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Retro Gaming: Klassische Videospiele sind vom Aussterben bedroht

Marc Stöckel
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Retro Gaming: Klassische Videospiele sind vom Aussterben bedroht
Bild: pexels.com / Karolina Grabowska

Fast 87 Prozent aller in den USA veröffentlichten klassischen Videospiele sind inzwischen nicht mehr kommerziell verfügbar. Das geht aus einer neuen Studie hervor, die die Video Game History Foundation zusammen mit dem Software Preservation Network durchgeführt hat.

Für die Durchführung der Studie erstellten die Forscher via MobyGames, einer von der Community gepflegten Spieledatenbank, eine zufällige Liste mit Tausenden von Videospielen, die in der Vergangenheit veröffentlicht wurden. Anschließend prüften sie für jedes aufgelistete Spiel, ob dieses noch im Handel erhältlich war.

Auch modernisierte Titel spielten eine Rolle

Die Entscheidung war jedoch in einigen Fällen alles andere als einfach, da es von einigen Videospielen bekanntlich modernisierte Neuauflagen gibt – prominente Beispiele dafür sind unter anderem die PlayStation-Klassiker Crash Bandicoot und Spyro. Letztendlich entschieden sich die Forscher dafür, die Frage nach der Verfügbarkeit eines solchen neu aufgelegten Titels mit Ja zu beantworten, sofern sich dieser nicht „wesentlich vom Original unterscheidet“ und es sich funktional noch immer um das gleiche Spiel handelt.

Darüber hinaus gab es aber noch weitere Einschränkungen: „Spiele, die nur als teure oder limitierte Sammlerstücke neu aufgelegt wurden, Spiele, die nur als Rohcode erhältlich sind, oder Spiele, die nur für nicht mehr existierende alte Spieleplattformen gekauft werden können“, haben die Forscher als nicht verfügbar gekennzeichnet. Dass die Titel für einen durchschnittlichen Benutzer so einfach wie möglich zu spielen sind, stand folglich im Vordergrund der Untersuchungen.

Und das Fazit der Studie fällt ernüchternd aus: „Nur 13 Prozent der Videospielgeschichte sind auf dem aktuellen Markt vertreten“, so Kelsey Lewin, die Autorin des kürzlich veröffentlichten Forschungsberichtes. In keinem der im Rahmen der Studie betrachteten fünfjährigen Zeiträume seien demnach mehr als 20 Prozent der bis zu dem jeweiligen Zeitpunkt veröffentlichten Spiele im Handel erhältlich gewesen.

Mangel an alter Hardware verleitet zur Piraterie

Dabei bemängeln die Initiatoren der Studie unter anderem die Tatsache, dass die Ausführung vieler klassischer Videospiele auf legalem Wege nur durch den Zugang zu alter Hardware möglich sei, für die die Titel ursprünglich entwickelt wurden. Die Alternative sei hingegen Piraterie, die insbesondere beim Einsatz von Emulatoren häufig eine tragende Rolle spielt. Damit bleiben die Spiele zwar grundsätzlich auch auf modernen Systemen spielbar, legal ist das dann aber in den allermeisten Fällen nicht mehr. So oder so bleiben die betroffenen Titel damit aber angesichts der technischen Hürden ohnehin nur engagierteren Fans zugänglich.

Vor diesem Hintergrund äußert die Video Game History Foundation ebenso Kritik an den „veralteten Urheberrechtsgesetzen“, die auf klassische Videospiele spezialisierte Online-Bibliotheken und -Archive daran hindere, in die Jahre gekommene Titel für jedermann verfügbar zu machen. Eine digitale Aufbewahrung der Spiele sei zwar möglich, die Weitergabe aber untersagt. Interessierten könne auf Basis der aktuellen Rechtslage lediglich unmittelbar vor Ort ein Zugang gewährt werden. Ganz anders sei dies beispielsweise im Hinblick auf klassische Romane, Musikalben oder Filme, die sich auch nach Jahrzehnten oftmals noch ohne Einschränkungen lesen, hören oder sehen lassen.

Digitaler Vertrieb beschleunigt den Spieleschwund

Weiterhin warnen die Forscher davor, dass sich die Lage in Bezug auf Videospiele aufgrund der Verbreitung digitaler Shops wahrscheinlich in Zukunft noch verschlimmere. Als Beispiel führen sie die Schließung der eShops für Nintendos 3DS und Wii U an. Rund 1.000 Spiele sollen infolgedessen mit einem Schlag von der Bildfläche verschwunden sein. Auch Sony und Microsoft dürften die Marktplätze für ihre betagteren Konsolen wie die PS3, PS Vita oder Xbox 360 nicht mehr lange geöffnet halten.