Hallo CB'ler,
"ungerade" Lebensläufe sind heutzutage gefühlt ja nicht sehr gern gesehen - wie geht man also am besten mit einem solchen in Bewerbungsgespräche?
Oft bekommt man den Eindruck, Einsteiger sollten möglichst immer zu den besten/erfahrensten und gleichzeitig auch noch jüngsten gehören.
Es ist bei mir zwar noch etwas hin, aber neben Nebenjobs bin ich so langsam auf dem Weg dahin und wollte mich rechtzeitig vorbereiten...vielleicht auch schon vorher Kontakte knüpfen.
Zu mir: Ich bin jetzt 27 und bin in ein paar Monaten mit meinem Bachelor of Science in Informatik an einer recht guten, großen Universität fertig. Danach mache ich noch den Master, dann soll es ab in die Wirtschaft gehen. Ihr seht also das Problem: ich werde mit 29/30 erst fertig sein.
Warum das so ist? Nun ja, ich hatte einen schweren Start im Leben. Ich komme sprichwörtlich aus der Unterschicht, der beste Bildungsabschluss in meinem näheren familiären Umfeld ist der Realschulabschluss. Einige aus meiner Familie haben nicht mal eine Ausbildung.
Zu genau möchte ich darauf nicht eingehen, aber bis auf meine Großeltern, die immer ein "Anker" in meinem Leben waren, war es zumeist nicht so rosig. Mein Vater ist früh abgehauen, meine Mutter liebt mich zwar, aber war Alleinerziehend hoffnungslos überfordert. Viele wechselnde Partner, Drogen, keine festen Jobs...selten sogar mal häusliche Gewalt. Außer zu meinen Großeltern habe ich kein besonders gutes Verhältnis zu irgendwem aus meiner Familie.
Aufgrund zahlreicher solcher Probleme in meiner Jugend (Akademiker sind da verpöhnt, Sesselpfurzer ist da noch harmlos, "malochen" ist das einzig wahre) mit dem Background kam ich zuerst auf die Realschule, habe da zwei Mal wiederholen müssen.
Nach der Realschule habe ich ein Jahr Praktikum als Webdesigner in einer kleinen Firma gemacht. Da war ich dann 19.
Danach hab ich die Kurve bekommen, meine Leidenschaft zur Bildung entdeckt und mich größtenteils von meiner Familie distanziert. Ich habe mein Abitur nachgemacht mit dem direkten Wunsch danach zu studieren. Da ich sowieso ein "Sonderling" (bin gerne allein und habe meine Ruhe) bin, hatte ich nie viele Freunde, in der Schule, selbst im Abitur, wurde ich oft gemobbt.
Deshalb und weil der Stoff für mich überraschend einfach war, hatte ich sehr viele Fehlzeiten im Abitur (Stoff langweilig und Mitschüler unangenehm..). Dennoch war ich schriftlich immer extrem gut, in Mathe und Physik (beides LK) habe ich beispielsweise in den Abschlussklausuren am Ende der 13 als Jahrgangsbester meiner Schule abgeschlossen. In Mathe, Physik, Informatik, ... hatte ich sowieso fast immer Einsen.
Dann ging es ins Studium, dort wurde das Klima dann besser. Ich begann ein Physikstudium, was mich auf Dauer aber leider nicht so ausfüllte wie ich dachte. Nach zwei Semester habe ich gewechselt zu Informatik, was mich dann wirklich begeisterte und wobei ich geblieben bin.
Im Studium bin ich sicher keiner der High Potentials (~5% Leistungsbeste), aber ich kriege schon einiges hin. Sämtliche Wahlmöglichkeiten habe ich immer mit schwierigen Modulen gefüllt. Theoretische Informatik, Algorithmik, Mathematik, ... wo andere häufig was gewählt haben, wo man easy gute Noten in den Klausuren bekommt.
Letztendlich habe ich mich auf Machine Learning spezialisiert, künstliche Intelligenz fasziniert mich. Habe meine Praktika, Projekte, Seminararbeiten alle in diesem Bereich absolviert und nur einmal eine 1,7 erhalten, ansonsten immer 1,0. Meine Bachelorarbeite schreibe ich auch in diesem Bereich.
Da meine Familie sehr ärmlich ist, habe ich außerdem seit ich 14 bin gejobbt. Anfangs PCs reparieren. Seit ich 19 war und dann mit dem Abi anfing Administratortätigkeiten. Server aufsetzen in Schulen oder für Kleinstunternehmen. Netzwerke planen. Webserver, Mailserver, Proxy/Firewallzeugs...Webseiten programmiert...alles was so bei kleinen 2-3 Mann Unternehmen oder kleinen Schulen halt anfiel. Taschengeld oder irgendwas anderes hatte ich halt nie bekommen, musste immer selbst für mich damit sorgen.
Seit ich an der Uni bin mache ich Tutorien an der Uni für Erst-/Zweitsemester. Mathe oder Programmierzeugs meistens.
Nun ist natürlich die Frage, wie verpackt man sowas in einem Bewerbungsgespräch?
Wirkliche Arbeitserfahrung habe ich ja nicht...ich habe immer nur bei unter der Hand oder bei kleinen Systemhäusern in der Umgebung ausgeholfen...also kein Arbeitszeugnis o.Ä.
Hinzukommend will ich jetzt auch kein Mitleid für meine familiäre Situtation wecken. Abgesehen davon wäre das natürlich auch schlecht irgendwie "beweisbar".
...aber wie erklärt man diesen Lebenslauf sonst? Wie geht man da in ein Bewerbungsgespräch rein? Es wird ja locker die Frage kommen, warum man den Bachelor erst mit 27 und den Master mit 29/30 hat?
Auf der CeBIT oder Jobmessen von der Uni gab es schon immer wieder interessante Unternehmen und meist waren Personaler in lockeren Gesprächen sehr angetan von meinen Kenntnissen/Spezialisierungen...aber ich habe halt auch immer meinen Lebenslauf und mein Alter verschwiegen...
"ungerade" Lebensläufe sind heutzutage gefühlt ja nicht sehr gern gesehen - wie geht man also am besten mit einem solchen in Bewerbungsgespräche?
Oft bekommt man den Eindruck, Einsteiger sollten möglichst immer zu den besten/erfahrensten und gleichzeitig auch noch jüngsten gehören.
Es ist bei mir zwar noch etwas hin, aber neben Nebenjobs bin ich so langsam auf dem Weg dahin und wollte mich rechtzeitig vorbereiten...vielleicht auch schon vorher Kontakte knüpfen.
Zu mir: Ich bin jetzt 27 und bin in ein paar Monaten mit meinem Bachelor of Science in Informatik an einer recht guten, großen Universität fertig. Danach mache ich noch den Master, dann soll es ab in die Wirtschaft gehen. Ihr seht also das Problem: ich werde mit 29/30 erst fertig sein.
Warum das so ist? Nun ja, ich hatte einen schweren Start im Leben. Ich komme sprichwörtlich aus der Unterschicht, der beste Bildungsabschluss in meinem näheren familiären Umfeld ist der Realschulabschluss. Einige aus meiner Familie haben nicht mal eine Ausbildung.
Zu genau möchte ich darauf nicht eingehen, aber bis auf meine Großeltern, die immer ein "Anker" in meinem Leben waren, war es zumeist nicht so rosig. Mein Vater ist früh abgehauen, meine Mutter liebt mich zwar, aber war Alleinerziehend hoffnungslos überfordert. Viele wechselnde Partner, Drogen, keine festen Jobs...selten sogar mal häusliche Gewalt. Außer zu meinen Großeltern habe ich kein besonders gutes Verhältnis zu irgendwem aus meiner Familie.
Aufgrund zahlreicher solcher Probleme in meiner Jugend (Akademiker sind da verpöhnt, Sesselpfurzer ist da noch harmlos, "malochen" ist das einzig wahre) mit dem Background kam ich zuerst auf die Realschule, habe da zwei Mal wiederholen müssen.
Nach der Realschule habe ich ein Jahr Praktikum als Webdesigner in einer kleinen Firma gemacht. Da war ich dann 19.
Danach hab ich die Kurve bekommen, meine Leidenschaft zur Bildung entdeckt und mich größtenteils von meiner Familie distanziert. Ich habe mein Abitur nachgemacht mit dem direkten Wunsch danach zu studieren. Da ich sowieso ein "Sonderling" (bin gerne allein und habe meine Ruhe) bin, hatte ich nie viele Freunde, in der Schule, selbst im Abitur, wurde ich oft gemobbt.
Deshalb und weil der Stoff für mich überraschend einfach war, hatte ich sehr viele Fehlzeiten im Abitur (Stoff langweilig und Mitschüler unangenehm..). Dennoch war ich schriftlich immer extrem gut, in Mathe und Physik (beides LK) habe ich beispielsweise in den Abschlussklausuren am Ende der 13 als Jahrgangsbester meiner Schule abgeschlossen. In Mathe, Physik, Informatik, ... hatte ich sowieso fast immer Einsen.
Dann ging es ins Studium, dort wurde das Klima dann besser. Ich begann ein Physikstudium, was mich auf Dauer aber leider nicht so ausfüllte wie ich dachte. Nach zwei Semester habe ich gewechselt zu Informatik, was mich dann wirklich begeisterte und wobei ich geblieben bin.
Im Studium bin ich sicher keiner der High Potentials (~5% Leistungsbeste), aber ich kriege schon einiges hin. Sämtliche Wahlmöglichkeiten habe ich immer mit schwierigen Modulen gefüllt. Theoretische Informatik, Algorithmik, Mathematik, ... wo andere häufig was gewählt haben, wo man easy gute Noten in den Klausuren bekommt.
Letztendlich habe ich mich auf Machine Learning spezialisiert, künstliche Intelligenz fasziniert mich. Habe meine Praktika, Projekte, Seminararbeiten alle in diesem Bereich absolviert und nur einmal eine 1,7 erhalten, ansonsten immer 1,0. Meine Bachelorarbeite schreibe ich auch in diesem Bereich.
Da meine Familie sehr ärmlich ist, habe ich außerdem seit ich 14 bin gejobbt. Anfangs PCs reparieren. Seit ich 19 war und dann mit dem Abi anfing Administratortätigkeiten. Server aufsetzen in Schulen oder für Kleinstunternehmen. Netzwerke planen. Webserver, Mailserver, Proxy/Firewallzeugs...Webseiten programmiert...alles was so bei kleinen 2-3 Mann Unternehmen oder kleinen Schulen halt anfiel. Taschengeld oder irgendwas anderes hatte ich halt nie bekommen, musste immer selbst für mich damit sorgen.
Seit ich an der Uni bin mache ich Tutorien an der Uni für Erst-/Zweitsemester. Mathe oder Programmierzeugs meistens.
Nun ist natürlich die Frage, wie verpackt man sowas in einem Bewerbungsgespräch?
Wirkliche Arbeitserfahrung habe ich ja nicht...ich habe immer nur bei unter der Hand oder bei kleinen Systemhäusern in der Umgebung ausgeholfen...also kein Arbeitszeugnis o.Ä.
Hinzukommend will ich jetzt auch kein Mitleid für meine familiäre Situtation wecken. Abgesehen davon wäre das natürlich auch schlecht irgendwie "beweisbar".
...aber wie erklärt man diesen Lebenslauf sonst? Wie geht man da in ein Bewerbungsgespräch rein? Es wird ja locker die Frage kommen, warum man den Bachelor erst mit 27 und den Master mit 29/30 hat?
Auf der CeBIT oder Jobmessen von der Uni gab es schon immer wieder interessante Unternehmen und meist waren Personaler in lockeren Gesprächen sehr angetan von meinen Kenntnissen/Spezialisierungen...aber ich habe halt auch immer meinen Lebenslauf und mein Alter verschwiegen...
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