IHEA1234 schrieb:
....weil eine Spielentwicklung dieser Tage hundert Randbedingungen erfüllen muss (woke, gender, antifaschistisch, China-freundlich, inkludierend, klimaneutral...) und "Story" oder "Spielspaß" da leider etwas zurückstecken muss.
Schwachsinn. Die allermeisten Spiele scheren sich da immer noch überhaupt nicht drum. Das klingt halt 1:1 nach dem Kram, der auf r/gemingcirclejerk gespostet wird. Am besten du machst dir noch ein Joker-Avatar, dann passt das Bild.
Wie gesagt, ist generell nicht zutreffend, aber GERADE wenn es um Bioshock geht wird es noch größerer Blödsinn. Die Serie (zumindest Teil 1 und 3, Teil 2 hab ich nie gespielt) ist schon immer hochpolitisch und "woke" gewesen, obwohl es diesen Kampfbegriff der Rechtsaußen damals so noch nicht gab.
In Teil 1 wird der Libertarismus kritisiert, die Parallelen zu Ayn Rand und ihren Werken sind offensichtlich. In gewisser Weise ist Bioshock ein Plädoyer für Altruismus, weil hier beispielhaft gezeigt wird, wie eine Gesellschaft ohne vor die Hunde geht. Der wird von Andrew Ryan für alles Schlechte auf der Welt verantwortlich gemacht, der libertäre Schwachsinn sorgt aber am Ende für den Untergang von Rapture.
Teil 3 kritisiert Nationalismus, Rassismus, Fremdenhass und religiösen Fanatismus mit besonderem Bezug auf Amerika, auf den American Exceptionalism.
Beide beziehen sich natürlich eher auf die USA, bei Teil 3 ganz offensichtlich, aber auch in Teil 1 (Ayn Rand spielt in Europa ja Gott sei dank keine Rolle), aber die Grundgedanken sind ja auch außerhalb anwendbar.
Wenn Bioshock 1 und 3 heute rauskommen würden, sie würden von bestimmten Spezialisten für diese von dir angesprochenen Punkte kritisiert werden, dem üblichen Kram, der die trumpistischen Schneeflocken immer so triggert.
Bioshock ist vor allem anderen eine sehr politische Spieleserie, ist antifaschistisch, "woke", zeigt mit Tenenbaum oder Elizabeth im Vergleich zu anderen Spielen ein eher progressives Frauenbild (man vergleiche sie mit einer Zelda oder Peach), gegen Totalitarismus (von wegen "China-freundlich") und man kann argumentieren, dass die Bioshocks quasi prophetisch vorhergesagt haben, wie sich sich die oberen 10.000 in eine Art "Arche" zurückziehen, bei uns eben durch den Klimawandel bedingt (da: "utopische" abgeschottete Stadt nach ihren Vorstellungen, hier: die Bemühungen von Musk, Bezos oder Branson). Die Vorstellungen von Raumstationen für die Ultrareichen, um dem Klimawandel zu entgehen, ist doch fast dasselbe wie eine Stadt aus einem Bioshock.
Aber da in den Köpfen verquerer Konservativer früher alles "besser" war, also Spiele unpolitisch, muss man sich eben einreden, dass Bioshock bisher nicht auch schon immer eine sehr politische Serie war. Und um die Fantasiewelt, die sich solche Menschen aufbauen, nicht zum Einsturz zu bringen, muss laut ihnen dann natürlich ein aktueller Serienvertreter mit den Merkmalen der Serie brechen...
Aber hey, ist nichts neues. Genau wie im Sport, wo Rechte gerne fordern, dass der unpolitisch bleiben soll. Also so unpolitisch wie die WM '34. Oder '78. Oder 2022. Oder Olympia '36. Oder '80. Oder 84'. Aber wenn man die Sklavenarbeit in Katar oder Faschos im Stadion kritisiert kommt gleich ein geschichtsvergessener Konservativer, der behauptet, der Sport müsse unpolitisch BLEIBEN.
Spiele sind eine künstlerische Darstellungsform, genau wie Literatur oder Filme. Also müssen sie, zumindest wenn sie einen gewissen erzählerischen Anspruch haben, den ich den Bioshock-Spielen auf jeden Fall unterstelle, auch ähnlich rezipiert werden. Ausgenommen sind natürlich Sport- oder Rennspiele, oder auch Titel die auf Esport ausgerichtet sind. Aber ein Dota2 will ja auch nicht eine Geschichte erzählen und hat nicht den Anspruch, eine Citizen Kane der Computerspiele zu sein.
Vor dem Hintergrund: ich erwarte, dass sich ein neues Bioshock wieder gesellschaftskritisch gibt um der Reihe treu zu bleiben, und sich gewisse Missstände vornimmt. Dieses mal bietet sich das internationale Wiedererstarken des Faschismus an (USA, Brasilien, Ungarn, Polen, überall werden rechtspopulistische bis faschistische Parteien stärker). Und da käme die Antarktis ins Spiel: in einer Welt, in der die bisherigen Spiele gespielt haben, wirkt es nicht zu abwegig, wenn sich ein Teil der Nazi-Elite mit Flugscheiben nach Neuschwabenland abgesetzt hat, um da eine Gesellschaft aufzubauen, die den Vorstellungen der Nazis entspricht. Auch der Zeitpunkt 60er Jahre wäre passend.
Letztlich glaube ich nicht, dass man sich so einer Problematik annimmt, dafür sind Spiele noch zu weichgespült, haben zu selten den Finger in der Wunde und müssen zu sehr auf die g4m3er achten, die sofort Tobsuchtsanfälle bekommen, wenn in Spielen Frauen, Menschen mit anderer Sexualität oder anderer Hautfarbe auftauchen, aber trotzdem, so ein Bioshock wäre zumindest interessant.