Turrican101 schrieb:
Und deswegen werden klassische Apotheken eben doch weiterleben. Nur halt nicht so dass alle 100m eine steht.
Der wichtigste Faktor für eine Apotheke ist die Lage. Apotheken (Läden generell) gibt es dort, wo die potentielle Kundschaft dafür ist. Davon gibt es in der Innenstadt, in die die Leute neben den Ärzten auch zur Bank, in die Drogerie, auf den Markt oder den Handyladen gehen, schlicht und einfach mehr. In meiner Stadt gibt es z.B. neben dem Stadtpark am Bahnhof auf 2 Seiten Ärztehäuser mit jeweils einer Apotheke. Im nächsten Dorf gibt es keinen Arzt mehr, weder Bank noch Bäcker oder Metzger. Die Apotheke dort hat letztes Jahr geschlossen. Menschen sind einfach faul und gehen den kürzesten Weg. Kann ich verstehen, mache ich auch.
Ravenstein schrieb:
Solang sich normale apother sich auf 500meter sich gegenseitig die Kunden wegnehmen (in diesem Abschnitt gibt es bei uns 5! Apotheken kann es diesen garnicht schlecht gehen.
[...] z.b. In den Niederlanden) trotzdem gibt es dort noch normale Apotheken.
5 Apotheken auf 500m. Wie viele Ärzte, andere Läden, Banken (kurz Frequenzbringer) gibt es im Umkreis? Im EU-Schnitt versorgen 31 Apotheken 100.000 Einwohner – in Deutschland sind es 25. In Deutschland herrscht (anders als in vielen anderen EU-Mitgliedstaaten) Niederlassungsfreiheit, so ist die „Ballung“ von Apotheken an bestimmten Standorten eher ein Zeichen von Wettbewerbs unter Apotheken (um lukrative Standorte), nicht Ausdruck einer zu hohen Zahl an Apotheken.
Der niederländische Apothekenmarkt unterliegt wie auch deren Krankenversicherungssystem völlig anderen Regelungen und Strukturen als der deutsche. Bitte nicht direkt miteinander Vergleichen.
Niederländische Versandapotheken versenden übrigens meines Wissens nach ausschließlich nach Deutschland, nicht in die Niederlande. Interessant.
Mrs. Merciless schrieb:
Wenn ich was "neues" möchte und dahingehend Beratung wünsche, gehe ich auch in die Apotheke vor Ort oder wenn ich akut was brauche.
Medikamente, die für mich standardmäßig Bestandteil meiner Hausapotheke sind, bestelle ich aber heute oft online und ja, habe ich auch schon über Amazon. ^^
So verständlich das ist (es ist bequem und billig), so ist es leider auch einer der Gründe, warum die Apotheken Probleme haben. An der Beratung vor Ort oder nur der Akutversorgng verdient die Apotheke nicht genug um zu überleben. Sie braucht zur Finanzierung von defizitären Geschäftsbereichen, die ihr vom Gesetzgeber nunmal aufgebunden wurden, auch die anderen Käufer. Ausländische Versandapotheken müssen diese verlustbringenden Aufgaben nicht erfüllen, bzw. können sich aussuchen was sie machen wollen.
Kausu schrieb:
Apotheker sollen sich besser mit den Auswirkungen auf den Körper auskennen? Wozu dann überhaupt der Arztbesuch.
Ich wollte damit Apotheken nicht heruntermachen aber ich verstehe nicht, wie ein Arzt Medikamente sinnvoll verschreiben sollte, wenn er nicht auch über Wechselwirkungen Bescheid weiß.
Weil ein Arzt vor allem lernt für Krankheit X verschreibe Y, er weiß um die Krankheiten und deren Diagnose und welche Medikamente dagegen helfen. Der Apotheker lernt vor allem Arzneimittel X wirkt so und so, Y wirkt anders, aber beide wechselwirken. Er weiß um die Arzneimittel bescheid, hat dafür keine Ahnung von Diagnose.
Sind einfach unterschiedliche Studiengänge. Das Wissen um die Wirkweise von Medikamenten wird vor allem im Fach Pharmakologie gelehrt. Sieht man sich die Studiengänge an, haben Mediziner das grob gesagt oft für 2 Wochen im Semester als Blockunterricht, für Apotheker ist das 4 Semester lang eine semesterdurchgehende Vorlesung.
Idon schrieb:
Hier verkauft und verschickt doch nach wie vor eine Apotheke und nicht Amazon.
Richtig, aber Amazon erhält die Daten über den Kunden (Name, Adresse usw.) und welche Arzneimittel er bestellt und kann daraus Rückschlüsse auf den Gesundheitszustand ziehen. Datenschutzrechtlich meiner Meinung nach nicht einwandfrei.
dalaidrama schrieb:
Die Gewinnspanne, also eher gesagt der Stücknutzen liegt in einer örtlichen Apotheke bei rezeptfreien Waren je nach Kalkulation und Angebot meist zwischen minus 10% (!) und 40%. Kaum jemand verlangt da mehr! Davon müssen dann auch die Gehälter bezahlt werden inkl. der sehr teuren Notdienstbereitschaft, die Lagerkosten, Strom, Steuern, Miete, der Salbenrührservice, der Botendienst, die erforderliche Bürokratie usw
Es ist sowieso eine Mischkalkulation!
Falls nicht: Sag diesem Apothekerfreund mal, er solle gefälligst ehrlich bleiben und dann lass dir anschließend mal zeigen, wieviel er an so einem 40.000€ teuren Krebsmedikament mit festgesetztem Preis heutzutage noch so verdient. 10€? 20€? 50€? Ich weiß es nicht genau, viel ist es jedenfalls nicht!
Dafür muss er das Geld vorstrecken u U. sein Geschäftskonto überziehen inkl. Zinsen die vielleicht höher sind als der Verdienst und dann Wochen lang warten, bis er es erstattet kriegt!
Am Ende hat er wenn er Pech hat noch Verlust gemacht! Es gibt allerdings auch einige ganz dreiste Apotheken, die den Krebspatienten aus genau diesen Gründen weiterschicken! Und bei Amazon kriegt der sein Mittel garantiert auch nicht!
Mischkalkulation. Genau so funktioniert es, danke fürs Erklären!
Wie viel bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln (RX) hängen bleibt ist relativ einfach ersichtlich aus der Arzneimittelpreisverordnung und §130 SGBV. Pro Packung gibt es vor Steuern:
3% vom Einkaufspreis (die sollen lt. Gesetzgeber die Lagerkosten abdecken: Beschaffung, 6-Wochen Vorfinanzierung (erst dann gibt es das Geld von der Krankenkasse), Bankkosten, Lagerung, Kontrolle, Verfallrisiko)
+8,35€ (daraus bestreitet die Apotheke alle anderen laufenden Kosten: Personal, Einrichtung, EDV, Geräte, Labor, Kontrollen, Frei Haus-Zustellung, Serviceleistungen, Energiekosten, Versicherungen, Kammerbeiträge, Abrechnung, usw.)
-1,77€ (bekommt die Krankenkasse quasi als Großkundenrabatt. Interessant, wenn man bedenkt, dass Apotheken im Einkauf quasi keinen Rabatt bekommen dürfen)
+16ct (die wandern weiter in einen Fond zur Sicherstellung von Nacht- und Notdiensten)
+19% Umsatz-/Mehrwertsteuer (d.h. je mehr das Arzneimittel kostet, desto mehr verdient der Staat im Vergleich zur Apotheke).
Von dem was nach Steuern übrig bleibt, wird etwas zur Seite gelegt um zukünftige Investitionen finanzieren zu können. Am Schluss zahlt sich der selbstständige Apotheker sein "Gehalt", seine komplette Krankenversicherung (da er sich selbst Arbeitgeber ist, gibt es niemanden der die Hälfte davon zahlt), seine Altersvorsorge.
auna schrieb:
Wenn sie denn so von ihrer Leistung überzeugt sind, warum wagen sie denn nicht den Wettbewerb?
Bitte meinen Vorpost nicht falsch verstehen: Ich bin davon überzeugt, dass meine Apotheke was die Leistung angeht den Wettbewerb mit dem Versand nicht zu scheuen braucht. Im näheren Umkreis kann die Apotheke vor Ort nahezu alles besser als der Versand. Bis auf den Preis. Ich bin mit meiner Apotheke gezwungen Gewinn zu erwirtschaften. Aus diesem bestreite ich meinen Lebensunterhalt und nehme Investitionen vor. Bei mir gibt es keine Fremdkapitalgeber, denen es egal ist, ob ich seit 14 Jahren nur Verlust mache. Oder denen es egal ist, wenn ich auch weiterhin Verlust mache, solange ich wachse. Macht die holländische Versandapotheke Verlust, bekommt der Vorstand trotzdem sein Gehalt. Macht meine Apotheke dauernd Verlust, muss ich das mit dem Privatvermögen ausgleichen. Denn auch das bedeutet Apotheker in Deutschland: Man steht mit allem was man besitzt hinter der Apotheke.
Müssten die ausländischen Versender die gleichen Bedinungen erfüllen, wie die deutsche Vor-Ort-Apotheke, es gäbe ganz fix keine Versender mehr. Und gerade am Schaffen der gleichen Rahmenbedinungen scheitert es momentan ganz heftig auf Seiten der Politik. Aber das ist ein anderes Thema.