Recherchen keine mich befriedigende, eindeutige Definition des Begriffs "Lieferung" gefunden. Allerdings massig Hinweise, in welche Richtung dieser Begriff zu interpretieren ist. Dieser Begriff wird in Hinblick auf "übliche" KV nicht verwendet. Jegliche Kommentierung greift den Sinnzusammenhang "versenden" auf.

Es ist schön zu wissen, dass du versuchst, den Dingen auf den Grund zu gehen. Du möchtest den Begriff "Lieferung" so verstanden wissen, dass nur ein Versand gemeint sein kann.

Schon einfache Überlegungen führen doch zwangsläufig zu der Folgerung, dass das nicht der Fall sein kann.

Ein Gebrauchtwagenhändler z. B., der über eBay, AutoScout24 und den anderen Plattformen dieser Art oder auch über seine eigene Webseite Verbraucher zum Abschluss eines Fernabsatzvertrags einlädt (auf der eBay-Plattform ein bindendes Angebot einstellt, dass der Käufer annehmen kann), ist immer verpflichtet, ein gesetzliches Widerrufsrecht einzuräumen.

Es wird aber kaum anzunehmen sein, dass er Fahrzeuge "versendet". Ein Urteil wie dieses wäre gar nicht möglich, wenn deiner Interpretation zu folgen wäre...



Tatbestand:

Der Beklagte ersteigerte von dem Kläger am 03.03.2004 über die Firma eBay, einem Unternehmen, das Auktionen über das Internet durchführt, unter der Artikelnummer 2462347074 einen PKW der Marke Mercedes Benz 270 CDI zu einem Gebotspreis von EUR 23.850,00.

[...]

Nach Besichtigung und einer Probefahrt weigerte sich der Beklagte, das Fahrzeug abzunehmen unter Hinweis auf vorliegende Mängel. Nachdem der Beklagte durch Schreiben des Klägers vom 09.03.2004 aufgefordert worden war, den PKW abzunehmen und den vereinbarten Kaufpreis zu zahlen, antwortete der Beklagte mit Schreiben vom 15.03.2004, er trete von dem Kaufvertrag zurück, weil sich das Fahrzeug nicht in dem vertraglich zugesicherten Zustand befunden habe.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet. Dem Kläger steht gegen den Beklagten der geltend gemachte Schadensersatzanspruch nicht zu. Der Beklagte hat den mit dem Kläger abgeschlossenen Kaufvertrag wirksam widerrufen. Der zwischen den Parteien online zustande gekommene Vertrag stellt einen Fernabsatzvertrag im Sinne des § 312 b Abs. 1 BGB dar. Das Widerrufsrecht ist nicht nach § 312 d Abs. 4 Nr. 5 BGB ausgeschlossen, da eBay-Auktionen keine Versteigerung im Sinne des § 156 BGB darstellen (BGH NJW 2005, 53).

Landgericht Mainz, Urteil vom 06.07.2005, Az 3 O 184/04
Was ist denn ein Lieferer?

Schauen wir doch einfach in dorthin, wo der Ursprung ist:

Artikel 2

Definitionen

Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck

3. "Lieferer" jede natürliche oder juristische Person, die beim Abschluß von Verträgen im Sinne dieser Richtlinie im Rahmen ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit handelt;

Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 1997 über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz - Erklärung des Rates und des Parlaments zu Artikel 6 Absatz 1 - Erklärung der Kommission zu Artikel 3 Absatz 1 erster Gedankenstrich, Amtsblatt Nr. L 144 vom 04/06/1997 S. 0019 - 0027
 
Zum Thema Lieferung hast du die entscheidenden Stichwörter geliefert, 434 III und 439 BGB, in beiden wird von Lieferung gesprochen, ohne das eine Versand gemeint ist.

In beiden Normen spricht der Gesetzgeber von Lieferung ohne einen Versand zu meinen. Daher ist die versandmäßige Lieferung der Kaufsache wohl nicht als notwendiges TBM des 312b I 1 BGB anzusehen, auch wenn der Gesetzgeber natürlich als Standardfall des Fernabsatzvertrages nach Satz 1 davon ausging.
 
Zuletzt bearbeitet:
Besten Dank von meiner Seite aus für die Einlassungen und verlinkten Urteile.
Meine Zweifel sind damit weitestgehend ausgeräumt.

MfG,
Dominion.
 
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