Retro

Atari 2600+ im Test: Eigene Cartridges, ROM-Dateien und Fazit

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Michael Schäfer
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Auch Nutzung der eigenen Module-Sammlung möglich

Ein großes angepriesenes Feature des 2600+ ist die Fähigkeit, auch originale Module nutzen zu können. Zu diesem Zweck hat Atari eine Kompatibilitätsliste (PDF) erstellt, die viele bekannte Titel enthält. Die meisten Spiele sollen demnach auch auf dem 2600+ ohne Probleme nutzbar sein, bei manchen wenigen Titeln kann es jedoch zu Problemen kommen. Das ist meist dann der Fall, wenn die Cartridge zusätzlich verbaute Elektronik in Form von Speicherchips oder Ähnlichem enthält. Dies ist unter anderem bei Pitfall 2 der Fall. Ob diese Probleme über spätere Firmware-Updates behoben werden können, bleibt abzuwarten. Im Test ließen sich die beiden Titel Demon Attack von Imagic und Moon Patrol von Atari jedoch ohne Probleme verwenden. Ob die mitgelieferten neuen Module auch an einem alten Atari VCS, Atari 2600 oder Atari 7200 funktionieren würden, konnte mangels originaler Hardware nicht überprüft werden.

Mit dem Atari 2600+ können auch originale Module verwendet werden
Mit dem Atari 2600+ können auch originale Module verwendet werden
Fun Fact: Lange Lebenszeit und Arroganz der Unternehmen

ROM-Dateien nur mit Hilfsmitteln

Die Möglichkeiten, eigene ROM-Dateien nutzen zu können, bietet der Atari 2600+ von Hause aus nicht. Im Gegensatz zu anderen Retro-Systemen fehlt dem 2600+ dafür vor allem die Möglichkeit zum Anschluss vom Speichermedien. Dies würde sich, wie bereits beschrieben, zwar eventuell über einen Hub am USB-C-Anschluss für die Stromversorgung realisieren lassen, ob die Entwickler das auch vorsehen, bleibt jedoch abzuwarten. Über den Umweg über spezielle mit einem SD-Slot versehene Modulen wie der UnoCart lassen sich dennoch ROM-Dateien auf den 2600+ bringen. Die Cartridges sind mit rund 50 Euro allerdings nicht günstig, auch wenn Bausätze preislich etwas darunter liegen.

Fazit

Atari hat bei der Neuauflage des VCS beziehungsweise 2600 vieles richtig gemacht und dennoch ist die neue Retro-Konsole nicht perfekt. Aber der Reihe nach.

In puncto Verarbeitung gibt es nichts zu bemängeln, auch die Gestaltung dürfte zumindest die Freunde der Spielekonsole, die das Original miterlebt haben, freudig stimmen. Die Kritik der geringen Größe kann so nicht stehen gelassen werden, zumal sie nicht dafür sorgt, dass wichtige Bedienelemente fehlen oder die Konsole dadurch schlechter bedient werden kann – im Gegenteil, alles ist so wie beim (zweiten) Original. Im Gegensatz zu diesem braucht die neue Elektronik jedoch deutlich weniger Platz.

Fun Fact: Etwas in eigener Sache

Dass Atari sich dazu entschieden hat, mit dem 2600+ auch originale Cartridges zu unterstützen und zudem neue zu veröffentlichen, ist ebenfalls positiv zu bewerten – die dafür aufgerufenen Preise dagegen eher weniger. Ob ein Modul mit vier weiteren Spielen 40 Euro oder ein Einzeltitel 30 Euro kosten muss, darf angezweifelt werden. Natürlich trägt Atari das unternehmerische Risiko und will seine Investitionen schnell wieder eingenommen wissen. Dass jedoch ebenso ROM-Dateien nicht nativ unterstützt werden, dürfte nicht jedem Retro-Fan gefallen. Darüber hinaus lässt die bisherige Auswahl viele bekannte Titel vermissen. Es bleibt zu hoffen, dass Atari sie sich nur für spätere Module-Sammlungen aufheben will.

Dass die Entwickler viel Wert auf eine originalgetreue Abbildung gelegt haben, zieht auch Nachteile nach sich: So verfügt der 2600+ nur über die vom Original bekannten Einstellungsmöglichkeiten, tiefergehende Anpassungen wie eine emulierte Zeilenrasterung, um die Spiele wie auf einem damaligen Röhrenfernseher erscheinen zu lassen, fehlt gänzlich. Auch die Wahl des jeweiligen Spieles bei den beiliegenden Modulen mittels einer Kombination aus kleinen Schaltern ist nicht unbedingt etwas Intuitives und schon gar nichts für Nutzer mit großen Fingern. Hier hätten die Entwickler, wie bei anderen Retro-Konsolen und -computern auch, das Original Original sein lassen sollen und die Auswahl über ein Menü realisieren müssen.

Atari 2600+ im Test

Spielen macht mit dem Atari 2600+ dennoch einen großen Spaß – wenn die richtigen Titel gefunden wurden, denn hierbei trennt sich wie so oft die Spreu vom Weizen. Nicht wenige Titel wirken heute langweilig, aber es gibt ebenso genügend, bei denen der Spielwitz im Vordergrund steht und eben keine bombastische Grafik, die eine gerade mal mittelmäßige Spielidee übertünchen kann. Darüber hinaus können manche Vertreter auch heute noch recht fordernd sein.

Der mitgelieferte Joystick liegt beim Spielen gut in der Hand und verrichtet solide seine Arbeit. Wer das Original noch kennt, wird jedoch den kleinen, durch die auf der Platine aufgelöteten Druckkontakte hervorgerufenen Widerstand vermissen. Bei den Spielen, für die sich die Paddles besser eignen, kann der Nutzer einige Zeit brauchen, bis er den richtigen „Dreh“ heraus hat und den Controller präzise steuern kann. Bis dahin sind jedoch zahlreiche virtuelle Tode zu sterben.

Aufgrund der zumindest aktuell noch enthaltenen Limitierungen dürfte das Atari 2600+ eher Enthusiasten oder Puristen unter den Retro-Fans ansprechen – dabei vor allem diejenigen, die bereits über eine umfangreiche Spielesammlung in Form von Originalmodulen verfügen. Gelegenheitsspieler dürften dagegen eher weiterhin zu den bekannten Software-Emulatoren greifen.

ComputerBase wurde das Atari 2600+ leihweise von Atari für diesen Test zur Verfügung gestellt. Eine Einflussnahme des Herstellers auf den Testbericht fand nicht statt, eine Verpflichtung zur Veröffentlichung bestand nicht. Es gab kein NDA.

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