Im Rahmen der Schuldrechtsreform, die am 1. Januar 2002 in Kraft trat, wurde das Kaufvertragsrecht umfassend überarbeitet. Insbesondere die Regeln über das Mängelfolgenrecht wurden stark verändert.
Zuvor wurden diese Regelungen als Gewährleistung bezeichnet; der Sinn lag darin, mit der Bezeichnung klar zumachen, dass es sich um eine Regelung handelt, die vollständig vom allgemeinen Teil des Schuldrechts abgetrennt war. Das neue Regelungsregime hingegen hat diese Eigenschaft nicht mehr. Das Mängelrecht beim Kaufvertrag ist jetzt im Wesentlichen durch das allgemeine Schuldrecht bestimmt; dessen Regelungen werden nur in bestimmten Rahmen durch das Kaufvertragsrecht modifiziert, sind aber ansonsten anwendbar. Deshalb wird vielfach argumentiert, dass die Bezeichnung „Gewährleistung“ jetzt aufgegeben werden sollte. Da der Verkäufer nun prinzipiell nach den ganz normalen Regeln für Mängel, also auf seiner Seite eine Nichterfüllung seiner Pflichten, haften muss, solle jetzt besser von Mängelhaftung gesprochen werden. Das deutsche BGB verwendet den Begriff „Gewährleistung“ selbst nur am Rande (vgl. §§ 358, 365 BGB) und spricht sonst von einzelnen Mängelansprüchen.
Im Kaufrecht in § 437 BGB und im Werkvertragsrecht in § 634 BGB werden die Rechte genannt, die dem Käufer beziehungsweise dem Besteller im Werkvertragsrecht bei Vorliegen eines Mangels zustehen. Die nähere Ausgestaltung der einzelnen Mängelansprüche ergibt sich aus den in §§ 437, 634 BGB genannten einzelnen Vorschriften des Kauf- und Werkvertragsrechts, wobei zum Teil auf Vorschriften des Allgemeinen Schuldrechts verwiesen wird. Die Regelungstechnik des Gesetzes mit mehrfachen Verweisungen ist kompliziert und für Nichtjuristen daher nicht immer verständlich.
Übersicht der Mängelrechte [Bearbeiten]
Einzelne Mängelrechte sind nach deutschem Recht:
* im Kaufrecht:
o (zunächst nur) Anspruch auf Nacherfüllung (§ 439 BGB),
o dann Rücktrittsrecht (§ 440, § 323, § 326 Abs. 5 BGB und die dort genannten Vorschriften),
o oder Minderung (§ 441 BGB),
o Anspruch auf Schadensersatz (§ 437 Nr. 3 BGB und die dort genannten Vorschriften),
o Ersatz vergeblicher Aufwendungen (§ 284 BGB),
* im Werkvertragsrecht:
o Anspruch auf Nacherfüllung (§ 635 BGB),
o Anspruch auf Ersatz der Aufwendungen und Vorschuss bei Selbstvornahme (§ 637 BGB)
o Rücktrittsrecht (§ 634 Nr. 3 BGB und die dort genannten Vorschriften),
o Minderung (§ 638 BGB),
o Anspruch auf Schadensersatz (§ 634 Nr. 4 BGB und die dort genannten Vorschriften).
Die Anwendung des Gewährleistungsrechts beschränkt sich jedoch nicht nur auf die oben angeführten Vertragsarten, sondern ist auch bei Miet-, Reise- und Schenkungsverträgen anwendbar.
Mangel (Kaufrecht) [Bearbeiten]
Die Gewährleistung umfasst sowohl die Haftung für Sachmängel, d. h. Mängel in Bezug auf die Beschaffenheit des Kaufgegenstandes, als auch für Rechtsmängel, wie z. B. das fehlende Eigentum (sofern kein gutgläubiger Erwerb möglich ist). Der Mangel muss bei Gefahrenübergang (also meist nach § 446 BGB bei Übergabe der Sache) vorliegen (§ 434 Abs. 1 S. 1 BGB); jedoch können auch später auftretende Defekte Sachmängel sein, wenn sie schon bei Gefahrübergang im Keim angelegt waren (so genannte Keimtheorie). Beim Kauf von Verbrauchsgütern (=beweglichen Sachen) geht das Gesetz (§476 BGB) grundsätzlich davon aus, daß ein Mangel, der sich innerhalb von 6 Monaten zeigt, bereits beim Kauf vorhanden gewesen sein dürfte (Beweislastumkehr), es sei denn, das Gegenteil wäre offensichtlich.
Sachmangel [Bearbeiten]
Ein Sachmangel liegt bei den folgenden Voraussetzungen vor:
* Abweichung von der vereinbarten Beschaffenheit, § 434 Abs. 1 BGB. Liegt eine Vereinbarung über die Beschaffenheit vor, dann liegt kein Sachmangel vor, wenn die Sache bei Gefahrenübergang die vereinbarte Beschaffenheit hat. Ohne eine solche Vereinbarung liegt dann ein Sachmangel vor, wenn sie sich nicht für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet, § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB, wenn sie sich nicht für die gewöhnliche Verwendung eignet oder eine Beschaffenheit aufweist, die nicht der üblichen Beschaffenheit von Gütern der gleichen Art entspricht, § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB.
* Zur Beschaffenheit gehören gem. § 434 Abs. 1 S. 3 BGB auch Eigenschaften, die der Käufer nach den öffentlichen Äußerungen des Verkäufers oder Herstellers (insb. aus der Werbung) erwarten kann. Beispiel: Ein Auto wird in der Werbung mit einem Verbrauch von drei Liter angepriesen, während der tatsächliche Verbrauch fünf Liter beträgt.
* Falschlieferung, es wird eine andere, als die verkaufte Sache geliefert (sog. Aliud) oder Lieferung einer zu geringen Menge, § 434 Abs. 3 BGB. Beispiel: Der Verkäufer liefert anstelle einer Waschmaschine einen Trockner. Kein Sachmangel liegt dagegen vor, wenn der Verkäufer bei Lieferung klar macht, dass es sich bloß um eine Teilleistung handelt und der Rest später nachgeliefert wird. In diesem Fall fehlt es an der Übergabe der gesamten Kaufsache.
* Fehlerhafte Montageanleitung (sog. IKEA-Klausel) oder unsachgemäße Montage durch den Verkäufer bzw. dessen Erfüllungsgehilfen, § 434 Abs. 2 BGB. Wobei zu beachten ist, dass die fehlerhafte Montageanleitung dann keinen Sachmangel darstellt, wenn es gelungen ist die Sache fehlerfrei zu montieren. In diesem Fall hat der Käufer auch keinen materiellen Schaden. Das hat das OLG München (6. Zivilkammer) mit seinem Urteil 6 U 4082/05 vom 9. März 2006 bestätigt.
Rechtsmangel [Bearbeiten]
Die gekaufte Sache hat einen Rechtsmangel, wenn Dritte in Bezug auf die Sache Rechte geltend machen können, die nicht beim Kauf vereinbart wurden, § 435 BGB. Hier geht es vor allem um dingliche oder schuldrechtliche Rechte. Beispiel: Ein Dritter ist Eigentümer der Sache oder hat ein Miet- oder Pachtrecht.
Bei Grundstückskäufen stellt es einen Rechtsmangel dar, wenn ein nicht existierendes Recht noch im Grundbuch eingetragen ist, § 435 S. 2 BGB, weil die Gefahr eines gutgläubigen Erwerbs dieses Rechts besteht. Beispiel: Ein Wohnrecht, das sich erledigt hat, aber noch im Grundbuch eingetragen ist.
Beweislast [Bearbeiten]
Für die Beweislast gilt allgemein § 363 BGB: Hat der Käufer die Sache als Erfüllung angenommen oder im Werkvertragsrecht der Besteller die Sache abgenommen (§ 640 BGB), trifft den Käufer oder den Besteller die Beweislast für den Sachmangel, wenn sie Mängelansprüche geltend machen. Abweichend gilt beim Verbrauchsgüterkauf (§ 474 BGB) teilweise nach § 476 BGB eine Beweislastumkehr in Form einer Vermutung: Hier wird in den ersten 6 Monaten nach Übergabe vermutet, dass der Mangel schon bei der Übergabe vorlag, "es sei denn, diese Vermutung ist mit der Art der Sache (beispielsweise bei typischen Verschleißteilen und kurzlebigen Verbrauchsgütern) oder des Mangels (etwa weil der Mangel so offensichtlich ist, daß er bereits beim Kauf hätte bemerkt werden müssen) unvereinbar" . Erst danach muss der Käufer die Mangelhaftigkeit bei Übergabe beweisen.
Da sich die Pflicht zur Gewährleistung aus dem Kaufvertrag ergibt, gibt diese auch nur Ansprüche gegen den Verkäufer, nicht aber gegenüber dem Hersteller oder Zwischenhändlern in der Lieferkette.
Haftungsausschluss (Kaufrecht) [Bearbeiten]
Im Gegensatz zur (freiwilligen) Garantie gehört die Mängelhaftung zum gesetzlichen Standardinhalt eines Kaufvertrags. Grundsätzlich sind die entsprechenden gesetzlichen Regelungen aber dispositives Recht und können daher durch Vereinbarung zwischen Verkäufer und Käufer eingeschränkt oder auch ganz ausgeschlossen werden (dass dies geht, zeigt sich im Übrigen an § 444 BGB, der von der Zulässigkeit eines Haftungsausschlusses ausgehen muss, weil er sonst nicht sinnvoll Ausnahmen von der Wirksamkeit einer solchen Vereinbarung festlegen könnte).
Die grundsätzliche Möglichkeit des Haftungsausschlusses bzw. der Haftungsbeschränkung ist allerdings im Rahmen der Schuldrechtsmodernisierung 2002 erheblich eingeschränkt worden. § 475 Abs. 1 BGB verbietet im Falle eines Verbrauchsgüterkaufs vorbehaltlich eines Ausschlusses bzw. einer Beschränkung des Schadensersatzanspruches (vgl. § 475 Abs. 3 BGB) die generelle Freizeichnung des Verkäufers von Mängelhaftungsansprüchen des Käufers. Da sich die Möglichkeit des Haftungsausschlusses direkt aus dem BGB ergibt, sind etwaige Hinweise auf ein (angebliches) EU-Kaufrecht, wie sie bei Online-Auktionen häufig zu finden sind, schlichtweg falsch (zumal die zugrundeliegende EU-Richtlinie lediglich das Verbot des Haftungsausschlusses im Rahmen des Verbrauchsgüterkaufs, nicht aber seine Zulässigkeit im Normalfall regelt).
Ein an sich zulässiger Ausschluss des Schadensersatzanspruches im Rahmen eines Verbrauchsgüterkaufs kann allerdings - falls er im Rahmen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen vorgenommen wurde - bei neuen Verkaufsgegenständen nach § 309 Nr. 8b BGB unwirksam sein; eine weitere Schranke ergibt sich nach § 444 BGB für den Fall, dass der Verkäufer einen Mangel vorsätzlich verschweigt oder eine sog. Beschaffenheitsgarantie übernommen hat. Diese zuletzt genannten Vorschriften gelten im Rahmen ihres Anwendungsbereiches auch außerhalb des Verbrauchsgüterkaufs und in Hinblick auf sämtliche Gewährleistungsansprüche des Käufers.
Selbst wenn die Voraussetzungen des § 444 BGB nicht gegeben sind, kann es vorkommen, dass ein vereinbarter Haftungsausschluss nicht in uneingeschränktem Sinne aufzufassen ist. Maßgeblich ist insoweit nicht nur der Wortlaut der Ausschlussbestimmung, sondern der gesamte Vertragstext. Ein Leitsatz des Bundesgerichtshofes (VIII ZR 92/06 vom 29. November 2006) lautet: „Sind in einem Kaufvertrag zugleich eine bestimmte Beschaffenheit der Kaufsache und ein pauschaler Ausschluss der Sachmängelhaftung vereinbart, ist dies regelmäßig dahin auszulegen, dass der Haftungsausschluss nicht für das Fehlen der vereinbarten Beschaffenheit (§ 434 Abs. 1 Satz 1 BGB), sondern nur für solche Mängel gelten soll, die darin bestehen, dass die Sache sich nicht für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet (§ 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGB) bzw. sich nicht für die gewöhnliche Verwendung eignet und keine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann (§ 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB).“.
Auch in Österreich legt der Oberste Gerichtshof vertragliche Haftungsausschlüsse (Gewährleistungseinschränkungen) sehr restriktiv aus.[1]
Siehe auch: Hauptmangel
Nacherfüllung [Bearbeiten]
Siehe Hauptartikel: Nacherfüllung
Die Folgen des Sachmangels ergeben sich für das Kaufrecht aus § 437 BGB.
Gesetzessystematisch ist die Nacherfüllung des § 439 BGB - die Beseitigung des Mangels - den anderen Gewährleistungsrechten vorrangig. Die Nacherfüllung ist auf zweierlei Art möglich. Zum einen durch die Lieferung einer neuen Sache (in der Rechtssprache: Nachlieferung, also ein Austausch) oder durch die Beseitigung des Mangels (in der Rechtssprache: Nachbesserung, beispielsweise eine Reparatur).
Welche Art der Nacherfüllung zu erbringen ist, bestimmt grundsätzlich der Käufer und nicht der Verkäufer; eine vertragliche Verlagerung des Wahlrechts ist zwar prinzipiell, nicht aber beim Verbrauchsgüterkauf möglich. Daher ist die Praxis des Einschickens an den Hersteller, welche gerade im Bereich Vertrieb von elektrischen Geräten sehr beliebt ist, an sich nicht statthaft, soweit der Käufer eine Ersatzlieferung verlangt. Solange der Verkäufer die Sache ohne Umstände austauschen kann, ist diesem Wunsch des Käufers zu entsprechen. Geht der Verkäufer hierauf nicht ein und beharrt auf der Einsendung, so verletzt er seine Pflicht zur Nacherfüllung und macht sich schadenersatzpflichtig (Schaden wären hier die Kosten eines Ersatzkaufs der Sache bei einem anderen Verkäufer). Etwas anderes kann sich lediglich ergeben, wenn der Austausch nicht möglich oder nur mit erheblichen Aufwand verbunden ist (§ 439 Abs. 3 S. 1 BGB).
Der Anspruch auf Nacherfüllung kann aber auch ganz ausgeschlossen sein, etwa wenn die Reparatur nicht möglich ist und die Sache auch nicht ausgetauscht werden kann. Dann bleibt dem Käufer nur das Recht auf Rücktritt, Kaufpreisminderung oder Schadensersatz.
Dagegen liegt im Werkvertragsrecht im Falle des Nacherfüllungsverlangens des Bestellers ('Kunden') das Wahlrecht beim Werkunternehmer: Der Unternehmer kann entscheiden, ob er den Mangel beseitigt oder ein neues Werk erstellt (vgl. § 635 Abs. 1 BGB).
Nutzungsentschädigung beim Austausch eines Produktes:
Gemäß einem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) vom 17. April 2008 [2], ist eine solche Nutzungsentschädigung für den Fall, dass die Regelung einem „Verkäufer, wenn er ein vertragswidriges Verbrauchsgut geliefert hat, gestattet, vom Verbraucher Wertersatz für die Nutzung des vertragswidrigen Verbrauchsguts bis zu dessen Austausch durch ein neues Verbrauchsgut zu verlangen“ mit der EG-Richtlinie 1999/44/EG nicht vereinbar. Diesem Urteil folgend ist beim Verbrauchsgüterkauf auch nach dem Bundesgerichtshof[3] bis zur Nachlieferung (s. o.) keine Entschädigung für die Nutzung der mangelhaften Sache zu zahlen.
Verjährung (Kaufrecht) [Bearbeiten]
Nach § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB beträgt die Verjährungsfrist für die Ansprüche aus Gewährleistung seit 1. Januar 2002 im Regelfall zwei Jahre. Diese kann vertraglich grundsätzlich geändert, komplett abbedungen oder auf bis zu 30 Jahre ausgedehnt werden. Eine Ausnahme gilt lediglich für den Verbrauchsgüterkauf (§ 474 BGB), wo eine Verkürzung nur bei gebrauchten Kaufsachen und dort maximal auf ein Jahr möglich ist (§ 475 Abs. 2 BGB). Eine Verkürzung der Verjährung sowie ein Ausschluss von Mängelansprüchen (etwa bei Verschleißteilen) bei Neuwaren ist hingegen bei einem Verbrauchsgüterkauf nicht möglich.
Bei Nichtkaufleuten kann darüber hinaus für neue Sachen eine stärkere Verkürzung bzw. ein Haftungsausschluss nur einzelvertraglich, aber nicht durch AGB vereinbart werden.