MountWalker schrieb:
Abe81 schrieb:
Ich unterlassen es lieber, da bliebe das schale Gefühl zurück, sich indirekt mit der Männerhorde hier und im Aquarium gemein zu machen. ...
Ich hab da weniger Scham, denn wir dürfen uns nicht zwingen lassen, in Zweiseitenschubladenschwarzweißweltdenken gestopft zu werden, auch wenn leider viele Genderstudiesstudierende alles, was ihnen widerspricht auf ein einfaches Feindbild reduzieren - und sich dann wundern, dass keine Diskussion zu stande kommen kann. [...]
Scham ist eine komische Unterstellung. Wenn es schon psychosexuell wird, dann trifft wohl eher
Ekel zu. Was hingegen ziemlich amüsant ist, ist der performative Widerspruch, sich mit
Schwarzweißdenken über
Schwarzweißdenken erheben zu wollen. Auf der einen Seite paternalistisch jene als 'pubertär' abqualifizieren wollen, deren Meinung der eigenen verdächtig nah rückt. Das lustige daran: Die loben dich dann auch noch dafür ("gut geschrieben"), von dir als unzureichende Diskussionsteilnehmer abgeurteilt zu werden. So ist allen gedient, ihre Gedanken werden, da 'pubertär' gegen Kritik immunisiert, damit deine akademisch verbrämten Rationalisierungen des Hasses auf Feminismus nicht in den Verdacht geraten, im selben, trüben Ressentiment zu fischen. Auf der anderen Seite die
schwarzweiß-projektive Umkehr der gesellschaftlichen Rollen, das ist natürlich ziemlich
grau-diffrenziert von Gender
wahn, Diktatur und Feindbild zu schreiben. Die eigentliche projektiv-
wahnhafte Umkehr von Täter und Opfer findet doch da statt, wo Leute von 'Genderterroristen' (z.B. hier im Aquarium zu bestaunen, findet sich aber auch in anderen Kommentarspalten, z.B. der der von dir verlinkten
Welt, und ist vermutlich nur dort abgeschrieben) schreiben, wenn gleichzeitig ein universitärer Vortrag über Geschlechterrollen in Videospielen abgesagt werden muss, weil es eine Bombendrohung gab. Sich damit gemein zu machen, indem man versucht, mit ein paar eingestreuten Vokabeln der akademischen Klaviatur das Ressentiment aufzupeppen, ist nochmal eine ganz andere Qualität. Wer will hier nicht diskutieren? Die Frauen, die ihre Interessen vertreten, indem sie über Öffentlichkeit Einfluss zu nehmen versuchen, oder jene, die über Bombendrohung einen Vortrag verhindern wollen?
Apropos Paternalismus: Du unterstellst das ja nicht nur den vermeintlich 'pubertären' Kritikern, sondern auch den Initiatorinnen der Petition, sich doch bitte erstmal über irgendwas schlau zu machen, bevor man hier seine Interessen vertrete (mit einer kräftigen Portion Arroganz: "zumindest Fachabitur"). Dass man danach nicht viel schlauer ist, sieht man ja beeindruckend an deiner unterkomplexen Darstellung der Polis und dem gedanklichen Kurzschluss, eine Petition und deren Unterstützung durch tausendfache freie Willenerklärung (=Unterzeichnung der Petition) mit einer Diktatur gleichzusetzen. Dass im Erfolg der Petition eine Vermittlung über Öffentlichkeit und Markt stattfindet, muss interessiert ausgeblendet werden, das ist dann halt irgendwie Diktatur, wenn die tausend Jahre alte Herrschaft des einen Geschlechts über das andere zu erodieren droht. Zugleich sich aber lustig machen über Vokabeln wie "patriarchale Klassenherrschaft" - warum springts du da nicht auch ein, gegen solcherlei böses
Schwarz-Weiß-Denken? Kräftige Vokabeln, die nicht dem eigenen Interesse dienen, sind da natürlich total fies überzogen. Es ist schon ein interessiertes Missverständnis, sich nur über das eine
Schwarz-Weiß-Denken zu echauffieren, aber nicht über die Legion an unverholten, entsublimierten Gewaltphantasien und -drohungen (die auch in diesem Thread zu Haufe aussortiert werden mussten).
Das falsche Verständnis des 'Narrativs' von GTA muss dir attestiert werden. Zum einen gibt es in dem Spiel keinen Antihelden. Wenn man sich auch nur ein wenig (oder wie du das akademisch verbrämt formulierst: wenigstens ein Modul belegen) mit der Kulturgeschichte des Antihelden auseinandergesetzt hat, weiß man, dass hier Identifikation aus der Ohnmacht gewonnen wird, ein atomisiertes, melancholisches Individuum, dass - das ist der qualitative Unterschied zum 'Helden' - eben nicht mehr Subjekt der Geschichte ist, indem er sie aktiv umgestaltet, also
Geschichte schreibt, sondern Objekt der Geschichte ist und seine Reaktionen darauf charakteristisch sind: Innerlichkeit, kontemplative Haltung zur Welt, Melancholie, Resignation etc. In GTA hingegen spielt man einen Charakter, der alles machen kann, was er nur gerade will. Das ist das Gegenteil von Ohnmacht: Omnipotenz.
Deine etwas arrogant eingeschobenen Bemerkung, Spiele funktionieren nicht nach dem Behaviorisms und dieser sei auch schon out, hast du gleich doppelt Unrecht: Zum einen ist er in der akademischen Psychologie alles andere als out. Die moderne Forschung zur kognitiven Verhaltenstherapie (der Königsdisziplin unter Psychotherapien, gemessen an ihrer Verbreitung) legt davon Zeugnis ab: In Dismanteling-Studien zeigt sich immer wieder, dass eben nicht die neuen kognitiven Interventionsmethoden der Therapie wirken, sondern ihre vermeintlich antiquierten, behavioristischen
konditionierenden Verhaltensänderungen. Du kannst dir Denken, wie man diese Erkenntnisse auf die Wirkung von Computerspielen übertragen kann. Die Binse, Spiele wirken nicht so mechanisch, dass sie Verhalten direkt beeinflussen, kann also vorerst nicht einfach so gedroppt werden.
Zum anderen hast du Unrecht, aber auch hier interessiert unrecht, weil auch kaum jemand behauptet, Spiele würden so mechanisch wirken. Das ist ein Strawman-Argument, zu behaupten, Leute denken, wenn an Spiele spielt, macht man genau das nach, was im Spiel gezeigt wird. Man kann an dem Erfolg des Spiels und der Form, wie und welche Bedürfnisse ersatzbefriedigt werden, durchaus auf die Charakterstruktur der Spieler schließen. Und das nicht, indem man das Schreckensbild des 'Amokläufers' zeichnet, sondern das, was man auch autoritäres Syndrom nennt.